Jetzt noch mal ganz auf Anfang: erstmal ist Musik natürlich ein anderes Gut als ein Tisch, ein Auto oder was sonst hier noch als Beispiel genannt wurde. Das heißt aber nicht, dass niemand zu Schaden kommt, wenn niemand mehr zahlt. Da gehen Leute in Vorleistung, kaufen Instrumente, Studiozeit, stellen Leute an und wollen nachher auch noch davon leben. Genau diesen Punkt haben Swayzak in dem von mir verlinkten Facebook-Post bemängelt. Paraphrasiert: “Wir machen Musik, uns folgen 10.000 Leute auf Facebook, kostenlose Tracks von uns werden 600mal geladen, aber wir haben 3 Verkäufe im Monat. Davon können wir nicht leben.” Also so zu tun, als käme hierbei niemand zu Schaden, heißt die Augen verschließen.
Desweiteren glaube ich aber auch, dass wir in einer Zeit leben, in der geänderte Hörgewohnheiten anerkannt werden müssen und in der eine Industrie im grundlegenden Wandel begriffen ist. Zum Beispiel sollte man die Frage stellen, ob die Mittlerrolle der großen Plattenfirmen zwischen Künstler und Publikum heute noch in der Form nötig ist und wieviel Geld da an Konzerne abgezweigt wird, deren Dienste heute eigentlich gar nicht mehr benötigt werden. (Andererseits sehe ich dann auch das Problem der Finanzierung, Förderung und des Marketings bei jungen Acts noch nicht gelöst. Dass Radiohead seine Platten selbst verkaufen kann wundert nicht; den Weg kann die Schülerband mit ihrem Debutalbum selbstverständlich nicht gehen.)
Was ich auch schon gesagt habe ist, dass ich die positiven Effekte, die Filesharing haben kann, auch sehe. Nur trifft das alles nur zu, wenn irgendwann auch Geld an die Künstler fließt. Z.B. Stichwort “Kennenlernen”: Es hört sich für mich so an, als sei Nachwuchsmisanthrop schon ziemlicher Fan geworden von Depeche Mode und wenn er zu dem geworden ist, weil er sich mal ein Album geladen hat, prima! Aber das rechtfertigt doch dann nicht, dass er sich jetzt berechtigt fühlt, den kompletten Backkatalog nachzuladen. Und wer sagt, dass Zirkulation auch für den Musiker gut ist, der soll sich auch mal an die Nase fassen und fragen: war ich wirklich bei dem Konzert? Das stimmt ja alles, aber es sind eben nur Teilaspekte. Die Vergütung muss irgendwie noch gewährleistet sein und besser funktionieren, als das jetzt der Fall ist.
Darüber kann man auch reden: von Streaming-Diensten wie Spotify, Simfy, Grooveshark z.B. höre ich immer nur, dass der Künstler dort pro Abspielen 0,3 Cent bekommen, was für unbekanntere Acts nicht sehr attraktiv klingt, zumal dort – wie bei iTunes und Amazon übrigens auch – eine jährliche Listungsgebühr fällig wird. (Einen aufschlussreichen Überblick bietet die mir ansonsten unbekannte Band Uniform Motion, die auch in anderen Blogbeiträgen sehr transparent mit dem Thema umgehen.) Das kann also auch noch nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Für so etwas wie eine Kulturflatrate habe ich auch noch keinen Vorschlag gehört wo ich sage, so könnte das infrastrukturell klappen. Da kommt dann noch das Problem obendrauf, dass die Rechteverwertungsgesellschaften auch heute schon gar nicht hinterherkommen, da sie in einer global vernetzten Welt nur lokal agieren können. Das heutzutage bestmögliche scheint mir, seine Sachen selbst und global anzubieten, aber das können sich eben auch nur diejenigen leisten, die ohnehin schon mediale Beachtung haben (man denke an Radiohead oder kürzlich Louis CK, der sein neustes Special auch selbst vertrieben hat, statt über z.B. HBO zu gehen).
Nichtsdestotrotz bleibt die Tatsache, dass irgendwie Geld bei Musikern ankommen muss, sonst macht das bald niemand mehr. Ich bin offen für neue Vergütungsmodelle; bislang ist das alles noch nicht der Weisheit letzter Schluss. Und so lange bin ich der Meinung, dass man natürlich mit offenen Augen an die geänderten Nutzungsgewohnheiten herantreten muss, aber man darf sich auch nicht vormachen, dass man die Welt verbessert, in dem man raubkopiert.