Was ist schlimm daran, ein Gutmensch zu sein?

Ich verstehe unter dem Begriff Gutmensch immer denjenigen, der alles und jeden in Schutz nimmt, wenn es ihm passt und dabei meist durch Drücken auf die Tränendrüse beim Gegenüber argumentiert.
Beispiel: Jemand überfällt einen Schnapsladen.
Der Gutmensch argumentiert: Dieser arme Mensch, den auf einmal alle Verbrecher nennen, muss Alimente für seine 2 kleinen, unschuldigen Kinder bezahlen, verdient in seinem schweißtreibenden Knochenjob nur 1500 Euro im Momant und außerdem hatte er so eine schwere Kindheit gehabt, blablabla
Irgendwie habe ich die Haltung, die ich mit dem Schlagwort Gutmensch verbinde, nie einer bestimmten politischen Richtung zugeordnet oder ihn als besonders politisch korrekt empfunden. Meiner Erfahrung nach sind die meisten „Gutmenschen“ jedoch eher links und die meisten Linken eher politisch korrekt. Hier sehe ich aber eher Korrelation als Kausalität vorliegen.
Der Gutmensch ist für mich auf jeden Fall der selbsternannte Anwalt der vermeintlich Schwachen. Ich habe häufig das Gefühl, er sieht sich selber gerne in der Rolle des gütigen Herrschers oder gar einer sakralen Gestalt, der es möglich ist, den Sündern zu vergeben. Das ist aber nur meine psychologische Interpretation des Phänomens.
Um zur Frage zurückzukommen, was so „schlimm“ daran ist: Ich finde, dass in gewisser Hinsicht diese Geisteshaltung das Prinzip der Rechtstaatlichkeit bzw. die damit verbundene Idee aushebelt. In erster Linie sollte jeder sich für seine Taten verantworten müssen, sei es nun strafrechtlich oder auch „nur“ moralisch und irgendwie sollten die Menschen vor ihrer Verantworung „gleich“ sein. Der Gutmensch hingegen be- bzw. verurteilt jedoch meiner Erfahrung nach mit sehr unterschiedlichen Kriterien, die sich häufig wie doppelte Standards anfühlen.
Wer einer vermeintlichen Minderheit angehört, im Verdacht steht, eine schwere Kindheit gehabt zu haben oder prinzipiell ein *rschloch ist, wird gerne in Schutz genommen und an ihn werden kaum Erwartungen gestellt.
An Menschen, auf die keine „mildernden Umstände“ zutreffen, werden indes hingegen recht hohe Erwartungen gestellt. Insbesondere wird häufig erwartet, dass diese eine ähnliche Geisteshaltung haben und danach leben. Alternativ kann auch Dienst an der Umwelt, in politischen Parteien, Gewerkschaften oder in Form von freiwilliger sozialer Arbeit geleistet werden.
Insgesamt halte ich das „Gutmenschentum“, bzw. was ich darunter verstehe, also auch für eine recht diskriminierende Haltung, die auch nicht besonders zuträglich für eine gleichberechtigte Gesellschaft ist.

Ich frage mich vor allen Dingen, was das für Menschen sind, die mit dem Gutmensch-Argument um die Ecke kommen. Schlecht-Menschen? :ugly

Es gibt eigentlich nur zwei Möglichkeiten. Entweder jemand will die Diskussion bewusst totschlagen und möchte sein Gegenüber mundtot machen oder er hat das Gefühl, sein Gegenüber argumentiert irrational, dh entweder scheinbar naiv oder mit doppelten Standards, meist einseitig zugunsten einer vermeintlich schwächeren Seite.

An alle angesprochenen: Danke, aber ich denke das können wir schon ganz gut alleine, uns rechtfertigen.

Allerdings scheint dies etwas obsolet, wenn es genau diese Menschen sind, die diese Menschen auf ihr Gutmenschentum hinweisen. :wink:

Ansonsten bringt es xeno_borg echt gut auf den Punkt!

Ist immer wieder schön, wie man „diskriminierend“ oder ähnliche Wörter uminterpretiert, um dann doch die Wörter inklusive ihrer Konnotationen benutzen zu können, obwohl man ja selber ganz anders als diese „Gutmenschen“ argumentiert.

Gutmensch ist ein schön schwammiger Kampfbegriff, der (ähnlich wie diese schrecklichen Zwinkersmileys) in der Regel die Argumentation (sofern vorhanden) des Anwenders eher abschwächt oder gleich ganz zunichte macht.
Die Definition ergibt sich jedesmal neu, je nach Kontext.

Ganz schön scheiße, als guter Mensch bezeichnet zu werden.
Im Ernst, es sagt einiges über die Geisteshaltung des Verwenders aus, in dieser Bezeichnung einen legitimen Kampfbegriff zu sehen.

Wie sagte Hagen Rether treffend dazu: “Leute die sich für irgendwas einsetzen, sei es für Klimaschutz, Menschenrechte, bei Amnesty oder Greenpeace oder Pro Asyl werden als Gutmenschen beschimpft von denen, die nix machen. Das ist wahnsinnig leicht. Man dreht es einfach um; es ist pervertiert worden.”

Im Ernst, es sagt einiges über die Geisteshaltung des Verwenders aus, in dieser Bezeichnung einen legitimen Kampfbegriff zu sehen.

Es sagt auch eine Menge über die Leute aus, die dies als Kompliment auffassen. :roll:

Ist es nicht eigentlich laut Forenregeln verboten, gegen Forenmitglieder zu hetzen? Ich mein ja nur, das geht hier schon seitenlang so.

Mr Morizon: Wen meinst du jetzt? Und wo liest du das? :smt017

Also dieser Thread riecht nach: Getroffene Hunde bellen! :roll:

Passiert aber auch nur, wenn man keine Ahnung hat, was das Wort bedeutet.

Deutsch: Gutmensch - Ironische Verkehrung des ausgedrückten Wortsinns „guter Mensch“ in sein Gegenteil, nämlich eine meist abwertend gemeinte Bezeichnung für Einzelpersonen oder Personengruppen („Gutmenschentum“), denen ihr Attribut „Gutsein“ oder „Gutseinwollen“ als übertrieben moralisierendes oder naives Verhalten unterstellt wird.

Französisch: Bien-pensance - Eine geistige Haltung des Konformismus oder Moralismus, die sich der verfestigten Meinung der etablierten Ordnung wiederholend annimmt.

Englisch: bien pensant - Jemand der eine modische Idee annimmt und vertritt, nachdem sie bereits etabliert ist und sie ohne größere kritische Überlegung unterstützt.

Ich werde mal den alten Nietzsche bemühen, der da so passend über den “Guten Menschen” schrieb:

“Es ist der Mensch, der stets das Gute will und gerade deshalb das Schlechte fördert. Es ist der Mensch, der seiner lauteren Gesinnung folgt und an der Wirklichkeit scheitert. Es ist der Mensch, der die Folgen seines Handelns anderen überlässt. Es ist der Mensch, der es gut meint und die böse Welt immer wieder gegen sich hat.”

“Gutmensch” ist schlicht ein den Diskurs erschwerender Begriff.

Jeder interpretiert ihn (opportunistisch). Je nach Diskussionsklima wird er von Aussprechenden und Angesprochenen entsprechend aufgeladen bzw. aufgefasst. Die gefestigte und eindeutig negative Konnotation macht eine positive Deutung des Begriffs fast unmöglich. Er dient deshalb in keinem Fall einer sachlichen Debatte. Die Verwendung dieses Begriffes zur Kritik der Gegenseite zeugt deshalb meiner Meinung nach von Erschöpfung oder Einfallslosigkeit beim Verwender. Nicht zuletzt, da die im Begriff zu transportierende Kritik (“Weltfremdheit”, “Realitätsverweigerer” o.ä.) mit anderen Worten wesentlich unmissverständlicher ausgedrückt werden könnte, disqualifiziert es den “Gutmensch”-Kritisierenden ein Stück weit selbst, wenn er diese Kritik nicht unmissverständlicher zum Ausdruck bringen kann oder will.

Von daher gilt in meinen Augen: Wer andere kritisierend als “Gutmenschen” bezeichnet, spricht sich selbst die Fähigkeit oder den Willen ab, erkenntnisgewinnend zu kommunizieren.

EDIT: Der Wikipediaartikel liefert zumindest einen groben Überblick über die Schwammigkeit des Begriffes und sollte vermeiden helfen, im Begriff “Gutmensch” tatsächlich eine konkrete Bedeutung zu vermuten. “Gutmensch” ist in etwa so klar und eindeutig wie “Liebe” oder “Leben”. Hier ohne weitere Erläuterung davon auszugehen, korrekt verstanden zu werden, ist naiv. Tut man es trotzdem, darf man sich über Endlosdiskussionen, Anschuldigungen und Missverständnisse wirklich nicht wundern.

Wieso? Wo interpretiere ich das Wort „diskriminierend“ um? Welche Bedeutung im Gegensatz zur allgemein üblichen lasse ich dem Wort zukommen? Warum ist es illegitim, zu behaupten, dass ich die Geisteshaltung, die ich mit dem Begriff „Gutmensch“ verbinde (die nur meiner Auffassung dessen, was mit dem schwammigen Begriff gemeint ist, entspricht und keinesfalls universell sein soll), für diskriminierend halte (mit angegebener Begründung btw)? An welcher Stelle argumentiere ich gemäß einer „Gutmenschen“-Logik, wenn ich diese Behauptung aufstelle?

Also, ich persönlich empfinde es, wenn man mich einen “Gutmenschen” nennt, nicht als Beleidigung, sondern als unfreiwilliges Lob. Ich sage: Ich bin ein “Gutmensch” und das ist auch gut so! :smt025

Darüber hinaus habe ich auch die Erfahrung gemacht, dass Leute, die andere Leute als “Gutmenschen” bezeichnen, intellektuell (vorsichtig ausgedrückt) nicht sonderlich viel zu bieten haben. Wie meine derzeitige Signatur schon sagt: “Gutmensch” ist genau so ein blödes und billiges Totschlag-Wort wie “Nazi”. Man kann aufgrund der Schwammigkeit dieses Begriffs nicht dagegen argumentieren und auch nicht dafür - ein typisches Totschlag-Wort eben, dass jede vernünftige Diskussion kaputt macht und polemisiert.

In einer einigermaßen zivilisierten und intelligenten Diskussion haben solche Wörter wie “Gutmensch” nichts verloren! :smt018

@Pierre
Sehe ich genauso. Ich habe zwar eine Vorstellung davon, was mit dem Begriff gemeint ist, würde aber niemals in einer ernsthaften Diskussion mit diesem Begriff oder ähnlichen (beispielsweise “Nazi”) andere titulieren. Das ist für mich sehr schlechter Diskussionsstil (argumentum ad personam). Bedauerlicherweise breitet sich in unserer oberflächlicher werdenden Gesellschaft das Schubladendenken immer weiter aus und eventuelle Inhalte werden immer weniger Gegenstand einer Debatte.

In einer ordentlichen Diskussion hat derart indifferenziertes und diffamierendes Gepolter genauso wenig verloren… :roll:

toi. toi. toi.
Ich würde es nicht so toll finden, als naiver Weltverbesserer bezeichnet zu werden, aber das ist wohl jedem selbst überlassen. :wink:

So kann man es sich natürlich auch einfach machen. Ihr seid doch keinen Deut besser, als diejenigen, die ihr für die schwammige Verwendung des Wortes kritisiert.

Nur weil ihr vielleicht auch einfach nichts entgegenzusetzen habt, wird es dann als dummes Gerede abgestempelt von dümmeren Menschen.
Diese Aussage, zeugt übrigens auch davon, wie sich diese „Gutmenschen“ für etwas besseres halten und daher glauben, über die Ansichten anderer zu urteilen.

Im bezug auf die Beschreibung, was ein Totschlagargument ist, gebe ich dir Recht. Der erste Satz ist einfach nur ungenau und zu simpel definiert.

Witzigerweise ist ja sogar die Beschimpfung „Nazi“ Teil dieser Diskussion, denn daran erkenne ich auch einen Gutmenschen. Wenn ich nachweislich nicht rechts bin, aber „politisch-inkorrekt sein“ mit der rechtsextremen Szene gleichgesetzt wird. Ich frage mich nur, warum mich niemand bezichtigt Mitglied im schwarzen Block zu sein? :smiley:
Vielleicht wegen der Inkompetenz der Deutschen, endlich mal mit einem über sechszig Jahre alten Thema ordentlich und sachlich umzugehen? :smt017
Und natürlich, weil man auf dem linken Auge blinder ist als auf dem Rechten :wink:

@xeno_borg:

Noch einmal, ich kann nichts dafür, wenn ein schwammiger und nicht definierter Begriff dafür missbraucht wird, um unbequeme Antworten totzuschlagen.
Ich werde mit Sicherheit nicht damit aufhören, mein Maßstab eines „Gutmenschen“ anzulegen, um jemanden darauf hinzuweisen wie realitätsfern, überheblich und besserwisserisch er sich in einer Diskussion aufführt. Wenn mich derjenige dann als Nazi bezeichnen will oder in eine rechte Schublade einordnet, ist mir das sogar noch lieber - quod est demonstrandum.

Und wo ist dein Problem, jemanden einfach zusagen dass er realitätsfern, überheblich und besserwisserisch ist? Wobei, überheblich ist zwar nicht unbedingt die netteste Charaktereigenschaft aber völlig undinteressant und als Besserwisser bezeichnet man Leute die… es besser wissen. Also ist der Gutmensch doch der, der Recht hat, weil er es ja besser weiß - möp. Im übrigen hat hier niemand zu jemand anderen gesagt “Du bist ein Nazi!”. Was gesagt wurde war, dass es häufig aus der Rechten Ecke kommt. Aber man merkt schon wie schwammig der Begriff ist. Man ist ein Gutmensch wenn man überheblich ist, naiv, besserwisserisch, weltverbesserisch und so weiter und so fort. Da ist es kein Wunder, wenn die Reaktion auf diese Beleidigung ist, sich im Recht zu fühlen.

Ich würde es nicht so toll finden, als naiver Weltverbesserer bezeichnet zu werden, aber das ist wohl jedem selbst überlassen. :wink:

Ja, das bleibt Gott sei Dank jedem selbst überlassen. :wink:

Ihr seid doch keinen Deut besser, als diejenigen, die ihr für die schwammige Verwendung des Wortes kritisiert.

Nur weil ihr vielleicht auch einfach nichts entgegenzusetzen habt, wird es dann als dummes Gerede abgestempelt von dümmeren Menschen.

Warum benutzt du die ganze Zeit, das Wort „ihr“, wenn du mit mir redest? Dass ich ein angeblicher „Gutmensch“ bin, heißt nicht, dass ich die Meinungen jedes anderen „Gutmenschen“ uneingeschränkt teile geschweige jeden anderen „Gutmenschen“ mag. Jeder Mensch ist ein Individuum mit einer ganz eingenen Meinung ganz eigenen Gedanken und nicht ein Körperorgan oder ein Mitglied eines Ameisenstaates, das alleine nicht funktionieren kann. Es gibt „Gutmenschen“, die ich auch für Idioten halte. Dass jemand ein „Gutmensch“ ist, heißt nicht, dass er intellektuell viel zu bieten hat. So viel zum Thema Undifferenziertheit…

Meine Kritik in meinem obigen Post bezieht sich lediglich auf Leute, die unsachlich und polemisch diskutieren (beispielsweise, indem sie Totschlag-Wörter wie „Gutmensch“ als Stigma benutzen) und nicht auf grundsätzlich jeden, der politisch anderer Meinung ist als ich. Ich verstehe daher beim besten Willen nicht, was an meinem Post „undifferenziertes und diffamierendes Gepolter“ sein soll.
:smt017 :smt017

Gegenfrage: Wieso sollte ich jemanden jedes Mal eine ellenlange Antwort schreiben und den Post mühsam zerlegen, wenn ich es auch einfach auf den Punkt bringen kann? Ich sagte ja bereits, es wird nie ohne Kontext kommen.
Man wird meistens von mir also lesen dürfen: DU bist ein Gutmensch, weil…

Wobei, überheblich ist zwar nicht unbedingt die netteste Charaktereigenschaft aber völlig undinteressant und als Besserwisser bezeichnet man Leute die… es besser wissen

Überheblich ist für eine Diskussion alles andere als irrelevant, da diese Personen dazu tendieren sich unangreifbar zu machen, und was noch viel schlimmer ist: Sich permanent wie die Beste Schöpfung Gottes aufführen, immer darauf bedacht, bloß nichts zu sagen, mit dem man tatsächlich noch was anfangen könnte, was man angreifen könnte.

Zu allem Überfluss führen sie sich dann auch noch auf wie die personifizierte Gedankenpolizei.

Besserwisser ist eine Beleidigung. Und impliziert, das man sich aufführt, als ob man (immer) Recht hätte. Ich glaube nicht, das man kein besseres, unwertendes Wort finden würde, wenn man nicht genau das damit aussagen will. :smt017

Was gesagt wurde war, dass es häufig aus der Rechten Ecke kommt.

Das haben hier zwei Leute behauptet, und der Zusammenhang mit der Nazikeule macht es nicht wirklich glaubwürdiger, das als Gegenargument ernstzunehmen.
Ist doch genau dasselbe Totschlagargument:
Ich kenne das Argument sonst nur von Nazis
=> Folge: Jede sachliche Basis ist dahin, weil sich erst einmal jeder nur dagegen verteidigt, deswegen als Nazi beschimpft zu werden.

Schön, das wir mal darüber geredet haben :roll:

Also ist der Gutmensch doch der, der Recht hat, weil er es ja besser weiß - möp.

Was ein Strohmann!
Diese völlig irre Beweisführung muss ich nicht verstehen, oder? Worte im Mund herumdrehen stehen übrigens seit kurzem auch auf meiner Liste. :wink:

@Pierre Kirby Groupie:

Warum benutzt du die ganze Zeit, das Wort „ihr“, wenn du mit mir redest?

Eventuell um zu zeigen, das dies nicht ausschließlich an dich gerichtet ist? Könnte ja sein. :wink:

Frage:

Antwort:

Tut mir leid, aber da kann ich beim besten Willen keine differenzierte Betrachtung erkennen. Ich fühlte mich mit diesen Nasen über einen Kamm geschert. :?

Da widersprichst du dir meiner Meinung nach etwas.
Was ist denn, wenn ein anders-denkender Mitmensch „Gutmensch“ benutzt,aber differenzierter, als die meisten anderen. So wie du das schreibst, schließt du jedoch aus, das sachlich und unpolemisch denkende Diskussionspartner dieses Wort verwenden würden, egal wie differenziert ihre Definition des Gutmenschen ist…