Das Problem mit dem Begriff ist schwer zu fassen. Jemand brachte das Beispiel Schwuchtel und verglich den Ausdruck Gutmensch dadurch mit Wörtern, die bereits pejorativ gefärbt sind. Allerdings gibt es für Schwuchtel ein Repertoire an Begriffen, die sich dieser Negativkonnotation entziehen. Wenn Enzio schreibt, dass der Gutmensch „oft die absolute Deutungshoheit über Begriffe, Geschehnisse und das soziale Miteinander“ beansprucht, so gilt das für den Gebrauch des Ausdrucks Gutmensch selbst. Man stelle sich vor, es gäbe nicht die Gegenbegriffe Terrorist und Freiheitskämpfer, sondern nur ein Mittelwort, dass die Handlungen solcher Leute zu umschreiben versucht. Das wäre im hier diskutieren Beispiel die negativ gefärbte Variante (Terrorist), die dann auch für Rebellenführer in Lybien und Widerstandskämpfer im Dritten Reich verwendet werden müsste. Es ist ein rein sprachliches Problem. Ärgerlich ist der Ausdruck deswegen, weil er das Attribut von Gutmenschen - also ihre eigentlich gute Intention - ins Gegenteil verkehrt und abwertet. Der Begriff wird daher als Schimpfwort im Sinne von Schwuchtel aufgefasst und von Leuten, die schon mal als Gutmensch bezeichnet wurden, ebenso kritisch beäugt (Stichwort „Totschlagargument“).
Es gibt keine allgemeingültige Definition, der Gebrauch des Wortes liegt jedem selbst überlassen und eröffnet eine große Spannbreite potentieller Bedeutungen.
Am Gutmenschsein gibt es - wie ich mir vorstellen kann - jede Menge Dinge, die schlimm sind. Die Ausdrücke Besserwisser, Deutungshoheit, political correctness etc. wurden dies bezüglich aufgezählt. Das schlimme, das verfahrene an der Diskussion ist die verhunzte Namensgebung, die das positive an Gutmenschen als das eigentlich schlechte zu entlarven versucht. Nicht der Drang nach Umweltschutz, Emanzipation oder Rassengleichstellung ist das Schlechte am sog. Gutmenschen. Wenn es überhaupt etwas schlechtes gibt, dann ist es seine Borniertheit, Witze, Diskussionsgestaltungen etc. der Gegenseite weniger radikal zu bewerten. „Warum scheint in Afrika immer die Sonne? Weil die Teller immer leer sind.“ Darüber muss man nicht lachen, aber man darf nicht den Erzähler des Witzes als jemanden brandmarken, dem das Hungerproblem am Allerwertesten vorbei ginge.
Wir könnten ja mal über alternative Begriffe nachdenken.