Vegan - Kommts in die Tüte?

Würdest Du meinen, dass das Aussterben vorzuziehen sei?

Kann man so sehen; ich meine nur, dass man das vielleicht nicht unbedingt so sehen muss.
Grundsätzlich halte ich es für gut, wenn Arten bewahrt werden anstatt auszusterben, selbst wenn sie durch Zucht entstanden sind (dass es einige Sonderfälle geben könnte wie z.B. bei völlig „überzüchteten“ Tieren sei am Rande angemerkt).

Wenn Nutztiere wie z.B. Gänse oder Schweine tiergerecht gehalten würden, hätten sie ein recht „schönes“ Leben; schöner sicher als das vieler Wildtiere. Und wenn sie tiergerecht geschlachtet würden/werden, hätten/haben sie einen schöneren Tod als den, den viele Wildtiere haben.

(Klar, bei Menschen könnte man nicht analog argumentieren. Ich meine aber schon, dass sich Menschen- und Tierethik in gewissen Punkten unterscheiden (dürfen). Einen unheilbar kranken Hund, der leidet, schläfert man ein; bei einem Menschen tut man dies nicht, oder nur unter ganz besonderen Umständen (Sterbehilfe). Bei Tieren geht es vor allem darum, dass sie ein Leben und Sterben ohne unnötiges Leiden haben und sich während ihres Lebens wohl fühlen; beim Menschen ist die Sache etwas komplizierter.)

Man mag ja zur Auffassung kommen, dass man solchen Nutztieren dennoch den größeren Gefallen täte, wenn man ihre Arten (bis auf ein paar Zooexemplare) aussterben lassen würde; ich bezweifle aber, dass man - auch als jemand, der Tiere mag - zwingend zu diesem Ergebnis kommen muss.

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@ Baru:

Da bin ich mir nicht so sicher. Ich operiere mal mit Deinen Beitragszahlen aus einem früheren Beitrag hier:

Dazu kommen dann noch weitläuftige Auslaufflächen für mehr als 3 Millionen Rinder und wohl besonders schwierig: für 60 Millionen Schweine. (Plus 25 Millionen Enten und 37 Millionen Puten.)

Bleiben wir mal bei den Schweinen, die entsprechend Deiner Aufstellung sicher den meisten Platz beanspruchen. Nehmen wir eine Fläche , die einem Quadrat von knapp 32 km Länge entspricht. Das wären etwa 1000 Quadratkilometer oder eine Milliarde Quadratmeter; das ist nicht sehr viel für ein Land wie Deutschland (Deutschland hat über 357.000 Quadratkilometer). Diese Fläche würde man natürlich auf viele kleine Flächen aufteilen. Das hieße, dass jedes Schwein etwas mehr als 16 Quadratmeter für sich hätte (1 Mrd : 60 Mio. = 16.7). Das wären gut 4 mal 4 Meter. Nun weiß ich nicht, wie viel Fläche ein Schwein braucht, damit es sich wohl fühlt; aber ich nehme an, dass das (mehr als) reichen würde. Man könnte ansonsten die Fläche aber auch leicht verdoppeln oder sogar vervierfachen, so dass ein Schwein (im Fall der Vervierfachung) mehr als 8 mal 8 Meter Auslauf hätte. (Es geht mir hier wie gesagt nur mal um die Modellrechnung. „Flächenmäßig“ sollte eine artgerechte Haltung aber eigentlich kein Problem sein. Es geht mir hier auch erst mal nicht um Weidehaltung, sondern um artgerechte Tierhaltung allgemein.)

Ich weiß auch nicht, ob alle Nutztiere in eingehegtes Freiland hinaus müssen (zumal das im Winter ohnehin bestenfalls eingeschränkt möglich sein dürfte), oder ob ein gut eingerichteter Stall es nicht auch tun kann (jedenfalls bei manchen Tierarten).

Nun ist aber das Töten bei fleischlicher Ernährung ZWANGSLÄUFIG nötig, sonst gäbe es ja nichts zu essen. (Noch …) Bei pflanzlicher Ernährung ist es nicht Absicht, sondern ein Randprodukt.

Wenn das „Randprodukt“ aber unvermeidbar ist (weil man beispielsweise Mäuse vergiften muss, damit kein großer Schaden entsteht), dann ist es auch „zwangsläufig“. Man könnt höchstens argumentieren, dass beim Töten in dem einen Fall die Absicht dahinter steht, Fleisch zu konsumieren, und im anderen Fall, die Ernte zu schützen; und dass das Töten in dem einen Fall „prinzipiell“ unvermeidlich ist, im anderen Fall aber nur „faktisch“ umgänglich. Ob das nun aber so einen großen ethischen Unterschied macht?

Und ist das der Faktor der getöteten Säugetieren oder hat man zum Zwecke der Dramaturgie alle Insekten auch mitgezählt?

Ich denke mal nur Säugetiere (und vermutlich auch noch Vögel und vielleicht Reptilien); sonst käme man vermutlich auf gigantische Zahlen.

Dazu … ist Weidehaltung allgemein so untödlich? Wie viele Tiere sterben, wenn in Südamerika immer wieder riesige Waldflächen zur Weidehaltung vernichtet werden?

Das ist sicher der Fall; es geht mir hier aber wie gesagt erst mal um die grundsätzliche Frage und nicht die konkrete Ausführung. Natürlich sollte man sich auf Weideland beschränken, für das keine Rodungen oder andere gravierende Umweltzerstörungen in Kauf zu nehmen sind (man denke etwa an Teile der asiatischen Steppen). Und natürlich sollte man das Land dann auch nicht überweiden, Refugien für Wildtiere aufrecht erhalten usw. Es geht hier erst mal um den Punkt, dass man offenbar (bei Weitem) nicht einfach alles Land, das für die Produktion von tierischem Fleisch genutzt wird oder genutzt werden kann, einfach in Anbauflächen für Pflanzen umwandeln kann; dass also Flächen existieren, die man entweder zur Haltung von Weidetieren nutzt oder eben gar nicht nutzt. Es wird wohl manchmal der Eindruck erweckt, dass man, anstatt das kultivierbare Land für die Produktion von Tieren zu „verschwenden“, viel effektiver einfach pflanzliche Nahrung anbauen könnte; das Gegenargument lautet hier, dass das aber so einfach und allgemein offenbar nicht stimmt.

Berücksichtigt werden muss eben auch, dass in der aktuellen Landwirtschaft eben keine Weidehaltung vorherrscht, also die gleichen Tiere bei der Ernte erst sterben und dann das Vieh geschlachtet wird.

Wie gesagt argumentiere ich zum einen erst mal ganz grundsätzlich (nicht wie die Dinge sind, sondern welche Optionen überhaupt bestehen); es könnte aber auch sein, dass viele Pflanzen, die (auch) für die Tiermast angebaut werden (z.B. Mais) resistenter gegen Nagetiere sind als beispielsweise Weizen; und dass man also deutlich weniger Nagetiere für deren Anbau und deren Lagerung töten muss. (Das ist eine empirische Frage, die ich nicht zu beantworten vermag.)

Beschäftige dich mal mit Lebensmittel. Du wirst für fast alle Lebensmittel dieses hin und her finden.

Das (und was Du danach schreibst) ist mir schon klar; ein wenig habe ich mich schon mit dem Thema beschäftigt. Dennoch habe ich das Gefühl, dass zum Soja mehr beunruhigendere Studien existieren als zu manch anderen Produkten.

Die Laktoseintoleranz zeigt, dass unser Körper im Erwachsenenalter nicht unbedingt auf die Verstoffwechslung von Milch eingestellt ist - die Europäer aber noch eher als Menschen aus anderen Regionen. Zumindest alle, die Milch dann trotzdem direkt oder indirekt konsumieren, schädigen sich zumindest auch etwas.

Nur scheinen halt die beschriebenen Schäden deutlich milder zu sein als einige, die dem Soja (zumindest von manchen Experten) zugeschrieben werden.

Es würden einfach nur immer weniger über die Jahre bis Jahrzehnte herangezüchtet werden. Ein radikaler Vegan-Cut ist doch überhaupt nicht zu erwarten.

Das ist vermutlich so, wobei ich mir schon vorstellen könnte, dass es im Prinzip zu einer Tabuisierung, im Extremfall sogar zu einem Verbot kommen könnte. Ich halte das war nicht für wahrscheinlich (jedenfalls nicht in absehbarer Zeit), aber auch (langfristig gedacht) nicht für völlig ausgeschlossen.

Mir geht es aber auch vor allem um die grundsätzliche, tier-ethische Problematik jenseits von Zahlen. Ist es grundsätzlich unethisch, Nutztiere (wie z.B. Schweine und Geflügel) zu essen, weil das das Töten von Tieren impliziert? Wäre es sozusagen der „Idealzustand“, dass die Menschen überhaupt keine Nutztiere mehr essen? Oder rechtfertigt die Tatsache, dass der Verzehr solcher Tiere erst der Grund dafür ist, dass sie überhaupt leben, dass man sie isst? (Wohlgemerkt steht diese Frage ausdrücklich unter der Prämisse, dass die Tiere artgerecht gehalten und human getötet werden, so dass man guten Gewissens sagen kann, dass solche Tiere ein „schöneres“ Leben und einen „schöneren“ Tod haben als die meisten Wildtiere.)

Wäre eine allgemeine vegetarische Ernährung tier-ethisch betrachtet der beste, vielleicht sogar der einzig akzeptable Weg, oder womöglich doch nicht (wenn man mal alle anderen Gesichtspunkte ausklammert, wie wir sie hier teilweise diskutiert haben)?

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EDIT: Kann man eigentlich die Funktion, dass zwei Beiträge automatisch zu einem zusammengefasst werden, deaktivieren?

Es gibt übrigens in Deutschland sehr viel Wild. Mehr als die Landwirtschaft vertragen kann.

Der Grund dafür liegt in der Vergangenheit, als man die Natürlichen Feinde des Wildes ausgerottet hat, und darin , das so ein Acker oder ein Gemüsefeld für die Meisten Wildtiere ein All you can eat Buffet ist

[QUOTE=Enio;467168]
EDIT: Kann man eigentlich die Funktion, dass zwei Beiträge automatisch zu einem zusammengefasst werden, deaktivieren?[/QUOTE]

Technisch gesehen, ja. Ist aber als Anti-Doppelpost-massnahme da. Für irgendwas gibt es ja eine Editierfunktion.

[QUOTE=marcel87;467141] Ich möchte aber nicht, dass für meinen Genuss Tiere getötet werden - und hier kommt dann Fleischersatz ins Spiel, da dieser teilweise schon sehr nah an den Geschmack von echten Fleisch herankommt.[/QUOTE]

Aber es schmeckt doch nach süßem rosa Schweinchen. :lol:
Ich z.B, habe beinah den selben Tick. Ich esse keine Ente, weil ich seit meiner Kindheit eine enge Verbundenheit zu diesen Tieren empfinde, käme aber nie auf die Idee mir ein künstliches Produkt auf den Tisch stellen zu lassen, das genau nach jenem Tier schmeckt.
Aber nun gut. Ich höre mal auf zu diskutieren und akzeptiere einfach, dass es Menschen gibt, die dies als alternative wahrnehmen und nutzen.

Was mich ganz allgemein interessieren würde ist, welchen Hintergrund der Veganismus eigentlich hat. Den [I][U]Vegetarismus[/U][/I] verstehe ich durchaus. Man kann aus ethischen Erwägungen heraus Vegetarier sein – man will nicht Tiere züchten, um sie zu töten. Natürlich gibt es gegen eine solche Position auch Einwände (siehe bisherige Diskussion), aber es ist jedenfalls eine Auffassung, die eine gewisse Plausibilität besitzt und die man vertreten kann.
Manche Leute sind auch nur deswegen Vegetarier, weil sie sich vor Fleischprodukten ekeln.

Schwerer zu verstehen ist für mich der Veganismus, bei dem auch tierische Produkte wie Milch, Eier und Käse abgelehnt werden (es sei denn natürlich, jemand hätte einen Ekel vor solchen Erzeugnissen). Grundsätzlich kann man ja auch tierische Erzeugnisse wie Eier und Milch erwerben, die von Tieren stammen, die gut gehalten werden. Insofern sehe ich da zumindest keine prinzipiellen tier-ethische Einwände, die dagegen sprächen.
Es gibt zwar auch Veganer, die sich aus gesundheitlichen Gründen auf jede Art von tierischem Eiweiß verzichten; indes scheint es doch sehr fragwürdig zu sein, ob Veganer gesünder leben (selbst wenn sie Nahrungsergänzungsmittel zu sich nehmen).

Was also sind die Gründe dafür, dass man Veganer (und nicht etwa Vegetarier) ist?
Ich stelle diese Frage “wertfrei” und aus echtem Interesse; jeder möge für sich entscheiden, was er gerne essen will.

Ich könnte vielleicht zu einem Bauern fahren, dort mich erkunden, wie die Zustände sind, fragen, was der Bauer mit Tieren macht, die unproduktiv geworden sind, mir die Hühnerställe anschauen und überprüfen, ob ich das für toll halte usw. und dann kann ich dort zu sehr teuren Preisen vielleicht ab und zu Milch und Eier kaufen.

Bei dem absoluten Gros der Produkte habe ich logischerweise absolut keine Chance, mir die Herkunft von den Inhaltsstoffen anzuschauen. Im Restaurant dürfte ich mit der Frage wohl auch noch mehr Unverständnis ernten als mit einer Nachfrage nach einer veganen Mahlzeit.

Da kann ich dann auch gleich im Alltag vegan leben, solange ich mir nicht meinen eigenen kleinen Hühnerstall einrichten kann.

@ Baru:

Okay, dann sind das eher pragmatische als prinzipielle Gründe. Gäbe es gute Standards und effektive Qualitätskontrollen, die dafür sorgen, dass die Tierhaltung mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit tiergerecht ist, dann hättest Du kein Problem mit Milch und Eiern. Richtig zusammengefasst?

Ich glaube nicht, dass die Bauern ansatzweise die Produktionsmenge halten können, wenn sie ihre Viehhaltung auf dem von mir gewünschten Niveau betreiben müssen.

Das würde auch bedeuten, Züchtungen zu haben, die nicht auf tödliche Hochleistungsproduktion ausgelegt ist, die das Tier deutlich vor der artenspezifischen Altersgrenze sterben lassen.

Wenn ich gerade nachschaue, können Kühe wohl um die 15 Jahre* alt werden, so alt wurden sie früher zumindest. Heute liegt das “Sterbealter” wohl bei 4 Jahren, im Biobereich bei 5 Jahren. Hühner sollen wohl (maximal bis zu 50 Jahre) realistisch zwischen 5 und 9 Jahre werden, verlieren aber spätestens ab dem 3. Jahr deutlich an Produktionsleistung und werden uninteressant, Legehennen werden wohl 1 1/2 Jahre.

*Edit: Gerade gesehen: Das war wohl auch schon die Lebenserwartung der Milchkühe der 50er Jahre. Die arttypische Lebenserwartung liegt scheinbar mehr zwischen 30 und 60 Jahre.

[QUOTE=Baru;467346]Ich glaube nicht, dass die Bauern ansatzweise die Produktionsmenge halten können, wenn sie ihre Viehhaltung auf dem von mir gewünschten Niveau betreiben müssen.

Das mag so sein; dieselbe Produktionsmenge (wenn man sie denn haben will) wäre dann allerdings immer noch realisierbar, indem die Produktionskosten erhöht und die Produkte dadurch teurer würden. Dann müsste man die Lebensmittel allerdings (stärker) subventionieren, da viele Verbraucher sonst in Schwierigkeiten kämen. Das ist natürlich eine politische Frage. Dass das auf absehbare Zeit kommt, sehe ich nicht; es könnte aber später einmal so weit sein. (Das hat aber zugegebenermaßen für das Heute keine direkte Relevanz.)

[QUOTE]Das würde auch bedeuten, Züchtungen zu haben, die nicht auf tödliche Hochleistungsproduktion ausgelegt ist, die das Tier deutlich vor der artenspezifischen Altersgrenze sterben lassen.

Soweit ich das zu wissen meine, kommt der frühe Tod nicht daher, dass die Tiere „ausgelaugt“ wären, sondern daher, dass sie rasch geschlachtet werden, sobald ihre Produktivität nachlässt (was Dein nächster Ansatz ja auch andeutet).

Wenn ich gerade nachschaue, können Kühe wohl um die 15 Jahre* alt werden, so alt wurden sie früher zumindest. Heute liegt das „Sterbealter“ wohl bei 4 Jahren, im Biobereich bei 5 Jahren. Hühner sollen wohl (maximal bis zu 50 Jahre) realistisch zwischen 5 und 9 Jahre werden, verlieren aber spätestens ab dem 3. Jahr deutlich an Produktionsleistung und werden uninteressant, Legehennen werden wohl 1 1/2 Jahre.

Hier sehe ich zwei mögliche Strategien:

a) Man entscheidet sich als Gesellschaft dafür, dass die Tiere länger leben sollen, selbst wenn das eben mehr kostet, und orientiert sich wenigstens grob an den natürlichen Altersgrenzen. (Falls man das Töten gesunder Tiere ganz ablehnt, müsste man warten, bis sie von alleine sterben oder eine Einschläferung aus Tierschutzgründen indiziert ist.) Das würde ich als die befriedigendere Alternative betrachten.

b) Oder man könnte sich auf die Position zurückziehen, dass es ausreiche, wenn Tiere wie Kühe oder Hühner tiergerecht gehalten und getötet wurden, so dass sie ein kurzes, aber recht angenehmes Leben haben. Das klingt natürlich weniger befriedigend.

Mir geht es hier wie gesagt auch um die ganz grundsätzliche Frage, ob Tierwohl und Nutztierhaltung überhaupt miteinander vereinbar sind; ob sie in der Praxis, die wir heute haben, vereinbar sind (sein können) ist eine zweite, aber natürlich sehr praxisrelevante Frage. (Für das konkrete eigene Verhalten sollte natürlich der Ist-Zustand und nicht der Könnte-Zustand maßgeblich sein.)

Mir fällt es persönlich sehr schwer, mir ein definitives Urteil über verschiedene Formen der Tierhaltung, wie sie heute existieren, zu bilden. Intensiv beschäftigt habe ich mich mit diesem Thema bisher nicht (obwohl ich zugebe, dass es eigentlich wichtig ist). Die verfügbaren Informationen scheinen zum Teil widersprüchlich und oft interessengeleitet zu sein, so wie das ja auch beim Thema Lebensmittel häufig der Fall ist. Zudem scheint manches, was auf den ersten Blick Vorteile hat, auf den zweiten auch weder Nachteile zu haben. Man müsste dann eigentlich etwas tiefer graben, Informationen abgleichen, recherchieren usw., was ich jetzt wie gesagt nicht getan habe.

Ich glaube aber schon, dass solche „praktischen“ Probleme zumindest grundsätzlich lösbar sind; es dürfte wie gesagt eine Frage des Geldes sein, also was es der Gesellschaft wert ist.
Jedenfalls ist mir nun klarer, welche Motive es gibt, nicht nur auf Fleisch, sondern auch auf andere tierische Produkte zu verzichten – womit meine Frage beantwortet wäre.

[QUOTE=Enio;467324]Schwerer zu verstehen ist für mich der Veganismus, bei dem auch tierische Produkte wie Milch, Eier und Käse abgelehnt werden (es sei denn natürlich, jemand hätte einen Ekel vor solchen Erzeugnissen). Grundsätzlich kann man ja auch tierische Erzeugnisse wie Eier und Milch erwerben, die von Tieren stammen, die gut gehalten werden. Insofern sehe ich da zumindest keine prinzipiellen tier-ethische Einwände, die dagegen sprächen.[/QUOTE]

Tierethik, anyone…!!!

Eine Kuh gibt ihre Milch nicht freiwillig her, man entreißt ihr das Kalb und klaut faktisch die Milch und das Kalb wird später auch noch geschlachtet. Ob nun Eier oder Milch, beides gehört zur selben Industrie, die auch Fleisch produziert, ergo unterstützt man weiterhin Firmen, die Tiere ausbeuten, egal wie man es nun dreht oder wendet.

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[QUOTE=Enio;467498]
Dass das auf absehbare Zeit kommt, sehe ich nicht; es könnte aber später einmal so weit sein. (Das hat aber zugegebenermaßen für das Heute keine direkte Relevanz.)[/Quote]

Es ist auch wieder ein Platzproblem. Mal eben die mehrfache Anzahl von Tieren? Ich teile mit einem Blick auf die aktuelle Häufigkeit der Weidehaltung in meiner Region schon nicht deinen Optimismus, dass man den aktuellen Tierbeständen eine vernünftige Freilandhaltung geben kann. (Ich halte das nur für möglich, wenn man den Umgang mit Freiflächen in Deutschland radikal ändert.) Und dann würde sich die Anzahl der Tiere noch vermutlich verdoppeln bis vervierfachen. Wo sollen die dann erst hin?

Soweit ich das zu wissen meine, kommt der frühe Tod nicht daher, dass die Tiere „ausgelaugt“ wären, sondern daher, dass sie rasch geschlachtet werden, sobald ihre Produktivität nachlässt (was Dein nächster Ansatz ja auch andeutet).

Sie werden geschlachtet, sind aber auch wohl auch ausgelaugt.

Hier sehe ich zwei mögliche Strategien:

Meine persönliche bevorzugte Strategie:

Milch und Eier und erst recht Fleisch werden zu einem sehr seltenem und bewussten Genuss, den man gut bezahlt. Mehr als Delikatesse denn als Massenspeisung, wobei auch Ethik verhindern sollte, dass sich Reiche dann trotzdem damit vollstopfen.

Ich glaube aber schon, dass solche „praktischen“ Probleme zumindest grundsätzlich lösbar sind; es dürfte wie gesagt eine Frage des Geldes sein, also was es der Gesellschaft wert ist.

Für den aktuellen Konsum halte ich das Problem für unlösbar. Solange die Menschen nicht dazu bereit sind, deutliche Einschnitte zu akzeptieren, ist ein ethischer Umgang mit Tieren, wie ihn sich ihn viele ja auch vorstellen und wie er gerne durch völlig falsche Bilder auf Produkte suggeriert wird, nicht möglich.

@ Naked Snake:

Der Punkt mit dem Kalb ist sicher bedenkenswert; wobei die Trennung gleich nach der Geburt erfolgt. Ich weiß nicht, ob da bereits eine Bindung besteht oder nicht, und welche Auswirkung das auf die Tiere (Mutter und Kalb) hat.
Es gibt aber scheinbar auch Formen der Haltung, bei denen Kuh und Kalb zusammenbleiben. Insofern scheint auch das eher ein praktisches als ein prinzipielles Problem zu sein.

Ansonsten meine ich aber, dass Du etwas anthropomorphisierend argumentierst. Ich bezweifle, dass eine Kuh es in irgendeiner Form als „Diebstahl“ empfindet, wenn sie gemolken wird. Ich bezweifle auch, dass sie überhaupt ein „Eigentumskonzept“ im eigentlichen Sinne hat, und dass sie das Melken eher als ein „Klauen“ begreift als der Apfelbaum, dem man die Äpfel „stiehlt“.
Entscheidend ist hier aus meiner Sicht, ob ein Tier sich wohl fühlt oder nicht. Wenn der Vorgang des Melkens für sie nicht unangenehm ist, dann sehe ich in ihm noch nicht per se etwas Verwerfliches.
Etwas anderes wäre es natürlich, wenn man ein Tier aus seinem Revier vertreibt; das sollte nicht passieren, sofern nicht gravierende Gründe dafür sprechen. Aber auch das gilt weniger, weil das Revier das „Eigentum“ des Tieres wäre, sondern weil eine Umsiedlung in der Regel mit Stress oder Gefahren für das Tier verbunden ist. Auch kann sich ein Tier vielleicht an ein Spielzeug gewöhnen; auch dann würde ich es ihm nicht wegnehmen wollen - aber auch das vor allem, damit es sich wohlfühlt und ihm eine unangenehme Erfahrung erspart bleibt. Hat es aber erkennbar keinerlei Bezug zu einem Spielzeug, so spräche aus meiner Sicht auch nichts dagegen, es gegen ein anderes einzutauschen.

Dasselbe gilt übrigens für den Freiheitsbegriff, der m.E. nicht ohne weiteres auf Tiere übertragbar ist. Ein Hund soll sich wohlfühlen, genug Futter und Zuwendung bekommen, genug Auslauf usw.; er muss aber nicht völlig „frei“ sein, sondern darf von Herrchen oder Frauchen tieregerecht erzogen werden und ihm/ihr gehorchen. Unter Menschen würde man ein solches Verhältnis wie das zwischen Hund und (tierliebem!) Halter als „Sklaverei“ bezeichnen; ich bezweifle aber, dass solche menschlichen Konzepte und die mit ihnen verbundenen Rechtsansprüche einfach eins zu eins auf Tiere übertragbar sind. Manche Tiere haben zwar einen natürlichen Drang nach viel Freiheit (z.B. Katzen), und der sollte auch beachtet werden, eben weil es dem Bedürfnis dieses Tieres entspricht; so etwas wie einen Sinn für „Selbstbestimmung“, wie Menschen ihn haben, dürften Tiere aber kaum besitzen. Wenn ein Tier wie z.B. der Hund sich mit weniger Autonomie wohl fühlt - vielleicht sogar wohler -. dann spricht aus meiner Sicht nichts gegen eine entsprechende Behandlung.
Erst recht macht es aus meiner Sicht wenig Sinn, einem Tier Rechte wie informationelle Selbstbestimmung oder das Wahlrecht zuzusprechen – ein Tier kann einfach mit bestimmten Rechten nichts anfangen, weil es sie nicht versteht und sie auch nicht seinen natürlichen Bedürfnissen entsprechen.

Wie schon gesagt halte ich für ein gutes und wichtigs Anliegen, dass man Tiere so behandelt, dass es ihnen gut geht und sie sich wohl fühlen; das entspricht den natürlichen Bedürfnissen des Tieres. Ob Tiere aber darüber hinaus typisch „menschliche“ Bedürfnisse haben, wage ich zu bezweifeln.

@ Baru:

Die Frage ist natürlich, ob alles Freilandhaltung sein muss, oder ob es ein guter Stall nicht auch tun kann. Während des Winters müssen die Tiere ja ohnehin dort bleiben. Das ist natürlich eine empirische Frage, die Tierärzte anhand von Daten wie Verhalten, Stresshormone usw. beantworten müssen. (Davon unbenommen bleibt natürlich, dass es offenbar auch große Flächen gibt, die sich allein für die Weidetierhaltung eignen, wenn man sie denn überhaupt landwirtschaftlich nutzen will.)

Sie werden geschlachtet, sind aber auch wohl auch ausgelaugt.

Diesen Vorwurf habe ich auch schon gelesen, aber auch heftigen Widerspruch durch - dem Anschein nach - kompetente Quellen. Ich bin da ehrlich gesagt sehr vorsichtig, denn ich habe den Eindruck, dass manche Leute, so gut sie es meinen mögen, als Informanten nicht wirklich verlässlich sind. Es scheint mir hier manchmal zu viel Ideologie mit hineinzukommen. Im Rahmen meiner Kurz-Recherche zur natürlichen Lebenserwartung von Nutztieren (ohne Schlachtung) wurden beispielsweise von manchen Tierschutz-Seiten extrem hohe Zahlen genannt, die wahrscheinlich falsch sind (die von Dir angegebenen Zahlen scheinen hingegen realistisch zu sein). Es gibt sicherlich auch Desinformationen von der anderen Seite; umso schwieriger ist es aber wohl, sich eine qualifizierte Meinung zu bilden.
Das heißt nicht, dass ich ausschließen würde, dass der Vorwurf richtig ist; aber ich bleibe vorerst skeptisch.
Jedenfalls scheint es aber grundsätzlich möglich zu sein, dass eine Kuh, die normal gemolken wird, alt wird, wenn sie nicht geschlachtet wird. Allerdings spricht der folgende Artikel dafür, dass die Kritik zumindest zum Teil berechtigt ist:

Milch und Eier und erst recht Fleisch werden zu einem sehr seltenem und bewussten Genuss, den man gut bezahlt.

Wäre vielleicht wirklich eine Idee.

[QUOTE=Enio;467681]Unter Menschen würde man ein solches Verhältnis wie das zwischen Hund und (tierliebem!) Halter als “Sklaverei” bezeichnen;[/QUOTE]

Bei Menschen nennt man das Arbeitgeber und Vermieter statt Halter. Für die meisten Menschen sind diese Verhältnisse aber tatsächlich näher an der Sklaverei als an einer tierlieben Herrchen-Hund-Beziehung.

Und deswegen ist es automatisch legitim?

Die Kuh wird dir nur schwer sagen können, ob ihr das melken gefällt oder nicht und da so ein gemeines Milchvieh es sowie so nicht anders kennt, ist es müßig darüber zu diskutieren.

Fakt ist und bleibt aber weiterhin, dass Milch für den Menschen nicht lebensnotwendig ist und selbst wenn es Möglichkeiten gibt, dass die Kuh ihr Kalb behalten kann, während man ihr die Milch klaut, dann ist in den meisten Milchprodukten im Supermarkt immer noch konventionelle Milch.

Darüber hinaus geht es beim Veganismus ja nicht nur um die Nahrung, das ist ein ganzes Lebenskonzept und es soll weitestgehend auf sämtlich tierische Produkte in allen Lebenslagen verzichtet werden. Wie gesagt, Tierethik ist hier das Zauberwort und wenn man sich damit etwas befasst, dann merkt man, dass man eben nicht einfach so Unterschiede zwischen Mensch und Tier machen kann. Beides sind Lebewesen und das ist der springende Punkt.

Nach deiner Logik ist es auch total überzogen, dass Mütter noch heute ihre Kinder suchen, welche in der DDR direkt nach der Geburt zur Zwangsadoption gegeben wurden. Ich mein, die Mutter kann ja schlecht eine Bindung zu einem Kind aufgebaut haben, welches sie noch nie im Arm gehalten hat oder?

Dasselbe gilt übrigens für den Freiheitsbegriff, der m.E. nicht ohne weiteres auf Tiere übertragbar ist. Ein Hund soll sich wohlfühlen, genug Futter und Zuwendung bekommen, genug Auslauf usw.; er muss aber nicht völlig „frei“ sein, sondern darf von Herrchen oder Frauchen tieregerecht erzogen werden und ihm/ihr gehorchen.

Ich bin mittlerweile komplett gegen private Tierhaltung, da diese zum überwiegenden Teil nicht im Sinne des Tieres ist und so Begriffe wie Tier-/Artgerecht betreiben nur Schönmalerei. Die meisten Leute schaffen sich nur deswegen ein Tier an, weil es zu ihrem Lebensstil passt, sie es süß finden, was zum knuddeln brauchen oder weiß der Geier. Dabei spielt es keine Rolle, ob es dem Tier prinzipiell erst mal gut geht, es ist nun mal eine egoistische Einstellung sich ein Lebewesen in einer Umgebung zu halten, wo es nicht hingehört, nur weil man grad Bock drauf hat.

Die wenigstens holen sich ja ein Tier bspw. aus dem Tierheim, wo man wenigstens noch argumentieren könnte, dass man solchen Tieren einen schönen Lebensabend spendieren will.

Es fängt ja schon damit an, dass man bspw. Hunde kastrieren lässt, sie quasi ihrer Sexualität beraubt, dafür einen Eingriff in Kauf nimmt, der Komplikationen hervorrufen kann, nur weil man keine Lust darauf hat sich mit dem Tier intensiv zu beschäftigen und man es lieber per operativen Eingriff gefügig macht.

Die Tierhaltung ist unter Veganern durchaus ein heiß diskutiertes Thema, wie ich bisher so mitbekommen habe :wink:

[QUOTE=Naked Snake;467766]Und deswegen ist es automatisch legitim?

Die Kuh wird dir nur schwer sagen können, ob ihr das melken gefällt oder nicht und [daher] ist es müßig darüber zu diskutieren.
[/QUOTE]

Trotzdem vermenschlichst du die Kuh hier und implizierst vorher in deinem Beitrag noch, es würde ihr nicht gefallen können. Das ist eine sehr komische Logik. Die Wahrheit ist, dass Kühe gemolken werden MÜSSEN, damit keine Entzündungen und ähnliches auftreten. Das liegt zum Teil auch an der Hochzüchtung über Jahrzehnte hinweg, das ist mir auch klar, ändert aber nichts an der Tatsache. Und aus falsch verstandener Tierliebe damit aufzuhören kann ja auch nicht Sinn und Zweck der Sache sein.

[QUOTE=Naked Snake;467766]Fakt ist und bleibt aber weiterhin, dass Milch für den Menschen nicht lebensnotwendig ist[/QUOTE]

Naja, überlebenswichtig nicht, aber auch nicht schädlich. Auch wenn Leute ständig versuchen, sich was anderes einzureden.

[QUOTE=Naked Snake;467766]Darüber hinaus geht es beim Veganismus ja nicht nur um die Nahrung, das ist ein ganzes Lebenskonzept und es soll weitestgehend auf sämtlich tierische Produkte in allen Lebenslagen verzichtet werden.[/QUOTE]

Es ist ein Lebenskonzept der bewussten Fehlernährung mit dem Ziel der ethisch-moralischen Besserstellung über andere Menschen.

[QUOTE=Naked Snake;467766]Ich bin mittlerweile komplett gegen private Tierhaltung, da diese zum überwiegenden Teil nicht im Sinne des Tieres ist[/QUOTE]

Komisch, oben schreibst du noch das die Kuh dir das nicht mitteilen kann, aber hier kannst du einfach bestimmen, dass es “nicht im Sinne des Tieres” ist. Merkst du selbst, oder?

[QUOTE=Naked Snake;467766]Es fängt ja schon damit an, dass man bspw. Hunde kastrieren lässt, sie quasi ihrer Sexualität beraubt, dafür einen Eingriff in Kauf nimmt, der Komplikationen hervorrufen kann, nur weil man keine Lust darauf hat sich mit dem Tier intensiv zu beschäftigen und man es lieber per operativen Eingriff gefügig macht.
[/QUOTE]

Was hat Kastrieren mit “gefügig machen” zu tun? Man kastriert Hunde, weil man nicht möchte, dass sie sich mit anderen fortpflanzen und Nachkommen auf die Welt zu setzen, um die man sich eventuell nicht vernünftig kümmern kann (Fehlender Platz, fehlendes Geld, fehlende Zeit,…).

Das hat alles wenig mit “Tierethik” zu tun, sondern mit einer völlig übertriebenen Vermenschlichung des Tieres.

In der Sache sehe ich es in vielen Punkten ähnlich wie EK.

[QUOTE=Naked Snake;467766]
Die Kuh wird dir nur schwer sagen können, ob ihr das melken gefällt oder nicht und da so ein gemeines Milchvieh es sowie so nicht anders kennt, ist es müßig darüber zu diskutieren.[/quote]
Wie ExtraKlaus schon sagte braucht die Kuh es; ansonsten meine ich, dass man durchaus normalerweise feststellen kann, ob ein Tier wie einer Kuh etwas missfällt oder nicht. Versucht das Tier, auszuweichen? Zeigt es irgendwelche Schmerz- und Stressreaktionen? Erhöht sch der Pegel an Stresshormonen in seinem Blut?

Fakt ist und bleibt aber weiterhin, dass Milch für den Menschen nicht lebensnotwendig ist…

Das ist per se doch noch kein Argument, so lange das Tierwohl gewahrt bleibt.

…und selbst wenn es Möglichkeiten gibt, dass die Kuh ihr Kalb behalten kann, während man ihr die Milch klaut, dann ist in den meisten Milchprodukten im Supermarkt immer noch konventionelle Milch.

Hier würde ich wieder unterscheiden zwischen Argumenten, die gegen die heute übliche Tierhaltung sprechen mögen, und solchen, die ganz grundsätzlich gegen Nutztierhaltung sprechen mögen.

Wie gesagt, Tierethik ist hier das Zauberwort und wenn man sich damit etwas befasst, dann merkt man, dass man eben nicht einfach so Unterschiede zwischen Mensch und Tier machen kann. Beides sind Lebewesen und das ist der springende Punkt.

Manche Bedürfnisse haben Menschen und Tiere sicher gemeinsam: Beide wollen leben, beide wollen sich wohl fühlen und nicht leiden; aber natürlich gibt es auch Bereiche, in denen Mensch und Tier sich unterscheiden, da der Mensch ein Vernunftwesen ist, das ein anspruchsvolles Selbstkonzept besitzt und in abstrakten Kategorien wie „Autonomie vs. Heteronomie“ oder „Privateigentum vs. Kollektiveigentum“ usw. denkt. Das tut das Tier nicht in derselben Weise. Eine vernünftige Tierethik wird versuchen, die natürlichen Bedürfnisse von Tieren zu berücksichtigen, nicht aber dem Tier menschliche Bedürfnisse zu attribuieren, die es offensichtlich gar nicht hat.

Nach deiner Logik ist es auch total überzogen, dass Mütter noch heute ihre Kinder suchen, welche in der DDR direkt nach der Geburt zur Zwangsadoption gegeben wurden. Ich mein, die Mutter kann ja schlecht eine Bindung zu einem Kind aufgebaut haben, welches sie noch nie im Arm gehalten hat oder?

Und genau das ist der Fehler: Du setzt Menschen und Tiere gleich. Das ist aber nicht berechtigt. Soweit ich mich erinnere, kommen Wildtiere, die eine Totgeburt erleiden, oder deren Junge gerissen werden, gewöhnlich schnell über so einen Verlust hinweg. Das auch dann, wenn sie sich um ihre Jungtiere kümmern und diese verteidigen. Sie kümmern sich dann nach dem Verlust eben um die anderen Jungen, sofern sie welche haben. Das mag nicht für alle Tiere gleichermaßen gelten, aber es dürfte doch für viele wahr sein.
Menschen haben einen anderen Bezug zu ihren Kindern; selbst, wenn die Kinder noch ungeboren sind, denken Menschen sich schon Namen aus, richten ihre Wohnung ein, freuen sich auf das Kind usw. Bei einer Totgeburt oder dem Verlust eines Kindes können die meisten Menschen nicht einfach zur Tagesordnung übergehen.
Das soll gewiss kein Plädoyer sein, dass man Muttertier und Junge trennen sollte - das Tierwohl (auch das des Jungtiers) sollte immer entscheidend sein. Aber Tiere sind nicht in jeder Hinsicht wie Menschen. Und ob eine Kuh bereits vor der Geburt eine starke emotionale Bindung an ihr Kalb aufgebaut hat, halte ich zumindest für eine Frage, die man nicht einfach durch Rekurs auf die menschlichen Verhältnisse definitiv beantworten kann, sondern die man untersuchen müsste (was man vermutlich auch schon getan hat).

Ich bin mittlerweile komplett gegen private Tierhaltung, da diese zum überwiegenden Teil nicht im Sinne des Tieres ist und so Begriffe wie Tier-/Artgerecht betreiben nur Schönmalerei. Die meisten Leute schaffen sich nur deswegen ein Tier an, weil es zu ihrem Lebensstil passt, sie es süß finden, was zum knuddeln brauchen oder weiß der Geier. Dabei spielt es keine Rolle, ob es dem Tier prinzipiell erst mal gut geht, es ist nun mal eine egoistische Einstellung sich ein Lebewesen in einer Umgebung zu halten, wo es nicht hingehört, nur weil man grad Bock drauf hat.

Bei den meisten Leuten dürften verschiedene Motive eine Rolle spielen, „egoistische“ ebenso wie altruistische. Aus der Perspektive einer Kantischen Ethik mag das relevant sein; aus Tierschutzsicht ist das im Grunde aber doch absolut gleichgültig. Wichtig ist doch, ob das Tier gut behandelt wird. Es dürfte einem Hund, der gut gefüttert wird, gut Auslauf hat usw., völlig schnuppe sein, ob er nun genommen wurde, weil sein Herrchen gezielt Tieren helfen möchte, oder weil Herrchen gerne in der Gegenwart eines Hundes ist, oder aus einer Mischung beider Motive heraus.

Und Entschuldigung - in welche Umgebung gehören domestizierte Tiere denn, wenn nicht in eine menschliche? Wenn man die Haustiere in die Wälder entlassen würde, so würde man ihnen ganz sicher keinen Gefallen tun. Die meisten würden sicherlich sterben (z.B. Kaninchen oder Pudel). Man würde einem kleinen Dackel ganz sicher keinen Gefallen tun, wenn er im tief verschneiten Winterwald in eisiger Kälte ausgesetzt werden würde. Andere Tiere (wie insbesondere große Hunde) würden massenhaft das Wild reißen (bis alles fort wäre). Die Lebenserwartung und die Lebensqualität der betroffenen Tiere wäre aber in jedem Fall mit Sicherheit viel geringer als in menschlicher Obhut. Worum es gehen muss ist doch, dass Haustiere genug Platz haben und gut gehalten werden, aber doch nicht, dass sie gar nicht mehr gehalten werden.

Es scheint Tierschützer zu geben, die zwei einfache Wahrheiten nicht akzeptieren wollen:

  • Viele Tiere haben die Fähigkeit, sich an eine neue Situation und Umgebung anzupassen und sich da dann auch wohl zu fühlen.
  • Durch die Domestizierung haben viele Tiere sich an die menschliche Umgebung angepasst und fühlen sich beim Menschen wohl (sofern sie ordentlich behandelt werden). Für diese Tiere ist es „tiergerecht“ und „artgerecht“, in menschlicher Umgebung zu sein. Außerhalb hingegen könnten sie oft gar nicht überleben. Wenn man gegen die Haltung nicht nur von Nutztieren, sondern auch von Haustieren ist, dann läuft das effektiv darauf hinaus, dass man (nahezu) alle Haustiere aussterben lassen will.

Da scheint mir auch so ein verklärender, stark romantisierender Naturbegriff eine Rolle zu spielen: Dem Tier in freier Wildbahn geht es gut. Das stimmt aber so allgemein nicht. Viele Tiere in freier Wildbahn sterben weit früher als in menschlicher Obhut, weil ihnen „in Freiheit“ Hunger, Kälte, Hitze, Krankheiten, Parasiten, Kämpfe mit Rivalen, Fressfeinde usw. drohen. Für viele Wildtiere ist die Wildnis überhaupt kein Zuckerschlecken, und viele sterben bereits als Jungtiere. Wenn sie es könnten, dann würden sehr viele Wildtiere sicherlich einen Großteil der Haustiere inständig beneiden.

Es fängt ja schon damit an, dass man bspw. Hunde kastrieren lässt, sie quasi ihrer Sexualität beraubt, dafür einen Eingriff in Kauf nimmt, der Komplikationen hervorrufen kann, nur weil man keine Lust darauf hat sich mit dem Tier intensiv zu beschäftigen und man es lieber per operativen Eingriff gefügig macht.

Das halte ich in dieser Allgemeinheit für ein unbewiesene Behauptung. Es werden verschiedene Vor- und Nachteil der Kastration aufgeführt; einen Grund pro hat ExtraKlaus ja schon genannt. Ob das nun summa summarum dm Tierwohl entspricht sei dahingestellt, aber dass der typische Grund für die Kastration darin besteht, dass man sich nicht wirklich um das Tier bemüht, halt ich für eine fragwürdig Unterstellung.

Die Tierhaltung ist unter Veganern durchaus ein heiß diskutiertes Thema, wie ich bisher so mitbekommen habe :wink:

Darüber hinaus geht es beim Veganismus ja nicht nur um die Nahrung, das ist ein ganzes Lebenskonzept und es soll weitestgehend auf sämtlich tierische Produkte in allen Lebenslagen verzichtet werden.

Soweit es hier tatsächlich um den Schutz von Tieren vor Unwohlsein, Leid und frühem Tod geht, kann ich das alles ja nachvollziehen. Aber mir scheint, dass hier doch – bei manchen, nicht bei allen – auch etwas Ideologisches hineinkommt, ein Gedanke, der auf einer unangemessenen Vermenschlichung von Tieren beruht. Ich möchte nicht falsch verstanden werden: Auch ich mag Tiere und finde es auch wichtig, dass ihre Bedürfnisse geschützt werden; aber eben ihre Bedürfnisse, und nicht Bedürfnisse, die von Menschen in sie hineinprojiziert werden.

Sonst tut man den Tieren keinen Gefallen. Würde man beispielsweise alle Haustiere auswildern, töten oder aussterben lassen, weil man ihnen ein menschliches Freiheitsdenken und -bedürfnis andichtet, so wäre das ganz sicher nicht im Interesse dieser Tiere und würde auch nicht ihre „Befreiung“ bedeuten – es wäre vielmehr ihrEnde.

Wird eine Kuh nicht gemolken führt das zu schmerzen, und die Kuh fängt die Kuh nach einem Tag etwa an zu Brüllen

[QUOTE=Icetwo;467841]Wird eine Kuh nicht gemolken führt das zu schmerzen, und die Kuh fängt die Kuh nach einem Tag etwa an zu Brüllen[/QUOTE]

Das ist der springende Punkt. Die Kuh fragt sich nicht, ob die Nahrung, die der Bauer ihr gibt, eine angemessene Gegenleistung für die Milchentnahme ist; und sie denkt sich auch nicht, dass selbst dann, wenn das der Fall sein sollte, sie gefälligst erst mal nach ihrem Einverständnis gefragt werden müsse, weil die Milch schließlich ihr persönliches Eigentum ist. Solche Überlegungen sind einer Kuh mit ziemlicher Sicherheit fremd.

Die Kuh hat einfach das biologische Bedürfnis, dass ihr Euter regelmäßig geleert wird. Wie EK schon schrieb, hat das natürlich auch mit der Züchtung zu tun, und das kann man ja auch kritisch sehen; aber das ändert erst einmal nichts daran, dass die Welt für eine Kuh anders aussieht als für einen Menschen, und dass es besser ist, wenn man ihre [I][U]realen[/U][/I] Bedürfnisse befriedigt als irgendwelche Interessen, die von Menschen in sie hineingelegt werden; Interessen, die ihr nicht nur fremd sind, sondern sogar im Gegensatz zu ihren wirklichen Bedürfnissen stehen können.

Wobei man natürlich fair sein muss und sagen sollte, das auch ein Kälbchen das Euter Leer machen kann, und man eigentlich nicht die Kuh nach ihrem Einverständnis fragen sollte, sondern das Kalb.

Die Kälber bekommen Milchpulver und denen ist das sowas von Scheiß egal, wo das herkommt. :mrgreen: Ich habe früher selbst auf nem Bauernhof gelebt und dort die Kälber gefüttert.