Ich denke, dass es wohl fast unausweichlich ist, dass der Fernsehkritiker nach seinem wohlverdienten Urlaub auf den unerträglichen Kaffeeklatsch-Journalismus zur Fußball-WM eingeht. Auch der Presse fiel es auf.
ARD und ZDF verstehen sich als versteckte PR-Kompanie des DFB
http://meedia.de/2014/06/24/ard-und-zdf-verstehen-sich-als-versteckte-pr-kompanie-des-dfb/
11 Freunde-Chefredakteur Köster:
Ständig ist von “wir” die Rede, wenn es um die Nationalelf geht.
…
Fußball ist ja eine merkwürdige Mischform zwischen Sport, Entertainment und Staatsakt.
Kommentar zum deutschen Ranschmeiß-Journalismus
http://www.11freunde.de/artikel/kommentar-zum-deutschen-ranschmeiss-journalismus
von Dirk Gieselmann
Katrin Müller-Hohenstein feiert Jogi Löw wie ein Teenager, Gerd Gottlob sieht sich als Teil der Nationalmannschaft – wie viel öffentlich-rechtlichen Ranschmeiß-Journalismus erträgt das Publikum eigentlich noch?
…
An einem anderen Beckenrand saß wiederum Katrin Müller- Hohenstein mit ihrem Lieblingsstümer Lukas Podolski, sie malten mit den Zehen Kringel ins kühle Nass. Wesentlich interessanter als das so genannte Interview war die Frage: Wann schubst er sie endlich rein?
Peinlichkeiten bei der WM Banal, belanglos, Müller-Hohenstein
http://www.berliner-zeitung.de/medien/peinlichkeiten-bei-der-wm--banal--belanglos--mueller-hohenstein,10809188,27593386.html
Von Anne Burgmer
Müller-Hohenstein berichtet, wo es nichts zu berichten gibt. Sie erklärt während der Live-Schalte in den Fernsehgarten, wann die Mannschaft gelandet ist, dass sie dann im Bus weiterfuhr und schließlich auf die Fähre wechselte. Und dann wieder in den Bus. Und dann Koffer auspackte. … Und wenn mal gerade wirklich gar nichts passiert, was ziemlich oft der Fall ist, weil der DFB versucht, sich abzuschotten, dann füttert sie eben Äffchen oder trägt lustige Brasilien-Sonnenbrillen.
Man weiß manchmal gar nicht, was schlimmer ist. Müller-Hohensteins kindliche Begeisterungsfähigkeit, wenn sie investigativ in Erfahrung gebracht hat, dass Mats Hummels, Manuel Neuer, Philipp Lahm und Thomas Müller eine Schafkopf-Runde bilden oder ihre Versuche, sportjournalistische Fragen zu stellen
In der Welt am Sonntag wird der ZDF-Sportchef zitiert und man erkennt: Das soll so!
Weder Popcorn noch Gummibärchen -
Wie die Öffentlich-Rechtlichen bei der WM mit Kaffeeklatsch-TV auf Quotenjagd gehen
WamS 29.Juni 2014, S.26
von Stefan Frommann und Lars Gartenschläger
„Kathrin Müller-Hohenstein soll mit ihren Interviews gleichermaßen Informationen und Atmosphäre transportieren. Und das gelingt ihr“ (ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz)
und jetzt weiß ich auch, was ein „Türöffner“ ist
… Methode, dass die Öffentlich-Rechtlichen in Brasilien sich sogenannter Türöffner bedienen, um noch mehr Nähe zu transportieren. Giovanne Elber (ARD) und Hasan Salihamidzic (ZDF) treffen in schöner Regelmäßigkeit alte Bekannte und plaudern in privater Atmosphäre. Inhalt: Fast immer Null.
Die FAZ beklagt in „Zum Bierholen“ (28.Juni, S.17) die Verkürzung des „Heute-Journals“ auch an Tagen, an denen die ARD für die WM zuständig ist.
„Die Verkürzung ist insofern nicht nur eine Kapitulation der Nachrichten vor der Dominanz des Fußballs, sondern auch vor der Logik der Quotenoptimierung.“
Und dann war da noch die Story um Mertesacker, der mit einem extrem unhöflchen Boris Büchler konfrontiert wurde.
Die FAZ sah es seltsamerweise positiv
Mertesacker-Interview Herzlichen Glückwunsch, Boris Büchler!
Es war ein Glücksmoment im Journalistenleben des ZDF-Manns Boris Büchler: Nach dem Ende des Achtelfinales gegen Algerien wurde er vom Innenverteidiger Per Mertesacker abgekanzelt. Warum? Er hatte den wunden Punkt getroffen.
Manchmal haben Journalisten Glücksmomente. Etwa wenn ein Gesprächspartner nicht jene PR-Floskeln von sich gibt, die schon niemand mehr hören kann und die trotzdem jeder erwartet.
Offenkundig muss jeder Journalist für ein kritisches Wort befürchten, am Hofe des DFB in Ungnade zu fallen.
Andere (z.B. die Zeit) sahen es dagegen so:
Haut ab mit eurem Wow-Effekt!
Ein Kommentar von David Hugendick
…
Zu einem der mittlerweile ausreichend beschriebenen Ärgernisse dieser Weltmeisterschaft gehören die Berichterstatter, die als bloße Gratulanten im Kabinengang warten.
Darin liegt das ganze Dilemma: Die DFB-Mannschaft soll nicht bloß gewinnen, sondern schön spielen und hinterher auch bester Stimmung sein. Und so erklärt sich zumindest die Begeisterung für Thomas Müller und Lukas Podolski, die verlässlich Gaudiburschenlaune verbreiten. Im Fernsehen, wo notorisch „magische Momente“ eingefordert werden, hat Negativität keinen Platz mehr. …
In einigen Artikeln wurde Mertesackers Reaktion als „Wutausbruch“ oder „Ausraster“ bezeichnet - was bezeichnend für die miese Presse ist. Ich persönlich fand Mertesacker als allenfalls „unwirsch“ - was angesichts der unverschämten Fragestellung Büchlers
Wenn man jetzt ins Viertelfinale einzieht, dass man sich noch steigern muss, denke ich, dürfte auch Ihnen klar sein, oder?
eigentlich noch milde ist.
Aber zurück zum Kaffeeklatsch-TV: Ich persönlich glaube ja, dass diese verzweifelte Anbiederung ans Team nicht nur mit Quotenoptimierung zu tun hat. Es ist den Öffis klar geworden, dass sich immer weniger Deutsche mit Ihnen identifizieren. Und über dieses Manko soll die Identifikation der Deutschen mit ihrer Fußballnationalmannschaft hinweghelfen. Wenn die Deutschen (so wohl die Hoffnung der Programmverantwortlichen) das Fernsehen als „Teil der Mannschaft“ akzeptieren, so überträgt sich das positive Image der Mannschaft auch auf das Fernsehen! Und so wird der Kuschelkurs (und die harschen Kritiken, wenn das Team droht zu scheitern) immer verständlicher …