Das Problem ist jetzt, dass ich bei meiner Argumentation nicht zu sehr OT gehen darf, sprich ich muss Julien noch miteinbeziehen.
Wie schon gesagt, als Ausgangsgrundlage einer sachlichen Diskussion wie wir sie jetzt führen ist das Video nicht geeignet, ganz klar. Dafür ist die Zielgruppe die falsche und die Ausführungen an sich überspitzt,übertrieben und allerhöchstens provokant-pointiert.
Demzufolge stecke ich jetzt ein wenig in der Zwickmühle, in die ich mich zweifelsohne selbst gebracht habe, ich versuche nochmal getrennt meine Meinung darzustellen und gleite hoffentlich nicht zu sehr vom Thema ab.
handelt man „gut“ um sich „besser“ zu fühlen oder fühlt man sich „besser“ weil man „gut“ gehandelt hat?
An der Wertigkeit der Tat ändert sich nichts, und ich persönlich sage ja auch nicht das alle Taten egoistisch und gleichzeitig schlecht sind. Nur meine Erfahrungen zeigen mir, dass man letztendlich immer nur für sich lebt.
Alle Taten, ob gut oder böse lassen sich mMn(!) darauf zurückführen, dass man sich etwas davon verspricht. Vorteil ist da freilich das falsche Wort, das kann alles sein. Aber das geht eigentlich zu weit, nur so viel: Wenn man schon mit einigen Abgründe menschlichen Verhaltens konfrontiert wurde, bekommt man so eine Weltanschauung, weiter möchte ich da jetzt gar nicht darauf eingehen.
Er stellt fest man fühlt sich besser sobald man richtig gehandelt hat ergo handelt Jedermann nur richtig um sich besser zu fühlen (m.E. erster Fehlschluss) ergo die Tat ist rein egoistischer Natur und hat keinen moralischen Wert (logischer zweiter Fehlschluss)
Dafür müsste er doch spenden für eine „richtige“ Tat halten? Ich persönlich finde, und da stimme ich Julien zumindest teilweise zu, dass es gerade in diesen Bereichen unglaublich große Heuchelei gibt.
Ich will noch einmal versuchen zu erklären was ich daran zu heuchlerisch finde:
Das Problem sehe ich gar nicht darin, dass man spenden will. Das Problem liegt in der Motivation dies zu tun, und auch wenn du oben klar gemacht hast das dies die Wertigkeit der Tat nicht ändert, ist genau diese Motivation aber für die Erklärung meines Standpunktes von essentieller Wichtigkeit.
Die Konsequenz ist entscheidend. Wenn ich seit Jahren mit vollster Überzeugung Geld spende, weil ich wirklich aus vollstem Herzen was verändern möchte, dann ist das okay für mich. Wenn man aber z.b. eine dieser unsäglichen Spendenveranstaltungen guckt und dann nur aus dem Grund spendet, weil man plötzlich sein schlechtes Gewissen reinigen will, dann ist das Heuchelei.
Und wie oft sind es nicht genau diese letzte Gruppe, die am lautesten schreien, wenn ich bzw. Julien dann sage(n) das es mir scheißegal ist - quasi wie ein Beißreflex um die Illusion dieses seelischen Ablasses nicht vollständig zu zerstören.
Wer behauptet das eigentlich? Ja gut, nicht alle Spenden kommen an und nicht alle spenden helfen den Leuten dort wirklich. Dennoch wird stark geholfen, wie zum Beispiel Brunnen gebaut wo die Menschen kein Wasser besitzen etc. die sonst verdurstet wären. Ist es das nicht allein schon wert?
Um es vielleicht richtigzustellen: Ich denke nach wie vor, dass Spenden z.b. in Afrika überhaupt nichts reißen.
Und ganz überspitzt gesagt: Was bringt mir ein neuer Brunnen, wenn der daraufhin entweder im Bürgerkrieg wieder zerschossen wird, oder der Warlord die Zugänge mit seinen Milizen blockiert?
Natürlich bringt es schon was, auch wenn halt viele Spenden nicht ankommen, und Altkleiderspenden z.b. auch nicht umsonst verteilt werden, nur mal so nebenbei - Aber es ändert nichts an der Gesamtsituation. Wenn ein Land von oben bis unten korrumpiert und zersetzt ist, was bringt dann Geld?
Was bringt es, eine Regierung zu unterstützen, die in Wirklichkeit nur noch auf dem Papier existiert?
Wir legen dort westliche Maßstäbe an, gehen von einem staatlichen Gewaltmonopol aus, dabei versandet das meiste Geld bei irgendwelchen korrupten Beamten…
Mit spenden alleine wird „Die dritte nicht die erste Welt“, dafür sind die Probleme einfach viel zu groß, um mit ner Menge Geld behoben zu werden.
Und daher verstehe ich nicht, was an „aus der dritten Welt wird nie die erste Welt, warum soll man das Geld für so was verbrennen.“ so falsch sein soll?
Wenn nach seiner Argumentation (sowie meiner) Spenden nichts bringen (= eine nennenswerte Lebensverbesserung) und die Politik nichts macht, diejenigen, die ja tatsächlich auch etwas in die Wege leiten könnten, ist das nicht falsch. Und dann zum Schluss zu kommen, dass es hier genauso arme Menschen gibt, weil der Staat seiner Fürsorgepflicht nicht nachkommt und lieber deutsche Banken vor dem selbstverschuldeten Ruin rettet und mit vollen Händen Geld ausgibt, obwohl wir selbst bis obenhin verschuldet sind?
Verstehe ehrlich gesagt nicht was daran grundsätzlich(wie gesagt, ausführliche Argumentation seitens Julien ist mit diesem Video nicht gegeben) auszusetzen ist.
Es gibt auch hier noch genügend Probleme zu bewältigen, aber es ist natürlich einfacher sich hinter ein so ohne weiteres Unmögliches Ziel zu stellen, denn diese ganzen Fotos von diesen armen, hungernden Kindern - das macht uns ja soo betroffen. Und schließlich gehts doch den Armen bei uns immer noch deutlich besser - zumindest gemessen an afrikanischen Verhältnissen, ist doch alles okay?
In den USA dasselbe, das Sprichwort der Stunde lautet: Erstmal vor seiner eigenen Haustür kehren. Aber nein, man muss ja Weltpolizei spielen und Demokratie predigen, wobei im eigenen Land eine von Großkonzernen und Profitgier sowie Korruption und Vetternwirtschaft völlig pervertierte Version von Demokratie herrscht.
Das scheint am Thema vorbeizugehen, geht aber in Wirklichkeit genau auf diese Heuchelei, die ich angesprochen habe, hinaus. Man tut so , als wäre in der „ersten Welt“ alles super und tut so, als würden wir dadurch die Pflicht haben, allen anderen ein besseres Leben zu bescheren. Das stimmt nicht und ist auch überhaupt nicht mit unserem (tatsächlichen) Wirtschaftsmodell (von wegen „soziale“ Marktwirtschaft) vereinbar.
Das hängt alles zusammen mit dieser riesigen Illusion voller Heuchelei , in der wir uns bewegen. Aber ich gehe zuweit… Ich wollte nur klar stellen das die Heuchelei nicht auf dieser Ebene existiert, sondern Teil einer viel größeren ist, die sich durch unser komplettes Weltbild zieht.
Und ja Julien treibt alles auf die Spitze und hat einen ganz tollen schwarzen Humor aber wenn dann wieder ein Kommentar mit 25 Likes: "Julien 4 President!? "
schreibt glaube ich schon irgendwie dass ihm seine Fangemeinde
Seine Fangemeinde hat einen Altersdurchschnitt von 11-13 Jahren und hat noch nicht ein Politikbuch von innen gesehen , glaube ich manchmal - Aber da kann Julien ja eigentlich nichts für…
Ich weiß, ich bin ein ziemlicher Schwarzmaler