naja, dass manche Gerichte bestimmte Tendenzen haben ist kein Geheimnis, so wie auch verschiedene Instanzen bestimmte „Neigungen“ haben. Denke auch an das LG Hamburg im Presserecht oder auch der BGH zum Thema Notwehr. Dass das eine (kleine) Rolle spielt ist nun nicht so weit hergeholt.
Doch, ist es. Wenn man davon spricht, dass manche „Gerichte“ bestimmte Tendenzen haben, ist das auf deren Entscheidungsverhalten in bestimmten Rechtsgebieten bezogen. In der Regel handelt es sich um Rechtsgebiete, für die eine bestimmte Kammer zuständig ist, wie z.B. bei den von Dir genannten Entscheidungen des LG Hamburg im Presserecht. Insoweit kann man tatsächlich bestimmte Prognosen äußern, denn das Entscheidungsverhalten lässt sich auf eine bestimmte Kammer, d.h. ein fest besetztes Richtergremium, das für eine Weile aus den selben Personen besteht, aber zumindest für lange Zeit aus dem selben (tonangebenden!) Vorsitzenden, konkretisieren.
Einem bestimmten Spruchkörper (Einzelrichter, Kammer, Senat) eine gewisse Entscheidungstendenz nachweisen zu können, ist in der Tat nicht ungewöhnlich. Kein Wunder, es sind ja die selben Menschen für die Entscheidung verantwortlich. Darüber hinaus, gerade wenn sie „ein Gericht“ mit einer bestimmten Neigung bezeichnen, sind solche Aussagen aber Quatsch. Teilweise bekommt man eher den Eindruck, dass Kammern des gleichen Zuständigkeitsbereichs es lieben, von den Entscheidungen der anderen Kammer am selben Gericht abzuweichen. Ein AG-Leiter bei uns hat das mal mit den Worten kommentiert: „Die können sich doch eh nicht leiden und freuen sich, anders als der andere entschieden zu haben.“
Einen Zusammenhang zwischen dem Beschneidungsurteil und dieser Entscheidung, um die es hier geht, zu ziehen, ist, wie Kalkofen schon sagte, Unfug. Das eine Urteil hat eine Strafkammer gefällt, hier war ein vollkommen anderer Spruchkörper zuständig. Das eine hat mit dem anderen einfach nichts zu tun.
P.S. Rein interessehalber, bitte per PN, weil wirklich off-topic: Welche Richtung vertritt der BGH denn deiner Meinung nach zum Thema Notwehr? Und: Ist es denn wirklich „der BGH“ oder sind es nur bestimmte Senate, deren Zuständigkeit ja nicht sächlich, sondern örtlich bestimmt ist?
@Kalkofen
Danke für deine sachkundigen Beiträge.
@Topic
Lieber Holger, es ist doch ganz einfach:
Lass Dich von Deinem Anwalt zu den Erfolgsaussichten beraten. Der ist neben Dir die sachnächste Person, und wird es im Zweifel am besten wissen. Das wesentliche Gegenargument ist meiner bescheidenen Meinung nach, dass es schlicht einfacher ist, juristisch schlüssig gegen Deinen Standpunkt zu argumentieren, als dafür. Das hat das LG Köln auch gemacht: Es sich leicht, sozusagen. Deshalb ist es der Argumentation der Gegenseite gefolgt. Viele Deiner Fans (ist gar nicht negativ gemeint – kein „Fanboy“-Bashing!) mögen es anders sehen, weil sie es ungerecht finden, ich würde es gerne anders sehen, aber nüchtern betrachtet und ein wenig Sachkunde vorausgesetzt, muss man es fast schon eingestehen. Und ich glaube, das war auch die Einschätzung Deines Anwalts, oder? Nicht hoffnungslos, aber auch nicht besonders gut.
Welches Ergebnis man als ungerecht empfindet, wenn zwei sich streiten, hat übrigens häufig auch mit Sympathie für eine Seite zu tun. Und wem hier die Sympathien gehören, ist wohl klar und das liegt nicht nur an der David-Goliath-Situation. Sympathie kann den Blick für die wahre Lage aber verzerren, gerade wenn es nicht um gerecht/ungerecht, sondern Recht bekommen/kein Recht bekommen geht.
Einen wesentlichen Vorteil hattest Du aber und vielleicht – bzw. wenn man das bisherige Stimmungsbild verfolgt: offenbar! – hast Du ihn auch immer noch: Deine Community. Du bist in der glücklichen Situation, den Prozess quasi „fremdfinanzieren“ zu lassen – eine Lage, für die die meisten Leute eine Rechtsschutzversicherung bezahlen müssen, die sich, wenn es dann zum Streit kommt, auch noch quer stellt. Du hast es also leichter, „es drauf ankommen zu lassen“ und musst entscheiden, was Du aus diesem Vorteil machst.
Wenn die Kosten für den Fortgang des Prozesses feststehen, kannst Du dann, bevor das Rechtsmittel eingelegt und begründet wird, eigentlich die Spendenbereitschaft „testen“ und damit ein wenig vorfühlen und dich dann erst entscheiden? Wenn ja, wäre das wohl die beste Vorgehensweise.
Ansonsten: Schönen Urlaub noch und gute Erholung! :smt004