Zwar nicht meine Quelle, allerdings kam das grad zufällig (obere Mitte des Artikels). Daher vielleicht die „95%“?
Ich formuliere anders …
Was ist denn an dem Ablauf der „Kettenreaktion“:
Angenommen, es wären bis Ende des Sommers alle, bei denen keine gesundheitlichen Gründe dagegensprächen, bereits geimpft → Folge: Ansteckungen weniger schlimm → Folge: weniger Patienten im Krankenhaus → Folge: weniger Intensivbetten für C19 nötig → Folge: weniger Einschränkungen nötig → Folge: zufriedenere Bevölkerung
sachlich falsch? Von Paradies rede ich ja nicht einmal.
Mal ganz allgemein gehen mir so manch verwendete Wortwahl und Vergleiche echt auf den Nerv.
Ja, sowohl sachlich als auch ethisch. Sachlich, weil du die Sachverhalte arg simplifizierst und mit einer mechanistischen Weltsicht Dinge versuchst vorherzusagen, die du dann als wahr annimmst. Ethisch, weil du immer noch das gleiche sagst, nämlich wären „die Anderen“ nicht da, wäre doch alles viel besser.
Wenn diese Kettenreaktion (von der wir nicht wissen, ob sie tatsächlich das von dir implizierte Ergebnis in nennenswertem Ausmaß bringen würde) so logisch und schlüssig ist, warum ist es dann keinem einzigen europäischen Land gelungen, ausreichend Bürger davon zu überzeugen? Oder anders gesagt: Erkennst du wirklich nicht, wie unrealistisch deine Strategie ist? Sollte sich wissenschaftliches oder auch politisches Denken nicht stets an der Realität messen lassen? Wenn dir die Realität nicht mal ein einziges Land aufzeigt, in dem sich die von dir angepriesene Strategie umsetzen ließ, was ist sie dann wert?
War das nicht bei der Pocken so:
Alle, bei denen kein gesundheitlicher Grund dagegen sprach wurden geimpft = Pocken gelten als ausgerottet. Oder nicht?
Warum sollte es beim Sars-Cov-II Virus nicht ähnlich sein? Wenn auch nicht als ausgerottet, sondern in einem endemischen Zustand, bei dem man wie bei der jährlichen Influenza „nachsteuert“/auffrischt.
Weil du das nicht induktiv schließen kannst. Musst du nur das erste Kapitel von Karl Poppers Buch „Logik der Forschung“ lesen.
Ein weiteres Problem ist, dass in deiner angeblich so kausalen Kette wahnsinnig viele Annahmen versteckt sind, wo gar nicht klar ist, ob sie überhaupt stimmen. Auch ignorierst du andere mögliche Schlüsse, zum Beispiel: Hätte die Politik bereits März 2020 mit dem Ausbau der Intensivkapazitäten begonnen…
Übrigens mal ne Anmerkung am Rande… einigen Menschen scheint die Berichterstattung da zu vermitteln, dass in den Krankenhäusern kein Platz mehr ist. Die Medien sollten die Bevölkerung wohl mal darauf hinweisen, dass sie nicht selbst Triage spielen / abwägen sollen, ob man da jetzt wirklich den Rettungswagen/Notarzt braucht.
Am Ende erreicht man mit solchen Medienhinweisen wahrscheinlich nur die Leute, die mit ihren Notrufen/Arztbesuchen eh schon sehr zurückhaltend sind und sich jeden Anruf gut überlegen. „Preaching to the converted“, sozusagen. Die rücksichtslosen Assis, die den Notarzt einfach nur rufen, weil sie keinen Bock haben, auf einen Arzttermin zu warten, wird man mit Vernunft-Apellen nicht zum umdenken bewegen können. Man verunsichert lediglich diejenigen, die ihre Gesundheit während der Pandemie sowieso schon zu stark vernachlässigt und auf Arztbesuche verzichtet haben.
Ach nix, was erwartest Du in einem Land in dem gefühlt jeder 2 stolz „In Mathe war ich auch schlecht“ hinausposaunt, als wäre es eine Leitung und nix (hihi!) wofür man sich schämen müsste? Komisch, dass das Analphabeten nicht auf ihrem Gebiet tun.
All Deine Annahmen in Ehren - aber glaubst Du allen ernstes, dass diese Annahmen die Leute, die sich aus Angst oder Ideologie nicht impfen lassen dazu bewegt hätte?
Dann hättest Du einen größeren Glauben als ich.
Um noch ein paar Zahlen in den Ring zu werfen.
Der R0-Wert wird bei der Basis-Variante von Corona ja auf zwischen 2,8 bis 3,8 geschätzt.
Bei der Delta-Variange auf 6-7:
Wie steht denn die Impfquote?
56,7 Mio. von 83 Mio sind in der Tat ca. 68 %.
Gut addieren wir die geschätzten „Genesenen“ dazu, das wären ca. 5,5 Mio.
62,2 Mio. von 83 Mio sind ca. 75 %.
Oder anders: Hätten wir keine Delta-Variante wären wir von den bekannten Zahlen gar nicht mal so schlecht (obwohl die Rechnung Menschen nicht berücksichtigt, die genesen UND geimpft gleichzeitig sind. Auch keine mit Booster-Impfung.)
Fehlen halt noch 8,9 Millionen Menschen bis 85,71 %.
Was schätzt ihr, wie lange das dauert, wenn der Verlauf so weiter geht?
Wer am lautesten schreit, hat meist am wenigsten zu sagen.
Für Menschen mit auch nur Grundkenntnissen in Epidemiologie und Infektiologie sind solche Threads nur noch Kopfschüttelmaterial und sie bleiben ihnen deswegen wohl eher fern. Merkt man deutlich.
Womit man halt mal wieder sieht, wie sehr in der aktuellen Zeit komplexe Themen auf auf nur wenige Sichtweisen verengt werden. Zum einen ein intellektuelles Trauerspiel. Zum anderen interessant zu beobachten. Wobei es angenehmer wäre, nicht mitten drin zu sein.
Ich kann dir im übrigen wärmstens von Paul Feyerabend - Wider den Methodenzwang empfehlen. Dürfte auch sehr gut mit deiner libertären Weltsicht kompatibel sein und dürfte deine deinen in meinen Augen vorhanden Dogamatismus etwas lindern.
Das lustige ist ja: Hier ging es bisher überwiegend um Politik und Ethik. Zwischendrin noch ein bisschen Gesellschaftskritik und Soziologie. Über epidemiologische Themen Bescheid zu wissen, hat sich kaum jemand angemaßt. Civis übliche Stichelei läuft also abermals völlig ins Leere.
Der einzige, der hier den Corona-Experten spielt, ist bisher @nix. Und sobald man dem konkretere Fragen stellt, kommt… Na ratet mal… Richtig: absolut nix.
Eben wurde in den „Systemmedien“ bei ARD Kontraste mehrere Intensivpfleger gezeigt und interviewt und dann auch gegen die Politik gemotzt, wo doch die „Systemmedien“ zum „System“ gehören?!? Das verwirrt mich.
Wenn der Beitrag online ist, könnt ihr euch das ja ansehen.
@BrainFister
Ich spiele nicht „Corona-Experte“, aber nett von dir.
Ich glaube, du bist der erste, der im Thread das Wort „Systemmedien“ benutzt hat. Mit der von dir verwendeten Logik konnte man übrigens schon wunderbar DDR-Bürger verarschen. Dort haben sich die Bonzen stets ein paar Staatskünstler gehalten, die wohldosierte Kritik unters Volk bringen durften. Uraltes Konzept: Sogar die übelsten Despoten haben sich Hoffnarren geleistet.
Natürlich ist so ein Beitrag bei ARD-Kontraste grundsätzlich erstmal begrüßenswert. Du als objektivistischer Kettenreaktionsausrechner wirst doch aber sicherlich einsehen können, dass die Anzahl solcher Beiträge bei den Öffis im Verhältnis zum restlichen Narrativ sehr gering ist. Rein rechnerisch. Ich sag mal so: Wenn bald auch an so prominenter Stelle gegen die Politik „gemotzt“ (sehr kindische Wortwahl für eine sehr ernste Problematik) werden darf wie es letztens bspw. Sarah Frühauf mit ihrer Hasspredigt in den Tagesthemen vergönnt war, überdenke ich gern meine Meinung.
Uraltes Konzept: Sogar die übelsten Despoten haben sich Hoffnarren geleistet.