Folge 217: Dokumentationen - u.a. The Act of Killing, The Bridge, Palio

Interessante Sendung, aber mit der Ausnahme Palio doch sehr US-lastig. Für sehr wichtig im Dokumentationsbereich halte ich z. B. die Filme von Gualtiero Jacopetti und Franco Prosperi, hier vor allem „Mondo Cane“ und „Africa addio“. Die Filme sind aus meiner Sicht von Grund auf humanistisch, aber zugleich pessimistisch, schon zu ihrer Zeit Kontroversen und Vorwürfen ausgesetzt (u. a. „Das wilde Auge“ von Paolo Cavara und „Cannibal Holocaust“ von Ruggero Deodato sind auch als kritische Reflexionen der Mondo-Dokumentationen zu verstehen) und passen heute erst recht nicht mehr zum Mainstream.


Man könnte zwar streiten, ob es sich um Dokumentationen im strengeren Sinne handelt, da insbesondere bei Mondo Cane oft auch scheinbar zufällig Impressionen aus verschiedensten Ecken des Globus aufeinander folgen, aber der Wahnsinn hat hier durchaus Methode, im Falle von Mondo Cane z. B. die Bräuche und Rituale „exotischer“ Völker mit denen der westlichen Welt zu kontrastieren und so zu zeigen, dass auch die Einwohner westlicher Industrieländer letztlich nicht weniger bizarr in ihrem Verhalten sind als die Angehörigen von Kulturen, die uns kaum vertraut sind. Die Filme von Jacopetti und Prosperi haben zahlreiche Nachfolger nach sich gezogen, die dann zum großen Teil weitaus sensationsgieriger sind und vor allem „schockierende“ oder auch sexlastige Eindrücke zu präsentieren suchen. Sicher Filme, über die sich verschärft streiten lässt, aber auch heute noch m. E. wichtig.

Die Mondo-Filme sind eine Aneinanderreihung von bizarren Szenen mit Fokus auf Schockmomenten. Mit viel gutem Willen könnte man das als Dokumentation bezeichnen, aber eigentlich sind sie viel zu selektiv und unpräzise - und oftmals auch unauthentisch. Der englische Begriff Shockumentary passt wohl besser. Jedenfalls ist „humanistisch“ nicht der erste Begriff, der mir im Zusammenhang mit diesen Filmen in den Sinn kommt. Gegen Africa Addio ist der hier vorgestellte The Bridge ja geradezu taktvoll und zurückhaltend. :rofl:

Wie man eine Gegensatzmontage, die diese Filme ja eigentlich sind, künstlerisch und philosophisch auf ein ganz anderes Niveau bringt, zeigen die Filme von Ron Fricke und Godfrey Reggio: Koyaanisqatsi, Powaqqatsi, Naqoyqatsi, Baraka, Samsara. Wobei man die eher als experimentelle quasi-dokumentarische Bildmusikcollagen bezeichnen muss.

Die sind wirklich super, zumindest die ersten drei genannten, die anderen kenn ich bisher nicht. Auch mit unfassbar geilem Soundtrack vom großen Philip Glass…

Supersize Me habe ich damals im Kino angeschaut und ich fand es doch stark übertrieben. Im Allgemeinen ist Fastwood nicht weniger gut oder schlecht, als das was man zuhause kocht. Wenn du einen Burger zuhause mit Pommes machst, ist er genauso gesund oder ungesund wie er bei einer der Fastfoodketten ist. Wenn man sich jeden Tag das Zeug reinballert, und über seine Verhältnisse isst, ist das allgemein nicht gut. Z.B. Wasser ist ein lebennswichtiges Mittel, aber wenn man sich 10 Liter innerhalb weniger Minuten in den Körper drückt, kann es unter Umständen tödlich enden. Ich nehme an, dass die Qualität der Lebensmittel bei den Fastfood-Restaurants aller Art vorerst mal gut ist, da sie auch unter besonderer Beobachtung stehen. Ansonsten wäre das grobe Täuschung der Verbraucher und wieder ein ganz anderes Thema.
Man hätte evtl. eher die Ausbeutung der Menschen bei der Arbeit und des Schlachtviehs thematisieren sollen. Das hätte für mich einen größeren Mehrwert gehabt.

Allgemein fand ich die Folge richtig super. Ihr solltet mehr Dokufilme oder sogar Dokureihen vorstellen. Es gibt in diesem Segment wahre Perlen. Vielleicht wäre es sogar sinnvoll, ein eigenes Format für Dokus zu machen, falls die Ressourcen dafür da sind und die Lust vorhanden ist.

Eine schöne Doku über den alten Haudegen und Rainer Brandt war sogar involviert was auch nicht so oft mehr passieren wird. https://youtu.be/yvz2ZqO2YHo

Selektiv sind die Filme natürlich, darin liegt doch das Prinzip des Subgenres. Die Kritikpunkte „unpräzise“ und „unauthentisch“ kann ich in dieser Allgemeinheit natürlich nicht beantworten.

Diese Filme kann man sich schon mal geben, aber m. E. wird da auch nicht viel mehr als eine stereotype Kritik an Zivilisation und Technik vermittelt. Die Minimal Music bringt auch schon mal die eine oder andere Geduldsprobe mit sich.

Drei Dokuempfehlungen von mir:

  • War Photographer
  • Blackfish
  • Active Measures
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Flecken auf der Leinwand fallen mir auch immer negativ auf. Aber zu den Leuten, die es wohl nicht stört. Ich war mal in einem 3D-Film, wo das Bild beim Start des Films extrem geflackert hat. Während die Logos eingeblendet wurden war ich mir noch unsicher ob das ein gewollter Opening-Effekt ist, war es aber nicht. Bin nach 2min aufgestanden und habe bescheid gesagt. Der Film musste zweimal neu gestartet werden bis das Problem behoben war.

Das interessante dabei, die Leute haben nicht geraunt als beim 1. Versuch das Flackern immer noch da war, nein, sie haben geraunt als der Film zum dritten mal von vorne anfing und es gab auch keine Freudensprünge als das Flackern weg war, sondern nur einige böse Blicke in meine Richtung, weil die Leute die ersten 2min des Films jetzt zum dritten mal sehen mussten.

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Das Rennen in Siena ist wahrscheinlich das bekannteste, aber es ist nur eins von vielen. Wikipedia listet über 70 solcher Rennen in Italien und noch mal 30 mit Eseln. Wobei ich jetzt nicht überprüft habe, ob die alle noch abgehalten werden oder ob da auch historische Veranstaltungen dabei sind.

In Roger & Me gehts nicht um das/die Werke in Detroit, sondern in Moores Heimatstadt Flint, ebenfalls in Michigan.
Detroit und die dortigen GM-Werke wurden erst in den 2000ern u.a. durch Bürgermeister Kilpatrick, obendrein noch die Immobilien- und schließlich die Finanzkrise an die Wand gefahren…

@Zuschauerin Vergiss nicht diese Stierhatz in Pamplona, wo es glücklicherweise (?) alle paar mal welche von denen erwischt, die da mitrennen.
Dieses ganze Stierkampfzeugs ist aber wohl auch eher im normalen Spanien Tradition, den Katalanen wurde es unter Franco aufgezwungen, danach wurde dann bspw. die Stierkampfarena in Barcelona geschlossen und ist heute ein Einkaufszentrum.

@BeastFromEast Hab die Doku länger nicht gesehen, aber ich glaube, es ging da aber auch um den Aufpreis für Super Size, der nicht allzu groß gegenüber den normalen war.
So eine Zucker- oder Kaloriensteuer, wie es sie teilweise gibt, wäre da mMn auch kein schlechter Absatz, aber mit einer wie Klöckner, die mit Nestlé kuschelt und der wir mitsamt Amtsvorgängern jahrelang eine Lebensmittelampel aus dem Kreuz leiern mussten…

Ich gucke auch öfters mal Dokus, u.a. Sekunden vor dem Unglück oder ähnliche von irgendwelchen Katastrophen, aber auch einige bei Arte, die auch gerne mal 90 Minuten oder alle Teile zusammen noch länger gehen, passend zu Super Size Me die über das McDonald’s der Cafés: https://youtu.be/hC65nHwAg9g

Während ich in den letzten Jahren mal öfter bei Burger King, gelegentlich bei KFC und selten bei McDonald’s war, war ich noch nie bei Starbucks, hier in Braunschweig hat 2007 der erste aufgemacht und ein paar Jahre später ein zweiter, inzwischen gibts aber beide nicht mehr, der erste im EKZ hat nach 10 Jahren wohl den Mietvertrag nicht verlängert und der zweite hat auch wieder zugemacht, an dem Platz waren aber auch schon Fünf Cafés, davon drei Eiscafés und noch ein Bäcker mit ein paar Tischen und natürlich Coffee to go.

Zum Abschluss noch ein paar Empfehlungen, die etwas experimentellere „The Lost Ones“ von Arte: https://youtu.be/L3uzhIWd9qY

GVMERS über die Entstehung und teilweise den Niedergang von Spielen bzw. Spielereihen: https://www.youtube.com/c/GVMERS/videos

Bright Sun Films mit Lost Places und auch den Niedergang von Unternehmen in „Bankrupt“: https://www.youtube.com/c/BrightSunGaming/videos

Und Mustard meistens über irgendwelche recht interessanten, exotischen Flugzeuge die nie in Serie gingen oder dann ein Misserfolg waren: https://www.youtube.com/c/MustardChannel/videos

Meine Doku-Empfehlung: „Ein Tag im September“. Gewann im Jahr 2000 den Oscar als Bester Dokumentarfilm und schildert die Geiselnahme von München während der Olympischen Spiele von 1972. Nebenbei auch ein Lehrstück in Sachen dynamischer Schnitttechnik.

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Das würde ich in der Tat auch klasse finden. Und wenn es nur so ein kleiner Appendix wäre wie „Bandsalat“, die „Doku-Ecke“ oder so. Reicht ja wenn da ein Film vorgestellt würde.

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Du hast Recht - Flint, genau. Hab den halt ewig nicht gesehen und das nicht mehr aktuell auf der Pfanne gehabt.

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Ich kann auch die Dokus von Asif Kapadia sehr empfehlen, er hat bisher 3 Dokus gemacht; Senna (Ayrton Senna), Amy (Amy Winehouse) und Diego Maradona. Alle 3 sehr gut.

Hätte ich als Nr. 4 in meinen Beitrag zuvor reingenommen.
Der ist wirklich toll, wenn auch aufgrund neuer Einblicke (meine da mal was mitbekommen zu haben bzgl. des Eingreifens auf Fürstenfeldbruck) zur Sachlage etwas angegraut.

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Schön, dass es diese Folge endlich doch noch gab. Ob nun so ein durchgenudelter Film wie Super Size Me in 2020 noch wirklich eine Besprechung braucht ist fraglich, aber dafür waren die anderen recht unbekannt, daher ist das okay.

Es gibt so viele grossartige Dokus aus dem letzten Jahrzent, dieses Genre ist momentan so stark wie noch nie. Kann euch einiges empfehlen

-West of Memphis (True Crime)
-The Crash Reel
-Blackfish
-The Imposter (True Crime)
-Two Escobars

Oder Dokumentar-Miniserien
-The Jinx
-The Devil next door

Spannende, kompetente und kurzweilige Folge - vielen Dank! Meine Lieblingsdokumentation ist Searching for Sugar Man. Man darf eigentlich gar nichts über den Inhalt sagen, außer dass es um einen Musiker geht, der in Südafrika extrem bekannt wurde.

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Stimmt, der ist auch toll! Benötigt dann aber einen Spoilertalk

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Auch eine absolut sehenswerte Doku. Ein ehemaliger Investmentbanker schildert, wie es im Bankengeschäft während des Aufschwungs zuging, wie es zur Finanzkrise kommen konnte und wie diese Banker praktisch in einer hermetischen Parallelwelt leben, die nichts mehr mit dem normalen Leben zu tun hat. Klar und direkt ohne Tabus. Ein Typ, der 90 Minuten lang redet, trotzdem richtig spannend und erhellend.

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Ich hab da auch noch einen Tipp, da mir überhaupt in der Sendung und der Diskussion hier bisher die Natur-/Tierdoku etwas zu kurz kam😉:

Werden vermutlich viele schon kennen, aber für alle anderen echt ein Tipp, auch für nicht so Doku-affine! Generell schließe ich mich der hier vorherrschenden Meinung an, dass das eine tolle, sehr abwechslungsreiche Folge war. Bin wie oben schon gesagt, stark dafür Dokus in irgend einer Form regelmäßig zu besprechen.