Ich habe mir eben die Doku „The Bridge“ angesehen, die es übrigens in voller Länge auf Youtube gibt. Ich muss sagen, dass ich schon sehr erstaunt war, wenn man sich eure Kritik zur Doku beim Sehen des Films nochmal vergegenwärtigt. Ich dachte sogar kurz, ich hätte eine andere Doku gesehen, als ihr.
Ich finde, man kann eine Doku mit dem Thema Suizid, kaum subtiler und feinfühliger aufbereiten, als es hier geschehen ist.
Man hat keine explizit grausamen Bilder gesehen und die Interviews mit den Familien und dem Mann, der den Sprung überlebt hat, waren doch enorm aufschlussreich. Die Doku kann einen erheblichen Beitrag dazu leisten, jemandem mit Suizidabsichten davon abzuhalten.
Ich fands ja gut, dass immerhin Holger die Doku nicht als besonders moralisch verwerflich dargestellt hat und auch andere Gedanken geäußert hat. Wenn man das Thema Suizid weiterhin tabuisiert, wie Volker und Anna das hier getan haben, dann kann man an dieser Problematik auch nicht arbeiten. Jedes Jahr sterben in Deutschland rund 10.000 Menschen durch Selbsttötung, dass sind drei Mal so viele, wie durch Verkehrsunfälle. Wenn Volker sagt, dass er es verwerflich findet, Menschen beim Springen zu filmen und er „den Mehrwert“ einer solchen Doku nicht erkennt, dann muss ich leider sagen, dass Menschen wie Volker Teil des Problems sind, was die Tabuisierung angeht.
Warum sollte man die Menschen NICHT beim Springen von der Brücke filmen? Nur, damit der moralische und ästhetische Geschmack eine normalen Zuschauers nicht gestört wird? Man muss das zeigen, weil es darlegt, wie ein Suizid nun mal ist, nämlich grausam, brutal und schrecklich. Das ist der Sinn des Genres „Dokumentation“. Das man das Leben, so wie es in seiner Gänze stattfindet, dokumentiert. Wenn jede Dokumentation, die einen Suizid zeigt, auch sofort im Giftschrank landet, dann hat man wohl auch kein aufklärerisches Interesse an dem Thema.
Wir können uns auch gerne Sendungen angucken, in denen vier Psychologen an einem Tisch sitzen und über das Thema Suizid reden, aber wenn man wirklich etwas ändern will, muss man schon einen anderen Weg gehen.
Es gibt allerdings einen Punkt, bei dem ich euch voll und ganz zustimme, nämlich wenn’s um den Mann mit den langen Haaren geht, den die in der Doku immer wieder einblenden und dessen Sprung sie ganz zum Schluss dann doch zeigen, plus Aufprall.
Da haben die mit dem Suizid eines Menschen bewusst versucht, Spannung zu erzeugen und den Zuschauer bis zum Ende dran zu halten. Das war in der Tat höchst verwerflich.
Aber auch, wenn ich hier so kritisch klinge, möchte ich sagen, dass mir die Sendung insgesamt wirklich gut gefallen hat. Und Anna war auch ein richtig guter Gast. Sie könnte gerne öfters dabei sein.