Sophismus, den ich oben bereits mit meinem Harley-Davidson-Orks vs. VW-Hobbits in ihren Käfern zerlegt habe, oftmals geäußert von Leuten , die mit Fantasy und SciFi sowieso nichts anfangen können, aber unbedingt mitreden und Geek-Argumente durch „Humor“ entwerten wollen. Es gibt kanonische Eckpfeiler und Determinanten an und in jeder Geschichte, bei Fantasy kommen eine Menge Archetopoi und im Leser längst angelegte, mythische Tropen dazu, die wir teilweise epigenetisch begreifen. CG Jung hat dazu bereits so viel geäußert, ebenso wie auch James Joyce. Der Monomythos. Lore, Magiesystem, Gesellschaftsbau., etc, all das fließt ein. Ich arbeite an einem Roman ein halbes Jahr länger als ich müsste, nur für mein Worldbuilding. Überzeugt das meinen Lektor und den Agenten nicht, bekomme ich keinen Vertrag. Das geht bis hin zu fragen wie: „Du hast hier eine Großstadt, Great Cthulhu, 110.000 Einwohner, aber deine Welt ist Prä-Renaissance und hat keine Manufakturen und der Handlungsort liegt auch noch in einem gebirgigen Gebiet, wo also kommt das Getreide und Fleisch für all diese Mäuler her, die du da in deiner Story stopfen willst?“ Haste dann keine Antwort als Autor, wird es peinlich. Weil es zeigt, dass du nicht in dich gegangen und Weltenbau betrieben hast. Schade.
Man nennt das intrinsische, gewachsene Lore, die muss reifen. Die kann man schon gar nicht eben mal einfach weglassen, geschweige denn behaupten, die spielte keine Rolle. Wenn du in angelsächsische Runen- und Ringzwerge plötzlich eine Afro-Zwergin reinpackst, ohne zu erklären, dass ihr Clan seit Jahrtausenden Edelsteine an der Oberfläche von Sanddünen sammelt, sondern einfach erwartest, dass Fans von Mythen und Sagen dein Zwergen-Melting-Pot gefälligst schlucken, weil sonst „Racist!“, dann kannste das machen, ist halt nur amateurhafte Scheiße. Und natürlich haben „fiktive Fantasy-Universen“ eine Biologie, ein Physiksystem, Fragen der Kosmologie, der Flora und Fauna, der damit einhergehenden geographischen Zonen, aber auch der etwaigen planetaren Trabanten und Gravitation, wie diese das Magiesystem - so vorhanden - beeinflussen, ob Götter anthropomorph und endlich sind, ob sie stofflich oder nur von den Einwohnern der Welt erdacht sind, und, und, und. Eine gute Fantasywelt kann mit ihrer intrinsischen Lore locker 30 Kulturwissenschafts- und ebenso viele Naturwissenschaftskriterien bedienen, die Arbeit daran endet praktisch nie, weil Worldbuilding, nun ja, der Bau einer Welt ist. Was heißt kann. MUSS. Tut sie das nicht, kann der „Suspense of Disbelief“ beim Rezipienten nicht sichergestellt werden. Wenn also nicht hinterfragt werden darf, ob die Hautfarbe von Dunkelelfen auf einen Melaninhaushalt zurückgeht, so wie offenkundig bei dem schlecht gemachten Waldelben-LARPer aus Ringe der Macht (und warum ausgerechnet der schwarz ist? Waldbewohner sind hellhäutig, weil sie so Sonnenlicht für Vitamin D aus Laublöchern resorbieren können, und haben strahlende Augen, damit sie einander beim Jagen in der Gruppe besser koordinieren können, alles längst belegt), oder eben ein göttlicher Fluch war wie bei den pur bösartigen Drow aus den Forgotten Realms von D&D, warum dann überhaupt irgendwas unterscheiden? Und warum fahren die dann keine Jetbikes? Ist Magie Technik? Ist Technik Magie? Was ist ihre Quelle? Beeinflussen Zauber Luftreibung und entzünden so einen Feuerball, oder formt er sich in den Gedanken des Wirkers? Und warum, wenn einem solche Fragen nicht wichtig oder eben sehr wichtig sind, sind die Einwohner des Südens, von Rhûn und Southron in Ringe der Macht dann nicht alle dunkelhäutig, sondern weiße, britische Bauern? Dort, äquatornah, hätte es Sinn ergeben. Die Antwort darauf fällt simpel aus: Weil die Autoren ihr Handwerk nicht beherrschen, Fantasy nicht leben, sie ihnen egal ist. Sie wollen zutiefst rassistische Anti-Moralallegorien „erzählen“, mehr nicht. Selbstverständlich muss eine fiktive Pseudo-Glaubwürdigkeit durch „Berechnungen“, respektive Deep Thinking, hergestellt werden. Tolkien hat getan, was dein Kommentar hier lächerlich macht: Er hat ein LEBEN lang an seiner Welt gecraftet und gefeilt und nun wird sie von Amateuren mit Schnellschuss-Unfug besudelt. Gerade dein letztes Beispiel, bezogen auf den Witcher, ist besonders schwach, denn Hexer entstehen nicht aus der Sphärenkonjunktion, sie werden nach von Sapkowsi relativ präzise formulierten Richtlinien und Methoden aus vorpubertären Jungen in einem Kunstprozess erschaffen, über den Geralt immer wieder andeutungsweise referiert. Auch etwas, was die Netflixserie bis zur Unkenntlichkeit pervertiert und da irgendwas vom Älteren Blut mit reingeworfen hat, weil „ist ja nur ne dumme Serie, wen interessiert das?“. Es interessiert ebendeshalb, weil nur durch das fiebrige, übertrieben minutiöse Zerkauen aller Details jene Magie entstehen kann, die einem das Resultat am Ende „echt“ wirken lässt. Wer denkt, George Lucas, Spielberg und drei weitere Filmschaffende hätten nicht Jahre an Arbeitsstunden an Krieg der Sterne gecraftet, der sollte vielleicht ein wenig nachdenken, bevor er sich zu Sachverhalten fiktionaler Glaubwürdigkeit äußert.