Im Mai letzten Jahres löste das Urteil eines Kölner Gerichts, indem die Beschneidung von Jungen ohne medizinische Notwendigkeit für ilegal erklärt wurde, einen allgemeinen Streit darüber aus, ob der Richter dieses Verfahrens Recht oder Unrecht gesprochen hat.
Insbesondere die Minderheit der Moslems und Juden, die traditionell ihren männlichen Nachwuchs im Kindesalter beschneiden, mussten sich gegen eine tonangebende Mehrheitsgesellschaft erwehren, die vertreten von den Masssenmedien die Zirkumzision bei Minderjährigen zum kriminellen Akt zu erklären versuchte.
Die Befürworter der Knabenbeschneidung kritisierten zurecht, dass die Majorität des Landes einen mit Intoleranz und Ressentiments durchsetzten Prinzipienstreit ausfechtet, bei dem wohl Ignoranz gegenüber einem chirurgischen Eingriff zur Modifizierung des Körpers, der bei einem Drittel der Weltbevölkerung gesellschaftlich etabliert ist, den motivierenden Faktor darstellt.
Ein interessanter und erschreckender Fall eines fremdenfeindlichen Dammbruchs bis in die angeblich tolerantesten und aufgeklärtesten Schichten der Gesellschaft, welcher von der Regierung glücklicherweise erkannt und zügig gebannt wurde, indem im Dezember 2012 per Gesetz die Vorhautentfernung bei Minderjährigen zur Elternsache gemacht wurde.
So ist das BGB nun um diesen Artikel reicher:
§ 1631d
Beschneidung des männlichen Kindes(1) Die Personensorge umfasst auch das Recht, in eine medizinisch nicht erforderliche Beschneidung des nicht einsichts- und urteilsfähigen männlichen Kindes einzuwilligen, wenn diese nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt werden soll. Dies gilt nicht, wenn durch die Beschneidung auch unter Berücksichtigung ihres Zwecks das Kindeswohl gefährdet wird.
(2) In den ersten sechs Monaten nach der Geburt des Kindes dürfen auch von einer Religionsgesellschaft dazu vorgesehene Personen Beschneidungen gemäß Absatz 1 durchführen, wenn sie dafür besonders ausgebildet und, ohne Arzt zu sein, für die Durchführung der Beschneidung vergleichbar befähigt sind.
Klugerweise haben die Gesetzesmacher die absolut unnötigen religiösen Bezüge, die in der Debatte blödsinnigerweise viel Raum einnahmen, ganz rausgelassen. Das Elternrecht, bzw. die Personensorge ist völlig ausreichend als Grundlage.
Problem gelöst?
Scheinbar nicht.
Die xenophoben Geister, die das Kölner Urteil wachferufen hat, sind immer noch aktiv damit beschäftigt, ein Verbot der Zirkumzision bei Kindern herbeizuführen.
Und nun kam es Ende August zu einem neuerlichen Urteil in einem Gericht in Dortmund/ Hamm, bei dem einer Kenianisch stämmigen Frau entsagt wurde, ihren 6jährigen Sohn gemäß den Riten ihres Heimatlandes zu beschneiden.
Begründung:
Die Mutter darf laut Gericht auch vorläufig weiterhin keine Beschneidung veranlassen, weil Kind und Mutter ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland hätten und nur selten nach Kenia fahren. Auch sei der Junge evangelisch getauft.
[B]Psychisches Wohl gefährdet[/B]
Das Gericht schreibt weiterhin: “Im vorliegenden Fall gebe es gewichtige Gründe dafür, dass eine zum jetzigen Zeitpunkt durch die Kindesmutter veranlasste Beschneidung das psychische Wohl des Sechsjährigen beeinträchtige.” Hinzu kommt im konkreten Fall: Die Mutter will das Kind nicht zu der Operation begleiten.
Anhand der vorliegender Informationen klingt das nach im Zweifel für den Ankläger.
Wer immer das auch ist?
Und interessant wäre auch die Information, ob der Junge einverstanden ist, sich operieren zu lassen oder nicht.
Die Frage ist auch: Werden voreingenommene Richter in Zukunft den Ausnahmeregelung bei der Gefährdung des Kindeswohls überstrapazieren zum Verbieten von Beschneidungen?
Ist dieser Punkt zu schwammig formuliert?