Schwieriges Thema, dass auch wenn Mannbärschwein es gerne behauptet nicht ohne religiösen Aspekt betrachtet werden darf.
Und zwar weil folgendes gelten sollte: Eine Operation ohne hinreichend Grund darf nicht durchgeführt werden. Kein Arzt in Deutschland darf eine Operation an dir duchführen, nur weil du gerne operierst werden will. Da für die Beschneidung eine Ausnahme zu setzen wäre inkonsequent, also müssen wir auf die Begründungsstrukturen gucken. Weil ansonsten auch jede andere OP ohne medizinische Notwendigkeit durchgeführt werden dürfte.
Vor allem dürften Eltern nach der Begründung jede OP an einem Minderjährigem Kind durchführen lassen. Man mache es einfach bevor es zwei Jahre alt ist, dann ist es nicht einmal theoretisch in der Lage zuzustimmen oder abzulehnen und schon darf ich alles vornehmen lassen was ich will. (Geschlechtsumwandlung? Ich wollte schon immer einen Sohn haben…)
Zumindest wenn man wie Mannbärschwein sagt, die Begründung vollständig außen vor lassen müsste.
Was das Vetorecht des Kindes angeht: Einem Kleinkind ein “Vetorecht” zu geben ist ganz einfach lächerlich. Meine Tochter ist fast 6 Jahre alt. Wenn ich unbedingt etwas von ihr wollte kann sie noch so viel “Vetorecht” haben, innerhalb von einem halben Jahr hätte ich sie soweit, dass sie von diesem Recht kein Gebrauch macht.
Dieses “Vetorecht” schwächt das Recht des Kindes sogar eher ab, weil damit von einer Einwilligung ausgegangen wird, zu der ein Kind gar nicht fähig ist.
Religion: Die Beschneidung ist eine religiöse Handlung, die im Sinne der Spiritualität ein Kind lebenslang an eine bestimmte Religionsgemeinschaft bindet. Eine solche lebenslange Bindung an einer Person durchzuführen, die religiös unmündig ist (unter 14), kann ich persönlich nicht mit meinem Verständnis der Religionsfreiheit vereinbaren.
Ja Religionsfreiheit meint auch immer die Freiheit der Gemeinschaft und die der Eltern. Aber die Freiheit des Individuums sollte immer höher stehen als die Freiheit anderer über das Individuum zu verfügen.
Daraus resultiert, dass jedes Ritual das dazu gedacht ist eine Person in eine Religionsgemeinschaft aufzunehmen nur dann durchgeführt werden darf, wenn die Person 14 Jahre oder älter ist. Oder wenn das Ritual ab diesem Alter von 14 sowohl körperlich als auch spirituell vollständig zurückgenommen werden kann.
Daraus resultiert wenn man sich die großen Religionsgemeinschaften ansieht ein Verbot der Beschneidung, der Taufe oder auch der Kastenzuordnung innerhalb des Hinduismus. (auch wenn die theoretisch automatisch verläuft und kein Ritual benötigt, allerdings wäre damit jede Betonung dieser Zuordnung bis zu einem Alter von 14 zu verbieten.)
Religionsfreiheit muss in einer modernen, pluralen Gesellschaft immer in erster Linie die Freiheit des Individuums sehen.
Sprich: Religion kann keine ausreichende Begründung für eine Beschneidung sein.
Medizinische Gründe: Wenn die Gesundheit des Kindes mit Vorhaut akut gefährdet ist, dann ist es keine Frage, dann muss beschnitten werden.
Eine OP als “Präventionsmaßnahme” würde ich in unserer Gesellschaft für unzulässig halten. Ansonsten sollte man auch direkt Mandeln und Blinddarm entfernen lassen.
Das Risiko ist allerdings im Vergleich zu den gegeben Vorteilen einfach zu groß. Vor allem wenn man bedenkt, dass mit heutigen hygenischen Möglichkeiten fast alle Männer problemlos ohne Vorhaut leben können.
Sprich: Medizinische Gründe reichen nur aus, wenn eine akute Gefahr besteht.
Ästhetik: Muss man denke ich nicht lange erklären warum das Unsinn ist. Aber wenn man ein Beispiel haben will: Dürfte ich abstehende Ohren operativ richten lassen? Oder einen hervorstehenden Bauchnabel verkleinern?
Verhindern von Masturbation: …
Abschwächung von sexueller Lust: …
sonstige Tradition: wurde hier schon betont, dass sich Mitglieder der UN zu einem Abbau solcher Traditionen verpflichtet haben.
Daraus ergibt sich, dass die einzige zulässige Begründung für eine Beschneidung die Beschneidung aus medizinischen Gründen ist. Und um es noch einmal zu betonen: Ja die Begründung für eine Operation ist enorm wichtig. Das einfach auszublenden zeugt von einer enormen Ignoranz und gerade in Bezug auf Kinder von einem sehr merkwürdigen Bild von Kindern.
Kinder sind eigenständige Indivduen und keine Haustiere oder Spielzeuge. Jede Entscheidung die nicht dem Kindeswillen entspricht oder bei der nicht nachvollziehbar ist ob sie dem Kindeswillen entspricht, kann nur mit damit begründet werden, dass diese Entscheidung dem Kindeswohl dienlicher ist als der Kindeswille.
Und ja dabei geht es auch um vollkommene Banalitäten. Ich schicke meine Tochter auch gegen ihren Willen um acht ins Bett, weil sie ansonsten nicht in der Lage wäre den nächsten Tag zu überstehen.
Ich schicke sie allerdings nicht um 19 Uhr ins Bett, weil ihr das zu früh ist und es keinen nennenswerten Vorteil im Kindeswohl gibt.
Wenn diese Regel aber schon bei solchen Banalitäten zwingend ist, dann gilt sie umso mehr wenn es eine Entscheidung ist die lebenslange Auswirkung hat.
Ich muss jede Entscheidung gegenüber meinem Kind begründen können. Wenn ich das nicht kann, dann kann ich mir sicher sein, dass ich mich falsch entschieden habe. Und das soll bei einer Beschneidung plötzlich aufgehoben sein?