Diskussion über den Blog-Artikel: Wie definiert man Superhirn?
Ich habe in den vergangenen zwei Tagen mehrere Mails und Hinweise bekommen mit der Behauptung, dass das am Mittwoch im ZDF ermittelte “Superhirn 2011” gar kein wirkliches Superhirn ist. Deswegen habe ich mich noch einmal ein bisschen genauer damit beschäftigt.
Zunächst einmal sollte vielleicht erklärt werden, worin überhaupt die “Super-Leistung” des Gewinners Robin Wersig lag. Der junge Mann hat <span style=“text-decoration: line-through;”>gewettet</span> behauptet, er könne ein magisches Quadrat lösen und dies zudem durch Rösselsprünge. Ein magisches Quadrat ist demnach ein Schachbrett mit Zahlenfeldern, bei denen jede vertikale und jede horizontale Reihe zusammengerechnet die selbe Summe ergibt. Jörg Pilawa ermittelte mittels dreier Zuschauer aus dem Publikum die Zahl, um die es gehen sollte: 747. Jede Reihe, senkrecht und waagerecht, sollte also am Ende 747 ergeben. Dazu kam nun, dass Kandidat Wersig das zunächst leere Schachbrett mit Zahlen bestückte ohne es sehen zu können. Und: Er musste im Rösselsprung vorgehen. Das bedeutet: Er beginnt auf einem bestimmten Feld auf dem Schachbrett (auch dies wurde per Zufall bestimmt) und darf sich von dort aus nur fortbewegen wie ein Springer im Schach (also zwei Felder vor und eines zur Seite bzw. ein Feld vor und zwei zur Seite).
Hier mal paar Screenshots:
Der entscheidende Punkt ist nun folgender: Ist es wirklich eine mathematische Meisterleistung, diese Aufgabe zu lösen? Oder muss man einfach gut im auswendig Lernen sein?
Die Platzierung der Zahlen auf dem Schachbrett geschieht ja nicht einfach aus dem FF, sondern natürlich hatte Robin Wersig mehrere Muster im Kopf. Er wusste ja, dass die Zahl, um die es in seiner Aufgabe gehen wird, dreistellig sein wird. Wenn er sich beispielsweise ein komplettes magisches Quadrat mit der jeweiligen Endsumme 500 eingeprägt hatte, konnte er entsprechend die Differenz berechnen, um ein Quadrat für die Zahl 747 zu erstellen. Noch einfacher hatte er es womöglich, wenn er bereits magische Quadrate für die Zahlen 250, 500 und 750 im Kopf hatte. 750 wäre ja schon fast dran an der Aufgabe.
Was den Rösselsprung angeht, gibt es auch eine Methode: Man muss sich einfach die Reihenfolge der 64 Felder merken, in denen man von einem leeren zu einem vollen Brett kommt. Denn wie man hier sehen kann, endet der Springer bei Vollendung auf dem Feld E6, nachdem der Beginn auf dem Feld G5 war (siehe Bild oben):
Das heißt, mit einem weiteren Sprung könnte man wieder auf dem Anfangsfeld landen. Ergo: Es ist ein Kreislauf. Im Grunde ist es also egal, welches Startfeld einem vorgegeben wird. Wenn man den Kreislauf der Rösselsprünge komplett im Kopf hat, kriegt man die komplette Abarbeitung des Schachbrettes immer hin.
Es geht also im Grunde darum, sich einmal und sehr intensiv zur Vorbereitung 64 Zahlenfelder zu merken und eine Reihenfolge von 64 Rösselsprüngen. Lediglich bei acht Feldern muss dann noch eine Differenz berechnet werden, da bei den restlichen 56 Feldern das Muster exakt gleich ist - egal um welche Zahl es letztlich geht. Dies zum Beispiel ist ein Muster für ein magisches Quadrat (Quelle: namenmerken.de):
Zählt man bei den nicht-roten Felder jeweils 70 hinzu, kommt man auf die Zahlen des magischen Quadrates aus der Show. Und wie gesagt: Bei acht Feldern muss dann noch gerechnet werden.
Wohl gemerkt: Ich persönlich halte auch dies für eine große Leistung, da ich nun gar kein Zahlenmensch bin. Aber manche Zuschauer haben sich über die Sendung und über Robin Wersig als Sieger geärgert, weil sie ihn für einen Blender halten. Und tatsächlich ist es wohl vor allem eine gute Vorbereitung, die das Lösen der Aufgabe dann einfach macht. Wer übrigens noch genauer und kompetenter erklärt haben möchte, was ich eben in meinen Worten versucht habe zu erläutern, der sollte sich dieses Video auf YouTube anschauen, wo das alles nochmal sehr anschaulich analysiert wird.
Was ich noch bemerkenswert finde ist, dass das entstandene magische Quadrat gar nicht wirklich ein magisches Quadrat ist (jedenfalls keines nach gängiger Definition), denn eigentlich hätten auch die beiden Diagonalen dann 747 ergeben müssen. Das ist aber nicht so:
Die eine Diagonale ergibt 728, die andere 782. Unbestritten wäre die Erstellung eines magischen Quadrates sehr viel schwieriger und komplizierter gewesen, hätte man auch die Diagonalen mit einbezogen.
Die Frage ist eben, ob die anderen Kandidaten nicht eher den Siegertitel “Superhirn 2011” verdient hätten. So war ein Mann dabei, der ein sehr musikalisches Gehör hatte und bei einem 34-köpfigen Symphonie-Orchester heraushören konnte, welcher der Musiker gerade nicht mitspielt. Ein anderer Kandidat konnte ohne Hilfsmittel die Geschwindigkeit von Autos benennen - quasi wie eine Radarfalle (jedoch patzte er einmal). Und eine Jugendliche kannte das gesamte Streckennetz der Deutschen Bundesbahn auswendig.
Der ärgerlichste Moment der Show für mich war übrigens, als die anwesenden B-Promis (Verona Pooth, Jens Riewa usw.) während eines Walzertanzes eine immer länger werdende Rechenaufgabe gestellt bekamen, deren Ergebnis am Ende als 28 ausgegeben wurde. Dies wäre natürlich richtig, wenn man die Punkt-vor-Strich-Regel nicht beachtet - aber korrekterweise müsste man die beachten. Und dann käme statt der eingeblendeten 28 nur das Ergebnis 18 heraus (sofern ich mich jetzt nicht verrechnet habe, was durchaus sein kann). EDIT: Allgemeine Meinung ist, dass -12 herauskommt - zumindest ist 28 in jedem Fall falsch.
So, genug den Kopf zerbrochen für dieses Jahr - Guten Rutsch!