Welche Wunschfilme im März?

Was genau ist denn daran kitschig? Die Lagerszenen, die Leichenberge und das dargestellte Gebaren von Amon Göth… das ist für mich doch alles sehr weit weg von Kitsch. Ich würde aber sagen dass man eine künstlerische Handschrift erkennt. Man hätte es auch sehr viel dokumentarischer anlegen können. Das kann ich mir als Kritikpunkt vorstellen. Das war ja der Ansatz von Uwe Böll – mit dem er allerdings gescheitert ist.

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OK… diesen dummen Fehler korrigiere ich mal absichtlich nicht. Nur gut dass ich nicht Heinrich Boll geschrieben habe.

:slight_smile: hab ich schon verstanden
zweifelsohne ist ‚Schindlers Liste‘ ein bewegender Film. Klar werden hier Leichenberge, sterbende Menschen und ausgebrochene Zähne gezeigt. Es werden aber stets Helden entgegengestellt, die diesen Szenen eine für viele Zuschauer notwendige Kompensation bieten. Diese Helden sind im Unterhaltungswert gleichauf mit den dargestellten Greultaten und "tragen"den Zuschauer somit als Identifikationsfiguren durch den Film. Mimische Aktion und Reaktion der Figuren werden mit begleitender Musik affektiv inszeniert. Wenn sich Göth der Völlerei hingibt und (buchstäblich) unter ihm Menschen sterben, wird mitreißend hin- und hergeschnitten, der Zuschauer meint sich im Geschehen zu befinden. In ‚Sodom‘ bleibt der Rezipient außen vor. Er muss teilnahmslos mit ansehen, wie passive Jugendliche Opfer der Völlerei ihrer „Herren“ sind. Er leidet unter der Gefühlskälte und Ungerührtheit, mit welcher die Kamera als Auge des Betrachters beobachtet. Alles Widerwertige wird unbeteiligt „zur Kenntnis genommen“, nichts bleibt erspart, kein Raum für Gefühle.
‚Schindlers Liste‘ ist im Vergleich zu den ‚120 Tagen von Sodom‘ mMn der bequemere und unterhaltsamere Film zum Thema.

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Aber ist das nicht der pädagogisch sinnvollere Weg? Denn das war auch das Anliegen von Spielberg – es gab ja ein umfangreiches aufklärerisches Engagement um diesen Film herum. Das mit den “Helden” kann ich nachvollziehen, wenngleich man nicht vergessen darf, dass es sich hierbei nicht um einen Film handelt, der ausschließlich das Lagergeschehen schonungslos dokumentieren will. Es steht ein real existierender Held im Zentrum der Geschichte, für den der Zuschauer Sympathie empfinden soll. Die Musik stört mich ebenfalls stellenweise (mit Ausnahme des Titelthemas) – das entlarvt in der Tat die Handschrift Hollywoods.

Natürlich darf das alles sein. Pädagogisch sinnvoll - ja, meinetwegen. Aber doch sehr berechenbar. Macht , das Gefühl alles tun zu können, ohne Konsequenzen, ohne Rücksicht nehmen zu müssen, macht Menschen unberechenbar und größenwahnsinnig. Und das geht mir in ‘Schindlers Liste’ verloren. Schau`mal, wie weit ‘120 Tage von Sodom’ geht. Nicht umsonst hat der Regisseur Pasolini die Geschichte aus dem Barock (de Sade) in die Kriegszeit adaptiert.
Hollywood verniedlicht mir zu sehr (manche böse Zungen sagen “spült weich”). Man möchte (natürlich) möglichst viele Zuschauer erreichen, aber das wollte Resnais auch.
Der real existierende Oskar Schindler war dick, hatte eine Knollnase und hatte einen Kranz. Göth war bisexuell. Keine etablierten Eigenschaften der Identifikationsfiguren Hollywoods.

Gleichauf mit den Greueltaten ist der Protagonist der Geschichte definitiv nicht. Die Tötungs-Machinerie der Nazis ist umbarmherzig und übermächtig und wird auch genau so dargestellt. Eine weitere Protagonistin (das Mädchen im roten Kleid) kommt sogar darin um.

Dass der Film es schafft, Emotionen zu wecken, halte ich indes für einen extrem wichtigen, gewollten und sinnvollen Aspekt. Das verleiht den Greueltaten von damals die Tiefe, die man sonst von Zeitzeugen vermittelt bekommt. Spätestens wenn man sich dann weiteres Material (Dokumentationen oder Literatur) beschafft fällt einem auf, dass dieser Film trotz hollywood-typischer Verzerrungen erstaunlich wenig überdramatisiert, sondern das menschenverachtende Verhalten der Nazis vergleichsweise akkurat darstellt.

Ja ich muss dir zustimmen. Obwohl mir der Begriff “Kitsch” zu hart ist. Ein Titanic-Feeling kommt in mir nicht auf, es gibt noch zu viel Luft nach oben auf der Hollywood-Kitsch-Skala. Ich würde eher vom Abholen des durchschnittlichen Kinogängers sprechen. Er spielt die ganze “bewährte” Hollywood-Klaviatur, um Emotionen zu wecken. Der Film zeigt harte Szenen, auch ein paar aus meiner Sicht geschickte künstlerische Kniffe (Stichwort rotes Kleid), aber er lotet nicht die Grenzen des Zuschauers aus. Ich glaube ein guter Film zum Thema bringt die Zuschauer zum Wegsehen oder Verlassen des Kinosaals. In gewisser Weise ist der Film wie das Holocaust-Mahnmal in Berlin…

Schon allein das Ende von Schindlers Liste (“one more person”) ist unglaublich kitschig und hollywoodesque. Reisst einen auch voellig raus.

Die Figur Schindler funktioniert im Film als gleichwertiges Gegenstück zu Nazi-Maschinerie. Er kann etwas bewegen (durch Macht), er ist in der Lage, das System, wenn auch nur auf begrenztem Raum, auszuhebeln (durch Überzeugung).
Der Film bedient sich extremer Rollenklischees, um zu überzeugen. Kleines Mädchen (Sinnbild von Reinheit), schutzlos im roten Mantel(einziger, zusammen mit der Kerze Farbfleck -Hoffnung-im Film) läuft orientierungslos zwischen den Massenmorden (Kontrast). Schindler steht für den Zuschauer als Beobachter auf dem Berg (Übersicht, subjektive Kamera). Die Farbe des Mantels kann als einziger “Lichtblick” im Film gedeutet werden
(+ Wiedererkennung). Der Zuschauer verlässt Schindler als Medium des Beobachters sogar im intimsten Moment des Mädchens und teilt ihr Geheimnis (sogar vor Schindler) , das des Verstecks unter dem Bett. Später wird dieses Geheimnis gekonnt aufgebrochen, indem Schindler das Mädchen auf der Leichenkarre wiedererkennt. Hier drückt die Musik besonders deutlich das Scheitern der Unschuldigen beim Verstecken (gleiche Tonlage beim Wiederentdecken und Verstecken) und damit Hoffnungslosigkeit aus. Auch wird hier die einzige Verbindung zwischen uns, die wir es gewohnt sind, Filme ausschließlich in Farbe zu schauen und dem restlichen Film, der in (historischen) schwarz weiß gehalten ist, durchtrennt. Ebenfalls ein kluger, aber ebenso manipulativer Schachzug des Herrn Spielberg.

Sollten wir, anstatt hier weiter über den Film zu diskutieren, erstmal die Wunschfilmfolge abwarten und schauen, was die Pantoffelcrew zu den Filmen zu sagen hat?

Als Quintessenz aus der Diskussion nehme ich erstmal mit, dass es eine durchaus gute Wahl darstellt, beide Filme in einer Folge zu besprechen :slightly_smiling_face::+1:

Nimm das gleichwertig raus, und wir sind ungefähr auf einer Wellenlänge. Gleichwertig würde bedeuten, er hätte die zumindest die Chance gehabt, den Holocaust zu beenden.

Um das mal an einem anderen Beispiel zu verdeutlichen: Moses ist in seiner Geschichte gleichwertig zu den Ägyptern, da er ein ganzes Volk aus der Unterdrückung retten konnte (oder durfte, je nach Perspektive). Das ist Schindler (mal von dem Umstand abgesehen, dass die Juden nicht „sein“ Volk waren) nicht mal ansatzweise gelungen. Darüber hinaus wird die Figur Oskar Schindler immer wieder auch durchwachsen dargestellt, weil er sich zu Beginn durch die Sklavenarbeit der Juden bereichert hat und den Kontakt zu Nazis aktiv gesucht hat - dass dabei etwas romantisiert wurde lasse ich als Einwand gern gelten, aber die typisch positive Darstellung eines Hollywood-Filmhelden sieht dann trotzdem ein wenig anders aus.

edit: Und überhaupt, du schreibst es ja schon selbst:

Was bleibt ist, dass Schindler im Film mit seiner Aktion ein Stück weit zum Fackelträger der Freiheit und Nächstenliebe stilisiert wird - was aber der real stattgefundenen Geschichte entgegenkommt und somit auch keine allzu starke Verzerrung darstellen kann.

Sicher? Ich habe da gerade mal nach gesucht, um zu erfahren, wie „120 Tage von Sodom“ damals besprochen wurde, aber nichts gefunden. Hättest du evtl. einen Link? Danke! Meines Wissens nach wurde er tatsächlich nur mal kurz in PK Folge 44 erwähnt, als es um SM-Filme ging.

Ähm mittlerweile bin ich mir nicht mehr sicher. Habe auch nichts gefunden. Allerdings sind ja nicht mehr alle Folgen online.
Aber eigentlich war ich der Meinung, dass ich den Film mir damals aufgrund der Rezension vom alten YT Pantoffel gekauft hatte.
Vielleicht hatte ich mich getäuscht.

um gottes willen nein , lieber Teil 2 oder 4

Sodom wurde nicht im YT PantoffelkinoTV besprochen.
https://drive.google.com/file/d/1y-x-g_RIG4jDqXRRKi_aS91acq5-78FH/view

From Dusk till Dawn schon:

ich möchte gerne den hier

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@ remmeldemmel

“gleichwertig” ist im filmischen Kontext zu verstehen. Im Film wird Gut und Böse gegenübergestellt. Dies muss natürlich in übertragener, bzw. komprimierter Form geschehen. Wenn im Märchen (Bsp. Hänsel und Gretel) die böse Hexe die guten Kinder fressen will, steht sie in dieser Geschichte als Vertreterin für das Böse (+ Schuldige) , die Kinder stehen in diesem Kontext für das Gute (+ Unschuldige). Da die Kinder die Hexe besiegen, sind sie mit dem Bösen gleichauf, sie können im darstellbaren Rahmen gegen das Böse antreten und somit etwas gutes bewirken. Sie sind dem Bösen als Abstraktum ebenbürtig. Natürlich haben sie damit nicht das gesamte Böse des literarischen Kosmos ausgelöscht.
Überträgt man diese Theorie nun auf die beiden Hauptcharaktere in ‘Schindlers Liste’ , haben wir es mit dem Guten und dem Bösen in Persona zu tun. Schindler (der Gute + Geläuterte) und Göth (der Böse) sind in einer Position, sich gegenseitig beeinflussen zu können. Der Holocaust selbst ist “nur” der Rahmen, der Kontext, in dem die Handlung eingebettet ist.

Ich bin trotzdem nicht überzeugt :smiley:, auch wenn jetzt deine Definition von „Gleichwertig“ deutlicher formuliert ist und ich dem schon eher etwas abgewinnen kann.

Ich sehe Göth halt nicht als den „bösen“ Gegenspieler, weil er ja nicht gegen die Interessen von Schindler handelt um die Figur Schindler zu bekämpfen, sondern weil Göth aus seiner beruflichen Position und seinen Interessen heraus das „Richtige“ für die menschenverachtende Maschinerie zu tun.

Ich versuche das mal etwas markanter auszuformulieren:

  • Schindler versucht Juden in einem umbarmherzigen System vor dem Tod zu bewahren
  • Göth kämpft nicht gegen Schindler, sondern arbeitet lediglich in dem umbarnherzigen System (aus welchen Motiven auch immer). Er ist somit nicht der eigentliche Gegenspieler, sondern lediglich ein besonders ausführlich dargestelltes Rädchen in der Maschinerie.
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Die Leute wissen halt nicht das es auch viele hochwertige Animes gibt.
Oder sie haben Angst das sie verrissen werden, weil es “nur” ein Anime ist.
Es ist ein wirklich verdammt guter Film. Besser als Schindler Liste zum drölften Mal.
Der läuft sowieso ständig immer zu Weihnachten.
Bei Silent Voice hab ich jedenfalls mehr Rotz und Wasser geheult. Dabei bin ich nicht mal ein großer Animefan. Es gibt aber halt so Perlen, die jedem Hollywoodfilm das Wasser reichen könnte.

Irgendwann wird es hoffentlich gewählt.

Ich vergesse beim Abstimmen immer wieder, dass das ein Anime ist, und hake den Titel als “irgendwas, von dem ich noch nie gehört habe” ab. Ist keine Absicht, @Rynam.