Toleranz vs. religiöse Verfolgung

Bei Begriffen wie “religiöse Intoleranz”, “Verfolgung Andersdenkender” oder Unterdrückung der freien Ausübung von Religion und Weltanschauung denkt man wahrscheinlich an vermutlich an das Mittelalter und diktatorische Regime wie die VR China oder Nord-Korea. Oder an religiöse Eiferer und fundamentalistische Strukturen, wie sie früher auch im christlichen Europa bestanden, heutzutage aber am ehesten mit einigen Strömungen und Regimen im Islam in einen Zusammenhang gebracht werden.

Jedoch gibt es - offenbar zunehmend - nun auch einige atheitsische Fanatiker, denen die Idee der weltanschaulichen Freiheit und Toleranz genau so verhasst ist wie bornierten religiösen Eiferern. Allein in diesem Forum habe ich es drei mal erlebt, dass atheistische Mitglieder offen für eine Kriminalisierung jeder öffentlichen Religionsausübung eintraten.

Der Hinweis auf die Erklärung der Menschenrechte, oder darauf, dass die religiöse Toleranz ein zentrales Gut der Aufklärung ist, hilft da nicht weiter; Gesetze und Erklärungen können geändert werden. In einer PN berief sich einer der Gegner der Toleranz auch ausdrücklich affirmativ auf die VR China, was noch einmal illustrieren dürfte, dass für solche Menschen selbst die fundamentalsten rechtssaatlichen und demokratischen Prinzipien obsolet sind.

Natürlich muss es Begrenzungen des wichtigen Rechts auf freie Meinungsäußerung geben: Wo zu Gewalt und Hass aufgerufen wird, wo Menschen verleumdet und beleidigt werden, wo Volksverhetzung stattfindet, oder in ähnlichen Fällen muss die Toleranz-Grenzen finden.

Wenn jemand allerdings freidlich und ohne anderen etwas aufzuzwingen Meinung sagt oder seine Religion praktiziert, dann ist das in einer zivilisierten Gesellschaft kein Verbrechen, sondern seine persönliche Sache. Zur Demokratie gehört auch, dass man Lebensentwürfe und Weltanschauungen duldet, die man nicht teilt und vielleicht sogar unsinnig findet.

Und selbstverständlich muss die Religionsfreiheit auch als Teil einer umfassenderen Freiheit in weltanschaulichen Dingen verstanden werden: Atheisten und Agnostiker haben genau so ein Recht, ihre Auffassung zu vertreten, sich öffentlich zu äußern und sich zu organisieren wie die Anhänger einer Religion. Auch das ist selbstverständlich.

Eine Religionsverfolgung im Namen des Atheismus genau so intolerant ist wie eine im Namen einer bestimmten Konfession. Es kann dem Protestanten oder Buddhisten, der völlig friedlich seine Religion ausübt, völlig egal sein, ob er dafür von Salafisten, Katholiken oder Atheisten mit der Polizei bedroht und ins Gefängnis gesteckt wird.

Eine atheitische Intoleranz stellt genau so eine Bedrohung der allgemeinen Religionsfreiheit dar wie eine solche durch die Anhänger eine fundamentalistischen religiösen Strömung. Der einzige Unterschied ist der, dass in dem einen Fall alle, im anderen Fall nur fast alle Religionen aus weltanschaulichen Gründen verfolgt und unterdrückt werden.

Intolerante Atheisten sind daher genau so totalitär wie religiöse Fanatiker, genau so menschenverachtend und genau so intolerant; und ihr Denken steht genau so in der Feindachaft zur europäischen Aufklärung und Freiheitlichkeit wie das muslimischer Fundamentalisten. Sie sind nicht einmal ein Jota besser.

Wer glaubt, dass man andere Denk- und Lebensweisen als seine eigenen, natürlich “einzig wahren”, nicht respektieren sollte, sondern mithilfe der Staatsgewalt, Justiz und Polizei unterdrücken und verfolgen muss, der ist kein Demokrat, sondern ein Faschist.

Nur mal eins gleich. Wenn das wieder in der üblichen Religionsgrundsatzdiskussion ausartet ist hier schnell zu.

“Wenn das wieder in der üblichen Religionsgrundsatzdiskussion ausartet …”

Bitte NICHT!
Es soll hier nicht um Sinnhaftigkeit oder Unsinn von Religion und/oder Atheismus gehen, sondern um die Frage weltanschaulicher (In)toleranz. (Schwerpunkt ist in diesem Fall die atheistische Intoleranz, weil das Thema noch selten behandelt wurde.)

Religions- oder Atheismus-Kritik bitte anderswo!!! Übrigens kann man auch als Anhänger einer Religion, des Athemismus oder des Agnostizismus so sachlich und respektvoll schreiben - wenn man es will - , dass man polemische weltanschauliche Auseinandersetzungen erst gar nicht befördert.

Ich will mal nur auf einen Aspekt eingehen, nämlich die Sache mit dem Respekt.

Ich zum Beispiel respektiere keine einzige Religion und nur die wenigsten sonstigen Weltanschauungen. Ich verachte sie sogar. Die Gründe dafür sind meine und bleiben in diesem Thread auch die meinen.

Allerdings toleriere ich Religionen und andere Weltanschauungen in meinem Umfeld, solange sie mich nicht aktiv beeinflussen wollen (auf welche Art auch immer). Mit einigen setze ich mich sogar gerne auseinander, um vielleicht noch etwas zu lernen.

Respekt ist für eine funktionierende Gesellschaft auch überhaupt nicht nötig, meiner Meinung nach sogar schädlich. Was ich respektiere, ist schließlich meine eigene Entscheidung, die darauf basiert, was ich eines Respekts für würdig erachte, und nicht die Entscheidung irgendeiner Moralaufsicht, die mir derartiges diktiert und mir somit meinen freien Willen im Sinne der Meinungsfreiheit wegnimmt.

Toleranz dagegen ist absolut nötig, zumindest für Dinge, die sich innerhalb gewisser Grenzen befinden. Ich toleriere Religionen oder religiöse Weltanschauungen, soweit sie nicht ins Absurde abdriften oder nach unseren Gesetzen menschenfeindlich sind.

Kriminalisierung jeder öffentlichen Religionsausübung eintraten.

Kannst du mal so im Sprachsinne andeuten, was da geschrieben wurde, weil ich kann mir da so nichts vorstellen.
Du hast die Menschenrechte erwähnt, zudem ja auch die Religionsfreiheit gehört.
Weißt du, ich hab mir da mal meine Gedanken zu gemacht.
Jedem stehen diese Rechte seit seiner Geburt zu. Und nun meiner Frage:
Ist die Taufe nicht eigentlich verfassungswidrig, weil es die Reliongsfreiheit des Säuglings (da wird ja meistens getauft) beschneidet, da dieser sich seine Religion nicht frei aussuchen konnte, sondern aufgezwungen (da keine Gegenwehr) bekommen hat?

Also wenn du wirklich eine „religöse Intoleranz“ feststellst, dann bleibt dir wohl nicht mehr, als dich lautstark dagegen zu wehren.

Lg
Otto

Sehe ich ähnlich wie Mandelbrotbaum. Religiöse Menschen und Religionen können tuen und lassen was sie wollen, solange es nicht die persönliche Freiheit des Menschen verletzt bzw. mit penetranten Druck Missionierungen betreiben (die berüchtigten Hausierer von den Zeugen Jehovas zum Beispiel).

Aber wenn sich eine Religion hinstellt und sagt “Homosexualität ist widernatürlich” (als beispiel), und außerhalb oder innerhalb ihrer Glaubensgemeinschaft mit Gewalt irgendeiner Art gegen Freiheitsrechte vorgeht, hört die Religionsfreiheit auf, so wie jede Freiheit aufhört, wenn sie die der anderen berührt.

Ich glaube, es herrscht wohl weitestgehende Einigkeit darüber, dass Intoleranz in jedweiger Form abzulehnen und schändlich ist. Auch glaube ich nicht, dass es sinnvoll ist, zu differenzieren, ob sie nun gegen die Sexualität eines Menschen, seine Herkunft, seine Optik, sein Alter oder seine Religion bzw. ob er eine Religion hat oder nicht, gerichtet ist.
Insofern stimme ich dir zu, dass z.B. ein Hindu, der intolerant gegenüber nicht-Hindus ist, genauso schändlich ist wie ein Atheist, der intolerant gegenüber nicht-Atheisten, sprich religiösen Menschen, ist.

Ein „vollwertiger“ Christ und vollwertiges Gemeindemitglied wird man mit der Konfirmation/Firmung. Und von einem 14-Jährigen sollte man erwarten, dass er entscheiden kann, ob er dann nun Christ sein möchte oder nicht. :wink:

Ich finde es sehr gut von dir Enio, dass du dieses Thema einmal ansprichst. Ich kenne auch Fälle, in denen Kirchenfenster eingeworfen werden und sogar ein Gemeindemitglied aufgrund seines christlichen Glaubens zusammengeschlagen wurde. Das sind aber Gott sei Dank Einzelfälle.

Jedoch gibt es - offenbar zunehmend - nun auch einige atheitsische Fanatiker, denen die Idee der weltanschaulichen Freiheit und Toleranz genau so verhasst ist wie bornierten religiösen Eiferern.

Da muss ich dir leider Recht geben. Ich habe auch das Gefühl, dass der Ton (im harmlosesten Fall) gegenüber Gläubigen immer rauer wird. Auch hier im Forum gibt es Beispiele dafür. Das trifft nur auf ganz wenige Personen zu. Aber es gibt sie.

Ich befürchte ja, dass durch die Radikalisierung einiger atheistischer Kreise auch die Radikalisierung einiger religiöser Kreise zunehmen könnte. Und dies führt dann wiederrum zu einer noch stärkeren Radikalisierung der Atheisten usw. Das finde ich sehr schade. Denn ein Miteinander, von mir aus auch Nebeneinander, wäre mir und den Meisten wohl weitaus lieber.

Ich glaube in (etwas fernerer) Zukunft wird die Auseinandersetzung beispielsweise zwischen Christentum und Islam oder Monotheismus und Polytheismus gar kein großes Thema mehr sein. An diese Stelle tritt dann eine Auseinandersetzung zwischen Theismus und Atheismus. Und es gibt auf beiden Seiten genug Menschen, die da gerne Brandstifter spielen möchten. Auch heute schon.

@ Enio - 04.06.2012 22:20:

Absolute Zustimmung.

Art. 6 Abs. 2 GG:
„Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.“

Dies ist zunächst einmal die Grundlage. Die Eltern haben das Grundrecht auf „Pflege und Erziehung“ ihrer Kinder, allgemein als „Elterliche Sorge“ bezeichnet.
Ein Teil davon ist die sogenannte „Personensorge“. Laut dem Gesetz über die religiöse Kindererziehung (RelKErzG) ist die religiöse Erziehung ein Recht der Eltern und gehört zur „Personensorge“.

Die Religionsmündigkeit erhalten Kinder laut §5 RelKErzG erst mit Vollendung des 14. Lebensjahres:
„Nach der Vollendung des vierzehnten Lebensjahrs steht dem Kind die Entscheidung darüber zu, zu welchem religiösen Bekenntnis es sich halten will. Hat das Kind das zwölfte Lebensjahr vollendet, so kann es nicht gegen seinen Willen in einem anderen Bekenntnis als bisher erzogen werden.“

Zu den an mich gerichteten Fragen:

  1. Welche Formulierungen gibt es konkret für die anti-religiöse Intoleranz?

Zitat Otto Welz

Kannst du mal so im Sprachsinne andeuten, was da geschrieben wurde, weil ich kann mir da so nichts vorstellen.

„Ich wünschte, man würde die Religionsfreiheit ersatzlos aus den Menschenrechten streichen. Dann müsste man in seiner Kritik die Dummheit der Masse nicht trotzdem respektieren. Denn es gibt keinen Grund, warum christliche Wahnvorstellungen in Ordnung sein sollten, während esoterische Kristallheilkräfte verpönt sind. So wie es keinen Grund gibt, warum man Milliarden Menschen nicht aufklären sollte, die derzeit noch an den Weihnachtsmann glauben.“

viewtopic.php?f=8&t=11261&start=15

Das ist das jüngste von drei Beispielen. In den beiden anderen (von je einer anderen Person) sollte nur jede öffentliche Religionsauübung (wie Besuch der Messe) kriminalisiert und polizeilich verfolgt werden.

  1. Respekt vs. Toleranz

Was man respektieren sollte, wäre erst einmal der Mitmensch. Wenn zu dessen selbstgewählter religiöser Identität aber eine bestimmte Auffassung gehört, dann kann man dieser Tatsache auch mit Respekt begegnen. Beispielsweise war ich vor einiger Zeit auf einem jüdischen Freidhof, und dort wird erwartet, dass Männer ihr Haupt bedecken. Ich persönlich sehe darin subjektiv wenig Sinn, aber aus Respekt vor den Gefühlen und Traditionen dieser Menschen habe ich eben mein Haupt bedeckt.
Was ich sagen will: Es gibt viele religiöse oder andere Gefühle oder Auffassungen, die man vielleicht nicht sinnvoll finden mag, die aber auch nicht schädlich sind. Mit gutem Willen und Respekt vor denjenigen, die daran festhalten, kann man so etwas auch respektieren. Wohlgemerkt: WENN man diesen guten Willen hat…man kann sich natürlich auch auf den Standpunkt stellen, das verächlich zu machen, was man selbst als unsinnig empfindet.

  1. Absurdität

Zitat Mandelbrotbaum:

Ich toleriere Religionen oder religiöse Weltanschauungen, soweit sie nicht ins Absurde abdriften oder nach unseren Gesetzen menschenfeindlich sind.

Man mag manche oder alle religiösen Vorstellungen als absurd empfinden. Aber veremintliche oder tatsächliche Absurdität ist kein Verbrechen und sollte nicht durch Staatsanwälte angeklagt werden. Etwas anderes wäre beispielsweise ein Aufruf zur Gewalt. Wenn mein nachbar etwas glaubt, was ich absurd finde, mag ich das bedauern, aber ich will nicht, dass er allein deswegen in den knast wandert.

  1. Religiöse Werbung

Grundsätuzlich sollte jeder für seine weltanschauliche Auffassung werben dürfen (ob Theismus, Atheismus oder Agnostizismus). Allerdings sollte das nicht aufdringlich oder aggressiv sein.

  1. Intolerantes Denken auf religiöser Seite

Wenn eine Religion meint, beispielsweise Homosexualität negativ sehen zu müssen, dann finde ich das sehr bedauerlich; aber hier ist der richtige Weg, zu argumentieren und auf den gesellschaftlichen Wandel zu vertrauen. Man kann niemandem ein tolerantes Denken mithilfe von Intoleranz aufzwingen.
Andererseits ist natürlich die Frage, ob Staat und Gesellschaft religiöse Gemeinschaften aktiv finanziell fördern und priveligieren sollen, die nicht ihrem Wertekonsens entspricht. (Gerade bei der Homosexualität gibt allerdings der Staat seinerseits ein asehr unerfreuliches Bild ab. Lange hat er Homosexuaelle kriminlaisiert, bis in die 90er Jahre aktiv diskriminiert (durften keine Offiziere werden) und sich bis heute nicht entschuldigt.)

  1. Kindertaufe als Eingriff in die Religionsfreiheit

Ja, aber m.E. zu geringfügig, um sie zu verbieten. Denn das Recht der betreffenden Person, ihre Religion selbst zu wählen, wird dadurch ja nicht wirklich beeinträchtigt. Später kann der Betreffende aus seiner religilsen Gemeinschaft jederzeit austreten. Es ist ja auch das Recht der Eltern auf Erziehung zu berücksichtigen, wie „Man with No Name“ schon ausgeführt hat.

@ Danzig: Religion ist eine sehr komplexe, sehr vielschichtige Wirklichkeit mit vielen Formen, Antrieben und Folgen. Nach meinem Empfinden gibt es inzwischen atheistische Strömungen, die dieser Komplexität nicht gerecht werden, sondern ein sehr eindimensionales und negatives Verständnis von Religion aufweisen. Es gibt allerdings auch (religionswissenschaftl. und philosopisch gebildete) Atheisten, die sehr viel differenzierter urteilen. Das entspricht ja auch ziemlich genau der Lage unter Gläubigen, wo ebenfalls bei einigen Menschen ein sehr einfach strukturiertes, bei anderen ein weit komplexeres Denken herrscht.
Das Thema wäre eigentlich sehr interessant, aber wenn wir das hier weiterverfolgen, kommen wir sehr schnell ins OT. Wenn Interesse an einer sachlichen und zivilisierten Diskussion unter vernünftigen Menschen besteht, die ihre untetrschiedlichen Auffassungen respektieren können und wollen, dann die Diskussion bitte in einem anderen Thread fortsetzen. Und warum sollte man auch dann respektvoll schreiben, wenn man die Meinung des anderen aburd findet? Allein schon deshalb, damit die Diskussion nicht in Polemik abgleitet.

Ja, aber m.E. zu geringfügig, um sie zu verbieten. Denn das Recht der betreffenden Person, ihre Religion selbst zu wählen, wird dadurch ja nicht wirklich beeinträchtigt. Später kann der Betreffende aus seiner religilsen Gemeinschaft jederzeit austreten. Es ist ja auch das Recht der Eltern auf Erziehung zu berücksichtigen, wie „Man with No Name“ schon ausgeführt hat.

Ja wenn man bereit ist dafür Geld zu zahlen und sich durch den Bürokratiedschungel zu kämpfen…

Ein „vollwertiger“ Christ und vollwertiges Gemeindemitglied wird man mit der Konfirmation/Firmung. Und von einem 14-Jährigen sollte man erwarten, dass er entscheiden kann, ob er dann nun Christ sein möchte oder nicht.

Ich hatte weder das eine noch das andere und dennoch musste ich Kirchensteuer abdrücken und mich durch die Bürokratie der Abmeldung durchschlängeln, dies sollte aber ganz anders sein, Kirchensteuer sollte nicht erhoben werden, die Religionsgemeinschaften sollten ihre Mitgliederliste autonom führen, eine Abmeldung aus diesen Gemeinschaften soll ganz unbürokratisch ablaufen, zB durch eine mündliche Abmeldung…
Ich habe nichts gegen Religionsfreiheit aber ich verlange eine absolute Trennung von Kirche und Staat…

Es gibt zwei grundverschiedene Arten von Atheisten.
Die einen sind die geborenen Atheisten. Aufgewachsen in einem Elternhaus ohne Konfession, die nie in Kontakt zu einer Kirche gekommen sind und mit Religionen nichts am Hut haben. Die die Kirche hassen, weil es da drin kalt ist und weil in der BILD manchmal was über pädophile Priester steht.
Und es gibt die konvertierten Atheisten, die in einem gläubigen Elternhaus groß geworden sind und die volle Hirnwäsche erfahren haben, die dann aber aus eigenem Antrieb und durch ständiges Nachdenken und Hinterfragen der Religion oder gar dem Glauben abschwören. Diese haben sich jahrelang mit ihrem Glauben beschäftigt und daher einen triftigen Grund für ihre Sichtweise.

Ich zähle mich selbst zur zweiten Kategorie. Und in den Jahren der Auseinandersetzung ist die Toleranz in mir echt flöten gegangen. Ich kann es mir nicht ansehen, wie nächste Verwandte Woche für Woche ein Wesen lobpreisen, das schlichtweg nicht existiert und so es doch existierte, es keinen Unterschied machte. Dass diese Leute sich Hoffnungen machen, die falsche Hoffnungen sind und dass sie kein Gehör haben für die Stimme der Vernunft. Dass ein steinaltes Buch voller brutaler Gewalt und Widersprüche die unanfechtbare Wahrheit verkünden soll. Und das in einem Informationszeitalter. Mit noch immer so einer großen Anhängerschaft. Das ist absolut widersinnig für alle Menschen wie mich. Aber was soll man tun? Ich habe jahrelang selbst diskutiert, fast gepredigt, doch es ist alles vergebene Liebesmühe. Die Menschen wollen an etwas glauben und sei es noch so sinnlos. Es macht sich daher in Atheisten, denen etwas am globalen Erkenntnisgewinn liegt, ein Gefühl der Hilflosigkeit breit. Was läge also näher als ein Verbot dieser rückständigen Religionen? Zwar zum Preis einer “freien Gesellschaft”, was auch immer das sein soll, aber zum Gewinn einer andersartig freien Gesellschaft. Und zwar ein Verbot ohne Strafe der Missachtung. Ein Verbot zur gewaltfreien sozialen Ausgrenzung der Religiösen. Weil es hier und heute keinen Grund mehr gibt, religiöse Hirnwäsche weiter zu unterstützen. Die Menschen sollen philosophisch debattieren und ihre Nächstenliebe in Ersatzgemeinden wie Chören und Sportvereinen weitergeben. Kurz gesagt würde ich gern die Naivität der Menschen aus ihren Köpfen verbannen. Was ja erst mal ein ehrenwertes Ziel ist. Über den Weg dorthin lässt sich streiten. Aber langfristig gesehen bietet es sicher einige gesellschaftliche Vorteile.

Religionen verbieten? Also mal eben so über Jahrunderte gewachsene Traditionen und Sozialgefüge kaputtschlagen? Und das soll funktionieren :-o

haha

Und selbstverständlich muss die Religionsfreiheit auch als Teil einer umfassenderen Freiheit in weltanschaulichen Dingen verstanden werden: Atheisten und Agnostiker haben genau so ein Recht, ihre Auffassung zu vertreten, sich öffentlich zu äußern und sich zu organisieren wie die Anhänger einer Religion. Auch das ist selbstverständlich.

Agnostiker halten sich allerdings meistens sehr zurück. Wieso schmeißt du Atheisten und Agnostiker in einen Topf? Als geborene Atheistin bin ich im Laufe der Jahre wohl zu einer Agnostikerin geworden. Mir erscheinen viele Dinge seltsam, aber ich weiß nicht, ob das etwas mit Gott / Katholizismus zu tun hat, oder aber mit meinem Empfinden in Sachen Menschwerdung und Abspaltung bestimmter Energien, die oft unheimlich sind, aber ich trotzdem nicht Gott dafür „verantwortlich“ mache. Agnostiker organisieren sich auch nicht, soweit ich weiß. Die sinnieren nur im ‚dunklen Kämmerlein‘ und nehmen sich das Recht raus, aus jeder Religion etwas mitzunehmen und dies zu hinterfragen. Manchmal ‚hilft‘ es, manchmal werden Dinge verworfen. Es gibt da halt keine Festlegung und das ist das Interessante. Man muss nicht missionieren oder missioniert werden und /oder auf das Recht seiner Religion pochen. Warum auch?
Ich kann über alles nachdenken, aber mir zwingt niemand etwas auf und ich vermeide Fanatismus. Mache mir meine eigenen Gedanken und lebe sehr gut damit.
Sämtliche religiöse, teils fundamentalistische ‚Organisationen‘ alias Religionen lehne ich per se ab. Ich möchte keiner Kirche angehören. Weder einer freikirchlichen noch sonsteiner.
Ebenso würde ich niemals einer Partei beitreten, obwohl es der Thematik ähnelt, aber das ist ja gerade nicht das Thema hier.

Es gibt auch agnostische Theisten, das wisst ihr schon, oder?

Heute ist Atheismus offenbar Mainstream, auch wenn sich viele noch als Club elitärer Bildungsbürger sehen, der der Geißel des bösen, religiösen Glaubens (samt ihrer verachtenswerten Werte wie Nächstenliebe) entronnen ist. ‘Ich scheiße doch auf die Bibel, wo wir doch in unserem tollen Informationszeitalter wikipedia haben.’ :roll:

Vielleicht entspringt dieser militante Atheismus ja einer traumatischen Erfahrung mit der Religion. Das wäre aber noch lange kein Grund, sich als in irgendeiner Form überlegen zu fühlen. Genau dieses Gefühl habe ich nämlich: viele Atheisten glauben, die ultimative Wahrheit zu kennen und in der Folge sämtliche Gläubige als minderbemittelt, fremdbestimmt oder brainwashed zu diskreditieren. Unverständlich, wie man selbst gegenüber passiven Gläubigen nicht tolerant auftreten kann. Man meint, es gäbe mittlerweile mehr fundamentalistische Atheisten, als fundamentalistische Gläubige…

Ich bin selber Katholik und habe nie in irgendeiner Weise Hirnwäsche erfahren. Heute bin ich zwar tendenziell eher Atheist (oder eher Agnostiker oder sogar Pantheist), halte aber die wunderbaren Traditionen (Weihnachten, Ostern) und einige Werte, die in Teilen durch die Bibel vermittelt werden (Bergpredigt), in Ehren und genieße die sakrale Atmosphäre in den Kirchen einer jeden noch so fremden Stadt auf dieser Welt.

Merkwürdig, mir ist noch niemals einer dieser militanten Atheisten begegnet, weder im Internet noch im RL.

Religionen verbieten? Also mal eben so über Jahrunderte gewachsene Traditionen und Sozialgefüge kaputtschlagen? Und das soll funktionieren

(Achtung: Der folgende Text könnte eine Spur Ironie enthalten)
Nicht zu vergessen, man müsste noch all die Kirchen und anderen Gotteshäuser einreißen. Architektonische Zeugnisse aus tausenden Jahren Menschheitsgeschichte? Egal!
Auch die ganzen Kunstwerke müssen vernichtet werden: Altäre, Statuen, Fresken, Malereien, Gemälde mit religiösem Thema. Wen interessierts?
Ach ja und dann aber bitte auch Weihnachten und Konsorten abschaffen, ebenso alle anderen Ferien und Feiertage religiösen Ursprungs. Braucht eh keiner!
Dann noch die Frage was man mit den ganzen Prieseterinnen und Priestern macht… Die könnten den dummen religiösen Pöbel ja gegen das Verbot aufwiegeln…
(Ironie aus)

@ Lee - 06.04.2012 21:37:

Also wirklich! Was geht eigentlich in manchen Menschen vor?
Merkst du nicht wo das hinführen würde? :smt011

  1. Respekt vs. Toleranz

Was man respektieren sollte, wäre erst einmal der Mitmensch. Wenn zu dessen selbstgewählter religiöser Identität aber eine bestimmte Auffassung gehört, dann kann man dieser Tatsache auch mit Respekt begegnen. Beispielsweise war ich vor einiger Zeit auf einem jüdischen Freidhof, und dort wird erwartet, dass Männer ihr Haupt bedecken. Ich persönlich sehe darin subjektiv wenig Sinn, aber aus Respekt vor den Gefühlen und Traditionen dieser Menschen habe ich eben mein Haupt bedeckt.

Für mich ist auch dieses Beispiel kein notwendiges Zeichen von Respekt. Um im Beispiel zu bleiben, auf so einem Friedhof dringt man in ein anderes Regelwerk ein (abstrakt gesprochen) und im Sinne von Stabilität und Ordnung sollte man sich entsprechend anpassen. Respekt ist mehr eine innere Einstellung und kann bei vernünftiger Anwendung von Toleranz von außen kaum von dieser unterschieden werden.
Ich weiß auch nicht, warum ich „den“ Mitmenschen respektieren sollte. Mag ja sein, dass du dieser Überzeugung bist, ich bin es nicht. Die meisten Mitmenschen (allgemein Menschen) sind verblödete Idioten, für die ich niemals auch nur einen Funken Respekt aufbringen könnte. Aber ich störe mich nicht an ihrer Gegenwart und toleriere sie.

Die meisten Mitmenschen (allgemein Menschen) sind verblödete Idioten, für die ich niemals auch nur einen Funken Respekt aufbringen könnte. Aber ich störe mich nicht an ihrer Gegenwart und toleriere sie.

Ein höchst bedauernswertes Menschenbild vertrittst du da. Mein Beileid.
Da ich vollkommen anderer Auffassung bin, respektiere ich sogar ein solches.