Bei Begriffen wie “religiöse Intoleranz”, “Verfolgung Andersdenkender” oder Unterdrückung der freien Ausübung von Religion und Weltanschauung denkt man wahrscheinlich an vermutlich an das Mittelalter und diktatorische Regime wie die VR China oder Nord-Korea. Oder an religiöse Eiferer und fundamentalistische Strukturen, wie sie früher auch im christlichen Europa bestanden, heutzutage aber am ehesten mit einigen Strömungen und Regimen im Islam in einen Zusammenhang gebracht werden.
Jedoch gibt es - offenbar zunehmend - nun auch einige atheitsische Fanatiker, denen die Idee der weltanschaulichen Freiheit und Toleranz genau so verhasst ist wie bornierten religiösen Eiferern. Allein in diesem Forum habe ich es drei mal erlebt, dass atheistische Mitglieder offen für eine Kriminalisierung jeder öffentlichen Religionsausübung eintraten.
Der Hinweis auf die Erklärung der Menschenrechte, oder darauf, dass die religiöse Toleranz ein zentrales Gut der Aufklärung ist, hilft da nicht weiter; Gesetze und Erklärungen können geändert werden. In einer PN berief sich einer der Gegner der Toleranz auch ausdrücklich affirmativ auf die VR China, was noch einmal illustrieren dürfte, dass für solche Menschen selbst die fundamentalsten rechtssaatlichen und demokratischen Prinzipien obsolet sind.
Natürlich muss es Begrenzungen des wichtigen Rechts auf freie Meinungsäußerung geben: Wo zu Gewalt und Hass aufgerufen wird, wo Menschen verleumdet und beleidigt werden, wo Volksverhetzung stattfindet, oder in ähnlichen Fällen muss die Toleranz-Grenzen finden.
Wenn jemand allerdings freidlich und ohne anderen etwas aufzuzwingen Meinung sagt oder seine Religion praktiziert, dann ist das in einer zivilisierten Gesellschaft kein Verbrechen, sondern seine persönliche Sache. Zur Demokratie gehört auch, dass man Lebensentwürfe und Weltanschauungen duldet, die man nicht teilt und vielleicht sogar unsinnig findet.
Und selbstverständlich muss die Religionsfreiheit auch als Teil einer umfassenderen Freiheit in weltanschaulichen Dingen verstanden werden: Atheisten und Agnostiker haben genau so ein Recht, ihre Auffassung zu vertreten, sich öffentlich zu äußern und sich zu organisieren wie die Anhänger einer Religion. Auch das ist selbstverständlich.
Eine Religionsverfolgung im Namen des Atheismus genau so intolerant ist wie eine im Namen einer bestimmten Konfession. Es kann dem Protestanten oder Buddhisten, der völlig friedlich seine Religion ausübt, völlig egal sein, ob er dafür von Salafisten, Katholiken oder Atheisten mit der Polizei bedroht und ins Gefängnis gesteckt wird.
Eine atheitische Intoleranz stellt genau so eine Bedrohung der allgemeinen Religionsfreiheit dar wie eine solche durch die Anhänger eine fundamentalistischen religiösen Strömung. Der einzige Unterschied ist der, dass in dem einen Fall alle, im anderen Fall nur fast alle Religionen aus weltanschaulichen Gründen verfolgt und unterdrückt werden.
Intolerante Atheisten sind daher genau so totalitär wie religiöse Fanatiker, genau so menschenverachtend und genau so intolerant; und ihr Denken steht genau so in der Feindachaft zur europäischen Aufklärung und Freiheitlichkeit wie das muslimischer Fundamentalisten. Sie sind nicht einmal ein Jota besser.
Wer glaubt, dass man andere Denk- und Lebensweisen als seine eigenen, natürlich “einzig wahren”, nicht respektieren sollte, sondern mithilfe der Staatsgewalt, Justiz und Polizei unterdrücken und verfolgen muss, der ist kein Demokrat, sondern ein Faschist.