Wo stillt man denn eigentlich bis 7 Jahre?
…und was sind denn die vielen Länder? Konkret wird ja das Kind nie beim Namen genannt
Naja, kannste dir ja denken. Bei den Ländern mit den höchsten Stilljahren handelt es sich zumeist um die Entwicklungsländer. In diesen Ländern ist Babynahrung meistens gar nicht bekannt. Es hat vor vielen Jahren mal einen ziemlichen Skandal gegeben: die (scheiß) Firma Nestlé hat in Südamerika sehr aggressiv für ihre Babybreie geworben und diese Pülverchen kostenlos an die Entbindungsstationen der Krankenhäuser verteilt und den frischgebackenen Müttern wurde der hahnebüchende Unsinn erzählt, dass diese Breie viel besser seien als ihre eigene Muttermilch. Das Problem war zweierlei: die Mütter verloren ihre Milch und konnten ihre Babys also nicht mehr stillen und waren nun abhängig von künstlicher Nahrung, und zweitens fanden diese Mütter zumeist zu Hause nicht die hygienischen Verhältnisse vor, wie sie im Krankenhaus gegeben waren, und das führte zu einer signifigant erhöhten Babysterblichkeit in Südamerika in den ersten paar Lebensmonaten - dank Nestlé. (und das ist nur EINS von vielen Bespielen, weshalb man die Produkte dieses absolut fiesen Unternehmens boykottieren sollte…) Heute jedenfalls gibt es in Südamerika wieder Kampagnen, die das Stillen fördern sollen. Diese ganzen Babynahrungsmittelhersteller (Milupa, Hipp, Nestlé) haben diesbezüglich sehr viel Unheil angerichtet und es ist schwer bis fast nicht möglich, das wieder rückgängig zu machen.
[…]ich wäre mir als kleiner Junge doch sehr merkwürdig vorgekommen, wenn ich bei meiner Einschulung noch an Mamas Busen nuckeln dürfte.
Ja, mir vielleicht auch. Aber doch nur, weil es HIER eben nicht mehr normal ist. HIER werden Babys in der Regel noch vor dem 6sten Monat abgestillt und in der Krippe geparkt, und Mama geht wieder arbeiten. DAS ist HIER normal („normal“ im Sinne von, „was die meisten tun und was eine allgemeine Akzeptanz hat“). Und normal ist es auch, Babys einen Schnuller in den Mund zu stopfen (obwohl sie entweder Hunger haben oder nah bei der Mama sein wollen), genauso wie es hier normal ist, Babys schreiend im Kinderwagen durch die Gegend zu schieben statt sie am Körper zu tragen… Wir tun sehr viele Dinge mit Babys, die eigentlich absurd sind, die wir aber (mittlerweile) als normal ansehen. Ich finde, man kann (und muss) manche Dinge auch einfach mal selber durchdenken und nicht immer tun, was sich 95% gegenseitig abkucken (wovon es weder richtiger noch besser wird).
Und im Beitrag wird die Grenze ja auch total willkürlich gezogen von der einen interviewten Mutter: „Jetzt ist er 8, das reicht dann langsam.“
(Ich habe den genauen O-Ton leider nicht mehr im Kopf)
Wieso wird bei 7 oder 8 die Grenze gezogen? Warum nicht stillen bis 9 oder 10?
Also, ich persönlich finde 8 auch ziemlich lang. Wobei man sich das nicht so vorstellen muss, dass diese Kinder noch voll gestillt werden. In der Regel werden ältere Kinder nachts zum Einschlafen gestillt sowie beispielsweise, wenn sie Trost suchen (sich zB weh getan oder schlecht geträumt haben). Natürlich essen diese Kinder auch schon wie die Erwachsenen am Tisch. Aber Stillen ist ja nicht nur Ernährung, sondern fördert auch die Bindung zwischen Mutter und Kind, spendet Trost, beruhigt, etc.
Grundsätzlich geht es nicht darum, „eine Grenze zu ziehen“, es geht in erster Linie darum, überhaupt eine Akzeptanz für das Langzeitstillen herzustellen. Die gibt es nicht mehr. Wie lange eine Mutter dann stillen will, ist ihre Sache, und viele Babys stillen sich ohnehin selbst ab, manche früher, manche später.
Der WDR-Bericht ist von den Aussagen der Mütter her eigentlich OK, nur die Kommentare sind ätzend reißerisch und machen aus den Müttern irgendwelche durchgeknallten Still-Fanatiker, die nicht ganz dicht sind. Damit schlägt dieser Bericht voll in die Kerbe dessen, was sowieso allgemeiner Konsenz ist, was sehr schade ist und dem Thema folglich keinen Dienst erwiesen hat. Stillen ist - abgesehen vom medizinischen Nutzen - für beide Seiten (Mutter wie Kind) eine großartige Erfahrung, die durch nichts anderes zu ersetzen ist.