Zunächst einmal muss ich sagen, dass ich Herrn Sonnenburg nicht kenne und dementsprechend keine Ahnung von seinen Sendungen habe, das wird gerade aber nachgeholt.
Ich selbst arbeite ebenfalls im sozialen Bereich, allerdings nicht als Streetworker, sondern als pädagogischer Mitarbeiter in einer Wohngruppe für Jugendliche. Den ersten Sätzen des Herrn Sonnenburgs würde ich tatsächlich zustimmen, denn er hat recht, wenn er sagt, dass die Arbeit im Streetwork-Bereich anders aufgebaut und organisiert ist, als in anderen Bereichen (Davon mal abgesehen, dass es nicht nur den Streetwork-Bereich und dann den großen Rest an Arbeitsfeldern im sozialen Bereich gibt. ). Bei uns ist es so, dass wir mit den Jugendlichen in einer Art Gemeinschaft leben und es dort kaum Änderungen gibt, weder im personellen noch im Bereich der Klienten, da eine solche Konstante eben die besten Vorraussetzungen schafft. Geht die „alte Generation“ Jugendlicher dann irgendwann aus der Wohngruppe, kommt eine neue. Diese Konstante hat man, wie Sonnenburg richtig sagt, im Bereich des Streetwork nicht. Hier hat man eben nicht die Gewissheit ob man bestimmte Jugendliche (gibt ja auch noch andere Menschen, die auf der Straße leben) an bestimmten Tagen erreichen kann und muss sich dementsprechend darauf einstellen. Seiner Aussage, dass er es dramatisch findet, dass es solche Zustände in Deutschland gibt, kann ich ebenfalls unterschreiben.
Die Sache mit der von ihm erwähnten Jenny sehe ich kritisch. Davon mal abgesehen, dass es sehr respektlos ist, in einem solchen Ton zu reden, stellt er sich hier nicht einmal die Frage, ob er nicht vielleicht auch etwas falsch gemacht hat. Soziale Arbeit ist ja eine Dienstleistung, wenn meine Kunden (in diesem Fall Klienten) meine Hilfe nicht annehmen, muss ich mich immer fragen weshalb das nicht passiert. Nur weil der eine 14-jährige Depressive, der von seinem Vater immer wieder geschlagen wird, auf eine bestimmte Therapie oder Hilfemaßnahme anspricht, heißt das noch lange nicht, dass diese bei einem anderen 14-jährigen Depressiven, der von seinem Vater geschlagen wird, nicht das genaue Gegenteil auslösen. Als Sozialarbeiter/-pädagoge musst du nicht nur deinen Werkzeugkoffer (passende Therapien, Interventionen, Gesprächsformen, etc.) im Kopf haben, sondern immer auch den Klienten und dessen Persönlichkeit mit einbeziehen. Trotzdem muss man sich bewusst sein, dass man auch als Sozialarbeiter/-pädagoge NICHT allen Menschen helfen können wird. Das ist eben die Tragik unseres Berufsfeldes.
Seine Sätze über Mobbing sehe ich dann wieder als richtig an. Ja Mobbing geht uns alle etwas an. Grundsätzlich, ich muss noch einmal das grundsätzlich betonen, finde ich die Idee, dass man das Mobbing-Opfer und die Täter an einen Tisch zum gemeinsamen Gespräch holt, nicht verkehrt. Wie er dabei richtig sagt, ist es aber auch wichtig den Tätern gegenüber emphatisch aufzutreten und einen Täter-Opfer Ausgleich anzustreben. Wo liegen die Gründe für das Mobben, hat es bei den Tätern in der Vergangenheit vielleicht ähnliche Erfahrungen gegeben, etc.? Man muss den Tätern nicht bewusst machen, dass Mobbing eigentlich scheiße ist, das weiß sogar der letzte Vollhorst. Bei den Tätern muss ein Einfühlungsvermögen in die Opfer geschehen oder vielleicht einfach nur die Idee, dass ich etwas, was mir angetan wurde, nicht dadurch wieder gut machen kann, wenn ich es anderen zufüge. Ich sehe hier, ehrlich gesagt, auch keine Verherrlichung seiner Sendung. Er gibt selbst zu, dass er nicht wusste ob das Konzept funktionieren wird oder nicht (Auch das ist in der Sozialen Arbeit wichtig; Dass man einfach mal bekannte Pfade verlässt und sich etwas „Neues“ [So neu ist diese Idee ja nun eigentlich auch nicht.] traut.). Natürlich IMMER in enger Kooperation mit dem Klienten. Hat der so überhaupt kein Bock auf ein Gespräch, muss man das gar nicht erst versuchen.
Von dem pädagogischen Sinn der Sendungen mal abgesehen, finde ich es jedoch äußerst kritisch seine Klienten so in die Öffentlichkeit zu zerren. Ich würde keinem meiner Jugendlichen dazu raten an einer solchen Sendung teilzunehmen. Irgendwann ist es aber soweit, dass man ihnen das nicht mehr ausreden kann und wie ich dann reagieren würde, ich weiß es noch nicht. Mir ist es aber wichtig meine Klienten zu beschützen, und wenn es notfalls vor der eigenen Dummheit ist.
Mal zu dem anderen Thema. „Blogger“, wenn dann noch das Wort „Demokratiefeindlichkeit“ damit in Verbindung gebracht wird, bekomme ich direkt Falten im Gesicht. Er spricht davon, dass irgendwelche „Blogger“ nicht nur ihn, sondern auch seine Familie angegangen sind. Was dann falsch daran ist, sich davor zu schützen, weiß ich nun wirklich nicht. Selbst der größte Vollarsch hat in seinem Leben immer noch Rechte, von denen er auch Gebrauch machen darf. „Blogger“, die tatsächlich vielleicht nur kritisch über seine Sendung berichtet haben, sind dann höchstwahrscheinlich eher zufällig ins Visier geraten. Bedankt euch nicht beim Herrn Sonnenburg, sondern bei euren Kollegen, die mal wieder übers Ziel hinausgeschossen sind. „Blogger“ schreiben halt, was sie gerade denken, nur wäre es schön, wenn sie das Schreiben, wenn sie gerade mal nicht denken, dann unterlassen könnten.