@ampler: Nimm es bitte nicht persönlich, aber da geht mir der Hut hoch.
„Mal von der Intention ihrer Zukunftswahl noch abgesehen, die nichts mehr mit Berufung zu tun hat“
Da kann ich dir genug altgediente Lehrer nennen, bei denen die Motivation ein guter Lehrer zu werden/sein weit unter der der heutigen Studenten liegt. Im Gegenteil, ich erlebe immer wieder positiv, mit wie viel Idealismus viele an ihr Studium gehen, insbesondere an der Hauptschule - viele selbst ehemalige Hauptschüler oder mit Migrationshintergrund, die den Schülern als lebendes Beispiel demonstrieren wollen, dass die Zukunft nicht perspektivlos ist. Wobei ich nicht wissen möchte, wo die Motivation nach einigen Berufsjahren/Jahrzehnten hängt. Aber das kann man selbst nicht voraussehen, da die Praxisjahre doch ganz anders sind als Praktikas oder gar Schülersicht.
Ausnahmen bestätigen aber sicher die Regel, und dass viele vom Arbeitsamt regelrecht überredet werden, LA zu studieren, lässt auch tief blicken. Zumal gleichzeitig nicht mehr Lehrer eingestellt werden. Man tönt zwar, wie viele Abgänger einen Platz fanden, wohlweislich erwähnt man aber nicht, wie viele alte Lehrer gleichzeitig in den Ruhestand gingen.
Allerdings haben die meisten, die überredet wurden und die ich kenne, inzwischen auf Magister gewechselt…
„sondern nur zeigt, dass Lehrer in Deutschland doch zu viel verdienen.“
Sag das mal einem Referendar, der nach München an ne Seminarschule gekommen ist, der wird dir was husten
Wenn man mal verbeamtet ist, kann man natürlich wirklich alles andere als meckern!
Detail am Rande: Die Verträge, in denen Lehrer nur noch für die Monate Geld bekommen, in denen sie auch unterrichten, nehmen zu. Sprich: Während der Sommerferien arbeitslos. Soweit vielleicht noch ok, es wird dennoch erwartet, dass man auf Fortbildungen geht und den Unterricht für das nächste Schuljahr vorbereitet. Klar, wenn man schon 10 Jahre im Beruf ist hat man genug Materialien und schüttelt sich das einigermaßen aus der Hand, kein Problem.
Lustig wird es auch, wenn man fachfremd unterrichten muss. Ich erinnere mich an eine Lehrerin, die Deutsch/Geschichte studierte, und seit Jahren nur Sport und Technik unterrichten musste - mit 0 technischem Hintergrund, der Unterricht war dementsprechend, aber es waren einfach nicht genug Lehrer da.
Aber dann müsste man auch noch bei ganz anderen Berufsgruppen ansetzen, einige Ärzte, die nur noch Privatpatienten nehmen, beispielsweise… „Schließlich gibt es ja auch bei der Deutschen Bahn 1. und 2. Klasse“, nur so als Beispiel. Arschlöcher gibt es einfach überall, nur hat man mit kaum einer Berufsgruppe so lange und „intensiv“ Kontakt wie mit einem Lehrer.
„Gerade in solch sensiblen Themen, wie der Aufklärung entwickeln diese eine kindliche Naivität, dass es einen fast umhaut. Männlein wie Weiblein, die gerade einmal 2 bis 3 Jahre jünger sind als ich, legen Wissenslücken in Bereich der eigenen und andersgeschlechtlichen Anatomie an den Tag, da frag ich mich wie sie es überhaupt geschafft haben Sex zu haben.“
Es ist ein weit verbreitetes Phänomen, dass das Niveau abnimmt. Bestes Beispiel: Als ich in der Schule war, schrieben wir dialektische Erörterungen. Also A), B), Gliederung mit 1., 2., 3. und Unterpunkten bis hin zu Alpha, Beta und Gamma, zum Schluss C). Heute kann man froh sein, wenn man noch ein 1a und 1b bekommt, ständiges Gejammere das wäre zu kompliziert seitens der Schüler. Ergebnis: Erörterungsgliederungen 1., 2., 3. etc. Der Lehrer? Völlig frustriert, da sich der Großteil der Klasse selbst nach ewigem Durchkauen noch quergestellt und immer nur gejammert wird. Immer wieder Vorwürfe, diese Arbeit sei zu schwer, der Kollege mache alles viel leichter, etc. Und auch seitens der Unterrichtsbücher, immer mehr wird reduziert, immer mehr als zu schwer erachtet, weiter reduziert, immer mehr Bequemlichkeit.
Die Zeit ist knapp bemessen, der Lehrplan straff. Ich habe erlebt, dass in der 8. Klasse bereits mit dem Stoff der 9. angefangen werden muss, weil man den sonst unmöglich durchbekommt. Dann Ausfälle, Vertretungen, Fortbildungen, Exkursionen. Alles zweifelsohne wichtig, frisst aber weiter kostbare Stunden.
„Vor allen erwarte ich gerade von dieser Gruppe, die künftige Generationen unterrichtet, in solchen Themen (egal welcher Fachbereich, da ein Lehrer auch immer für allgemeine Fragen der Schüler offen sein muss) mehr Enthusiasmus sich selbst weiterzubilden (was nicht nur den Schülern, sondern auch dem eigenen Liebesleben helfen kann).“
Die meisten bilden sich weiter, nur kann man sich nicht in alle Richtungen weiterbilden. Sicher ist Sexualkunde ein sehr wirchtiger Bereich, zumal er uns alle betrifft, eine gewisse Grundkenntnis sollte bei JEDEM da sein, und da hapert es oft, das stimmt voll und ganz. Aber wer definiert letztendlich, ob nicht vielleicht doch noch etwas wichtiger ist? Ob man noch etwas anderes wissen MÜSSTE? Es gibt einfach keinen standartisierten Katalog von dem, was ein Mensch alles wissen muss. Und man kann niemanden zu Wissen zwingen, wenn ich hier einen Hardcorechristen habe, der sich unter der Dusche allenfalls mit Gummihandschuhen untenrum wäscht (oooh ja, erlebt!), kann ich ihn nicht dazu zwingen, sich damit zu beschäftigen, wo denn genau der G-Punkt liegt. Und schließlich kann man Schüler auch zu einem Kollegen verweisen, der mehr Ahnung davon hat.
„Und gerade in der Schule beginnt eben schon dieses Dilemma. Der Aufklärungsunterricht war schon zu meiner Zeit kompletter Müll.“
Meiner war klasse, wirklich! Sowohl der in der Grundschule, als auch der in der Oberstufe. Leider viel zu spät, im Prinzip wusste man das meiste schon, und die Jugend wird immer frühreifer. EIne Grundschullehrerin meinte mal zu mir, immer mehr Mädchen bekämen ihre Tage in der 3./4. Klasse.
Der Fairnesshalber: Die Parallelklasse hatte einen Lehrer, der 5 Anläufe brauchte, um das Wort „Penis“ auszusprechen und dabei knallrot wurde. Das darf ja wohl einfach nicht wahr sein.
„Erschreckend finde ich vor allem auch, wie mit der weiblichen Sexualität umgegangen wird, vor allen in den Medien. Jeder schreit nach Gleichberechtigung, doch sexuell befördern sich Frauen gerade wieder zurück, selbst das Mittelalter war da aufgeklärter. Und das Schlimmste ist, viele Frauen rennen diesen Boom fröhlich hinterher.“
Absolute Zustimmung. Ich sag nur in der frühen Neuzeit: „Probeliegen“. 8)
Aber viele Jugendliche können schlicht nicht mehr differenzieren, weil sie vom Elternhaus aus nicht mehr gesagt bekommen „das ist Fernsehen, das sind Schönheitsmagazine, schau dich um, es ist nicht die Wirklichkeit!“ oder „Wir haben dich auch lieb, wenn du nicht aussieht wie „Star“ XY.“ Oft genug machen die Eltern diesen Jugendwahn noch mit.
„Vor allem finde ich es unverantwortlich so eine Sendung in der jetzigen Zeit überhaupt zu erlauben. Für mich muss hier erstmal in der Schule angesetzt werden“
Das wird es doch.
„Einige werden sich jetzt denken, warum hackt der so auf der Schule rum. Ganz einfach, ich glaube nicht, dass ein großer Prozentsatz der Eltern das Aufklärungsproblem in den Griff bekommen, da jetzt auch langsam die Generationen kommen, die selbst ein verklärtes Bild ihrer Sexualität haben. Dazu kommt noch das viele Eltern doch froh sind, wenn sie dieses Thema nicht klären müssen, aber irgendjemand muss es tun.“
Und das ist genau der Punkt, der mich unglaublich stört. Nicht die Lehrer sind da, um den Schülern eine Grunderziehung mitzugeben. Lehrer sollen Schülern alles beibringen, sollen auf sie aufpassen, die Kinder betreuen. Nach dem Kultusministerium neuerdings im Ganztagesunterricht. In der Grundschule wissen viele Kinder nicht mal mehr, wie man sich die Hände richtig wäscht! Ich erlebe so viele Erziehungslücken, man KANN Lehrer nicht für ALLES verantwortlich machen. Das Elternhaus MUSS einen gewissen Rahmen vorgeben, man kann den Lehrern nicht alles abtreten. Und dieser Rahmen fehlt in vielen Elternhäusern mehr und mehr, wie man deutlich an Benehmen und Arbeitsmoral erkennen kann, auch schon weit vor der Pubertät. Und wenn die Eltern unfähig sind, Kinder aufzuklären, dann tun sie mir echt leid. Aber Lehrer sind nicht das Allheilmittel, um jedes Versagen der Eltern zu kompensieren. Was nicht schon alles gefordert wurde, was Lehrer bitteschön auch noch machen sollen. Allerdings muss der Aufklärungsunterricht früher kommen, absolut. Um solches Versagen aufzufangen. Aber ihnen das völlig abzuwälzen, das kann ja wohl nicht wahr sein.
Wenn deiner Meinung nach so viele Eltern das Aufklärungsproblem nicht in den Griff bekommen, dann frage ich mich, wie das wohl früher ablief? In den letzten Generationen hat es schließlich auch funktioniert. Da muss man an den Eltern rummäkeln, nicht an den Lehrern, weil die das nebenher nicht auch noch machen können! Und ich erwähnte schon oben, wie knapp die Zeit bemessen ist, um mit dem eigentlichen Stoff durchzukommen. Dazu kommen Klassen von etwa 30 Schülern, die das Leben ja unglaublich vereinfachen, v.a. weil sich 25 von 30 kaum dafür interessieren, was der Idiot da vorne macht. Klar, müssen die LEHRER sie halt motivieren und animieren und für Ruhe sorgen, klappt auch wunderbar wenn man als Antwort ein „Fick dich“ bekommt, dann eine Strafe verhängt, die nicht befolgt wird und die Eltern in der nächsten Sprechstunde mit dem Anwalt anrücken (Gymi lässt grüßen) und erklären dass sie es als nicht sinnvoll erachten, dass Strafen verhängt werden. Und Hausaufgaben sind ja sowieso überflüssig, schließlich geht das Kind ja in die Schule, da soll es sich noch in seiner Freizeit damit beschäftigen? Soll der Lehrer das doch während dem Unterricht behandeln.
Das sind alles (mehr oder minder…) Einzelbeispiele, die ich entweder selbst mitbekommen oder von Lehrern erzählt bekam. Nichts davon ist aus der Luft gegriffen. Natürlich nicht die Regel, und ich bin immer und immer wieder sehr positiv überrascht worden, sei es von Seiten der Schüler, als auch von Seiten der Lehrer. Aber die Tendenz ist klar. Und ich habe es einfach satt, dass wenn etwas nicht funktioniert, gleich die Lehrer schuld sind und das auch noch machen sollen, selbst wenn es offensichtlich schon massiv am Elternhaus krankt. Aber nicht nur da, es geht auch im Bildungsministerium schon los.
Ach ich könnt noch weiter aufregen…
Aber bevor jemand meckert: Ich will nicht die Lehrer völlig in Schutz nehmen. Es gibt viele, die im Schuldienst nichts zu suchen haben und viele Anwärter, die definitiv das falsche Studium haben. Aber ich stoße selten auf so viel Verallgemeinerungen wie hier, und wenn irgendetwas nicht klappt sind die Lehrer schuld und/oder sollen es doch noch zusätzlich im Unterricht/außerhalb des Unterrichts behandeln.
Also das was ich hier geschrieben habe soll sich nicht nur auf den Post von ampler beziehen. Dass es kein Rumgeheule sein soll, wie schwer Lehrer es doch haben im Gegensatz zu allen anderen, ist am Anfang hoffentlich etwas durchgeschimmert, ich habe mich jetzt schlicht auf diese eine Seite der Sicht konzentriert. Aber ich kann es nicht mehr hören, sorry.
„Doch mein bisher schockierendstes Erlebnis war, als ich im Kaufhaus war und auf meine Freundin neben der Kinderabteilung wartete. Es gibt doch tatsächlich Miniröcke und halterlose Strümpfe für Grundschülerinnen, die anscheinend auch noch gekauft wurden. Dagegen dürfte selbst der Sexreport ein harmloses Stück sein. Und jetzt frag ich euch, was soll das? Wo soll hier eine anständige Einstellung zur Sexualität herkommen?“
Ich bin vor einigen Tagen aus Spaß auf die Bravo-Homepage gegangen und habe dort ausgiebige Fotogalerien mit Nahaufnahmen von weiblichen und männlichen primären Geschlechtsorganen gefunden (hab ich das jetzt nicht schön umschrieben?
) In solchen Momenten frage ich mich auch, ob das wirklich sein muss. Klar, das auf die Fahnen geschriebene Ziel, Minderwertigkeitskomplexe abzubauen indem sie demonstrieren, dass sowieso jeder anders ist, ist gut. Aber als ich 14 war hatte ich andere Dinge zu tun, als mir eine Galerie mit 20 Penis-Nahaufnahmen reinzuziehen. An sich nicht schlimm, aber für mich ein Beispiel für diese absolute ent-Tabuisierung der Sexualität in einem Ausmaß, das ich so schon lange nicht mehr gut finde.