Diskussion über den Blog-Artikel: Second Screen und Public Life
Wissen Sie, was ich überhaupt nicht ertragen kann? Wenn Leute mich voll labern mit pseudo-modernen und irgendwie hippen Begriffen und damit zeigen wollen, wie sehr sie doch in der digitalen Medienwelt angekommen sind. So einer ist wohl Jens Hegenberger, der für den Rundshow-Blog einen Gastartikel über die Zukunft des Fernsehens verfasst hat.
Ich will ihm seine Kompetenz nicht absprechen - im Gegenteil: Sein Berufsweg ist interessant und verdient Respekt. Und dennoch glaube ich, dass er mit seinen Thesen, und seien sie auch noch so verschwurbelt formuliert, auf dem Holzweg ist. Man durchschaut als Leser sehr schnell, dass der Text nichts weiter als unverblümte Werbung für die Seite Zapitano zu sein scheint, deren Marketing-Chef Hegenberger ist (und auf der, mit Verlaub, sich offenbar bislang kaum jemand herumtreibt).
Hegenbergers These (die er mit so Begrifflichkeiten wie “Second Screen”, “Public Life Cycles” und “Viewser” schmückt): Fernsehen ist nur zum Gucken da und all die modernen Geräte wie Notebooks, Tablet-PCs und Smartphones dienen als “Begleitmedium”. Dabei übersieht er, dass gerade diese Geräte das klassische Fernsehgerät an sich und damit auch die Form von Fernsehen, wie wir sie jetzt kennen, bald überflüssig oder zumindest unbedeutender machen werden. Alles verschmilzt miteinander. Allein schon seine Vision, dass man “während der Ausstrahlung” einer Sendung dann über soziale Plattformen kommuniziert, ist erstens längst Realität und zweitens bald Vergangenheit: Das Fernsehen der Zukunft liegt in Mediatheken. Das bedeutet: Alles, was nicht zwangsläufig live ist (wie etwa Sportevents oder große Abendshows) guckt sowieso jeder, wann er will. Der klassische festgelegte Ausstrahlungstermin wird irgendwann die Ausnahme und nicht die Regel sein - und ich prophezeie, dass das so lang gar nicht mehr hin sein wird. Insofern ist das soziale Miteinander während des Fernsehkonsums derzeit ein hübsches Phänomen, es bleibt aber nicht von Dauer.
Vor allem Hegenbergers kühne Behauptung, dass im “Second Screen” (also den Tablet-PCs und Smartphones) keine Inhalte stattfänden, ist schon bemerkenswert. Das ist doch bereits jetzt der Fall, dass natürlich auch dort inhaltlich viel passiert. Wie kann man der Meinung sein, Fernsehen sei nach wie vor das dominierende Leitmedium? Wie schon erwähnt: Hegenberger möchte wohl nur für seine Fernseh-Begleitservice-Seite die Werbetrommel rühren. Die ist zwar handwerklich tatsächlich gut gemacht, hat mich aber jetzt nicht wirklich als innovative Seite packen können. Die Zukunft aller Medien - nicht nur des Fernsehens - liegt in der Kreativität und dem Mut zu neuen Ideen. Wer das dann hinterher wie vermarktet und verwurstet, spielt dabei eine Nebenrolle.