Schlechte Musik- was ist das für euch?

Ich finde, jede Musik hat erstmal ihre Daseinsberechtigung.
Was mir gefällt mus anderen noch lange nicht gefallen. Und was anderen gefällt kann für mich absolut grausam sein.
Ich kann z.B. so gar nichts mit Hip Hop, Techno oder Death Metal anfangen. Mit Schlager auch nicht. Aber es gibt halt Leute, die das begeistert. Warum auch nicht? Die Musik muss ja nicht schlecht sein, sie ist eben nur nichts für meine Ohren bzw. meinen Geschmack.
Was ich wirklich ‘schlecht’ finde sind solche Sachen wie: “Du bist mein Stern” oder wie sich das Lied nannte (Youtube-Phänomen). Kam dann öfter mal beim Raab. Zu sowas finde ich nun wirklich noch am wenigsten Zugang, weil die Töne nicht getroffen werden und das alles in meinen Ohren einfach extrem beschissen geklungen hat.
Aber irgendetwas werden sich auch diese Künstler dabei gedacht haben.

Ich glaube nicht, dass die Typen von dieser Combo soweit gedacht haben. :wink:

@ Librarian

Hm, kennst du “Revolution No.9” von den Beatles oder “Several species of small furry animals gathered together in a cave and grooving with a pict” von Roger Waters (Pink Floyd)? :ugly

Ich glaube, wenn uns die Musik des 20. Jahrhunderts eines gelehrt hat, dann dass der Begriff “Musik” komplett neu und von traditionellen Kriterien wie erkennbarer Melodik, Harmonik und Rhytmik losgelöst definiert werden muss.

Die Frage, die hier eigentlich verhandelt werden müsste, besteht darin, ob Kunstkriterien generell objektivierbar sind. Das gilt für alle Bereiche der Kunst, von der Literatur über Filme bis hin zu Videospielen und Musik. Für den Bereich der Literatur hat sich sogar eine ganze ‘Wissenschaft’ ausgeprägt, die sich - wenn man es genau betrachtet - ausschließlich mit diesem Thema beschäftigt: Die Germanistik und deren Drang zur Kanonforschung und Kanonpflege.

In der Musik gibt es zwar Zeitschriften, die durch Reviews versuchen objektiv darzulegen, welchen Wert ein Lied oder Album hat. Aber auch wenn hier mit Leidenschaft gegen den Musikexpress gewettert wird: Ziel solcher Schriften ist Unterhaltung und nur sekundär Information. Insofern ist daran nichts verwerflich, obgleich auch nichts daraus abgeleitet werden kann.

Ich habe mich viel mit Kanonkriterien in der Literaturwissenschaft beschäftigt. Daher sehe ich das Problem ursächlich darin, dass jeder postulierter Wert x entweder nicht quantifizierbar oder messbar ist oder aber der “Wert des Werts” selbst Anlass zu Diskussionen gibt. Was sind zum Beispiel “tiefsinnige Lyrics”? Wie wäre ein Song wie “Mhmhmhm” von den Crash Test Dummies demzufolge zu bewerten? Oder auch die meisten frühen Titel der Beatles: “Love me, babye love me, common do, yeah, yeah, yeah…” Ich kann diesen Ansatz durchaus nachvollziehen, habe aber trotzdem alle Beatles-Alben und kann mit den Wortakrobaten Casper oder Prinz Pi partout nichts anfangen.

Mein Vorschlag: Es gibt eine bestimmbare Menge an Wertkriterien, die selbst wiederum subjektiv von jedem einzelnen neu hierarchisiert werden. Insofern ist die Qualität von Musik bedingt messbar (wie auch von Literatur), kann aber gleichzeitig gerade bei eng beieinander liegenden Niveauebenen kaum Anlass dafür sein, die Rolling Stones mit Beethoven zu vergleichen. Dadurch wird m.E. auch erklärlich, warum es so viele Leute gibt, die Schlager hören können. Hier stehen die Werte “Verständlichkeit”, “Mitsingvergnügen” und mit Abstrichen vielleicht sogar die -“Thematik” im Vordergrund.

Die Frage, die hier eigentlich verhandelt werden müsste, besteht darin, ob Kunstkriterien generell objektivierbar sind. Das gilt für alle Bereiche der Kunst, von der Literatur über Filme bis hin zu Videospielen und Musik.

Und darum geht es hier. Nämlich um Musik. Wenn du andere Schlüsselerfahrungen hattest (in anderen Bereichen), dann ist es sehr schön oder auch nicht, aber nicht wirklich relevant, wie ich finde. Hier geht es mal ausschließlich um Musik und ob man die mag, oder ob die eine ‚Daseinsberechtigung‘ haben.
Leider versteigst du dich in komplett andere Dinge und wirfst somit vieles in einen Topf. Ich finde das nicht gerecht.
Musik ist oft sehr Grauenvoll, aber man kann sie annehmen. Sie ist ja nicht Literatur oder Film, was du anbringst. Musik ist kaum verizibierbar und trotzdem da. In allen Stufen ihrer Macht. Stets erkennbar, ganz anders bei Literatur.

Daher sehe ich das Problem ursächlich darin, dass jeder postulierter Wert x entweder nicht quantifizierbar oder messbar ist oder aber der „Wert des Werts“ selbst Anlass zu Diskussionen gibt.

Aha. Jetzt wird es mathematisch, ja? Du willst doch nicht behaupten, dass Geschmack messbar ist. Wie soll man Schlager-Freunde an den Punk-Freunden messen? Das ist doch nun wirklich äußerst freaky.
Oder um es mal ganz einfach auszudrücken: deine Sichtweise mag nicht uninteressant sein, aber sie entbehrt jeder Logik. Zumindest meiner.

Die Messung von Geschmack ist durchaus möglich siehe Lebensstil- und Milieuanalyse.

Das nennt man Typisierung. Eine Anzahl von n Objekten wird zu Gruppe zusammengefasst, die sich ineinander möglichst ähnlich und zwischen einander möglichst unähnlich sind.

Ich möchte mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber behaupte einfach mal, dass sich Leute, die einen ähnlichen Musikgeschmack haben, auch in anderen Merkmalen ähneln.

Das könnte man ja noch weiter ausdifferenzieren was subjektive Gütekriterien für Musik angeht. Macht aber keiner.

Ich kann mich auch in Köln auf den Neumarkt stellen, den Verkehrslärm aufnehmen, zuhause dann in der Tonhöhe verändern, neu mischen … also bewusst arrangieren. Und für den Hörer wäre das fertige Ergebnis immer noch Verkehrslärm und keine Musik.

warum denn nicht? Das ist doch sehr davon abhängig wie das Zeug arrangiert wird, und wer der Hörer ist :smt017…

Und Vogelzwitschern ist auch „Klang und Nichtklang, bewusst arrangiert von Lebewesen“, aber trotzdem nur bedingt als Musik einzuordnen.

… mit Vogelgezwitscher klappts doch schließich auch :ugly

Steve Reichs “Citylife” baut typische Großstadtgeräusche (z.B. Autohupen) ein, sein “Different Trains” setzt die Geräusche fahrender Züge musikalisch um:

[video]http://www.youtube.com/watch?v=wYnAQ-lK74A[/video]

Free Jazz z.B. von Ornette Coleman ist überhaupt nicht mehr durcharrangiert, da ergibt sich das Zusammenspiel eher aus dem Moment heraus. Und obwohl das Spielen solcher Musik durchaus auch anspruchsvoll sein kann, ist das es ein Fakt, dass es in der Spielrichtung auch viele Stümper gab, die ihr Instrument überhaupt nicht beherrschten und trotzdem mitmischen konnten.

[video]http://www.youtube.com/watch?v=UrzOzgYL1-o[/video]

Ist das noch Musik? Wenn ja, gute oder schlechte?

Haha wenn du dir da schon die Frage stellt, hör mal Zeuhl.

Ich halte sowieso die meiste experimentelle Musik für infantilen Unfug ohne Sinn, nur dekadenter Bullshit. Und mit experimentell meine ich nicht Radiohead oder Animal Collective, sondern den richtig harten Scheiß.

Ich hasse Jazz! Bei mir kommt da nur Gedudel an und alle die sich für interlektuell halten, hören Jazz (Ob’s ihnen gefällt oder nicht)!
Ach und bei Schlager und Volks(verdummungs)musik bekomme ich sofort Ohrenbluten und Gedankendurchfall! Pop is auch doof! :mrgreen:

Ich habe keine Schlüsselerfahrungen sondern versuche zu transferieren. Würde ich von Schlüsselerfahrungen sprechen ginge es um Kriterien der Kanonisierung. Mir ging es darum, was bedeutet über Wert von Musik zu sprechen, wenn man nicht wie z.B. legolas auf persönlicher und völlig subjektiver Ebene Jazz verurteilt. Wenn ich Literatur und Musik vergleiche dann nur hinsichtlich der schweren objektiven Bewertsamkeit.

Und genau darauf basierend sage ich, dass Geschmack eben nicht objektivierbar ist. Man kann höchstens Kriterien bestimmen und an deren Hierarchisierung ableiten, warum der eine Jazz zum Kotzen findet und der andere Britney Spears. Oder eben Schlager- und Punkfreunde. Eine Lebensstil- und Milieuanalyse könnte zum Beispiel das Kriterium “Wunsch nach Verständlichkeit der Texte” mit dem Fremdsprachenwissen der Hörer in Verbindung bringen.

Aber das ist mir ehrlich gesagt im Detail auch gar nicht so wichtig. Was ich sagen wollte ist, dass Musik als Kunstprodukt nur äußerst schwer zu bewerten ist, da die Wertparameter selbst subjektiv sind. Wenn mir meine Großmutter sagt, sie möge Schlager weil da die Texte so schön erbaulich und verständlich sind, dann ist das nach meiner Auffassung ihrer Auslegung von Schönheit geschuldet. Wer dagegen argumentieren will kann nicht sagen, die Beatles, die Toten Hosen oder Beethoven seien besser als die Amigos, sondern muss darlegen, warum simple, verständliche Texte schlecht sind.

sondern muss darlegen, warum simple, verständliche Texte schlecht sind.

Die angesprochenen Texte sind i.d.R. deshalb schlecht weil sie ebenso wenig Aussage wie Charakter oder Stil haben. Die durchschnittlichen Texte für ein Schlageralbum (oder auch Standart-Pop oder - bitte nicht schlagen - AC / DC) sind aus den bewährten Zutaten an einem Tag zusammengeschrieben. Dies zieht sich quer durch alle Musikrichtungen, hatte ich glaube auch schon früher mal erwähnt. :wink:

Edit: Legolas hat exat auf das Thema geantwortet: Schlechte Musik- was ist das für euch?
Dass man seinen Geschmack bzw. seine Einschätzungen nicht teilen muss ist eine andere Sache.

Musik ist Kunst und wie nicht jeder alle Künstler gut findet, ist der Musikgeschmack auch von Person zu Person verschieden.
Oftmals entsteht eine Abneigung/Zuneigung einer bestimmten Musikrichtung aus Erfahrungen in der Kindheit.
Aber ich komme sehr gut damit klar, wenn andere Leute andere Musik mögen als ich! :wink:

Ich hasse Jazz! Bei mir kommt da nur Gedudel an und alle die sich für interlektuell halten, hören Jazz (Ob’s ihnen gefällt oder nicht)!

Nun ja, Jazz ist auch eine unglaublich variantenreiche Musik, die sich nun auch schon über ein Jahrhundert von New Orleans bis Fusion erstreckt. Da hat es auch schon alle möglichen Richtungen gegeben, vom kommerziell erfolgreichen und für ein Massenpublikum zugeschneiderten Swing bis hin zum Avantgarde-Jazz wie Bebop oder eben Free Jazz.
Einen Aspekt halte ich jedoch nicht für unwichtig, nämlich warum man Musik hört. Was du angesprochen hast („alle die sich für intelktuell halten“) trifft nach Adorno wohl auf den Bildungshörer zu - man hört Musik, weil man damit höhere Bildung nach außen demonstrieren will. In der Hinsicht kann Musik auch andere Funktionen einnehmen, die jeden unterschiedlich ansprechen… elektronische Tanzmusik z.B. befriedigt vielleicht die Ansprüche eines „Unterhaltunshörers“, langweilen jedoch schnell einen Strukturen nachvollziehenden „Guten Zuhörer“.

Aber das ist mir ehrlich gesagt im Detail auch gar nicht so wichtig. Was ich sagen wollte ist, dass Musik als Kunstprodukt nur äußerst schwer zu bewerten ist, da die Wertparameter selbst subjektiv sind. Wenn mir meine Großmutter sagt, sie möge Schlager weil da die Texte so schön erbaulich und verständlich sind, dann ist das nach meiner Auffassung ihrer Auslegung von Schönheit geschuldet. Wer dagegen argumentieren will kann nicht sagen, die Beatles, die Toten Hosen oder Beethoven seien besser als die Amigos, sondern muss darlegen, warum simple, verständliche Texte schlecht sind.

Im Laufe der Musikgeschichte (der Kunstwerkgedanke enstand in dem Sinne in der Romantik) gab es viele Versuche, gute oder schlechte Musik objektiv zu bestimmen, die meiner Meinung nach jedoch meistens recht problematisch sind. Demnach ist gute Musik z.B. originell, reich an Beziehungen, differenziert, kontrastreich, anspruchsvoll und nicht für das große Publikum geeignet, sie steht für sich selbst und ist in keinen funktionalen Kontext eingebettet (wie z.B. Filmmusik oder die Salonmusik des 20. Jahrhunderts).
Meiner Meinung nach lässt sich das so verallgemeinert nicht stehen lassen. Bach hat funktionale Musik z.B. für Gottesdienste geschrieben. Mozart hat seine Werke ausdrücklich möglichst populär gestaltet, um sie einem großen Publikum zugänglich zu machen. Vieles der Sachen, die die Beatles gemacht haben waren nur in ihrer Zeit revolutionär - die Musikgeschichte ist weiter gegangen und die Beatles haben so gesehen an Originalität verloren. Musikrichtungen wie z.B. der Bebop hatten nur in ihrer Anfangszeit einen Avantgarde-Anspruch und sind später einem größeren Publikum bekannt geworden - andersherum hatten viele „elitäre“ klassische Kompositionen in ihrem Ursprung rein unterhaltenden Wert.
Ist das alles keine Kunst und nur belanglose, „schlechte“ Musik?
Vielleicht sollte man die Frage eher andersherum stellen - welche Eigenschaften muss ein Musikstück haben, damit es von euch als gut bewertet wird?

Wenn ich so Vergleiche ziehe, was für mich (auch für mich ganz persönlich) gute und schlechte Musik ist, ja vielleicht sogar Musik, die ich gerne höre und auch nicht, läuft es ehrlich gesagt immer auf einen einzigen Faktor raus:

Musik ist schlecht, wenn sich niemand einen Aufwand macht.

Und viele werden mir sagen, dass doch allein schon die Abmischung und Tonabstimmung etc. Aufwand ist.
Nein!
Das ist bezahlte Arbeit von Leuten die’s können. Keine musikalische integrität, keine Persönlichkeit, keine Vision und vermutlich deswegen kein Entertainment für mich.

MfG Forger

Musik ist schlecht, wenn sich niemand einen Aufwand macht.

Interessanter Ansatz, würde ich sogar unterschreiben…
Und woran erkennt man Anhand eines Songs nun ob er in 2 Stunden oder in 2 Wochen produziert und wieviel Arbeit dort hineingesteckt wurde?

Die einzig logische Konsequenz wäre dann die Künstler selbst zu fragen. :wink:

Also ist die beste Musik, die ausschließlich von den Musikern einer Band oder eines Kollektivs unter Ausschluss sämtlicher äußerer Faktoren produziert wurde?

OH MANN, DU MUSST DIE RESIDENTS LIEBEN <33333

http://www.youtube.com/watch?v=mUxN4gyarEw

Nein, jetzt mal Spaß beiseite, ich seh das da nich so eng, man kann auch künstlerisch integer sein, selbst wenn man hier und da Unterstützung bekommt, besonders in der Aufnahmedirektion, weil das einfach eine extrem schwierige Sache ist Musik ordentlich aufzunehmen, kaum ein Künstler macht auch selbst die Tontechnik, nur alles allein zu machen WEIL ist nämlich unheimlich kindisch.

Und bei manchen Musikern frage ich mich auch was die scheiße soll oder ob sie keine Kontakte für nen vernünftigen Produzenten hatten.

Obwohl totales lolsoindie hat natürlich auch seine Reize (Guided by Voices).

Auch habbich noch nie gehört das jemand Scott Walker zum Beispiel kritisiert weil er die Streicherarrangements nich selber geschrieben hat. Das verlangt nun einmal großes Fachwissen.

Musik ist schlecht, wenn sich niemand einen Aufwand macht.

Ich weiß nicht, ob man das so einfach sagen kann…

Bach hat teilweise ein Kirchenwerk pro Tag geschrieben, Haydn schrieb Symphonien quasi in Massenproduktion, McCarthneys „Yesterday“ erschien ihm angeblich in einem Traum, er brauchte es anschließend nur noch niederzuschreiben. Alles somit mit minimalen Aufwand verwunden, alles schlechte Musik?

Wie wäre es mit dem Ansatz: Musik ist schlecht, wenn sich als Zuhörer keinen Aufwand machen muss

Also ist die beste Musik, die ausschließlich von den Musikern einer Band oder eines Kollektivs unter Ausschluss sämtlicher äußerer Faktoren produziert wurde?

Es gibt Leute, die das so sehen würden (Stichwort „L’art pour l’art“, Kunst um der Kunst willen). Schönberg z.B. hat seine Musik ab einem bestimmten Punkt nur einem kleinen, elitären Zirkel zugänglich gemacht, die zudem keine Rückmeldung (z.B. Applaus) an dem Musiker geben durften. Seiner Ansicht nach war seine Musik halt zu elitär, um von der Allgemeinheit verstanden zu werden.
Es gibt da eine recht amüsante Anekdote von einem Publikum, das von seiner Musik dermaßen… geschockt war, dass ein Konzert schließlich in Handgreiflichkeiten ausgeartet ist und abgebrochen werden musste. :mrgreen:

Du disst damit das gesamte Ambient-Genre.