Sarrazin …
Ich bin ja nun altgedienter Berliner und … Keule Sarrazin ist mir nun absolut kein Unbekannter. Sein Interview im lettre international ist - in meinen Augen - Eigenwerbung und pure Augenwischerei.
Wenn Sarrazin hier im Thread gute Noten in der Haushaltsrestauration verliehen werden, dann mag das - wirtschaftspolitisch - stimmen … aber objektiv ist es nur die Darstellung von der Unkenntnis der Sache.
Sarrazin hat genau diese Umstände, die er hier anprangert zwar nicht selbst geschaffen aber entscheidend gefördert. Das abartige Gelaber von Unterschichten lässt mich speien. Sarrazin hat den so gerühmten Sparkurs genau bei denen angesetzt, die eh schon nichts hatten und nichts von dem Ersparten kam wieder in den Kreislauf zurück. Sarrazin hat sich sogar noch nicht mal entblödet, in einer großen Berliner Boulevardzeitung den täglich notwendigen Kalorienbedarf eines Hartz IV - Empfängers in Lebensmitteln vorzurechnen, frei nach der Prämisse “mit 4,60 am Tag kann man prima leben”.
Die Ausländerproblematik ist auch keine “hausgemachte Berliner Chose” wie so nett von ihm angedeckelt wird. Nur damit hier einige nicht denken, ich erzähle etwas vom Pferd: ich habe 38 Jahre in Berlin/Kreuzberg gelebt, bin dort geboren und aufgewachsen und habe jahrelang in der Berliner Ausländerbehörde gearbeitet. ICH kenne also die Probleme und weiß, wovon ich rede.
Der Vergleich mit anderen Städten hinkt. Warum? Ganz einfach …
Berlin war seit dem Ende des dritten Reiches, genauer, seit Gründung der Bundesrepublik - bedingt durch den Viermächtestatus - eine Insel. Berlin (West) war eingemauert, konnte nicht expandieren. Und ungeachtet dieses Sonderstatus galt in Berlin auch das Ausländergesetz, bzw. das Asylgesetz.
Und … das sind Bundesgesetze.
Nach dem Zuzug der Gastarbeiter in den 60er und 70er Jahren und der späteren Genehmigung des Familienzuzugs platzte Berlin aus den Nähten. Eypansion ins Umland war nicht möglich, denn das Umland war die DDR, eben ein anderer Staat. Es bildeten sich Ballungsgebiete mit starker Ausländerdichte, bedingt durch niedrige Mieten und Gleichartigkeit. Eben die von Hr. Sarrazin so angeprangerten Gebiete Kreuzberg, Neukölln, Wedding, Tiergarten.
Warum erwähnte ich oben das Ausländergesetz?
In der Ausländerpolitik hat sich die Bundesregierung (in Übereinstimmung mit der Mehrheit im Bundesrat) vor Jahrzehnten im Asylverfahrensgesetz (§ 45 Aufnahmequoten)dazu entschlossen, das der Prozentsatz der zugewiesenen Asylbewerber anhand des Königsteiner Schlüssels geschieht.
Hierbei zählt die Finanz- und die Einwohnerstärke, nicht aber die Fläche.
Sarrazin weiß das. Sarazin weiß aber auch, das die Fläche Berlins begrenzt ist. Sehr begrenzt.
Sarrazin weiß ebenfalls, das durch diese staatlich verordnete Zuführung von Asylbewerbern die Lebensqualität weiter sinkt. Und Sarrazin weiß auch, das Asylbewerbern durchaus die Arbeitsaufnahme nicht gestattet ist (um eben Wirtschaftsasylanten fernzuhalten).
Er sebst hat durch seinen Sparkurs dazu beigetragen, das in Berlin Arbeitsplätze vernichtet wurden, Leute in’s soziale Netz fielen und … das dieses - durch ihn - immer grobmaschiger wurde. Sarrazin lässt (lies) aber auch schon zu Amtszeiten keine Gelegenheit aus, Arbeitslose, Alleinerziehende Mütter und sozial Schwache zu diskriminieren und zu diffamieren.
Leute … die er selbst in dieses Schicksal geschickt hat.
Bevor ihr diesen Mann also “als Verkünder der reinen Wahrheit” auf ein Podest hebt … erst mal Fakten kennen.
Berlin hat diese Umstände nicht zu verantworten … und auch DAS weiß Hr. Sarrazin.
Quellen:
(- im Text - )