Der aktuelle Programmbericht der Landesmedienanstalten über das Fernsehen ist erschienen, diesmal u.a. mit dem Schwerpunkt „Scripted Reality“ !
http://vistas.de/vistas/result/Programmbericht_2011_Fernsehen_in_Deutschland/505/detail.html
Downloadlink http://www.die-medienanstalten.de/fileadmin/Download/Publikationen/Programmbericht/2011/Programmbericht_2011_web.pdf
Übrigens: Wer mit den Medienanstalten diskutieren will, möge sich beim Workshop am 10.Mai zum Thema „Wirklich. Fernsehen. Wirklicher? - Scripted Reality – eine Praxis in der Diskussion“ anmelden:
http://www.die-medienanstalten.de/service/veranstaltungen/zak-workshop-scripted-reality.html
natürlich gilt aber die moralische Demarkationslinie:
Geschmacksfragen gehören nicht zum Aufgabenbereich der Medienanstalten und fallen auch nicht unter die Regulierung,
doch immerhin wird zugegeben, dass sich Fragen stellen:
Besteht durch die inszenierte „Überspitzung“ in den Formaten die Gefahr, dass Programmgrundsätze oder die Menschenwürde missachtet werden? In letzter Zeit kommt insbesondere die Forderung auf, dass „Scripted Realty“-Formate entsprechend gekennzeichnet werden sollen, damit die Zuschauer nicht an falscher Stelle authentische Werte und Orientierung suchen, wo letztendlich nur Unterhaltung geboten wird.
Auf den vielen Seiten finden sich durchaus Perlen, beim Drüberfliegen stiessen mir ins Auge:
(im Show-Button, nicht um etwas zu verbergen, sondern um den Thread optisch einigermaßen sauber zu halten)
[spoiler]S.122: da hat Holger wohl was verpasst…
Kochshows haben nach wie vor Konjunktur, werden aber immer mehr zu einem öffentlich-rechtlichen Phänomen. Der WDR entdeckte beim Kochen sein Herz für den deutschen Adel. In der Sendung „Von und zu lecker“ bereiten sich adlige Damen in ihren Schlössern gegenseitig Menüs zu und bewerten sie anschließend.
S.135: eine neue Maßeineit:
Provokationen pro Nettosendestunde
ratet mal, wer Spitzenreiter ist (trotz aufopferndem moralischem Einsatz von Katharina S., jedenfalls laut
Seite 208, unten… )
S.143
Die ökonomisch induzierte Produktions- und Distributionslogik der Reality-TV-
Formate, die darauf abzielt, ein optimales Werbeumfeld zu bieten, macht die werbe -
treibende Industrie zu einem zentralen Adressaten diskursiver Verständigung über
legitime und als illegitim bewertete Grenzverletzungen und Provokationen. Diesen
Stakeholder im Prozess der Verhandlung öffentlicher Aufmerksamkeit gilt es, ver -
stärkt kommunikativ einzubinden.
Das heisst doch wohl im Klartext: "Wir als Gesellschaft haben uns die moralischen Vorgaben von der Industrie vorschreiben zu lassen. Nur wenn wir uns so sehr empören, dass der wirtschaftliche Nachteil durch Imageschaden größer als der wirtschaftliche Werbevorteil wird, haben wir Chance auf den Werteverfall einzuwirken. Im Grunde handelt es sich hier um kein reines TV-Problem, „United Colors of Bennetton“ hat das ja vor einigen Jahren im Printbereich vorexerziert…
S. 216
Das betrifft sowohl die Wahrnehmung der Realität („Situationen, wie sie im Beitrag
gezeigt werden, passieren jeden Tag“) als auch das Verständnis von sinnvollem Ver -
halten. Wie gesagt: Das ist zunächst nur eine Wirkungsspur. Sie verweist auf die sog.
„cultivation theory“, die Annahme von George Gerbner, dass das Fernsehen unser
Weltbild „kultiviere“.
Die These vertrete ich ja schon seit Jahren. Und zusätzlich: dass diese „cultivation theory“ den Medienschaffenden durchaus bewusst ist! Schön, dass ich jetzt einen Namen zum Weiterlesen habe…
S. 229
Wer findet den Widerspruch in diesem Text?
… Die Aufsichtstätigkeit im Jahre 2011 widmete sich weiterhin der Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen an Gewinnspiele und Gewinnspielsendungen und konnte hierbei beachtliche Erfolge verzeichnen. Die Problematik intransparenter und zum Teil bewusst irreführender Gewinnspiele ist seit mehreren Jahren ein Schwerpunkt der Aufsichtstätigkeit der Medienaufsicht. Seit Inkrafttreten der Gewinnspielsatzung am 23. Februar 2009 verfolgen die Medienanstalten konsequent die Verstöße der Veranstalter gegen diese Satzung, beanstanden sie und ahnden sie mit Bußgeld. Nach intensiven Verhandlungen und einer deutlichen Abkehr der Gewinnspielgestaltung von der beanstandeten Praxis kam es im November 2010 zu einem Vergleich mit dem
Gewinnspielsender 9Live sowie mit ProSieben, Sat.1 und kabel eins. Die Veranstalter verpflichteten sich zur Zahlung von Bußgeldern in der Gesamthöhe von 100.000 Euro. …
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