Politischer Smalltalk

Es ist noch ein ziemlicher Unterschied, ob man nur weil man selbst nicht das Schwert erhebt nicht doch Symphatie für die radikale und vor allem werknäheste Auslegung der Religion entwickelt oder hat. Und es war klar das du gleich wieder mit der typischen Relativierung “Not all Muslims” um die Ecke kommst… Natürlich sind nicht alle Muslime gewaltbereit und radikal, aber diese Religion bedingt es aus vielen Unterschiedlichen Gründen sehr viel eher als andere. Unter anderem auch weil es keine wirklichen unterschiedlichen Flügel im Islam gibt, die bestimmte arachische Themen auch in der gelebten religiösen Welt des Islams infrage gestellt werden. Das kann man ganz gut am Beispiel der toleranten Moschee in Berlin und der Reaktion von vielen Muslimen gut sehen.

Ich lehne dieses Rosinenpicken dessen Punkte der eigenen Ideologie, die einem in den Kram passen, und das dann als “Auslegung oder Lesart” zu verklären bei allen Religionen ab. Nicht nur beim Islam.

Ich zitiere nochmal, was du genau geschrieben hast:

Und ja, wenn man den Islam und seine Lehren ernst nimmt, gibt es keinen friedlichen Islam.

Du betreibst hier Rosinenpickerei. Du erklärst die radikalste Auslegungen des Islams für die korrekte Auslegung. Und wenn du dann konsequent bleibst, bedeutet das folgendes: Ein gläubiger Moslem kann nicht Politiker werden, er kann nicht Beamter werden, er kann nicht mal deutscher Bürger werden. Der deutsche Staat darf keinen islamischen Religionsunterricht anbieten, keine islamisch-theologischen Studiengänge erlauben. Er darf auch keine Moscheen erlauben. Du erzeugst eine Unvereinbarkeit von Islam und den (angenommenen) Grundwerten der westlichen Welt. Und wenn du mir auch noch vorwirfst, dass ich mit „not all muslims“ ankommen würde, dann unterstreicht das nur weiter deine nun extrem problematische Haltung, die die Vielseitigkeit des gelebten Islams ideologisch ignoriert. Und zu behaupten, es gäbe im Islam keine verschiedenen Flügel, während ein Teil uns den Kopf lebendig abschneiden möchte und ein anderer Teil mit uns als Nachbarn und Freunde zusammenlebt, ist doch völlig absurd. Was du machst ist nichts anderes als die Reproduktion der radikalen Ansichten innerhalb des Islams zulasten der nicht radikalen Lesarten. Zum Glück ist dies weder die Auffassung der Bundesrepublik noch der bürgerlichen Parteien, die dann doch mit deutlich mehr Differenzierung an die Sache herangehen.

[QUOTE=ExtraKlaus;500355]Ich lehne dieses Rosinenpicken dessen Punkte der eigenen Ideologie, die einem in den Kram passen, und das dann als “Auslegung oder Lesart” zu verklären bei allen Religionen ab.[/QUOTE]
Zum Glück passiert sowas ja nur in religiösem Zusammenhang, nicht im politischen. Das wär ja was! :lol:
Mach’s doch einfach wie viele deiner Kollegen und zieh einfach um zur AfD. Das wäre wenigstens mal ehrlich.

Aus meinen Sympathien für Israel mache ich keinen Hehl. Die undiplomatische Entscheidung des Weißen Hauses Jerusalem als Hauptstadt anzuerkennen, könnte für die Vorzeigedemokratie im Nahen Osten allerdings noch zu einem großen Problem werden. Ich fürchte nicht nur vor Ort Ausschreitungen, sondern auch in der Westlichen Welt anti-israelische und, damit leider immer einhergehend, judenfeindliche Entgleisungen.

[QUOTE=ExtraKlaus;500355]
Ich lehne dieses Rosinenpicken dessen Punkte der eigenen Ideologie, die einem in den Kram passen, und das dann als “Auslegung oder Lesart” zu verklären bei allen Religionen ab. Nicht nur beim Islam.[/QUOTE]

An sich stimme ich dir da zu, aber für den Gesellschaftlichen Frieden ist das das bessere Konzept. Sonst hätten wir in D ja auch an jeder Ecke Steinigungen, Schwertkämpfe und Kinder als Menschenopfer dargeboten, sowie Sklaven und keine leckere Blutwurst, weil die Gläubigen anfangen würden das Auszuleben was in der Bibel steht. Da finde ich die von der Aufklärung zurechtgestutzte Version des Christentums besser.
Und klar dem Islam täte eine ähnlicher gesellschaftspolitischer Wandel gut wie dem Christentum damals. Als Gesellschaft sollte man mMn aber das nicht von außen erzwingen sondern die Werte der Aufklärung vorleben und nur Ultra-konservative Auswüchse zurückdrängen.
Mal abgesehen davon, finde ich die Schere im Kopf von Konservativen bzgl. Religion und Islam mindestens genauso interessant wie die der Linken. Als Konservativer ist man für eine Partei mit “Christlich” im Namen oder für eine Partei die etwas von Christliche Werten faselt, die Ansichten aus dem Christlich-konservativen Weltbild vertritt, die außerhalb dieses Weltbildes als Schwachsinn abgetan werden, und regt sich dann über eine andere Gruppe auf, die auch genauso schwachsinnige Forderungen aus ihrem Märchenbuch als politische Agenda der Gesellschaft aufdrängen will.
Und genauso wie es nicht konservative Christen gibt, die niemanden Steinigen und auch Mal Blutwurst essen gibt es auch nicht konservative Moslems, die auch Mal nen Bier trinken aber trotzdem Zuckerfest feiern. Nur von denen hört man halt nichts

Und zu Jerusalem: Ich kann da nur zum einen die Folge von Mittwoch vom The Daily Podcast empfehlen, in der der White House Correspondant etwas zu den Hintergründen dieses Polit-Stunts erzählt, und das Interview mit Martin Lüders im Deutschlandfunk,in dem er eine Einschätzung der Lage und der Folgen gibt.

[QUOTE=ExtraKlaus;500355]Natürlich sind nicht alle Muslime gewaltbereit und radikal, aber diese Religion bedingt es aus vielen Unterschiedlichen Gründen sehr viel eher als andere.[/QUOTE]

Im Grunde genommen ist deine Denkweise nicht anders als die von Islamisten.
Du glaubst, den einzig wahren Glaubensweg zu kennen, und andere Deutungen würdest du ablehnen.
Der Unterschied zu IS und Co. ist halt nur, dass dein Fundamentalismus der Religionskritik dient und nicht der Religionsausübung.

[QUOTE=MBS;500366]Der Unterschied zu IS und Co. ist halt nur, dass dein Fundamentalismus der Religionskritik dient und nicht der Religionsausübung.
[/QUOTE]

Ich sehe das zwar etwas anders, aber da du wenigstens richtig erkennst, dass das allen Religionen gilt, werde ich mal darüber reflektieren, ob ich eine fundamentalistische Position vertrete oder nicht.

[QUOTE=bulletinmyback;500362]An sich stimme ich dir da zu, aber für den Gesellschaftlichen Frieden ist das das bessere Konzept. Sonst hätten wir in D ja auch an jeder Ecke Steinigungen, Schwertkämpfe und Kinder als Menschenopfer dargeboten, sowie Sklaven und keine leckere Blutwurst, weil die Gläubigen anfangen würden das Auszuleben was in der Bibel steht. Da finde ich die von der Aufklärung zurechtgestutzte Version des Christentums besser. [/QUOTE]

Um das nochmal zu betonen, ich finde es ja gut, dass es Deutungsvarianzen gibt. Allerdings tendiert man meiner Meinung nach dann sehr schnell dazu, die Korrelation zur Religion komplett zu vernachlässigen, so wird dann aus “IS hat nichts mit dem Islam zu tun”, was einfach eine schwachsinnige Aussage ist. Die Intention ist ja klar, und ich teile diese: Der IS repräsentiert nicht alle Muslime und nicht alle Muslime finden geil, was der IS macht. ABER dabei blendet man schnell aus, dass es bestimmte Charakteristika gibt, die unabhängig von der Annahme oder Ablehnung religiösen Extremismus problematisch sind und teilweise auch Nährboden für den islamischen Staat bilden. Wenn man dann behauptet, dass habe alles nichts damit zu tun, hat man ja die richtige Intention, aber man schließt eine falsche Schlussfolgerung.

Um zu verstehen, was das zugrunde liegende Problem auch in diesem konkreten Fall ist, reicht es nicht aus, einfach nur zu sagen “Aber es sind ja nicht alle so”. Das hier kein Kollektivismus vorliegt, sollte gar nicht zur Debatte stehen. Aber: Es gibt z.b. in der muslimischen Welt unabhängig vom Grad des gelebten Extremismus starke Tendenzen zu Antisemitismus, weshalb vor allem die islamische Welt bei diesem Vorstoß jetzt auch kocht. Das sind einfach Kriterien, die man in einer freien und offenen Gesellschaft nennen können muss, ohne gleich als “Rechtspopulist” bzw. Nazi bezeichnet zu werden. Im Gegensatz zu allen “Rechtspopulisten”, wie z.b. der AfD, wenn wir das Beispiel jetzt mal als Prominenz voranschieben, ich ja nie gesagt habe, das irgendeine Religion das besser machen würde. Aber wie gesagt, einige sind so denkfaul, da ist das Werfen mit Prejorativen halt einfacher als tatsächlich nachdenken zu müssen und zu diskutieren.

[QUOTE=bulletinmyback;500362]Als Konservativer ist man für eine Partei mit “Christlich” im Namen oder für eine Partei die etwas von Christliche Werten faselt, die Ansichten aus dem Christlich-konservativen Weltbild vertritt, die außerhalb dieses Weltbildes als Schwachsinn abgetan werden[/QUOTE]

Welche Werte sollen das sein, die nach außen als “Schwachsinn” bezeichnet werden?

Dein Argument läuft völlig ins Leere. Hier bezweifelt keiner, dass es radikale und antisemitische Strömungen im Islam gibt. Du hast aber im Gegenzug die Existenz eines friedlichen Islams vollständig in Abrede gestellt:

Und ja, wenn man den Islam und seine Lehren ernst nimmt, gibt es keinen friedlichen Islam.

Und dann jammern, dass man ja als Rechtspopulist bezeichnet wird …

[QUOTE=Baru;500372] Du hast aber im Gegenzug die Existenz eines friedlichen Islams vollständig in Abrede gestellt:[/QUOTE]

Ja, weil die “friedlichen Muslime” im Grunde nach eigentlich schlechte Religionsanhänger sind. Das Problem ist, das gilt auch für andere Religionen, aber Religionen wie z.b. das Christentum haben sich Ideen wie das neue Testament dazugedichtet, um die menschenfeindliche und gewalttätige Charakteristika des “alten Glaubens” abzulegen. Der Islam hat das einfach nicht, und in der ernstzunehmenden religiösen islamischen Welt ist das auch kein Thema. Das meine ich damit: Es ist ja schön, wenn sich hier Muslime ihre Religion entsprechend umdeuten. Das entspricht aber weder dem intellektuellen Diskurs innerhalb der Religion, noch ändert sie im Grundsatz etwas an ihrem archaischen Anspruch der Allgemeinherrschaft. Und daraus leitet sich unter anderem auch der Antisemitismus und die Haltung gegen Israel ab, weshalb es keine zwei Staaten Lösung geben kann - zumindest nicht unter der Hamas und unter Islamisten.

Ich könnte das auch auf das Christentum übertragen und durchexzerzieren, selbst wenn man dort diese Entwicklungen der Aufklärung ausblendet. Im Namen des Christentums wurden aber auch nicht im November allein knapp 1600 Menschen abgeschlachtet.

Da muss man irgendwann mal, irgendwann auf den Trichter kommen, das es ganz, ganz vielleicht doch auch an der Religion liegen könnte. Warum so viele Menschen sinnlos sterben und warum es in den Friedensverhandlungen mit Israel keinen Fortschritt gibt (und auch nie geben wird unter dieser Prämisse).
Aber nein, ich bin natürlich ein scheiß drecksnazi wenn ich nur wage das auszusprechen.

[QUOTE=ExtraKlaus;500371]
Welche Werte sollen das sein, die nach außen als „Schwachsinn“ bezeichnet werden?[/QUOTE]

Als die Klassiker sind da zu nennen: Ablehnung der Gleichstellung von Homosexuellen und Ablehnung von Abtreibung. Auch die Ablehnung von Sexualkundeunterricht kommt in den Kreisen der AfD wieder. Und wenn man noch über den großen Teich guckt, dann kommt die Ablehnung der Evolutionstheorie und die Ablehnung von anderen Verhütungsmethoden außer Abstinenz hinzu. Und auch die Gleichstellung der Frau musste (und in einigen Teilen der Welt muss immer noch) gegen religiös Konservative erkämpft werden. Alles großer Schwachsinn, den man sehr schlecht ohne religiöse Dogmen begründen kann.

Ich dachte auch lange Zeit, das AT hätte im Christentum keine Gültigkeit mehr, aber weit gefehlt, siehe Matthäus 5:17-19, wo Jesus sagt

Denkt nicht, ich sei gekommen, um das Gesetz und die Propheten aufzuheben! Ich bin nicht gekommen, um aufzuheben, sondern um zu erfüllen.
18 Amen, ich sage euch: Bis Himmel und Erde vergehen, wird kein Jota und kein Häkchen des Gesetzes vergehen, bevor nicht alles geschehen ist.
19 Wer auch nur eines von den kleinsten Geboten aufhebt und die Menschen entsprechend lehrt, der wird im Himmelreich der Kleinste sein. Wer sie aber hält und halten lehrt, der wird groß sein im Himmelreich.

Daher lohnt sich der Vergleich von Christentum und Islam, um zu ergründen, warum in dem muslimischen Teil der Welt weiterhin religiös-konservative Werte vorhanden sind und in dem ehemals christlichen Teil der Welt nicht mehr, obwohl man in beiden Religionen den Schriften nach die Möglichkeit hätte, für ein barbarisches und rückschrittliches Weltbild einzustehen, aber im Christentum der größte Mist aus der Bibel zum Glück ignoriert wird. Zum einen würde ich das mit dem Anspruch des konservativen Islam begründen, die absolute Wahrheit zu sein, der mir dort stärker vertreten zu sein scheimt als im Christentum. Zum anderen gibt es in der arabischen Welt auch eine starke Ehr-Kultur. Hier ein interessanter Aufsatz zu letzterem https://www.uwgb.edu/dutchs/PSEUDOSC/TOXICVAL.HTM
Beides könnte man sagen „blockiert den Feedback-Prozess zur Fehlerbehebung“ oder so.

[QUOTE=ExtraKlaus;500373]aber Religionen wie z.b. das Christentum haben sich Ideen wie das neue Testament dazugedichtet, um die menschenfeindliche und gewalttätige Charakteristika des “alten Glaubens” abzulegen.[/QUOTE]

Das pazifistische Upgrade des Neuen Testaments hat ja prima funktioniert.
Die Geschichte des Christentums ist ja bekanntermaßen geprägt von Frieden und Versöhnung ohne Anspruch auf Alleinstellung.
Ansonsten hätten die Katharer sicher nichts zu lachen gehabt. Es gäbe die Anhänger dieser religiösen Strömung heutzutage wahrscheinlich gar nicht mehr.

In Wirklichkeit ist das Neue Testament auch nicht die Friedenspropaganda, für die es gehalten wird.
Ich habe kürzlich erst darüber etwas gelesen, z.B. das der Spruch, auch die andere Backe hinzuhalten, höchstwahrscheinlich den untereinander verfeindeten Galiläern/Juden galt. Sich also nur auf die eigenen Leute bezog. Gegen die Feinde Judäas durfte, bzw. sollte man sogar gewalttätig vorgehen.
Sinn und Zweck der Predigten von Jesus war wohl eher die Einigkeit innerhalb des eigenen Volkes, um sich gemeinsam gegen die Invasoren und Kollaborateure zu verteidigen.

(Übrigens eine erstaunliche Parallele zu heute, nicht wahr.
Der Nahost-Konflikt ist ein territorialer Konflikt, auch wenn aus allen Lagern ein religiöser propagiert wird.
Im Kern geht es darum, wer über das Gebiet formerly known as gelobtes Land herrschen darf.
Bei Streit zwischen zwei Gruppen werden natürlich Unterschiede instrumentalisiert.
Der griffigste, prägnanteste Gegensatz ist in diesem Fall der Glauben.

Und auch anderswo in der islamischen Welt ist die politische Situation vergleichbar.
Auch wenn es nicht um die dauerhafte koloniale Vereinnahmung eines Gebietes geht, sondern vorwiegend um die Ausbeutung natürlicher Ressourcen und Sicherung der Handelswege, wie unser Ex-Bundespräsident Köhler einmal unvorsichtigerweise zugegeben hat.
Die westlichen Staaten werden von den Einheimischen als räuberische Invasoren wahrgenommen.
Völlig zurecht, wenn man bedenkt, dass den Menschen dort auffällt, wie die Ressourcen ihrer Völker alles andere als sinnvoll genutzt werden, dass ihre Länder ausgebeutet werden, dass bei internen Konflikten mit Waffen aus überwiegend christlichen Ländern gemordet wird.
Hinzu kommt, dass der christliche Westen entweder kollaborierende Rädelsführer und Tyrannen unterstützt, finanziert oder vormals aufgebaut und stark gemacht hat.
Zudem marschieren nicht die hochgerüsteten Armeen islamischer Länder im Westen auf und ein, sondern umgekehrt.
Wer glaubt, dass westliche Armeen Verteidigungs- und Friedenseinsätze vollziehen, der glaubt auch, dass die Nazis in Polen eingefallen sind, um einem polnischen Angriff zuvorzukommen.)

Zurück zu Jesus:
Aber selbst wenn die späteren Christen das Neue Testament als allgemein pazifistische Botschaft verstanden hätten, gehalten haben sie sich offensichtlich nicht an die Doktrin.
Du wirst doch zugeben, dass die Inhalte und Botschaften an sich - ob Koran, Altes oder Neues Testament - nicht die Zauberkraft haben, eine friedliche oder gewalttätige Welt zu schaffen. Es sind die Deutungen der Oberen, einflußreicher Menschen, die den Unterschied ausmachen.
Generell gesagt: Gewalt ist ein situationsbedingtes Phänomen.
Moderne Gesetzestexte sind so präzise wie möglich formuliert, trotzdem braucht es Anwälte, Richter eine ganze Wissenschaft, um sie sach- und fallbezogen zu deuten.
Die Texte der abrahamitischen Religionen wiederum sind insgesamt voller Widersprüche. Von Gewaltaufrufen bis zu unbedingter Friedensliebe ist alles irgendwo zu finden.

Wenn der wahre Islam wirklich alles außer des eigenen Glaubens gnadenlos ausmerzen würde, dann hätten nicht bis heute viele verschiedene Religionen ein Dasein im Orient führen können. Christentum, Judentum, Zoroastriern, Baha’i, Jeziden…
Oder die Muslime haben bis zum 20. Jahrhundert ihren Glauben falsch gelebt.
Denn die fortschreitende Islamisierung des Nahen Ostens hat in den letzten 100 Jahren massiv an Fahrt aufgenommen.
Just also dann, als technisch fortschrittliche Armeen aus dem christlichen Westen helfen kamen, die Bodenschätze zu fördern.
Erschließt sich dir da ein Zusammenhang?

[post=500379]@MBS[/post]

Um dein rassistisches Weltbild einmal zusammen zu fassen: Der schwache, unwehrhafte, manipulierbare edle Bimbo/Kanacke ist grundsätzlich Opfer und in seiner passiven Rolle gefangen. Sein Wohlergehen oder Unwohlergehen hängt im Wesentlichen davon ab, ob sich im Westen der böse weiße männliche Christ (Kapitalist/Händler) oder der gute weiße eher weniger Christ (Deinesgleichen) durchsetzt.

Das sehe ich anders. Zu einem respektvollen Umgang mit anderen Rassen, Völkern, Religionen und Kulturen gehört es, ihnen auf Augenhöhe zu begegnen. Das bedeutet in der Konsequenz, ihnen nicht nur edle Eigenschaften zuzuordnen, sondern auch die Fähigkeit selbstverantwortlich Fehler zu begehen und begangen zu haben. Das fordern wir von uns weißen, christlich geprägten, Westlern doch ebenfalls ein.

Hinzu kommt, Jesus Christus ist ein Wanderprediger. Das Evangelium verbreitete sich Jahrhunderte lang über das Wort. Krieg war die schändliche Ausnahme von der Regel. Sowohl die Katholische Kirche als auch die Evangelischen Kirchen sehen diese gewalttätigen Zeiten als Schandfleck einen fehlgeleiteten Glaubens.

Der Prophet Mohammed war hingegen ein Krieger, der vom ersten Tag an keinen Hehl daraus machte, wie der Islam in die Welt zu tragen sei - nämlich mit Gewalt. Eine Aufarbeitung oder gar Verurteilung der gewalttätigen Geschichte z. Bsp. des Osmanischen Reiches findet in der islamischen Welt nahezu nicht statt. Selbst die Gewalttaten der Gegenwart werden von den großen Schulen und deren Gelehrten totgeschwiegen, wenn nicht gar gerechtfertigt.

Damit man mich nicht falsch versteht: Meine muslimischen Brüder und Schwestern sind mir im Herzen näher als manch ein gottloser Nachbar - und der ist mir im Herzen schon sehr nahe! Dieses einseitige „der Westen ist an allem Schuld“ und dem Absprechen der Eigenverantwortung und der selbstverschuldeten Missstände in der islamischen Welt, hilft einfach niemandem.

Wenn der wahre Islam wirklich alles außer des eigenen Glaubens gnadenlos ausmerzen würde, dann hätten nicht bis heute viele verschiedene Religionen ein Dasein im Orient führen können. Christentum, Judentum, Zoroastriern, Baha’i, Jeziden…

Unterm Halbmond hatten es Juden, Christen und andere religiöse Minderheiten bei Weitem nicht so leicht im Orient wie du es dir verklärend vorstellst.

[QUOTE=Danzig;500380][post=500379]@MBS[/post]
Hinzu kommt, Jesus Christus ist ein Wanderprediger. Das Evangelium verbreitete sich Jahrhunderte lang über das Wort. Krieg war die schändliche Ausnahme von der Regel. Sowohl die Katholische Kirche als auch die Evangelischen Kirchen sehen diese gewalttätigen Zeiten als Schandfleck einen fehlgeleiteten Glaubens.
[/QUOTE]

Will ja an sich in eure hübsche Diskussion gar nicht eingreifen, aber eine solche Feststellung ist mal sehr gewagt. Du kannst dir nicht einfach einen Zeitpunkt in der Geschichte suchen, der zufällig gerade deine Aussage bestätigt und die letzten 2000 Jahre außer Acht lassen. Eine solche Aussage um 1095 herum getätigt mit der Perspektive der Kreuzzüge und deren Gewaltekzesse, könnte falscher kaum sein. Vom friedlichen Wanderprediger war da nicht mehr viel da und die höchste Instanz der Kirche, nämlich der Papst persönlich, hat das Morden eingeleitet… ganz davon abgesehen ist die Geschichte der Kirche und ihrer Päpste eh kein gutes Beispiel für friedliche Religionsausübung.
Es zeigt im übrigen sehr schön wie flexibel Religionsinterpretationen sein können. Gerade die christliche Kirche ist da sehr exemplarisch, denn im Verlauf ihrer Geschichte kann man alles von totalen Gealtverzicht, Nächstenliebe, Aufopferung, etc. bis hin zu Massenmord, Unterdrückung und Versklavung finden.
Ich frage mich warum es so schwer ist auch anderen Religionen diesen Interpretationsspielraum zuzugestehen oder vielleicht einfach zu erkennen, dass das viele Negative gar keine Folge der Religionen, sondern vielmehr kulturell in der Menschheitsgeschichte verankert ist? Mal ganz abgesehen davon, dass Religionen an sich eine ziemlich bekloppte Veranstaltung sind.

Es gibt nicht das “wahre Christentum” oder den “wahren Islam”. Man kann eine Religion nicht definieren, indem man sich ihre Geschichte und Werke ansieht und daraus einen Kern bestimmt, der diese Religion auszeichne. Religion ist Glaube und glauben kann nicht die Geschichte oder Bücher, sondern Menschen. Die Religion ist das, was ihre Anhänger glauben. Nicht das, was sie unserer Meinung nach ausgehend von ihren Schriften glauben sollten. Und dieser Glaube kann sehr wohl unterschiedliche Varianten haben. Einfach weil Menschen eben an unterschiedliche Dinge glauben.

Diesen Glauben von Menschen kann man also höchstens empirisch erfassen und DANN hat man näherungsweise eine Vorstellung, was eine Religion zum gegenwärtigen Zeitpunkt im DURCHSCHNITT ist. Heutzutage ist das Christentum im Durchschnitt dann friedlicher und offener als der Islam, der im Durchschnitt konservativer und autoritärer ist. Das war nicht immer so und das muss nicht immer so bleiben. Trotzdem kann man sehr wohl festhalten, dass viele den Islam konservativ und autoritär auslegen und dass das ein Problem ist. Von gewalttätigen/terroristischen Auslegungen ganz zu schweigen.

Deinem ersten Absatz stimme ich voll und ganz zu.

Eigentlich sogar dem zweiten Teil im Bezug auf “Islam konservativ und autoritär auslegen”. Das als alleinige Erkenntnis birgt schnell die Gefahr in sich, dass man die Erkenntnis aus deinem ersten Argument ignoriert.
Da spielen tatsächlich eine Vielzahl von Mechanismen mit hinnein. Länder wie Afghanistan, die zum Austragungsgebiet des Kalten Krieges wurden oder der ganze Mittlere Osten mit seinen Ölvorkommen und den daraus resultierenden Kriegen. Weiterhin hat man dort mitten hinnein in Folge der Verbrechen der Nazis einen israelischen Staat gesetzt, der in viellerlei Hinsicht Konflikte befördert. Dazu kommen dann Grenzziehungen, die kolonialen Ursprungs sind usw usf…

Ich persönlich traue mir aufgrund all dessen in keinster Weise zu den Islam unter Herausnahme all dieser Umstände bewerten zu können. Man kann natürlich in der Geschichte zurückgehen und schauen wie es davor aussah und für mich ergibt sich daraus auch ein etwas vielschichtigeres Bild, aber ich habe mich auch nicht wirklich unfangreich damit beschäftigt.
Generell sollte man auch bedenken, dass dieser Glaube fast 2 Mrd. Menschen betrifft und dass man diesen Menschen angesichts der Masse mit einfachen Erkenntnissen und Schlussfolgerungen unmöglich gerecht werden kann.

[post=500385]@HerrRossi[/post]

Die Aussage ist genauso wie sie dort steht absolut akkurat. Deine Ausführungen stehen in keinem Widerspruch zu ihr. Damit sich von etwas distanziert werden kann, muss es stattgefunden haben. Ich lasse daher überhaupt nichts weg.

Es geht um die Friedfertigkeit des Islams und wir leben im Jahr 2017. Soweit gehen wir d’accord?

Einen friedlichen Wanderprediger als Kriegsfürsten zu missbrauchen erfordert nunmal mehr Verbiegung, als einen Krieger-Propheten heranziehen zu können. Des Einen Ausnahme, ist des Anderen Regel. Die großen christlichen Instanzen setzen sich kritisch mit den Gewaltphasen des Glaubens auseinander, während die islamischen Schulen und Gelehrten darüber schweigen oder sie gar rechtfertigen. So sieht es in der Gegenwart in der Welt aus.

Ich weiß, dass es im Westen zur Mode geworden ist, alle Weltprobleme auf die Heimat rückzubeziehen, wahrscheinlich wirklich aus einem alten Machtanspruch heraus, alle globalen Entscheidungen zu treffen. Es muss frustrierend sein, einzugestehen, dass die Welt ihren eigenen Lauf nimmt, größtenteils unabhängig davon, welcher Partei man bei einer Bundestagswahl seine Stimme gibt. Wenn man doch nur für oder gegen eine Sache demonstriert, oder diese und jene Partei unterstützt, oder sich in den richtigen (natürlich westlichen) NGO engagiert, dann, um ein guter westlicher Herrscher zu sein, der den unterentwickelten Völkern Frieden, Gerechtigkeit und Wohlstand bringt - im Gegensatz zu den bösen westlichen Herrschern, die sie ausbeuten und aufhetzen.

Gäben wir diesen Herrschaftsanspruch auf, müssten wir diesen Völkern zugestehen, unabhängig von uns - sogar u. U. entgegen unseren Wertvorstellungen - selbstständig Entscheidungen zu treffen, im Guten wie im Schlechten. Mit diesem Gedanken können sich viele im Westen immer noch nicht abfinden. Alles Positive, alles Negative geschieht nur durch uns.

[QUOTE=Danzig;500390]
Einen friedlichen Wanderprediger als Kriegsfürsten zu missbrauchen erfordert nunmal mehr Verbiegung, als einen Krieger-Propheten heranziehen zu können. Des Einen Ausnahme, ist des Anderen Regel. Die großen christlichen Instanzen setzen sich kritisch mit den Gewaltphasen des Glaubens auseinander, während die islamischen Schulen und Gelehrten darüber schweigen oder sie gar rechtfertigen. So sieht es in der Gegenwart in der Welt aus.[/QUOTE]

Du hast mich wohl falsch verstanden. Meine Aussage geht anders: Unter der Annahme, dass dein Bild richtig ist, wonach das Christentum eine Religion ist, die auf einem “friedfertigen Wanderprediger” gegründet ist, dann sollte doch die Erkenntnis, dass man aus dieser Religion auch ein Gewaltinstrument machen kann und das alles schön sauber innerhalb der Logik dieser Religion theologisch begründet wird, im Umkehrschluss auch dazu führen, dass eine Religion, die von einem “Kriegerfürsten” gegründet wurde eine friedfertige Auslegung finden kann oder? Die Schriften der beiden Religionen Christentum und Islam sind jedenfalls weit genug interpretierbar, um genau das daraus zu machen.

Dadurch ist natürlich keinerlei Aussage darüber getroffen wie sich eine bestimmte Religion zur Gegenwart ausprägt, aber es zeigt wie weit theologische Auslegungen gehen können. Daher halte ich es für ziemlich gewagt fundamentale Feststellungen oder Korrelationen mit vorhersehbaren Handlungsausprägungen (Unterdrückung der Frau, Gewalt, Patriarchat, etc.) erkennen zu wollen.

Dass die kriegerische Interpretation des Christentums die Ausnahme ist, ist auch gewagt:

„President Bush said to all of us: ‚I am driven with a mission from God‘. God would tell me, ‚George go and fight these terrorists in Afghanistan‘. And I did. And then God would tell me ‚George, go and end the tyranny in Iraq‘. And I did.“

Und Bush stellt sich damit in einer langen Tradition im Christentum, die ihren Anfang in Jesus Lehren nimmt:

Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen sei, Frieden zu senden auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert.

Oder auch die Offenbarung:

11 Und ich sah den Himmel geöffnet, und siehe, ein weißes Pferd, und der darauf saß, heißt Treu und Wahrhaftig, und er richtet und führt Krieg in Gerechtigkeit. 12 Seine Augen aber sind eine Feuerflamme, und auf seinem Haupt sind viele Diademe11, und er trägt einen Namen geschrieben, den niemand kennt als nur er selbst; 13 und er ist bekleidet mit einem in Blut getauchten Gewand, und sein Name heißt: Das Wort Gottes. 14 Und die Truppen, die im Himmel sind, folgten ihm auf weißen Pferden, bekleidet mit weißer, reiner Leinwand. 15 Und aus seinem Mund geht ein scharfes Schwert hervor, damit er mit ihm die Nationen schlage; und er wird sie hüten mit eisernem Stab, und er tritt die Kelter des Weines des Grimmes des Zornes Gottes, des Allmächtigen. 16 Und er trägt auf seinem Gewand und an seiner Hüfte einen Namen geschrieben: König der Könige und Herr der Herren. 17 Und ich sah einen Engel in der Sonne stehen, und er rief mit lauter Stimme und sprach zu allen Vögeln, die hoch oben am Himmel fliegen: Kommt her, versammelt euch zum großen Mahl12 Gottes, 18 damit ihr Fleisch von Königen fresst und Fleisch von Obersten13 und Fleisch von Mächtigen und Fleisch von Pferden und von denen, die darauf sitzen, und Fleisch von allen, sowohl von Freien als auch Sklaven, sowohl von Kleinen14 als auch Großen! 19 Und ich sah das Tier und die Könige der Erde und ihre Truppen versammelt, um mit dem, der auf dem Pferd saß, und mit seinen Truppen Krieg zu führen. 20 Und es wurde ergriffen das Tier und der falsche Prophet - der mit ihm war und die Zeichen vor ihm tat, durch die er die verführte, die das Malzeichen des Tieres annahmen und sein Bild anbeteten -, lebendig wurden die zwei in den Feuersee geworfen, der mit Schwefel brennt. 21 Und die Übrigen wurden getötet mit dem Schwert, das aus dem Mund dessen hervorging, der auf dem Pferd saß; und alle Vögel wurden von ihrem Fleisch gesättigt.

Hier wird ein Krieg für die Endzeit angekündigt, geführt von Jesus als Schlachtherrn.
Oder nehmen wir den Beginn der Christianisierung:

Eine, auch in meinem Religionsunterricht in NRW vorgekommene Legende ist die Erzählung um Kaiser Konstantin:

Nach einer legendären und eigentlich aussichtslosen Schlacht an der Milvischen Brücke siegte er mit seinen Truppen gegen seinen Konkurrenten Maxentius. Vor dem Kampf soll Konstantin eine Vision gehabt haben. Demnach sei ihm am Himmel das Kreuz erschienen, das er daraufhin auf die Fahnen seiner Truppen aufbringen ließ.

Nach dem Sieg soll Konstantins sich auf den Christengott berufen haben.

Gott hilft einem Kaiser in einer Schlacht und das wird zu einer der zentralen Legenden zur Verbreitung des Christentums und ist zumindest bis ins 21. Jahrhundert hinein Teil der religiösen Bildung.

Dass im Mittelalter Ritter und Könige ihr Schlachtengeschick auf Gott zurückführten, dürfte wohl allen bekannt sein. Seit dem Mittelalter und bis heute aber pilgern Hunderttausende Christen jährlich aus aller Welt zu einem Grab des Heiligen Jakobus, zu dessen legendarischen Funktionen sowohl das Töten von Mauren als auch feindlichen Christen gehört. (Natürlich heutzutage mit einer großen Ignoranz gegenüber dieser Funktion.)

Und natürlich hat sich die christliche Welt 30 Jahre lang in einen extremen Krieg um die korrekte Auslegung des Christentums gestritten. (Tolle Leistung, Herr Luther!)

Über die Geschichte verteilt betrachtet kann man auch zu der Ansicht kommen, dass das friedliche Christentum die Ausnahme ist, während unzählige andere Generationen einen Haufen von religiösen Begründungen für Kriege gefunden haben.

[post=500391]@HerrRossi[/post]

Wir schreiben ein wenig aneinander vorbei, nähern uns aber an. Jede Ideologie kann für Gewalt missbraucht werden. Du wirst Friedenaktivisten finden, die dir erklären können, warum manchmal Gewalt notwendig ist, um den Frieden zu sichern. Die Frage ist, wieweit die Basis der Weltanschauung verbogen werden muss, um eine Rechtfertigung für Gewalt zu finden und wie hoch die Akzeptanz dafür ist. Sowohl im Christentum als auch im Islam kann Gewalt begründet werden, sowie Friedfertigkeit. Aus genannten Gründen, sprechen im Islam nunmal mehr Faktoren für eine gewalttätige Auslegung, was sich sowohl historisch als auch mit Blick auf die Gegenwart belegen lässt. Eine false equivalence hilft niemanden weiter.

[post=500396]@Baru[/post]

Wenn auch teils ungenau, widerspricht nichts von dem, was du aufführst, meiner Aussage zum Islam und dem Christentum. Einen Bonuspunkt vergebe ich für die Nennung des Harmageddon als Beleg für christlichen Militarismus. Das ist zumindest kreativ.

Ich widerspreche deutlich diesem Abschnitt hier:

Das Evangelium verbreitete sich Jahrhunderte lang über das Wort. Krieg war die schändliche Ausnahme von der Regel.

Und der Behauptung, dass man Jesus und die Bibel größer verbiegen müsse um eine kriegerische Auslegung zu bekommen.