Ich weiss, die Sendung läuft noch (wobei, jetzt nicht mehr ), aber da Holger mich offensichtlich nicht verstanden hat und ich im Chat darum gebeten wurde, im Forum noch einmal zu erklären, was ich eigentlich gemeint hatte, lande ich jetzt hier. Zu meiner Entschuldigung kann ich sagen, dass ich in der schweizerischen Sozialpolitik sehr „drin“ bin und dass Aussenstehende da bisweilen kaum mehr folgen können. Wenn ein Deutscher dann die Grundzüge des schweizerischen Sozialwesens nicht kennt (was überhaupt kein Vorwurf sein soll), dann wird es erst recht schwierig für mich. Kann aber definitiv nachvollziehen, dass es etwas zu sehr ausgeufert ist, aber wer mich danach fragt, bekommt halt eine Antwort, Entschuldige, Holger.
Also, hier noch einmal in Ruhe zum Nachlesen:
In der Schweiz gibt es drei Gesetzesstufen, Verfassung, Gesetz und Verordnung. Die Verfassungsebene gibt es zwar, ist aber faktisch beim Gesetzgebungsprozess irrelevant, weil es keine Verfassungsgerichtsbarkeit gibt. Gesetze können also gegen die Verfassung verstossen und es gibt auch einige Gesetze, bei denen dies der Fall ist. Dann gibt es die Gesetzesebene, Gesetze werden auf nationaler und kantonaler Ebene von der Legislative beschlossen und unterstehen grundsätzlich dem fakultativen Referendum, es gibt also einen demokratischen Kontrollmechanismus. Selbstverständlich können Gesetze auch jederzeit beschlossen, geändert oder aufgehoben werden, das ist immer eine Frage des politischen Willens. Dann gibt es noch die Verordnungsebene. Verordnungen sind Ausführungsbestimmungen zu Gesetzen, das heisst, die genauen Bestimmungen stehen häufig erst in der Verordnungen. Das Demokratiedefizit besteht darin, dass die ausführenden Behörden ohne Kontrolle der Legislative oder der allgemeinen Öffentlichkeit Verordnungen ausarbeiten können, die dann selbstverständlich auch bindende Wirkung haben. Es sind auch nicht alle Verordnungen ohne Weiteres einsehbar (manchmal muss man erst Akteneinsicht verlangen), das heisst, ein normaler Bürger kann gar nicht immer so leicht überprüfen, was da überhaupt drinsteht. Im Fall der Arbeitsverbote ist es so, dass dies in der Tat von der Politik nie beschlossen wurde, sondern dass die zuständige Behörde, dies einfach in eine Verordnung geschrieben hat, die sich wie gesagt jeglicher politischer Kontrolle entzieht. Die Behörde kann natürlich theoretisch eine Verordnung nach Belieben ändern, aber im Fall der Arbeitsverbote will sie dies offensichtlich nicht und kann auch nicht von aussen dazu gezwungen werden. Die meisten Politiker wissen nicht einmal, dass es diese Verbote überhaupt gibt, weil sie keine Verordnungen durchlesen, einige wenige wissen es aber. Es ist also nicht so, dass ich völligen Quatsch erzähle, nur weil viele davon noch nie etwas davon gehört habe (auch dass es schwarze Listen säumiger Prämienzahler gibt, wussten bis vor Kurzem nur Wenige, aber das ist ein anderes Thema, wir wollen nicht zu sehr ausufern).
Ich hoffe, dass ich meinen Punkt damit etwas verdeutlichen konnte, für Rückfragen stehe ich selbstverständlich zur Verfügung.