In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert hat es circa 200 Kriege gegeben. Wer von uns kann da eigentlich mehr als 20 bis 30 Kriege nennen?
Nach den beiden großen Kriegen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts haben sich Kriege gewandelt. Kriege zwischen Staaten sind selten geworden. Stattdessen gibt es nur unzählige Bürgerkriege mit sehr unterschiedlicher Dauer und sehr unterschiedlichen Intensitäten.
Nachdem wohl die Friedens- und Konfliktforschung sich sehr lange Zeit auf die wirtschaftlichen Aspekte konzentriert hatte und Modelle bevorzugt hat, die Kriege anhand von Gier und Notwendigkeit von Gütern versuchte zu erklären, ist man nun dabei, eine gemischte Kalkulation zu machen. Es gibt wirtschaftliche Interessen und es gibt politische Interessen in einem Krieg und wirtschaftliche Interessen schließen nicht einfach eine Glaubwürdigkeit der politischen Interessen aus.
Es gibt wohl in den meisten Bürgerkriegen Profiteure vom Krieg. In den jeweiligen Regionen sind das die, die es schaffen, Güter für sich einzunehmen. In Angola finanzierten die Diamant-Minen die eine Gruppe, während die Ölfelder die andere Gruppe finanzierte. Und spätestens über Zwischenhändler hat kaum ein Weltkonzern ernsthaft Sorgen, sich da die Hände etwas schmutzig zu machen. (Womit wir auch Profiteure außerhalb des Landes haben, da die kriegsführenden Verkäufer zwingend angewiesen sind, die Ware abzustoßen. Blut-Metalle sind in den allermeisten Smartphones. Selbst wir als einzelne Menschen selber profitieren von den Kriegen.)
Und selbst bei den ehrenhaftesten politischen Zielen: Wer Krieg gegen seinen Staat führt, braucht Geld. Waffen und Verpflegung müssen gekauft werden, Sold muss bezahlt werden.
Oft kommt es auch dazu, dass sich der Kader einer Rebellengruppe bzw. von Terroristen oder Aufständischen auch selbst bereichern. (Und in den meisten Staaten mit Bürgerkrieg wohl auch die offiziell herrschenden Politiker.) Sobald man finanzielle Vorteile aus dem Krieg hat, kann es sehr schwierig werden, einem Frieden zuzustimmen, da dann die große Gefahr besteht, alles zu verlieren. Aus diesen Gründen gibt es eine Menge festgefahrener Konflikte in der Welt. In einigen zynischen Konflikten sind die gleichen Personen tagsüber Soldat und nachts Rebelle.
Die politischen und ethnischen Motive sind aber wichtig, wenn es darum geht, eine nötige Grundunterstüzung in der regionalen Bevölkerung zu haben. Eine echte oder vorgeschobene Legitimation erhöht mit Sicherheit den Gehorsam und den Aufopferungsgrad und reduziert den nötigen Sold. Und viele legitime politische Ziele sind direkt mit wirtschaftlichen Interessen verknüpft. Wenn z. B. eine Bevölkerungsgruppe diskriminiert wird, sind damit wohl fast immer auch wirtschaftliche Benachteiligungen verbunden, die man dann z. B. mit einem Krieg versucht zu beseitigen.
Und bei Kriegen mit medialer Aufmerksamkeit fließt auch ordentlich Geld in das Land. NGOs starten alle möglichen Projekte, Beamte und Warlords müssen bestochen werden, damit ein Zugriff auf die leidende Bevölkerung erfolgen kann. Sicherheitsdienste finden da auch eine Beschäftigung. Fördergelder können gut veruntreut werden.
Spätestens wohl wenn man bei Kriegen auch den Schwarzmarkt betrachtet, dürfte es schwierig werden, diese per se als Handelshemmnis zu bezeichnen. Es ändern sich nur etwas die Akteure. Porsche dürfte eher schlecht verkaufen, Rohstofffirmen haben aber gute Chancen auf profitablere Abschlüsse, nachdem sich die größten Unruhen gelegt haben.
Und noch ein Punkt, wo die Wirtschaft eine Rolle spielt bei der Entstehung von Krieg:
Subventionen für europäische und amerikanische Unternehmen, vor allem in der Agrarwirtschaft. Die Subventionen drücken die Preise soweit nach unten, dass afrikanische Bauern nicht konkurrenzfähig sind. Es soll afrikanische Länder geben, wo europäische Milch so günstig ist, dass sie die einheimische Agrarwirtschaft bedrohen. Wir zerstören damit legale Einkommensmöglichkeiten für die Bauern und erhöhen so das Risiko von Konflikten.