Diskussion zu Blog-Text http://fernsehkritik.tv/blog/2013/11/ich-zahl-nicht-mehr/
Ich zahl’ nicht mehr!
In der neuesten Folge 126 von Fernsehkritik-TV kündige ich es an – und auch an dieser Stelle möchte ich es gern ausführen und begründen: Ab sofort zahle ich keinen Rundfunkbeitrag mehr! Die mir am 15. November 2013 vom “Beitrags-Service” abgezogenen 53,94 Euro habe ich per Rücklastschrift zurückbuchen lassen. Ab sofort weigere ich mich, weiterhin ein öffentlich-rechtliches System zu subventionieren, das sich selbst mit dem zu Jahresbeginn eingeführten Zwangsbeitrag für alle einbetoniert hat und sich nicht nur als reformunfähig, sondern vor allem auch als reformunwillig erweist. Das deutsche Fernsehen befindet sich systematisch, strategisch und nicht zuletzt inhaltlich in der Sackgasse und kommt dort nicht mehr raus – jedenfalls dann nicht, wenn wir alle nicht endlich den nötigen Druck ausüben. Beschwerden schreiben, kritische Blogs verfassen, vor Gericht ziehen – all das erfüllt nicht den Zweck, denn das öffentlich-rechtliche System ist derart mit Justiz und Politik verbandelt, dass dies nicht zielführend ist. Der einzige Weg, sich aktiv, und für ARD und ZDF auch spürbar, zu wehren, ist der Entzug der finanziellen Grundlage.
Mir geht es nicht nur um die Inhalte. Natürlich werden mir Kritiker jetzt wieder entgegenhalten, dass ARD und ZDF ja auch gutes Programm bieten. Es ist ja nicht alles schlecht. Ja natürlich, aber auf genau diesem Argument ruhen sich die Öffentlich-Rechtlichen nur allzu gern aus. Allerdings macht dies ja den schlechten, den niveaulosen Teil des Programms (der immer mehr Raum einnimmt, auch und gerade im Bereich der Information) nicht erträglicher. Mir reicht es, dass selbstverständliche öffentlich-rechtliche Inhalte inzwischen schon betont und gelobt werden müssen – so als müssten wir schließlich dankbar sein, dass wir für unsere Gebühren gelegentlich auch mal was Anständiges zu sehen bekommen. Nein, so geht’s nicht: Wenn ich zwangsweise zahlen muss ohne mich wehren zu können (was ich aber nun dennoch tue), dann hat das eine ganz andere Grundlage. Wir brauchen eine grundlegende Form der Öffentlich-Rechtlichen. Wir brauchen ein ganz neues Nachdenken darüber, welche Aufgaben dieser mit acht Milliarden Euro jährlich subventionierte Koloss in Zeiten eines grundlegenden Wandels von Sehgewohnheiten, von zunehmender Interaktivität und abnehmender Passivität leisten muss. Und es müssen viel härtere Maßnahmen her, die ARD und ZDF programmatisch die Fesseln anlegen. Es kann nicht sein, dass die Jagd nach Quoten inzwischen wichtiger ist als der Wille, den Bildungs- und Kulturauftrag zu erfüllen. Im Übrigen reichen mir auch die Presse-Mails von ARD und ZDF in meinem Postfach, die mir inzwischen jeden Morgen mitteilen, wie quotenmäßig erfolgreich man am Vorabend wieder gewesen sei – so als sei dies der alles entscheidende Punkt. Ja gut, wenn es so ist und ARD und ZDF tatsächlich so beliebt sind beim Publikum, dann müsste es doch eigentlich kein Problem sein, die Zwangsabgabe abzuschaffen und sie in eine freiwillige Abgabe umzuwandeln. Denn dann müsste doch jeder mit Freuden freiwillig zahlen. Aber genauso ist es nicht. Stattdessen lässt sich nicht einmal mehr durch die Abschaffung des Fernsehers protestieren. Wer gegen ARD und ZDF effektiv protestieren will, macht sich auf irgendeine Weise strafbar – was hat das mit Demokratie zu tun?
Aber natürlich spielen die Inhalte auch eine Rolle. Meine kleine Hoffnung war, dass mit der Einführung der Zwangsabgabe für alle ARD und ZDF sich ihrer Verantwortung bewusst werden, tiefgründigeres, niveauvolleres und inhaltlich relevanteres Programm zu machen. Doch das Gegenteil ist eingetroffen: Wie ich ja in Folge 126 zeige, sind Dokusoaps zum selbstverständlichen Teil der Öffentlich-Rechtlichen geworden – etwas, was vor ein paar Jahren noch vehement abgelehnt wurde. Und der psychologische Höhepunkt ist und bleibt für mich der Katzenberger-Film, der demnächst in der ARD gezeigt wird. Ohne es vielleicht zu wollen, hat die ARD damit endgültig ihr letztes bisschen Vorhandensein an Respekt verloren. Wer auch immer dafür verantwortlich ist (Programmdirektor Volker Herres persönlich?), ist sich nicht darüber im Klaren, was diese programmatische Maßnahme in mir (und auch vielen anderen) ausgelöst hat. Und dies dann auch noch per Twitter stolz zu verkünden, setzt dem Unfug die Krone auf. Selbst “Der Postillon” hätte sich nicht mal getraut, sich das auszudenken.
Der neue Rundfunkbeitrag, ich nenne ihn lieber Beton-Abgabe, sorgt vermutlich für ein weiteres dickes Plus in der Kasse von ARD und ZDF – wie ja auch das “Handelsblatt” kürzlich berichtete. Dass die Öffentlich-Rechtlichen dennoch seit Monaten offensiv und für jeden hörbar herumjammern und immer wieder von Sparzwängen reden, hat nur einen Zweck: Sie wollen verhindern, dass die KEF, die im kommenden Jahr eine Bilanz ziehen wird, eine Senkung des Rundfunkbeitrages beschließt. Denn die wäre normalerweise ja die logische Konsequenz: Je mehr Leute tatsächlich zahlen, desto weniger zahlt damit jeder Einzelne. Ich mache dieses Spielchen nicht mehr mit – und deswegen beende ich hiermit laut und für jeden hörbar meine Zahlung an ARD und ZDF. Und ich tue dies nicht verschämt, heimlich, mit Masken auf – sondern ich tue es öffentlich mit meinem Namen. Im Übrigen ist auch immer noch nicht geklärt, ob das alles, was da seit Jahresbeginn getrieben wird, überhaupt mit unserer Verfassung vereinbar ist. Sollte der Bayerische Verfassungserichtshof tatsächlich zu dem Ergebnis kommen, dass der neue Rundfunkbeitrag verfassunsgwidrig ist, wird dies trotzdem rückwirkend nichts ändern. Es mag höchstens sein, dass für die Zukunft ein paar marginale Änderungen durchgeführt werden. Ein Erfolg wäre es natürlich, aber selbst die Klageflut von Juristen, Unternehmen und aufgebrachten Bürgern wird nicht wirklich zu einer substanziellen Reform führen – egal wie das Urteil dann ausgeht. Und das ist das eigentlich Gespenstische daran.
Es kocht in der Bevölkerung – dies zeigt nicht zuletzt Folgendes: Auf der Facebook-Seite der Tagesschau wird doch tatsächlich vor einem gefälschten Schreiben bezüglich des Rundfunkbeitrags gewarnt – und die Reaktionen der Leute sind entsprechend: