Folge 93 - Sendercheck: ERF

Übrigens ist für mich Religionsunterricht in der Schule auch keine Gehirnwäsche. Es liegt viel mehr an den Lehrern was sie daraus machen, und wie sie es rüber bringen. Ich habe sehr viele Leute in der Schule gehabt, die mit Glauben nichts am Hut hatten, aber gerade später doch gerne mit im Unterricht gesessen haben, weil es viele tiefgründige Diskussionen gab.

Wenn es tatsächlich nur darum geht, warum dann im Rahmen des Christentums? Tiefgründe Diskussionen kann man auch im Ethikunterricht haben ohne eine bestimmte Glaubensrichtung zu favorisieren. Und bitte versuch mir jetzt nicht zu erzählen, dass „evangelischer Religionsunterricht“ und „katholischer Religionsunterricht“ keine Favorisierung von Religion sind. Jedenfalls wäre es recht seltsam wenn sich etwa ein Nichtgläuber eher für den ev.Religionsunterricht entscheiden würde als für den Ethikunterricht, im Ethikunterricht schafft man im Idealfall eine unvoreingenommene Grundhaltung zwischen den Schülern und Lehrern. Ich kann mich noch sehr gut an das Verhalten einiger Mitschüler an der Grundschule errinern, der Religionsunterricht war fast schon eine Art Cliquenveranstaltung und unser „Klassentürke“ wurde ständig blöd angelacht wenn er von seinem Glauben erzählt hat. So was lässt sich ganz leicht lösen, gemeinsamer Unterricht in einem neutralen Umfeld und schon hat man eine Möglichkeit gefunden etwas über andere Ansichten zu erfahren ohne sich in seinem Verein sicher fühlen zu müssen.

Schlimme (westlich geprägte) Welt…da muss man mit Meinungen leben, die man selbst nicht teilt. Man muss sie ertragen (tolerieren). Aber so viel ist einem „aufgeklärten“ Menschen wohl nicht zumutbar. Da lobe ich mir Voltaire, der viel gegen vermeintlichen oder tatsächlichen Aberglauben unternommen hat, aber sagte: „Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst.“

Das mag in manchen Situationen durchaus eine guter Leitfaden sein, nur hat Voltaire diese Aussage offensichtlich nie getätigt.

Oftmals wird Voltaire fälschlicherweise das Zitat „Ich missbillige, was du sagst, aber würde bis auf den Tod dein Recht verteidigen, es zu sagen.“ zugeschrieben.

Tatsächlich stammt die Formulierung von S. G. Tallentyre, Evelyn Beatrice Hall: The Friends of Voltaire. U.P. Putnam’s Sons, New York 1907, S. 199: „I disapprove of what you say, but I will defend to the death your right to say it“, [1]. Diese hatte damit aber nur eine Einstellung Voltaires charakterisiert, kein Zitat angegeben. Eine irrige Zuschreibung an Voltaire selbst mit falschem Bezug auf einen Brief vom 6. Febr. 1770 an einen Abt „le Riche“ findet sich in Bartlett’s Familiar Quotations, beruht aber auf einer Fehllektüre von Norbert Guterman: A dictionary of french quotations. Vgl. z. B. F. R. Shapiro: The Yale book of quotations. Yale University Press, 2006, S. 744,