Folge 70: Prof. Michael Wolffsohn zum Ukraine-Krieg

Das erklärt zumindest die Hakenkreuze auf den Stahlhelmen, die 2014 in den Nachrichten gezeigt und von FKTV zum Thema gemacht wurden. Vielleicht bietet sich hier ein Vergleich zu den israelischen Siedlern in Gaza und Westjordanien an? Die sind ja ebenfalls ihrem Staat treu ergeben, andererseits den Palästinensern auch nicht unbedingt friedlich gesinnt. Je nachdem, wer in der Knesset das Sagen hat, erhalten diese Kräfte mehr oder weniger Unterstützung. Was aber nicht bedeutet, dass das gesamte Volk hinter den Extremisten steht.

(Pardon: Darf man das als Deutscher überhaupt vergleichen, ohne sich dem Verdacht des Antisemitismus auszusetzen …? Das ist nicht meine Absicht!)

Vielleicht stand die Regierung der Ukraine vor einem ähnlichen Dilemma: Um sich im Osten gegen Russland zu behaupten, mussten sie an Personal nehmen, was sie kriegen konnten. Was nicht bedeutet, dass die Ukraine mit Nazi-Deutschland anno 1940 vergleichbar ist, wie Putin behauptet. Die Ukraine hat niemanden angegriffen. Wenn überhaupt, dann trifft dieser Vergleich auf Russland unter Putin zu. Unter Putins Oberbefehl ist russisches Militär einmarschiert und sorgt gezielt für eine humanitäre Katastrophe. Und der Westen kann nicht wirklich was machen, ohne eine Eskalation zu riskieren.

Meine Dienstzeit war von Herbst 1988 bis zum Jahreswechsel 89/90. Damals galt es 3 Monate Grundausbildung und 12 Monate Vollausbildung hinter sich zu bringen. Das Stichwort „Gammeldienst“ kann ich bestätigen. Wer über die 15 Monate nicht weiter hinaus wollte, hat sich dem alltäglichen Dienst entzogen, sooft es ging. Verständlicherweise. Da ist man morgens im Blaumann zu den Garagen abmarschiert und hat die Panzer vors Garagentor gefahren. Abends das Ganze dann wieder zurück. An manchen Tagen etwas früher, weil gegen Dienstschluss noch Dauerlauf angesetzt war. Die Stunden dazwischen hat man so getan, als wenn man was tut, besonders wenn ein Vorgesetzter vorbei kam. Highligts waren für manche Kollegen die gelegentlichen Schieß- oder Geländeübungen. Was wir alle gehasst haben, war das Exzerzieren (links um, rechts um, im Gleichschritt marsch). Clevererweise hatte man diese Übungen für den Freitag angesetzt, kurz vorm Abmarsch ins Wochenende.

Seit 30Jahren habe ich keinen von den Leuten mehr wiedergesehen, mit denen ich damals „gedient“ habe. Dennoch: Der Wehrdienst selbst hat durchaus prägende Erinnerungen hinterlassen. Was die Effizienz und Motivation betrifft, würde ich jedoch eher auf eine Freiwilligenarmee setzen. Zumal die Zukunft der Bundeswehr (hoffentlich) nicht in Inlandseinsätzen liegt. Und um sich in ein Krisengebiet schicken zu lassen, muss dem m.W. selbst ein Freiwilliger zunächst zustimmen.

Wenn es hart auf hart kommt, würde ich bei der kämpfenden Truppe natürlich meinen Mann stehen … und sei es als bloßes Kanonenfutter,

Man kann eine funktionstüchtige Armee nicht auf dem Prinzip Hoffnung aufbauen. Denn wenn’s danach ginge, könnte man auch sagen „Hoffentlich gibt es bald Weltfrieden!“ und komplett aufs Militär verzichten. Das wäre natürlich ganz wundervoll und absolut wünschenswert - doch wie schnell man von der knallharten Realität eingeholt werden kann, zeigt uns der jetzige Ukraine-Krieg so deutlich wie schon lange nicht mehr. Insofern muss eine wirklich zuverlässige Bundeswehr auch stets auf Inlandseinsätze vorbereitet sein - selbst wenn wir das dann hoffentlich nie brauchen werden.

Was die Wehrpflicht betrifft, kenne ich übrigens auch ganz andere Erfahrungen als die von dir geschilderten. Gibt viele Leute, die diese Zeit als sehr fordernd und lehrreich erlebt haben. Nix mit Gammeldienst. :wink: Auch die dort entstandenen Freundschaften bestehen in vielen Fällen noch lange über den Wehrdienst hinaus. Ich persönlich war damals zwar erstmal froh, dass ich ausgemustert wurde, hab mich im Nachhinein aber doch manchmal gefragt, ob mir dadurch nicht eine wertvolle Erfahrung entgangen ist. Die Abschaffung von Wehrpflicht/Zivildienst sehe ich entsprechend zwiegespalten. Einerseits begrüße ich die größere Entscheidungsfreiheit, die dadurch entstanden ist.

Andererseits haben wir jetzt oft junge Menschen, die schon direkt nach dem Abi sofort ins Studium gehen und wo man nicht selten das Gefühl hat, dass ihnen dazwischen ein wichtiger Entwicklungsschritt fehlt. Im Studium erlebt man oft ein sehr ähnliches Umfeld und ähnliche Rahmenbedingungen wie man sie schon aus dem Gymnasium kennt. Dort steht man also seltener vor wirklich neuen Herausforderungen, die zur persönlichen Reife beitragen. Auch einen Einblick in andere Lebenswirklichkeiten als die, die man selbst schon kennt, erhält man dort seltener.

Insofern eigentlich wenig verwunderlich, dass sich inzwischen immer mehr Arbeitgeber darüber beklagen, dass den Studenten heute wichtige persönliche Fähigkeiten fehlen (Selbstständigkeit, Eigenverantwortung, Belastbarkeit etc.), wenn sie sich für den ersten Job bewerben. Der Wehrdienst/Zivildienst allein kann dieses Problem sicherlich nicht lösen, wäre aber vielleicht zumindest ein wichtiger Baustein dafür. Bin bei diesem Thema also eher bei Herrn Wolffsohn.

Spätestens, als Herr Wolffsohn die Mär, daß die Raketen in Polen gegen den Iran gerichtet sein sollen, erzählte, mußte ich diese unsägliche Nato-Propaganda abschalten…

Wobei Wolffsohn da nicht genau ausgesprochen hat, um was für Raketen es geht, oder ich hab es überhört. Soweit ich weiß sind in Polen Raketen stationiert, die fremde Raketen abschießen sollen. Natürlich sind die (auch) gegen Russland gerichtet, und es gab einen Vertrag der solche Schutzschilde verbietet (da sie das Abschreckungs-Gleichgewicht stören). Dennoch - so kritikwürdig das auch immer ist - direkt bedroht haben diese Raketen Russland nicht. Und die Abschreckung existiert dank russischer U-Boote sowieso immer noch. Ganz davon abgesehen, dass wohl niemand sich darauf verlassen möchte, dass solche Raketen jede russische Atomrakete sicher abwehren würden.

Oder anders:
Sobald etwas nicht ins Weltbild passt ist es Propaganda. :man_shrugging:
Du kannst gerne Belege für Deine Sicht der Dinge vorbringen - aber bis Du das tust schenke ich einem Prof. doch etwas mehr Glauben. :man_shrugging:

Ich hätte es so genau auch nicht vernommen.

Was leider die Vorgehensweise jeder Seite ist und ich wünschte wirklich es wäre anders :man_shrugging:

Wolffsohn sagt auch, es wären „Hobby-Historiker“ am Werk gewesen, bezüglich des Themas „Nato-Osterweiterung“. Nur gibt es nicht nur die vom Spiegel recherchierte Aktennotiz, sondern sogar Videomaterial das beweist, dass Genscher explizit gesagt hat, dass man sich einig war, dass nicht die Absicht besteht, die Nato nach Osten auszudehnen.

Anstelle sich nebulös auszudrücken und die Spiegel-Recherche ohne Argumente als Werk von „Hobby-Historikern“ zu betiteln, hätte ich mir von dem renomierten Professor doch eine inhaltliche Auseinandersetzung und Einschätzung gewünscht, anstelle einfach nur in schöne Worte verpackt zu sagen: „Ihr habt eh alle keine Ahnung, denn ich hab sowieso den Längsten!“. :confused:

Ich schließe mich den Gammeldienstlern an. War vertane Zeit damals.

Diese Video von Solmecke ist das härteste zum Thema was ich bisher gesehen habe: Putins Plan: Russische Großmacht in Europa?| Anwalt Christian Solmecke - YouTube.

Wie er das allerdings quellenlos auf Youtube präsentieren kann, verstehe ich nicht. Ich habe ihn gerade deshalb angemailt.

Aktennotizen und Genschers Äußerungen sind im Zweifel nicht verbindlich.
„Es hat niemand die Absicht eine Mauer zu bauen.“
„Was schert mich mein Geschwätz von Gestern.“
Die Liste solcher Sprüche lässt sich sicherlich noch deutlich ausbauen. :wink:

Wäre jedenfalls nicht verkehrt gewesen um die eigene Aussagen zu untermauern.

Wie dem auch sei, Herr Prof. Wolffsohn hat im Gesamtkontext seine Aussagen aber noch besser und nachvollziehbarer begründet als so mache, die einfach nur „Propaganda“ rufen ohne dies auch nur im Ansatz zu erläutern, wie man hier im Faden schön sehen kann.

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Die Absicht, die NATO nicht zu erweitern, kann ja damals tatsächlich bestanden haben. Die Absicht hat sich eben geändert. Das ist schon vom Wortlaut her keine verbindliche Zusage.

Niemand hat die Absicht eine Mauer zu bauen war dagegen gelogen, denn das Ulbricht die Mauer damals schon wollte war nachträglich klar. Bei Genscher halte ich Unwissen noch für möglich.

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Das ist mir auch klar, aber es besteht ja nen Unterschied zwischen „ist nicht verbindlich“ und „das hat es nie gegeben“. Es gibt immernoch Menschen, die anzweifeln, dass es überhaupt Gespräche in diese Richtung gab. Trotz eben entsprechender Hinweise. Und da hätte ich gerne die Einschätzung von jemanden gehabt, der kein „Hobby-Historiker“ ist, aber der sich dann aber auch inhaltlich damit auseinandersetzt, wie gesagt.

Und ja bei dem „es besteht keine Absicht“ musste ich auch sofort an den Mauerbau denken :ugly: War halt auch nicht „verbindlich“ gewesen, diese Aussage :joy:

btw. hier noch die Quelle zu dem Videomaterial:

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Sehe ich ähnlich. Dieses mündliche Versprechen hat es damals nachweislich seitens des Westens gegeben. Dass es nicht verbindlicher in Schriftform festgehalten wurde, ist bedauerlich. Zeigt aber auch, wieviel heiße Luft in der Weltpolitik produziert wird; selbst bei höchst wichtigen Angelegenheiten.

Man kann jetzt im Nachhinein natürlich nur vage im Sinne von „Was wäre wenn“ spekulieren. Jedoch bin ich überzeugt davon, dass zwischen Russland und der westlichen Welt heute ein besseres Verhältnis bestehen würde, wäre der Verzicht auf die NATO-Osterweiterung damals dauerhaft verbindlich festgehalten worden. Erfahrene Außenminister und Verhandler wie Genscher wussten sehr genau, warum sie dieses Thema damals ins Spiel gebracht haben. Gerade mit den noch sehr frischen Erfahrungen des kalten Krieges im Nacken wäre es ein kluger diplomatischer Kompromiss gewesen.

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