Folge 62 - Brotlose Statistiken

Ich finde auch nicht gut, dass es Aufstocker gibt. Jeder sollte so viel verdienen, dass er davon leben kann.
Der 1-Euro-Job ist ja nur was übergangsmäßiges. Er soll wieder den Weg in ein geregeltes Arbeitsverhältnis ebnen.
Als Zivi hab ich direkt mit einem 1-Euro-Jobebr zu tun gehabt der auch meines Wissens dann 1, 2 Arbeitsangebote bekommen hat. Aber ohne diesen 1-Euro-Job hätte er nie ein Arbeitsangebot bekommen. Denn er war nicht einfach Arbeitsloser sondern befand sich in einem Förderheim, das ihm wieder einen geregelten Tagesablauf vermitteln sollte weil er es von selbst nicht geschafft hätte (u.a. Suchtkrankheit) und da war ein 1-Euro-Job schon ein Erfolg.

Was eine Arbeitslosenzahl, deren annuale Beschönigung (es geht nicht um +/-500.000) und entsprechende politisch motivierte Programme angeht, empfehle ich auch abseits aller Glaubensfragen bzw. Utopien eines Grundeinkommens jedem die Lektüre “Einkommen für alle” von dm-Gründer Götz Werner. Neben den 1-Euro-Jobs gibt es übrigens noch einige andere Maßnahmen, in die ALG 2-Empfänger gestopft werden, um aus der Statistik zu fallen und die eine dicke, fette “Coaching”-Industrie dankend entgegennimmt. Dazu zählen obligatorische einwöchige Einführungsveranstaltungen nach jedem ALG 2-Antrag, wie sie in meiner Kommune üblich sind und für die gewissermaßen eine zweite städtische Uni gebaut wurde, wie auch finanziell aufgeblähte berufliche Rehabilitationszentren für psychisch oder physisch Kranke mit fragwürdigen Erfolgsaussichten.

Das alles soll und muß erstmal bezahlt werden, findet neben Diskussionen wie “Sollen die Sozialschmarotzer jetzt noch mehr kassieren?” aber keinen Platz. Neben den bedauernswerten Stigmatisierungen für immer mehr Betroffene der “Stütze” hat sich - typisch für BRD - eine Art “Hartz-IV-Industrie” gefüttert von staatlichen Maßnahmen entwickelt, die ursprünglich der Überforderung der neugeschaffenen JobCenter Rechnung tragen sollte, in Sachen Effektivität aber nichts als verdunkelte Parkplätze für Leistungsempfänger geworden sind und eine Menge Arbeitsplätze für vermeintlich qualifizierte Bürokraten geschaffen haben.

Zuerst möchte ich sagen, dass ich es sehr gut finde, dass dieses hier Thema aufgegriffen wurde.
Ich möchte jetzt nicht auf jeden einzelnen Kommentar eingehen, auf den ich mich beziehe, deswegen versuche ich es mit einem kleinen Rundumschlag.
Ich möchte ergänzen, dass nicht nur AlgII-Empfänger in Maßnahmen nicht in den offiziell verkündeten Statistiken auftauchen, sondern auch folgende Personengruppen:

  1. 1€-Jobber, denn auch das ist eine Maßnahme (quasi Tagelöhner nur unfreier, da ihnen, falls sie den Job nicht machen, jegliche Existenzgrundlage durch Sanktionen genommen wird --> das hat also nichts mit Arbeit, geschweige denn mit Beruf zu tun)
  2. alle AlgII-Empfänger, die an eine private Arbeitsvermittlung weitergeleitet wurden, unabhängig davon, ob sie tatsächlich langfristig in Arbeit kommen (es gibt einen Vermittlungsgutschein der Arbeitsagentur für den PAV über bis zu 2000€ (worüber so mancher PAV seine Geschäfte finanziert); unter bestimmten Bedingungen: bsp. muss dem Arbeitslosen ein sozialversicherungspflichtiger Job bei mind. 400€ Einkommen über 3 Monate vermittelt werden; wenn dieses Arbeitsverhältnis über mindestens 6 Wochen tatsächlich besteht, kassiert der PAV die komplette Summe --> Rotation)
  3. Jeder AlgII-Empfänger, der mehr als 400€ verdient gilt ebenfalls nicht als arbeitslos. (Auf die Definitionsfrage werde ich später noch eingehen)
  4. Alle AlgII-Empfänger, die zum fraglichen Zeitpunkt (z.Z. Monatsmitte) arbeitsunfähig gemeldet sind, fallen für diese Zeit ebenfalls aus der Statistik.
  5. AlgII-Empfänger, die mind. 58 Jahre alt sind, mind. ein Jahr lang AlgII bezogen haben und mind. ein Jahr lang kein Angebot für ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bekommen haben, verschwinden ebenfalls aus der Statistik. (Es gibt noch weitere Bedingungen unter denen Ü57-Jährige aus der Statistik verschwinden, nach zahlreichen Regelungen der Altersteilzeit, des Vorruhestandes bishin zur Quasi-Zwangsverrentung mit 63)
  6. Alle Frauen mit Kind bis drei Jahre, tauchen auch wenn sie ausschließlich von AlgII leben nicht in der Statistik auf.

Ganz besonders möchte ich auf das Argument, die Statistiken zeigten dennoch einen Trend, da die Berechnungsgrundlage seit (ich nenne es mal so) Menschengedenken nicht verändert worden sei, eingehen:

  • Beispielsweise wurde erst 2004 mit dem dritten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt festgelegt, dass Arbeitslose, die an Maßnahmen der aktiven Arbeitspolitik teilnehmen nicht mehr als arbeitslos gelten. (2005 in Kraft getreten)
  • Erst seit 2009 zählen AlgII-Empfänger in Eignungsfeststellungs- und Trainingsmaßnahmen ebenfalls nicht mehr zur Arbeitslosenstatistik.
  • Seit Mai 2009 gibt es die PAV-Regelung (den Vermittlungsgutschein gibt es aber schon wesentlich länger… Hier wird besonders deutlich, wie sehr man zwischen Definition und Statistik schiebt. Auch der Zeitpunkt ist bemerkenswert, treten solche Änderungen doch gewöhnlich zu einem 1.1. in Kraft.)

Man kann sich über die Definition von „arbeistlos“ streiten, die offizielle lautet ungefähr so:
Personen, die sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben, vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, eine versicherungspflichtige Beschäftigung suchen und dabei den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung stehen (Stichwort ABM, PAV). Selbst wenn man mit dieser Definition übereinstimmte, ist es trotzdem nicht legitim, die Grundlagen einer Statistik ständig zu ändern, immer wieder weitere Gruppen zu finden, die man aus mehr oder weniger verständlichen Gründen ausgliedern kann, und sich anschließend dafür auf die Schulter zu klopfen.

hier ein interessanter, recht umfassender Artikel zum Unterschied von Arbeitslosen und Arbeitssuchenden und was das für die Statistik bedeutet:
http://www.abendblatt.de/wirtschaft/art … eiten.html

viele Informationen und Statistiken habe ich hier gefunden:
http://www.theonussbaum.de/index.htm
Außerdem habe ich die Informationen mit anderen Quellen abgeglichen, um sie zumindest grob zu prüfen.

Gruß an alle, die bis hierher durchgehalten haben :smt024

Einen heroischen Wirtschaftsaufschwung wie er von unserer Regierung ausgerufen wird bemerke ich noch nicht wirklich. Dank Wirtschaftskrise sind selbst einige Maschinenbauingenieure (siehe zT BMW!) von Leiharbeit betroffen.
Rot-Grün / Schwarz-Gelb spiel(t)en der Wirtschaft so unfreiwillig flexible & preiswerte Arbeiter zu.
Wenn jetzt auch noch Frau von der Leyen & Herr Hundt die Legende vom Fachkräftemangel erzählen platzt mir
echt der Kragen.

Jetzt aber mit der schön gerechneten Statistik den Aufschwung erklären zu wollen ist genau so falsch. In den Jahren zuvor wurde genau so gerechnet, der Trend der Statistik stimmt wieder. Würde man es jetzt anders rechnen hätte der Trend eine falsche Aussage und würde wahrscheinlich den Zuschauer eher verwirren.

Leiharbeiterschaft hat auch nicht wirklich etwas mit der Wirtschaftskrise zu tun, die gab es auch vorher schon zunehmend. Damit wollen Firmen in erster Linie flexibel bleiben. Die sind auch nicht Preiswerter, da ein beachtlicher Teil an die Vermittlungsagenturen geht. Aber gerade der Maschinenbau bommt zur Zeit. Viele Firmen legen Sonderschichten ein und kommen mit der Produktion nicht hinterher. VW zB könnte mehr verkaufen, wenn die Zulieferer nachkommen würden.
Das aber so gerechnet wurde wird auch immer wieder in Nachrichten erwähnt und hat auch nicht wirklich etwas mit der von der Leihen zu.

Und das der Arbeitsmarkt vom Wetter abhängig ist, ist auch nichts neues

In den Jahren zuvor wurde genau so gerechnet, der Trend der Statistik stimmt wieder. Würde man es jetzt anders rechnen hätte der Trend eine falsche Aussage und würde wahrscheinlich den Zuschauer eher verwirren.

Und das ist eigentlich das beste Argument, eben doch so zu rechnen, wie es das Arbeítsamt tut. Zeitreihen kann man nur bilden, wenn man die Berechnungsgrundlage nicht ändert.

Würde man das nun ändern, müsste man sich rechtfertigen, wie man denn nun von ca. 4 Mrd. auf ein mehrfaches dieses Wertes gekommen ist, ohne dass sich die Lage verschlechtert hätte.

Lol,

Besonders hervoheben kann ich vll. folgenden ausgezeichneten Post:
viewtopic.php?p=179564#p179564
Ihr könnt gerne dagegen argumentieren, aber wenn ihr den Post gelesen hättet hättet ihr euch eure letzten sinnlosen und x-mal wiederholten Posts sparen können.
Und sry 4 Minimodding. :oops:

Ich möchte ergänzen, dass nicht nur AlgII-Empfänger in Maßnahmen nicht in den offiziell verkündeten Statistiken auftauchen, sondern auch folgende Personengruppen:

  1. bis 6.
    Da fällt mir auch noch was ein, was ich von einem der Mitarbeiter auf dem Amt gehört habe:

ALG-Empfänger werden rausgerechnet aus der Statistik, wenn sie krankgemeldet sind. Da aber die wenigsten Arbeitslosen bei einem Schnupfen morgens zum Arzt rennen, um dann mit einem 3-Tage-Gelbem-Zettel zum Amt zu wetzen, gibt es Durchschnittswerte. Ist angeblich kein Witz! Bei der Behörde gehen die davon aus, daß die Ausfallhäufigkeit wg. Krankheit bei Arbeitslosen ähnlich hoch ist wie in bestimmten Arbeitsverhältnissen. Und daher werden einfach mal ca. 5% pauschal rausgerechnet. Weil - wahrscheinlich - krank. Schon kraß…