Folge 6: Impfen

Mal ein Extrembeispiel:

In den USA wurden im Zuge der Eugenik Tausende Menschen zwangssterilisiert.
Eugenik war damals keineswegs irgend ein Vodoo, sondern hatte den Rang einer Wissenschaft. Man war der Meinung mit den Sterilisationen das Volk vor Schaden in Form von Leben, dass nicht als wertig betrachtet wurde und sich deshalb nicht fortpflanzen sollte, zu schützen .
Es ist nun bei Impfungen nicht das gleiche, aber es zeigt, warum das Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit eben nicht einfach nur irgend eine linke Gutmenschenidee ist. Es geht dabei um ganz zentrale Rechte, die jeden von uns schützen.
Das Beispiel zeigt dabei sehr gut, dass das Argument des Schutzes der Mehrheit allein betrachtet nicht ausreicht, um Grundrechte auszuhebeln, denn wenn dem so wäre, dann hat man direkt auch eine Rechtfertigung für jede Menge Unrecht und ich unterstelle mal, dass das keiner hier will.

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Das sehe ich in der Tat genau so. Unentschlossenen Menschen muss man mit Information und Aufklärung begegnen und sie auf diese Weise vor Impfkritikern schützen, keineswegs durch Zwang, denn das ist auch aus Sicht von Impfbefürwortern kontraproduktiv.

Übrigens ein interessantes Beispiel. Ich habe mir eine solch ethische Frage erstmals während meines Zivildienstes gesellt, als ich geistig behinderte Menschen kennengelernt habe, die zwangssterilisiert wurden. Ich war erschrocken, dass dies scheinbar gängige Praxis war (oder noch ist?) – denn das hatte ich eigentlich bis dahin eher dem Dritten Reich zugeordnet. Schockiert war ich, weil es in dieser Einrichtung auch, wenn auch wenige, nicht-sterilisierte geistig behinderte Frauen gab, die Kinder bekommen haben und gezeigt haben, dass sie durchaus liebevolle, tolle Eltern gesunder, nicht-behinderter Kinder sein können. Wie auch immer… Zwang ist beim Impfthema keine Lösung, sondern Aufklärung.

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Da machst du es dir (genau wie deine Gegenseite) zu einfach. Man kann das nicht so simpel runterbrechen. Siehe dazu:

Ob ein Eingriff in das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit der zu impfenden Menschen
unter Inkaufnahme möglicher Impfschäden zugunsten des Schutzes von Gesundheit und des
Lebens anderer Menschen angemessen erscheint, lässt sich pauschal nicht beantworten. Die Abwägung
müsste stets unter Berücksichtigung der verschiedenen Erkrankungsarten erfolgen.

Eben und es gab auch mal Aufklärungskampagnen. Ich verstehe absolut null, warum man direkt mit Zwang anfangen will und damit Grundrechte verletzt und eben erst gar nicht auf ide Idee kommt, dass man auch entsprechend aufklären kann.

Mir ist die Diskussionslage durchaus bekannt und du verstehst mich falsch wenn ich irgend etwas simpel runterbrechen will. Es geht mir darum, dass wenn man einer bestimmten Argumentation folgt, dass man dann eben auch Risiken in Kauf nimmt, die Unrecht begünstigen.
Ich habe oben schon gesagt: Man muss hier ganz genau abwägen und die Rechtssprechung z.B. des Bundesverfassungsgericht tut das durchaus immer wieder. Ein Grundrecht kann durchaus ein anderes Grundrecht verletzen. Dadurch verlieren aber beide Rechte nicht ihre Bedeutung. Es bedeutet für mich aber eben, dass man das Thema sehr genau betrachten muss bevor man das eine oder andere Recht einschränkt.
Konkret bedeutet das in diesem Fall z.B, für mich: Wie groß ist aktuell der Schaden durch Impfverweigerer? Und das muss man eben auch in Relation zu anderen Themen setzen, wo Freiheitsrechte schlussendlich eben auch Tote bedeuten. Das ist kein einfacher Prozess und um nichts anderes geht es mir dabei auch. Macht es euch nicht einfach!

Edit:
„Indes wird in § 20 Abs. 6 IfSG das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) ermächtigt, durch Rechtsverordnung anzuordnen, dass bedrohte Teile der Bevölkerung an Schutzimpfungen teilzunehmen haben, wenn eine übertragbare Krankheit mit klinisch schweren Verlaufsformen auftritt und mit ihrer epidemischen Verbreitung zu rechnen ist“
Das war doch genau mein Argument oben. Daher sehe ich nicht wie der Wissenschaftliche Dienst da im Widerspruch zu meiner Argumentation steht.

Edit2:
Lese gerade noch und ich muss sagen der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages beeindruckt mich immer wieder mit seinen differenzierten Betrachtungen. Eigentlich fasst das Dokument perfekt die Rechtsfragen zusammen und ich sehe da auch nicht pauschal eine Tendenz hin zu einer Impfpflicht. Da sind jede Menge Einschränkungen enthalten, die als Bedingung gegeben sein müssen, damit die Verhältnismäßigkeit gewahrt wird.

Ok, dann habe ich dich falsch verstanden. Mir kam es so vor als ob du einfach sagst „Impfpflicht nein, weil koerperliche Unversehrtheit“, was ja (wie du auch dargestellt hast) etwas zu einfach ist.

Ich wuerde auch sagen, dass die Notwendigkeit ein Grundrecht einzurschraenken hier beim Thema Impfen nicht wirklich gegeben ist. Wenn irgendwann in der Zukunft ploetzlich signifikant viele Menschen geisteskrank werden und ihre Kinder nicht impfen lassen und dann akute Gefahr fuer die Bevoelkerung besteht, dann kann man da nochmal darueber reden. Aber eine derartige Situation ist ja in naher Zukunft (zum Glueck) nicht absehbar, womit sich eine solche Diskussion meiner Meinung nach auch irgendwie eruebrigt.

Klingt jetzt vlt. abwertend, aber von Leuten, die in solchen Einrichtungen arbeiten, weiß ich, dass die geistig Behinderten teilweise wie Karnickel sind. Da kommt es untereinander auch durchaus zu Vergewaltigungen. Als Angestellter bist du aber für die Menschen dort verantwortlich. Zudem stellt es das Personal auch wieder vor neue Herausforderungen, wenn sie sich nicht nur um die erwachsenen Bewohner, sondern auch um Babys und Kinder kümmern müssen. Zumal du nicht erwarten kannst, dass die Leute stets wissen was Verhütung ist.

Was am Ende dabei rauskommt kannst du dir denken. Ist natürlich immer noch eine strittige Frage, aber es ist zumindest nachvollziehbar.

Das kann ich auch bestätigen. Vergewaltigungen habe ich zwar nicht erlebt, aber dass dort sehr viel und bei allen Gelegenheiten gevögelt wird. Ich habe generell in dieser Zeit sämtliche Vorurteile, positive wie negative, über geistig behinderte Menschen abgelegt :wink: Ich habe meine Eindrücke als 18-Jähriger geschildert. Auch wenn ich diese Sterilisationen heute nachvollziehen kann… eine ethische Frage, über die man diskutieren kann, bleibt es trotzdem, denn ich wage zu bezweifeln, dass es da ausschließlich um das ver­meint­liche Kindeswohl geht. Vor allem bleibt es aber eine Information, dass Zwangssterilisationen im Prinzip existent sind, was nicht jedem klar ist, da es nicht mehr diese Eugenik-Gesetze aus der NS-Zeit gibt. Aber wenn ein Vormund eine solche medizinische Entscheidung trifft, dann ist es im Prinzip das selbe.

Das selbe ist es nicht, da die Eugenik einen komplett anderen Ansatz verfolgt hat und davon ausgegangen ist, dass charakterlische Eigenschaften Folge genetischer Mängel sind. Wer also irgendwo in Armut gelebt hat oder kriminell wurde, war direkt im Fokus.
Ich denke bei deinem Beispiel geht es da doch wahrscheinlich eher um tatsächliche medizinische Gründe. Wobei das natürlich alles keine einfachen Entscheidungen ergibt.
Ich kenne zufällig gerade einen Fall, wo ein Kind vor der Geburt getötet wurde, weil es nach der Geburt definitiv nicht lebensfähig gewesen wäre. Das ging komplett mit Staatsanwaltschaft und Ethikrat. Ich denke bei deinem Beispiel gibt es da ebenfalls ein paar Hürden und das kann nicht einfach von einem Arzt angeordnet werden oder?

Ich kann da keine allgemeingültigen Aussagen treffen, erst Recht keine juristischen. Es sind persönliche Beobachtungen. Die mir bekannten Fälle sind Sterilisationen, die in den 70er und 80er Jahren erfolgt sind, und die sind definitiv gegen den Willen der Frauen durchgeführt worden. Es gibt wohl auch heute noch rechtliche Möglichkeiten, dies gerichtlich gegen den Willen der Behinderten durchzusetzen, doch eine Vielzahl wird wohl auf Grund psychischen Drucks, man könnte auch sagen „Manipulation“, dazu gedrängt. Der Arzt wie auch die Eltern sind dann aus dem Schneider, weil ja die Zustimmung der behinderten Frau vorliegt. Ein interessanter Artikel dazu: Frauen mit geistiger Behinderung werden zur Sterilisation gedrängt

„Tatsächliche medizinische Gründe“ – wie gesagt, das würde ich bezweifeln, dass es da immer darum geht. Das spiegelt in vielen Fällen wohl eher die Interessen der Eltern der Behinderten wider. Es muss einem natürlich auch eines klar sein… um es mal krass auszudrücken… „geistig behindert“ bedeutet nicht gleich „Down Syndrom“ oder dass da jemand im Rollstuhl sitzt, nicht sprechen kann und ihm die Spucke aus den Mundwinkeln läuft. Es gibt da eine sehr große Bandbreite, selbst beim „Down-Syndrom“ gibt es enorme Unterschiede. Es gibt in jedem Fall geistig behinderte Menschen, bei denen man sich die Frage stellt, warum sie eigentlich dieses Etikett tragen. Das war mir vor meinem Zivildienst auch nicht so klar. Wie gesagt, ich habe in dieser zeit so ziemlich jedes Vorurteil abgelegt.

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Interessanter Artikel und durchaus Stoff zum drüber nachdenken.
War mir so alles bisher nicht bekannt.

Ich empfehle zur weiteren Information abseits von Ideologien die Dokumetation von David Sieveking - er hat sehr investigativ recherchiert, als er selbst Vater geworden ist und darüber eine Doku gemacht. Sehr umfassend und weit weg von schwarz-weiß!

Failboard …

Erst Fehlermeldung, dann Meldung, ich hätte das schon mal gepostet und dann ist es doch weg …

Nur noch Kurzfassung:

Geistige Behinderung ist eigentlich an dem IQ geknüpft. Im besten Fall sind “nur” 97,7 % der Bevölkerung schlauer. Wahrscheinlich sind es eher 99,9 %. Das bedeuten große kognitive Einschränkungen und in aller Regel, außer ganz am Rand des Spektrums, auch große Probleme, den Alltag selbstständig zu meistern, spätestens, wenn irgendetwas außerhalb der geübten Norm läuft. Es bedeutet ebenso große Probleme zu haben, Entscheidungen auf längere Sicht zu überblicken.

Als Angehöriger eines Menschen mit geistiger Behinderung habe ich Verständnis dafür, wenn Eltern/Angehörige ihren Verwandten die Sterilisierung nahelegen. Eine verantwortungsvolle, selbstständige Betreuung eines Kindes ist in den meisten Fällen ausgeschlossen und die Familie müsste die Betreuung mit übernehmen. Verhütungsmittel sind eh schon unzuverlässig und bei Hormonen auch einfach ungesund und im Fall von genetischen Grunderkrankungen auch wissenschaftlich wenig getestet. Dazu hängt die Zuverlässigkeit der Verhütungsmethode von der Person selber ab, in Fällen von geistiger Behinderung ist aber oft die zuverlässige Anwendung und ein rechtzeitiges Melden von Problemen nicht unbedingt zu garantieren. (Das gilt ja eh schon auch für Menschen ohne geistige Behinderung.)

Und es stellt sich die Frage, wo denn der Makel einer Sterilisierung ist. Die geistige Behinderung wird bestehen bleiben. Das Grundproblem wird dauerhaft vorhanden sein. Wunderheilungen sind nicht zu erwarten. Empörung ist bei dem Thema natürlich einfach, weil alle direkt an Nazis denken, real dürfte es aber den Angehörigen darum gehen, ihrem Angehörigen für die Umstände trotzdem noch möglichst viel Freiheit zu geben, aber katastrophale Probleme vorgebeut werden. (Denn die Alternativ ist, ohne dass jemand widersprechen kann, dass man einfach eine eingeschlechtliche Betreuungseinrichtung wählt. Dann gibt es eben keinen (heterosexuellen) Sex und Partnerschaft.

Hast du den von dandee verlinkten Artikel gelesen?
Im Grunde genommen wiedersprichst du nicht wirklich den dort gemachten Aussagen. In Fällen, wo sich Gerichte damit beschäftigen müssen, ist es offensichtlich ein sehr durchdachter Prozess. Das kommt jedenfalls bei mir so rüber.
Natürlich hat man Einschränkungen bei entsprechender Behinderung, aber ist es bei allen durchgeführten Sterilisationen wirklich gegeben, dass die Kinder zwangsweise ebenfalls eine Behinderung bekommen müssen?
Und ist ein Leben mit Behinderung per se ein schlechteres Leben? Ich denke das ist alles sehr individuell und muss von Fall zu Fall betrachtet werden.
Und hier werden mal wieder Grundrechte berührt. Daher finde ich es schon erforderlich, dass man es sich bei so einem Thema nicht zu einfach macht. Für das alles braucht man auch nicht die Nazis, Ich denke aber schon, dass die Nazis uns allen -nicht nur den Deutschen- gezeigt haben welche Perversität aus gewissen Logiken entstehen kann und daher empfinde zumindest ich es schon als eine gewisse Verpflichtung die Dinge sehr genau zu betrachten bevor man Entscheidungen fällt.

Wobei wir jetzt echt ziemlich weit weg sind vom ursprünglichen Thema.

Sehr interessantes Thema, ich finde den Dr. Graf auch glaubhaft und kann einige Argumente nachvollziehen.
Aber beim Thema “Homöopathie” rollen sich mir immer die Zehennägel hoch.

Ich frag mich auch wie es mit Tetanusimpfungen aussieht, die wurden ja gar nicht erwähnt.

Doch, schau mal bei 10:15.

@Spymac Feature Request: Timecode Verlinkungen

Oh, hast Recht, das hab ich irgendwie total ausgeblendet…

Einfach #Sekunden anhängen. Beispiel: Veto - Folge 6: "Streit ums Impfen"

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Manchmal völlig skrupellos der Kerl. Die Aussage “Die sollen ruhig die Krankheiten bekommen, wird denen später gut tun” ist für mich als Elternteil schlimm. Das eigene Kind leiden zu sehen (besonders bei sowas intensivem wie Masern) ist doch nicht etwas, was man so in Kauf nimmt, wenn man was dagegen tun kann. Wahrscheinlich würde er dann auch keine Medizin gegen Fieber eingeben, im Stile von “Soll der Körper das schon alleine schaffen”.

Gerade heute Mittag durch Zufall noch über einen Artikel gestolpert: https://kinderdok.blog/2018/05/21/impfdiskussionsdeeskalation/

Sehr gutes Blog übrigens!