Ich bin sehr positiv überrascht von diesem Interview. Als ich den Namen gehört und gelesen habe, hab ich erstmal gelacht, weil der Name so absurd klingt und hatte jetzt erwartet so einen pseudocoolen HipHoper zu sehen, der Holger erklärt was fürn geiler Checker er ist und warum HipHop die geilste Musikrichtung EVER ist und warum er voll durchstartet, wenn er erstmal den Bundestag nieder-„rappt“.
Aber stattdessen ist es ein Inverview mit zwei wirklich sympathischen, freundlichen und unaufgeregten Menschen. Selten jemand so ruhig und sachlich über Politik reden sehen. Großartig! Ich kann mich auch absolut mit den allermeisten Punkten identifizieren und das obwohl ich der klassische, weiße, „Cis-Mann“ bin. Aber Gerechtigkeit, Hilfe, Solidarität und Gemeinschaftsgefühl macht eben nicht vor Geschlecht, Sexualität, etc. halt. Viele Menschen, vor allem schwarze Menschen, aber auch viele Natives in Amerika und überall in der Welt, mussten und Ausbeutung, Hass, Marginalisierung, tiefen Rassismus und der Entwürdigung durch koloniale, kapitalistische und sonstig unmenschlichen Mächten leben. Das dieser Umstand beseitigt wird und das man allen Menschen die Gerechtigkeit und die Menschlichkeit entgegenbringt, die sie verdienen, sollte mMn das Ziel jedes Menschen auf diesem Planeten sein.
Als Menschen können wir nicht mit der Ungerechtigkeit leben. Wir akzeptieren es vielleicht, entmenschlichen unsere „Feinde“ und kommen damit klar, aber mir kann niemand ernsthaft erklären wollen, dass er es gut findet, wenn Menschen leiden, wenn sie schlecht behandelt werden oder strukturellen Benachteiligung erfahren.
Die Schwierigkeit liegt dann aber am Ende, trotz allem Idealismus und trotz aller Empathie immer im Detail. In den großen Zielen schafft man es vielleicht noch eine gewisse Einigkeit zu erzielen. Aber in den Details gibts dann die Probleme und Uneinigkeiten. Was ich daher unheimlich schade finde ist, dass die beiden Vertreterinnen der Partei, trotz aller Empathie und ihrem sympathischen und positiven Weltbild, dass ich den Gesprächspartnerinnen sofort zu 100% abkaufe, wieder zu dem problematischen Schluss kommen: Man muss die Menschen, die nicht zu der FLINTA* Community gehören quasi sprachlich und gesellschaftlich aus ihren Communites ausschließen und natürlich reicht es eben nicht Sprachangebote zu machen um eine inklusive Sprache zu ermöglichen, sondern die Sprache MUSS sich zwangsläufig und alternativlos zu dem von ihnen gewünschten Gunsten verändern, weil sich marginalisierte Gruppen nicht gesehen fühlen. Zum Menschsein gehört es mMn auch dazu, zu erkennen, dass man nicht immer zu 100% alles erreichen und haben kann. Es gibt viele, viele versch,. Gruppen von Menschen auf der Welt. Sprache hat mMn nicht die Funktion in seiner Struktur zu 100% formal Gleichheit und Gerechtigkeit zu erzeugen, sondern Sprache ist ein Tool, das man dazu nutzen kann, seine Gedanken auszudrücken. Somit sind Angebote, Ideen, Wortneuschöpfungen vollkommen in Ordnung, aber in dem Moment, wo ich von ANDEREN dann erwarte, dass sie kleine bis sehr kleine Gruppen sprachlich berücksichtigen MÜSSEN, dann beginnt der Punkt, der dann auf Widerstand stößt.
Das ist leider am Ende wieder der alte Trugschluss, der ja auch gerne bei Religionen immer wieder zu Recht moniert wird:
„Mein Glaube/meine Ideologie sagt mir, dass ICH das und das tuen oder lassen muss.“ → „Okay.“
„Mein Glaube/meine Ideologie sagt mir, dass DU das und das tuen oder lassen muss.“ → „Verpiss dich!“
Aber abgesehen von diesem Punkt: Ein super spannendes und interessantes Gespräch