Nein ist es nicht, aus meiner Sicht. Ich stimme dir in sofern noch zu, dass krasse Enteignung Gewalt verursachen würde und daher grundsätzlich abzulehnen ist, da es dann eben nicht „sozial“ wäre, sondern Unrecht und Tyrannei. Aber dann machst du den Sprung zu „Enteignung = Vernichtung von Menschen“ und das macht so absolut keinen Sinn.
Und nochmal: Das in Unrechtsstaaten, wie der DDR, in der Sowjet-Union, China etc. Menschen umgebracht worden sind, wird niemand leugnen, der nicht komplett ideologisch verblendet ist.
Nun aber daraus herzustellen: Menschen haben in Unrechtssystemen Menschen umgebracht und darum ist es Teil der Ideologie, ergibt keinen Sinn. Und das ist im übrigen auch ideologische Verblendung: Man schustert einer Ideologie eine Eigenschaft zu, weil die Ausführung eines Regimes, Unrecht begangen hat und darum schlussfolgert man, die Ideologie wäre so beschaffen. Das macht vorne und hinten keinerlei Sinn.
Das wäre so, als würde man der Demokratie vorwerfen, Menschen zu vernichten, weil sich die DDR „Deutsche Demokratisches Republik“ genannt hat. Nur weil sich jemand „Kommunismus“, „Sozialismus“, etc. auf die Fahne schreibt, heißt das noch Lange nicht, dass dieses System dann auch danach lebt. Und niemand wird doch ernsthaft glauben, dass das totalitäre Stalin-Regime irgendwas mit Sozialismus oder gar Kommunismus zu tun hat oder doch?
Nehmen wir doch mal den Nationalsozialismus als Gegenbeispiel: Nationalsozialismus gründet sich auf der These, eine Volksgemeinschaft, oder gar eine „Rasse“(in Anführungszeichen) ist einer anderen überlegen, weshalb deren Vernichtung ein legitimes Mittel der Wahl wäre, um die Überlegenheit der eigenen „Rasse“(in Anführungszeichen) zu demonstrieren. Dort ist die Versklavung oder gar Vernichtung der Menschen ideologisch vorgegeben, da die Grundthese der Ideologie darauf beruht. Du kannst keinen Nationalsozialismus betreiben, ohne Rassenlehre, ohne Herrenmenschen-Ideologie und den daraus resultierenden Implikationen für Menschen, die nicht zu deiner eigenen Volksgemeinschaft gehören.
Aber wo sind denn diese Implikationen im Sozialismus? Der Sozialismus stellt sich primär gegen (Neo-)Liberale Ideologien, gegen Kapitalismus und gegen das Kapital als gesellschaftliches Wirtschaftskonstrukt und die Folgen und Ungerechtigkeiten die daraus entstanden sind und immernoch tagtäglich entstehen. In diesem Kern kommt keinerlei Implikation für die Vernichtung von Menschen vor. Kapitalismus kann man auch bekämpfen, ohne Menschen zu töten. Enteignung ist auch zivilisiert ohne Gewalt erfolgen und ein Umbau der Gesellschaft kann auch ohne Folter, Mord und Totalitarismus erfolgen.
Wie alles andere auch, kann man „den Sozialismus“ aber natürlich extrem, radikal, brutal oder totalitär auslegen. So kann es z.B. bekloppte Linskradikale geben, die der Meinung sind, man müsse alle Unternehmen brutal enteignen und ermorden. Solche Ansichten sind natürlich extremistisch und menschenverachtend. Keine Frage. Solche Menschen würde ich auch niemals unterstützen oder verteidigen!
Aber Ansichten wie diese kann man aber kaum pauschal „dem Sozialismus“ zuordnen. Genauso wenig wie man Religionen pauschal vorwerfen kann, Menschen vernichten zu wollen. Entscheidend ist die Auslegung, nicht die grundlegende Idee dahinter. Man kann auch an Gott glauben ohne damit implizieren zu wollen „Alle Ungläube müssen sterben“. Aber genauso kann man radikaler Christ, Moslem, etc. sein und der Ansicht sein, man müsse zu den Waffen greifen und jeden erschlagen, der nicht dein Bruder sein will.
Würdest du daraus auch schlussfolgern, dass z.B. der Islam grundlegend die Vernichtung von Menschen zur Folge hat?