Folge 185: Schlechte Geschichtsdokus im TV - "Verstehen Sie Spaß?" mit Schöneberger

Die Mediatheke Folge 185. Hier kann darüber diskutiert werden!

Der Geschichtsexperte Andrej Pfeiffer-Perkuhn regt sich regelmäßig über historische Dokus im Fernsehen auf - besonders „Terra X“ hat er auf dem Kieker. Dazu äußert er sich im Interview. Außerdem: Barbara Schönebergers Premiere mit „Verstehen Sie Spaß?“ und nächtliche Peinlichkeiten auf Twitter mit dem ZDF-Fernsehrat.

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Also auf Sylt war ich auch in einem Museum im Stil eines alten Friesenhauses, in dem ein sehr kurzes Bett Stand. Dort wurde auch gesagt, die Menschen hätten im Sitzen geschlafen, aus Angst, im Liegen eher im Schlaf zu sterben. Klingt absurd, aber können denn so viele Museen und Dokus falsch liegen?

Schöne Sendung, hatte viel von FK-TV.

Ergänzung zu Verstehen Sie Spaß und dem unveränderten Konzept: Interessant ist diese Passage aus einem Übermedien-Portrait von Pierre M. Krause:

„Unter bestimmten Umständen, das gibt er auf Nachfrage offen zu, hätte auch er sich vorstellen können, „Verstehen Sie Spaß?“ zu moderieren, aber es ist ziemlich klar, dass diese Umstände so schnell nicht eintreffen werden, denn in diesem unwahrscheinlichen Fall müsste man „noch mal ein bisschen tiefer ans Konzept ran“. Wenn dazu niemand bereit sei, mache er weiter, was er gut finde und sich auch selbst anschauen würde. „Etwas anderes zu machen, was ich vielleicht nicht so gut fände, nur damit es mehr Leute gucken, ergibt für mich keinen Sinn.““

(Der freundliche Herr Krause - Übermedien)

Da hat man wohl die Chance einer Erneuerung des Formats verschenkt. Ich hätte Krause gerne in einer großen Primetime-Show gesehen und mich würde interessieren, was er aus dem Format gemacht hätte.

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Liegt auch daran, dass die Menschen öfter Lungenkrankheiten hatten, und da ist es im Sitzen angenehmer. Ich hab auch ne Zeit lang im Sitzen geschlafen als ich Wasser in der Lunge hatte. Also wenn ihr irgendwann mal auf die Idee kommt, aufrecht zu schlafen bzw euch übermäßig Kissen unterzustopfen, weil ihr dann besser Luft kriegt, ist das n Warnzeichen für ne Lungenproblematik.

Vllt sind auch zusätzlich viele Menschen an Kohlenmonoxidvergiftungen gestorben, weil sie mit Feuer geheizt haben, und dadurch hat sich der Aberglaube auch weiterverbreitet, dass man im Schlaf stirbt.

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Das alles scheint der von Holger interviewte Experte aber offenbar anders zu sehen… ?

Ich würde gerne noch eine zweite Meinung eines anderen Historikers zu seinen Aussagen hören, gerade wenn man liest, was ihr so schreibt.

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Die Anmerkungen bzgl Reinlichkeit als Urinstinkt des Menschen (ersichtlich „lebensnotwenigen Umstand“) sind so auch nicht richtig. Also bspw Hände waschen, damit man nicht an ner Blutvergiftung stirbt. Man hat ja damals gar nicht verstanden, dass es der Dreck ist, der einen krank macht. Bis (v.a. durch Lister) die Chirurgie antiseptische Maßnahmen entdeckt hat, hat man sich selbst im OP-Saal nicht die Hände gereinigt. Am besten vorher noch Leichen seziert und dann direkt am lebenden Menschen operiert. Bis zu dieser Zeit glaubte man noch nicht an kleine Organismen, die Krankheiten verbreiten, sondern an Krankheiten durch schlechte Luft (Miasmen).

Kausa Mayr:

Mayr scheint das „blinde Huhn zu sein, dass mal ein Korn gefunden hat“. Das war damals das Beobachten und Bloßstellen der Querdenker, was großen Widerhall gefunden hat.

Jetzt aber zeigt sich, wessen Geistes Kind er wirklich ist und warum o.g. Thema so gut in seine Agenda gepasst hat, weil er Applaus von der richtigen Seite bekam.

Solche krassen und menschenverachtenden Ansichten entwickelt man nicht von gestern auf heute. Da steckt evtl. eine psychische Krankheit dahinter in meinen Augen.

Kann sein dass er es in seiner Kindheit nicht leicht hatte und gemobbt wurde. Wir haben ja erlebt, wie selbstsicher und eloquent er bei Holger war. Gehen wir davon aus dass er durch den Beifall der breiten Masse Oberwasser bekommen hat und es jetzt daher legitim findet, mit solchen Aussagen nach vorne zu preschen.

Knusper ist er jedenfalls nicht.

Ach toll, ich habe Andrejs Kanal erst vor kurzem entdeckt und relativ schnell alle Videos durchgesuchtet :heart_eyes: Wahnsinnig toller Kanal :blush:

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Ich verstehe nicht warum dieser Mayr ueberhaupt ernst genommen wird. Der leidet doch offensichtlich an einer geistigen Behinderung oder sonst irgend einer kognitiven Einschraenkung.

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a) im Fall Holger weil content
b) weil sich rechtsorientierte Leutchen, die selber oft nicht die hellsten Kerzen auf der Torte sind, schlauer fühlen können, indem sie ihn kritisieren
c) weil Dummheit keine Ausrede für Volksverhetzung ist. Wer weiß, wer Bomber Harris ist, der versteht dann auch die Kritik, die daraufhin kommt

Olli :heart_eyes: ach doch nicht^^ Im ersten Moment wo ich dieses Foto gesehen hab.

2022-04-09_14-54

noch nicht geschaut

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Mir ist immer noch nicht ganz klar, warum die akademische Welt, warum die Historiker bei derartigen Falschinformationen nicht intervenieren.
Herr Pfeiffer-Perkhuhn hat das in den Raum gestellt, und gemeint, in der Physik wäre das nicht durchgegangen.
Aber m.E. hat Herr Perkhuhn nicht ausreichend erläutert, warum das so ist. Mittelalter ist doch Thema an vielen Universitäten!
Wenn das alles so falsch ist, sollte doch das ZDF einige Proteste von Wissenschaftlern ernten.

Herr Pfeiffer-Perkuhn sagt bei 12:48

Ich vertrau den Medien im Bereich Narchrichten zu Beispiel schon deutlich mehr, aber sobald es zum Bereich Mittelalter geht, bin ich sehr sehr skeptisch.

Das klingt für mich nach Gell-Mann-Amnesie-Effekt,

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Schön wäre eine Vorstellung des Interviewgastes gewesen auch mit kurzem Blick auf sein Youtubekanal und seine sonstigen Aktivitäten beruflich etc… grundsätzlich gut wenn ein Gast kurz vorgestellt wird zur Einordnung…
ansonsten :+1:

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Da könnte es mehrer Erklärungen für geben:

  • Ihnen fehlt die Plattform
  • Die schauen diese Sendung erst gar nicht
  • Das Gezeigte passt ihn ihre Weltanschauung.

Seit ich vor ca. 15 Jahren ein Doku, die den Kreationismus debunken wollte - aber im Prinzip nur auf dem Nivau „Die spinnen, die Römer“ argu… (Moment - falsches Wort) geschwafelt hat - und das obwohl es zig Ansatzpunkte gibt und gab - das war so der erste Moment, wo zumindest bei mir die ersten Zweifel aufkamen, wie sauber und ergebnisoffen die öffentlichen Medien agieren. :man_shrugging:

Ich kann nur jedem Zuschauer immer wieder empfehlen genau hinzuschauen ob nur Ergebnisse präsentiert werden oder ob auch genau und nachvollziehbar erklärt wird, wie diese zustande kamen. Unter dieser Prämisse… Naja… Dieses Kaninchenloch erscheint mir seeeeehr tief.

Da ich vorhin einen Historiker gefragt habe:

  • Manches ist einfach zu nischiges Wissen, wie z.B. das mit den Betten. Uni ist auch nicht Schule, man lernt nicht allerlei Krimskrams über jedes Thema. Manchmal ist die Quellenlage auch schlecht (wie in dem Fall).

Außerdem:

  • Vieles ist nicht „falsch“, sondern einfach runtergedummt / trivialisiert. Und es ist doch in dem Fall immer noch zu beweisen, dass der werte Herr in der Sendung nun recht hat. Ich hab mir den Schmarrn bisher auch nicht ganz angeguckt, allein zu meinen, dass die Menschen doch einen Zusammenhang zwischen Blutvergiftung und Hygiene hergestellt hätten, ist halt wirklich 100% Mumpitz.

Die einfache Erklärung: Weil sich empirische historische Fachwissenschaft als gesellschaftswissenschaftliche Disziplin nicht mit einer Naturwissenschaft vergleichen lässt.

Die komplexere Erklärung: Grundlegendes Ziel aller Wissenschaften ist es, wahre Aussagen zu generieren, die helfen sollen, „die Welt“ zu erklären und Probleme zu lösen (= Klärung von „Warum-Fragen“). Weil nun „die Welt“ ein sehr komplexes Konstrukt ist, müssen für jeden Bereich Spezialisten (= Wissenschaftler) ausgebildet werden, deren zentrale Aufgabe ist, jenseits des Alltagswissens Kompetenzen und Wissen zu erwerben, um die komplexen Phänomene erklären zu können. An dieser Stelle unterscheiden sich nun die Wissenschaftsdisziplinen. Spezifikum der Geschichtswissenschaft ist, dass deren Erkenntnisobjekt in der Gegenwart nicht mehr direkt beobachtbar ist (weil es ja eben vergangen ist), sondern retrospektiv auf Basis einer permanent unsicheren Quellenlage erschlossen werden muss. Dadurch ist es in der Historik nicht möglich - anders als in den Naturwissenschaften -, deduktive Erklärungsmuster (Alle A sind B. Dies ist ein A. → Dieses A ist ein B.) anzuwenden. Vielmehr bedient man sich dort sog. intentionaler Erklärungsmuster nach dem Schema des aristotelischen praktischen Syllogismus.

Um es an dieser Stelle abzukürzen: Es gibt in der Historik keine feststehenden, objektiven Wahrheiten. Historiker versuchen aber, dieser durch - im Idealfall natürlich fundiertes und empirisch triftiges (= überprüfbares, nachvollziehbares und zustimmungsfähiges) - gewissenhaftes Studieren von Quellen und (nachrangig) Darstellungen möglichst nahe zu kommen. An dieser Stelle ist der Hinweis des Interviewgastes sehr wichtig, dass Experten sich gerade im fachwissenschaftlich-historischen Bereich lieber nur zu Dingen äußern sollten, von denen sie qua ihrer Profession wirklich etwas verstehen, weil sie in ihrem Forschungsgebiet liegen. Aus diesem können sie eben (idealerweise) historische Sachverhalte so empirisch triftig erklären wie niemand sonst.

Der Kniff ist nun aber, (und hier komme „ich“ als Vertreter der Geschichtsdidaktik ins Spiel) dass wir es im Fall einer Geschichtsdokumentation mit einer Darstellungsform von Vergangenheit in der gegenwärtigen Öffentlichkeit (= Geschichtskultur) zu tun haben, der es unter Umständen überhaupt nicht darum geht, in allen Belangen eine hohe empirische Triftigkeit aufzuweisen. Vielmehr spielen hier noch ganz andere Dimensionalitäten (nicht nur „die Wahrheit“ [kognitive Dimension nach Rüsen], sondern auch die Ästhetik und das Politische [ebenfalls nach Rüsen]) und Funktionen (nicht nur „Bildung“, sondern bspw. Unterhaltung, Kommerz) eine wichtige Rolle. Ich habe diesen Punkt schon einmal bei der Böhmermann-Kritik zu @ichbinsophiescholl zu verdeutlichen versucht (s. Foren-Thread „Betreutes Gucken #20: Böhmi vs. Sophie Scholl“).

Neben diesen erkenntnistheoretischen Grundsätzen, die für jegliches historisches Geschehen gelten, kommt bei dieser speziellen Geschichtsdoku noch erschwerend hinzu, dass diese mit „dem Mittelalter“ eine Epoche thematisiert, bei der die Quellenlage, auf deren Basis die historischen Erkenntnisse gewonnen werden, so unsicher und unvollständig ist wie bei kaum einer anderen. Dadurch ist es nur logisch, dass die Spanne an möglichen Interpretationen entsprechend groß ist. Und hier muss man in der Tat an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und an die Macher der Dokumentation erstens die grundsätzliche Frage stellen, welche genaue Funktion die Doku erfüllen sollte (ich unterstelle an dieser Stelle einfach mal eine primär bildend-unterhaltende und sekundär ökonomische), und zweitens, ob für die Erfüllung der intendierten Funktion gewissenhaft gearbeitet wurde (im Falle einer bildenden müssen auch fundierte Expertinnen und Experten aus dem entsprechenden Themengebiet konsultiert worden sein).

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Genau das fehlt weitgehend in solchen TerraX-Dokus, aber auch in Perkhuhns Reaction-Video.
Ich bin mir nicht sicher, ob Pfeiffer-Perkhuhn der fundierte Geschichtsexperte ist, als der er verkauft wird.
Dazu gehört zwar nicht unbedingt eine Professur, aber zumindest eine Promotion in dem Gebiet.
Statist und Kostümdarsteller auf Mittelaltermärkten + zweiter Bildungsweg klingt ziemlich fragwürdig.
Kann sein, dass er wirklich Ahnung hat, und ich mich irre - aber das CV spricht eher für Seiteneinsteiger/interessierter Laie.
Interessant wäre, was ein professioneller Historiker zu Herrn Perkhuhns Thesen meint.

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Allgemein war das eine sehr schöne Ausgabe.

Zu den Terra X Dokus kann ich nur sagen, dass man nicht mehr mit Bestimmtheit sagen kann, wie die Menschen von vor 500 bis 1000 Jahren wirklich gelebt haben.
Ist Herr Pfeiffer ein Historiker/Theologe oder ein Hobby-Schausteller oder gar beides? Woher genau hat er sein Wissen? Ich will nicht anzweifeln, dass er kein Experte ist, aber ich mag Leute nicht so sehr, die einfach sagen, dass etwas komplett falsch ist, ohne die entsprechenden Quellen. Beim Mittelalter ist das extrem schwer, weil man über das Leben der Bürger und der Bauern nur sehr wenige schriftliche Zeugnisse hat. Er regt sich hauptsächlich über die Kulisse auf, was ich fragwürdig finde. Fakten werden jetzt aber auch nicht geliefert mit den entsprechenden Beweisen.

Allgemein empfinde ich die Terra X Dokus doch sehr seriös, auch wenn sie tendenziell populärwissenschaftlich aufgezogen sind.

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