Folge 180 - Die Akte Böhmermann

Hier kann darüber diskutiert werden!

Ich fand den Beitrag an sich ganz gut, was nur unheimlich genervt hat, war dein ständiger Vergleich mit dir und deine vorzeitigen Rechtfertigungen, was deine Meinung angeht. Klar, dir ist bewusst, dass es gerade beim Thema Böhmermann viele Kontroversen gibt, aber ich finde die Beitragsqualität sinkt rapide, wenn man sich rechtfertigt, bevor man angegriffen wird. Das klingt dann so als würdest du nicht zu deiner Meinung stehen. Das ist natürlich nicht so :wink:

Also ich bin sicher kein Böhmi-Fangirl und verfolge nicht regelmäßig, was er macht, aber auch ich stelle mich in der Sache eindeutig hinter ihn. Ich finde es schade, dass Holger die Sache mit dem Kontext des Gedichts so sehr vernachlässigt hat und es am Schluss so hingestellt hat, als würde Böhmermann glauben, dass man Schmähkritik vortragen kann, wenn man sich nur davor davon distanziert. Das ist sicher nicht so. Ich habe einen Artikel gefunden, der wunderbar erklärt, warum Böhmermanns Text durchaus von der Meinungs- und Kunstfreiheit gedeckt ist, aber jetzt nicht jeder darherkommen kann, und unter vorheriger Distanzierung ein Schmähgedicht über eine Person seiner Wahl vortragen kann. Das sollte Holger sich vielleicht mal durchlesen:

Damit bleibt als möglicher Kritikpunkt allein die Tatsache, dass Böhmermann mit dem türkischen Präsidenten eine reale Person zum Gegenstand seines „Lehrbeispiels“ gemacht hat. Ohne jeden Zusammenhang dürfte eine solche Instrumentalisierung dabei in der Tat schwer zu rechtfertigen sein. Warum sollte irgendjemand akzeptieren müssen, ohne jeden Grund und damit völlig willkürlich als Exempel für Schmähkritik herhalten zu müssen? Insoweit muss freilich das vorangehende Verhalten des türkischen Präsidenten berücksichtigt werden. Denn mit der fragwürdigen Einbestellung des deutschen Botschafters hat dieser die Debatte über die Reichweite der Meinungsfreiheit überhaupt erst eröffnet. Offenbart hat er dabei zugleich wie sehr sich sein Verständnis der Meinungsfreiheit von demjenigen des Grundgesetzes unterscheidet. Geht es also darum, die angehende Debatte zu bereichern und damit neben der deutschen Öffentlichkeit gerade dem türkischen Präsidenten aufzuzeigen, wie Meinungsfreiheit unter dem Grundgesetz interpretiert wird, liegt es geradezu nahe, diesen auch zum Gegenstand seines edukatorischen Gedichtes zu machen. Auch insoweit erweist sich das Vorgehen Böhmermanns damit als gerechtfertigt.

[QUOTE=Mara_Jade;449945]Ich finde es schade, dass Holger die Sache mit dem Kontext des Gedichts so sehr vernachlässigt hat [/QUOTE]

Hat er nicht. Er hat sich sogar mehrmals dazu sehr explizit geäußert.[QUOTE=Mara_Jade;449945]und es am Schluss so hingestellt hat, als würde Böhmermann glauben, dass man Schmähkritik vortragen kann, wenn man sich nur davor davon distanziert. Das ist sicher nicht so.[/QUOTE]

So hat er es auch nicht gesagt. Er hat gesagt, dass es seine Unterstützer so propagieren, aber nicht, dass es Böhmermann selbst es so sieht. Und auch, dass dies die Konsequenz wäre, wenn man konsequent umsetzen würde, was von Fans und Unterstützer gefordert wird.

Holger nennt den Kontext einen “Disclaimer”, was aber am tatsächlichen Kontext weit vorbei geht, weshalb auch die Saalfrank-Anspielung natürlich nicht funktioniert hätte. Entweder hat sich Holger hier absichtlich doof gestellt, oder er hat die Einbettung in der NMR-Sendung tatsächlich nicht verstanden, was ich aber nicht glaube.

Ich gebe nur wieder was diverse Juristen (z.B. Solmecke) und Experten seit Wochen propagieren. Das Gedicht sei deshalb nicht beleidigend weil es in diesem Kontext stehe, dabei wird auch das Wort Disclaimer immer wieder benutzt. Daher erstaunt mich etwas was ich hier lese.

[video]https://m.youtube.com/watch?v=xhnNtH6mbBs[/video]

[QUOTE=Tilman;449949]Entweder hat sich Holger hier absichtlich doof gestellt, oder er hat die Einbettung in der NMR-Sendung tatsächlich nicht verstanden, was ich aber nicht glaube.[/QUOTE]

vielleicht wollte er auch einfach zwischendurch mal was witziges sagen…

Die Aussagen in dem Solmecke-Video sind tatsächlich unglücklich, so halte ich das für Quatsch.
In meinen Augen funktioniert es in diesem einen Fall tatsächlich nur, weil Böhmermann sich satirisch damit auseinandersetzt, dass Erdogan seinerseits die Grenze zwischen erlaubter Meinungsäußerung und Schmähkritik in den vergangenen Wochen verletzt hat, in dem er den deutschen Botschafter wegen eines harmlosen Extra3-Lieds einbestellen ließ. Nur in diesem Zuammenhang macht es Sinn, den deutlichen Unterschied zwischen erlaubter Satire und Schmähkritik herauszustellen, wie Böhmermann es getan hat.

Bei Katja Saalfrank gibt es keinen solchen Zusammenhang, und daher würde ein solcher Disclaimer eben auch nicht funktionieren.

Solmecke hat das leider nicht klar formuliert in seinem Video.

wie Miraculum schon sagte: Saalfrank war ein Gag, nichts weiter :roll_eyes:

[QUOTE=Fernsehkritiker;449954]Ich gebe nur wieder was diverse Juristen (z.B. Solmecke) und Experten seit Wochen propagieren. Das Gedicht sei deshalb nicht beleidigend weil es in diesem Kontext stehe, dabei wird auch das Wort Disclaimer immer wieder benutzt. Daher erstaunt mich etwas was ich hier lese.[/QUOTE]

Es gibt in diesem Fall zwei “Kontexte”, die man beachten muss:

1.) Die Einbettung des Gedichts in Böhmermanns Moderation. (“Das darf man bei uns in Deutschland nicht”, etc.)
2.) Die Einbettung in den großen Diskurs um Meinungs- und Satirefreiheit (Extra 3 Video & Erdogans Reaktion darauf)

Nur innerhalb von BEIDEN Kontexten macht Böhmermanns Gedicht als Satire Sinn. Wenn nur Punkt 1 gegeben wäre, dann könnte man wirklich über jeden herziehen, wenn man nur einen “Disclaimer” nutzt. Das macht natürlich keinen Sinn und es wäre schon eine sehr naive Vorstellung von Recht und Gesetz, wenn man diese Einstellung vertritt. Das würde ja jeder Beleidigung Tür und Tor öffnen. Daher wundert es mich, dass du, Holger, da nicht noch mehr nachgehakt hast und eben auf solche Erklärungen wie den oben von mir zitierten Text gestoßen bist.

Natürlich dürfte Böhmermann nicht klar gewesen sein, was die Geschichte für Wellen schlägt. Immerhin haben ihm Erdogan und Merkel voll in die Karten gespielt und ein noch größeres Thema daraus gemacht. Aber der Disclaimer zeigt deutlich, dass er Vieles bereits wusste. Er wusste, dass Erdogan wahrscheinlich einen Anwalt beauftragen wird und er wusste, dass der Beitrag aus der Mediathek verschwindet und nicht mehr gesendet wird. Also hat er in gewisser Weise vorausgesehen, dass es Ärger geben würde, der Nachklapp ist nicht vorauszusehen gewesen.

Plötzlich ging es eben nicht mehr nur darum, aufzuzeigen, was Satire darf und Erdogan mal vorzuzeigen, dass er sich wegen einem popeligen Extra3-Lied nicht so in die Hose machen soll. Es ist ein weltpolitisches Thema geworden, das Merkel ganz sicher nicht bestärken wird in ihrer Politik. Genauso ist es natürlich begrüßenswert, dass dieser Paragraph endlich verschwindet.

Wer Böhmermann etwas verfolgt, weiß, dass die Figur Böhmermann in seiner Sendung eben nicht der Privatmann Böhmermann ist. An dieser Stelle dürfte auch klar sein, dass zum ersten Mal diese beiden Personen miteinander verschmelzen. In erster Linie hat Böhmermann hier auch die Pflicht, die Füße stillzuhalten, um seine Familie zu schützen. Es geht hier eben nicht nur um seine Person, sondern auch um alle Personen in seinem Umfeld, seine Mitarbeiter, sein Arbeitgeber, seine Zuschauer und Befürworter.

Was daran schlimm sein soll, dass Böhmermann das Thema von Extra 3 aufgreift, bleibt mir auch ein Rätsel. Die Sendung orientiert sich bei den Themen immer an aktuellen Ereignissen, das haben Satire-Sendungen so an sich. Zu diesem Zeitpunkt herrschte aufgrund des Eklats eine gesellschaftliche Diskussion über Meinungs-, Satire- und Kunstfreiheit, genauso wurde eine politische Diskussion über Erdogan entfacht.

Böhmermann griff hier das Thema auf und verarbeitete es auf seine Weise. Genauso wie Holger wiederum das Thema aufgriff und seine Meinung dazu kund tut und ihn überspitzt als “Gottheit” betitelt. Ist es verwerflich, sich an Themen ranzuhängen, die momentan sowieso in aller Munde sind? Auch Holger wird - mit einer gegensätzlichen Meinung - damit natürlich auch Aufmerksamkeit ziehen wollen. Besonders dann ist es wichtig, wenn man eben nicht diese Reichweite hat.

Auch wenn Böhmermann oft sehr arrogant und selbstverliebt rüberkommt, hat er oft und an vielen Stellen betont, dass er diese Aufmerksamkeit nicht liebt. Das hat schon seine Gründe, weshalb er viele Interview-Fragen und Einladungen in Sendungen ablehnt. Er ist Keiner, der sich gerne feiern lässt. Er freut sich natürlich trotzdem darüber, wenn seine Aktionen Anerkennung finden, das sollte aber normal sein.

Was mich auch nervt, sind ständig diese Vergleiche. “Wenn ich jetzt morgen auf die Straße gehe und sage, dass das, was gleich kommt, Satire ist und dann einen Polizisten als H*rensohn beleidige, komme ich auch nicht straffrei davon.”

Satire ist es erst in dem Augenblick geworden, als Erdogan agierte, dann Merkel reagierte und alles komplett aus dem Ruder lief. Vorher war es tatsächlich nur ein Lehrstück darüber, was Satire darf. Satire funktioniert erst wenn aus gesellschaftlichen und politischen Themen Diskussionen werden.

Nachklapp: Das Gedicht ist absoluter Müll. Die Aktion ist komplett überzogen und es ist natürlich auch scheiße, dass das Leben von Böhmermann wegen sowas bedroht wird. Am Ende bleibt aber hoffentlich das Positive, dass Merkel ihr Gesicht verloren hat und der Paragraph verschwindet.

Also, ich muss ehrlich sagen, dass ich da voll auf Holgers Seite stehe, wenn ich das natürlich auch etwas differenzieren muss. Mir fällt vor allem auf, dass der Kreis der Menschen, die ich im Internet wahrnehme (was ja nicht viele sind), eine ziemlich homogene Meinung haben und ich da irgendwie mit meiner Meinung recht alleine darstehe. Aber hier geht es ja um den Beitrag.

Besonders gut fand ich die Aussage, dass die Genialität der Satire seitens Böhmermann hauptsächlich Zuschreibungen sind. Das Gedicht, sowie Böhmermanns Rolle im TV, lassen natürlich sehr viel Interpretationsspielraum. Ich habe das Gefühl, dass die Öffentlichkeit (die Böhmi sehr zugetan ist), hunderte Interpretationen und Analysen erstellt hat, sich die Kirschen rauspickte und dann das Gesamtpaket Böhmermann als Intention unterschob. Wenn man Journalisten, Fans und diverse andere Akteure befragt, könnte der Eindruck entstehen, Böhmermann sei ein Marionettenspieler, der Staatsmänner/frauen, Intellektuelle, Nationen und Fernsehanstalten tanzen lässt. Alles sei geplant, alles sei gut durchdacht und alles diente der Aufklärung im höheren Sinne. Ich bin auch der Meinung, dass die Aktion einzig und alleine durch Neid entstand. Daher finde ich, was der Tagesschaum Moderator sagte (Name vergessen), sehr richtig und perfekt analysiert. Das ist, nach meinem Stand der Überlegung, auch das einzige, was Böhmermann wollte. Alles andere ist ein Produkt der Öffentlichkeit und eine ungerechtfertigte Zuschreibung. Inkl. der angeblichen Genialität.

Dazu noch ein Vorwurf von mir, den ich schon recht früh machte. Es kommt traurigerweise nicht auf den Inhalt an. Es kommt nur auf den an, der ihn vorträgt. Haben wir Sympathien für ihn, ist es genial. Hassen wir ihn, ist es ein Verbrechen. (Böhme vs Julien)

Auf dieser Grundlage können wir nur heucheln. Die gesamte Bundesrepublik ist momentan in meinen Augen verheuchelt. Ich nehme das den Menschen nicht übel, zumal ich ja auch immer die Option mitbedenken muss, dass meine Sicht vielleicht die Falsche ist. Daher noch mal für die, die ihre Antipathie gegen mich und die Inhalte, die ich schreibe nicht trennen können: Subjektivität.

Auch finde ich, dass man das Statement der Kanzlerin falsch bis böswillig auslegt. Was hätte die Frau denn tun sollen? In einer Demokratie herrscht Gewaltenteilung. Die demokratische Qualität einer Regierung misst sich daran, ob sie auch in einer hitzigen Situation die Regeln des Rechtsstaats beachtet. Das war in der Vergangenheit nun oft nicht der Fall. Bei jedem gefunden Böller im Briefkasten wurden Persönlichkeitsrechte zum Schutze der “Sicherheit” eingeschränkt. Bei der NSA wurden die Bürger auf dem Silbertablett serviert. Hier jedoch war die Entscheidung der Regierung (nicht alleine durch Merkel!) die Richtige. Politiker, also Repräsentanten, haben in einer Demokratie keine Urteile zu fällen! Sie haben nicht das Recht, Gesetze auszulegen und zu richten! Dieses Recht haben alleine die unabhängigen Gerichte und die dort waltenden Experten. Es ist im Sinne der Gesetze und der Demokratie einfach richtig, diese Entscheidung genau dort hin abzugeben. Wir leben in keiner Diktatur und in keiner Monarchie und manchmal habe ich das Gefühl, dies wird vergessen! Merkel ist kein Monarch. Jede Entscheidung ist eine Entscheidung durch viele. Und was hieße das für Deutschland, wenn Merkel den Richter gespielt hätte? Als Königin von Gottes Gnaden, die legitimiert durch den Schöpfer über Schuld und Vergebung richtet? Nein! Alleine die Gerichte sind der Ort, wo dies stattfinden sollte. Merkel hat in dieser Sache das einzig Richtige getan.

Ich habe das Gefühl, wir befinden uns in einer surrealen, irrationalen Situation. Böhmermann lebt im TV lediglich seine verspätete Pubertät aus. Diese trägt relativ kreative Früchte und ich finde NMR sehr unterhaltsam und denke, dass dies eine der besten und anarchisten Sendungen ist, die wir im TV haben. Es braucht eben einen Böhmermann und eine Redaktion, die einfach Quatsch machen und dabei handwerklich etwas draufhaben. Kann man das vorwerfen? Eitelkeiten, ja. Beiträge nicht. Die Sache ist so lächerlich hochgekocht worden. Von Erdogan, von der Presse, von Fans. Das ganze ist eine Nullnummer, die einfach nur aufgeblasen wurde und jetzt Realitäten schafft. Was das über uns aussagt, könnte man sich auch mal fragen.

Außerdem möchte ich in all meiner Selbstherrlichkeit etwas zitieren, was ich auf Twitter schrieb: Kritik an Böhmermann ist ja auch sowas wie Majestätsbeleidigung für manche im Volk.

Ich fand Holgers Beitrag hier wirklich gut, vor allem, weil er sich gegen die Öffentlichkeitsmeinung stellt und dies sogar begründen kann. Das ist genau das, wofür ich zahle. Daran erkenne ich die Qualität. Selbst dann, wenn es nicht meiner Meinung entspräche. Ein Nachquaken der Dinge, die sowieso von allen in die Welt gehustet werden, wäre für mich da eher ermüdend.

So weit meine Überlegungen bis hier.

PS: Was ich natürlich noch anmerken muss, ist, dass Böhmermann durchaus in den Tageszeitungen (auch innerhalb ein und derselben) sehr kontrovers diskutiert wird. Die Böhmermann kritischen Artikel verbreiten sich natürlich nicht so gut. Daher ist der Eindruck einer homogenen Öffentlichkeitsmeinung meinerseits vielleicht eher eine Illusion, der man leicht erliegt.

Saalfrank war ein Witz Holger, das habe ich schon verstanden. Und war auch durchaus passend. Die Aussagen davor haben mich irritiert

Hab ich das richtig verstanden, also das unsägliche Gedicht von Böhmermann wird dadurch zu Satire, wenn man vorher darauf hinweist durch einen Disclaimer, dass das ja eigentlich verboten ist, was man jetzt sagt.

Das ist interessant. Also ich kann Beleidigungen schlimmster Sorte aussprechen, wenn ich es einbette in einen Hinweis dass ich eigentlich das nicht darf

Die Antwort auf beide rhetorischen Fragen lautet „Nein“. ^^

[post=449967]@DeeperSight[/post]

Okay, ich verstehe da deine Meinung. Natürlich steht es Holger frei, Böhmermann zu kritisieren und seine Aktion und Person doof zu finden und das auch in seinem Beitrag aufzugreifen. Ich hätte mir allerdings erwartet, dass Holger auch im Sinne seiner aufklärerischen Tätigkeit zur Frage “War das Satire / von der Meinungsfreiheit gedeckt und wenn ja, warum?” Stellung bezieht und sein Publikum über die juristische Faktenlage informiert. Dass das nicht geschehen ist und dann am Schluss noch dieser Saalfrank-Gag kam, der von einem verqueren Verständnis der Rechtslage zeugt, das hat mich enttäuscht.

Für die juristische Beurteilung spielt es nämlich keine Rolle, ob man Böhmermanns Aktion missglückt, geschmacklos, niveaulos, arrogant, aufmerksamkeitsheischend etc. findet. Und gerade diese “Geschmackssache” wird immer wieder mit der juristischen Beurteilung vermischt. Meiner Meinung nach hätte Holger noch klarer machen müssen, dass das zwei verschiedene Stiefel sind.

[QUOTE=Mara_Jade;449972]
Für die juristische Beurteilung spielt es nämlich keine Rolle, ob man Böhmermanns Aktion missglückt, geschmacklos, niveaulos, arrogant, aufmerksamkeitsheischend etc. findet. Und gerade diese „Geschmackssache“ wird immer wieder mit der juristischen Beurteilung vermischt. [/QUOTE]

Das macht ja keiner bei Alsterfilm, dafür unter den Fans und bei der Presse so ziemlich jeder.

Hmm… für mich hat er das mit dem Beispiel JuliensBlog eigentlich getan. Vielleicht verstehe ich aber auch einfach nicht, was du sagen willst. ^^

Gib mal Beispiele, ich stehe auf dem Schlauch. :slight_smile:

[QUOTE=DeeperSight;449973]Das macht ja keiner bei Alsterfilm, dafür unter den Fans und bei der Presse so ziemlich jeder.[/QUOTE]

Gerade weil es sonst jeder tut, hätte Holger da Aufklärung betreiben müssen.

[QUOTE=DeeperSight;449973]Hmm… für mich hat er das mit dem Beispiel JuliensBlog eigentlich getan.[/QUOTE]

Prinzipiell eignet sich das Beispiel von Juliens Blog selbstverständlich dafür, aber es kam im Zusammenhang von Holgers Beitrag bei mir überhaupt nicht als juristische Beurteilung an, sondern eher als weiteres Beispiel dafür, wie überschätzt Böhmermann ist und dass man ihm nur alles durchgehen lässt, weil er (im Gegensatz zu Julien) so sehr verehrt wird.

Du hast Recht, vieles war in Holgers Beitrag indirekt drin, aber er war mir einfach zu wenig stringent, zu schwammig, zu undeutlich, zu wenig differenziert und hat die Frage, ob das nun Satire war oder nicht, nicht eindeutig genug beantwortet.

Ich hatte zuvor dieses unglaublich klar formulierte Facebook-Post von Kalkofe gelesen und hatte mir sowas auch von Holger gewünscht, der da leider ziemlich hinter den Erwartungen zurückblieb, da er seine (für mich wenig relevante) persönliche Meinung über Böhmermann stärker in den Fokus gerückt hat als die objektive Bewertung und die Diskussion um die Grenzen von Satire.

Zwei andere Anmerkungen:

  1. Was ist daran so verwunderlich, dass § 103 noch angewendet wird, obwohl er danach abgeschossen wird? Zum jetzigen Zeitpunkt besteht er noch und daher muss er in einem rechtsstaatlichen System auch Anwendung finden, solange er existiert. Es waere viel skandaloeser den Paragraphen jetzt einfach zu ignorieren und die Strafverfolgung nicht freizugeben.

  2. Was ist daran verwerflich sich von Schertz Bergmann vertreten zu lassen nachdem man sich ueber sie lustig gemacht hat? Wenn es um Juristerei geht, will man sich doch nur von den Besten vertreten lassen. Und Schertz Bergmann sind die Besten … wie fktv sicherlich weiss :ugly

Nun ja, ich fand den Vergleich, den der Radiomoderator gebracht hat (dessen Namen mir entfallen ist), sehr treffend.
Ich frage mich einfach, wie die Reaktionen ausgefallen wären, würde es sich um einen israelischen Minister handeln oder die Satire wäre über den Holocaust.
(Und ja, mir ist der Kontext durchaus bewusst. Das machts aber nicht wirklich besser. Man kann nicht erwarten, dass man immer alles im Kontext liest. Und nein, ich mag Erdogan auch nicht.)

Edit: Ironie, etc. sind sehr feine Stilmittel. Die sollte man immer nur bewusst einsetzen. Das müsste ein Böhmermann eigentlich wissen.

[QUOTE=STaRDoGG;449981]

  1. Was ist daran so verwunderlich, dass § 103 noch angewendet wird, obwohl er danach abgeschossen wird? Zum jetzigen Zeitpunkt besteht er noch und daher muss er in einem rechtsstaatlichen System auch Anwendung finden, solange er existiert. Es waere viel skandaloeser den Paragraphen jetzt einfach zu ignorieren und die Strafverfolgung nicht freizugeben.[/QUOTE]

Das ist ein weiteres Missverständnis, das Holger hätte aufklären müssen.

Ja, der Paragraph existiert noch und er gibt der Bundesregierung zwei Optionen: Strafverfolgung freigeben oder nicht freigeben. Wenn also Erdogan Klage erhebt und die Bundesregierung gibt ihr Okay, dann findet der Paragraph genauso Anwendung wie wenn Erdogan Klage erhebt und die Bundesregierung lehnt das ab. Wenn es nicht rechtsstaatlich wäre, dass die Bundesregierung Nein sagt, dann würde die Option nicht im Gesetz stehen.

Es steht auch ausdrücklich keine Begründung drin, wann die Bundesregierung Ja oder Nein zu der Klage sagen darf / muss. Der Paragraph gibt der Bundesregierung also eindeutig die Freiheit, hier politisch zu agieren und die Klage zuzulassen oder abzulehnen, je nachdem, wie es gerade ins politische Kalkül passt. Und wenn die Bundesregierung hier ja sagt, dann sendet sie damit schon eine Message “Ja, wir stehen hier auf deiner Seite, Erdogan, und finden Böhmermanns Aktion zumindest auch so zweifelhaft, dass wir das gerichtlich prüfen lassen wollen.” Ein Nein hätte dagegen bedeutet: “Keine Chance, sowas ist bei uns eindeutig von der Meinungsfreiheit gedeckt!”

[QUOTE=Mara_Jade;449987]Ein Nein hätte dagegen bedeutet: “Keine Chance, sowas ist bei uns eindeutig von der Meinungsfreiheit gedeckt!”[/QUOTE]
Das ist die Aufgabe der Judikative.