Folge 116 - Postecke

[QUOTE=Maschendraht;310766]Willst du mir wirklich weismachen, dass du sagst “der Hund boll”?[/QUOTE]

Nein, wenn ich spreche nutze ich eher Umgangssprache und dann auch selten reines Hochdeutsch.
Aber wenn ich einen wichtigen Text schreibe, achte ich stärker auf meine Wortwahl.
Gleiches würde ich auch im Falle einer öffentlichen Rede praktizieren.
Und damit sind wir auch wieder bei den Medien angelangt.
Ich finde es nicht schlimm, wenn die Sprache sich aus einer Notwendigkeit heraus verändert.
Nur wenn es aus Nachlässigkeit, Fahrlässigkeit, oder gar Dummheit heraus geschieht, ärgert es mich.
Und wenn ich dann sehe wie Menschen, die es eigentlich besser wissen, diesem “Schlendrian” auch noch nachgeben,
verliere ich jede Hoffnung.

Natürlich kann man der breiten Masse stets nachgeben.
Nur sollte man sich dann nicht wundern, wenn fiktive Geschichten wie z.B. “Idiocracy” irgendwann Realität werden.

Und damit klinke ich mich jetzt auch wieder aus diesem Thema aus.

Du meintest wohl eher „Standarddeutsch“, was umgangssprachlich auch Hochdeutsch genannt wird. Hochdeutsch wird seit über 500 Jahren nicht mehr gesprochen. :wink:

@sir Flomo

Bundesdeutsches Hochdeutsch :wink:

[QUOTE=doc.hackenbush;310773]@sir Flomo
Bundesdeutsches Hochdeutsch ;)[/QUOTE]
Einverstanden.

@doc.hackenbush, ich habe mal ein paar völlig zufällge Wörter ausgewählt, zufällig alle aus deinem Post, bei denen ein Begriffswandel halbwegs greifbar ist.

Hochdeutsch: ist nur in der Umgangssprache eine Beschreibung für regelhafte deutsche Sprache und meint eigentlich den hochdeutschen Dialektraum in Abgrenzung zum niederdeutschen Sprachraum

Text: lateinischer Ursprung, eigentlich eine Bezeichnung für Gewebe

Medien: bezeichnete eigentlich nur die räumliche Präsenz der Nachrichtenträger

ärgern: könnte von *ergh- kommen (sich heftig bewegen) und wäre dann mit Orchester verwandt

Menschen: war lange Zeit sehr chaotisch, ob nun damit Männer oder Menschen jeweils gemeint waren

Hoffnung: im Deutschen Wörterbuch der Grimms wird eine Verwandtschaft mit hüpfen, springen vermutet

Masse: Teig, Klumpen

Geschichte: ursprünglich bezeichnete man mit Geschichte nur etwas halbwegs reales

Realität: ursprünglich von res - die Sache

ausklinken: eigentlich ja die Loslösung von einer gegenständlichen Sache

Thema: bezeichnete eigentlich nur die Behauptung oder den Ausspruch, nicht den gesamten Komplex

Edit: Hochdeutsch wird nun seit über 1250 Jahren ununterbrochen gesprochen. Ist eine Sprachfamilie, deren neuster Ableger, das Neuhochdeutsche in einer bestimmten Form das Standarddeutsch bildet. Was erzählt ihr hier?

Hätte ich doch damals meine Fehler in Deutschklausuren auch mit dem “Wandel der Sprache” rechtfertigen können…

[I]Standard schriebt man jetzt halt mit ‘t’ am Ende.
Weil ich das sage.[/I]

Nein, der einzelne Rechtschreibfehler bleibt ein Rechtschreibfehler. Alleine kann man keinen Sprachwandel postulieren.

@TreuloseTomate

Rechtschreibung ist auch was anderes. Dafür haben wir ja wie schon gesagt die neue deutsche Rechtschreibung.
Sprache <> Rechtschreibung!

@ doc.hackenbush
Dann solltest du in offiziellen Reden am besten Althochdeutsch verwenden. Wahrscheinlich gut 90% der änderungen die es seit dem gab sind nämlich aus wie du sagst “Nachlässigkeit, Fahrlässigkeit, oder gar Dummheit heraus geschehen” und sollten dich folglich ärgern oder gilt das etwa nur für Veränderungen die ungefähr in deinem Lebenszeitraum stattfinden was ein ziemlich wahlloses Kriterium wäre.

Sprachentwicklungen tendieren vor allem dazu, dass Sprache einfacher wird denn sie ist in erster Linie ein Mittel zur Kommunikation und die sollte vor allem effizient sein.

[QUOTE=Darkcloud;310785]@ doc.hackenbush
Sprachentwicklungen tendieren vor allem dazu, dass Sprache einfacher wird denn sie ist in erster Linie ein Mittel zur Kommunikation und die sollte vor allem effizient sein.[/QUOTE]

Vereinfachung ist die eine Seite der Sprachentwicklung. Die andere ist die Schaffung von neuen Wörtern und Konstrukten, mit denen man Dinge zum Ausdruck bringt, die man bisher nur schwer beschreiben konnte. So kamen über die Zeit verschiedene Tempi oder auch Präpositionen und Artikel zu diversen Sprachen hinzu.

Allen, die sich für Sprache interessieren sei belleslettres ans Herz gelegt.

Bitte niemals vergessen, dass Sprache in erster Linie der Kommunikation dient. Im Fall des vermeintlich falschen Gebrauchs des Wortes „evakuieren“ besteht nicht im Geringsten die Gefahr eines Missverständnisses durch semantische Ambiguität (Doppeldeutigkeit). Keiner käme auf die Idee, dass mit der Aussage „die Menschen wurden evakuiert“ gemeint ist, dass Menschen „entleert“ sprich „ausgeweidet“ wurden. Die Bedeutungserweiterung des Begriffs „evakuieren“ hat demnach keine negativen Konsequenzen für die Kommunikationsabsicht der Sprecher. Diese Kommunikationsabsicht wiederum definiert meines Erachtens auch die Bedeutung eines Wortes. Wenn also das Wort „evakuieren“ im deutschen Sprachgebrauch sowohl für „das Räumen eines Gebietes oder Gebäudes von Menschen“ als auch für „das Wegbringen von Menschen aus einem Gebiet“ gebraucht wird, so trägt dieses Wort beide Bedeutungsnuancen in sich und kann dementsprechend verwendet werden. „Die Bedeutung eines Wortes ist sein Gebrauch in der Sprache.“ Ludwig Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen.

Ein weiteres Argument für den erweiterten Gebauch von „evakuieren“ ist die [U]niedrige Zahl an Alternativen[/U]. Der einzige [U]Ausdruck[/U], der die Beudeutungsnuancen von „evakuieren“ (i.d.R. zeitlich begrenztes, oft nur vorsorgliches Fortbringen von Menschen aus einem Gebiet infolge einer entstandenen Gefahrensituation) annähernd in sich trägt und der mir spontan einfällt, ist „in Sicherheit bringen“. Aber da dies kein einzelnes Verb ist, erweist es sich in manchen grammatischen Operationen (Substantivierung, Verwendung als attributives oder prädikatives Partizip) als ziemlich sperrig und ungelenk.

Zu der Befürchtung, man würde „dem allgemeinen Sprachverfall“ durch eine derartige Verwendung Vorschub leisten: Ich kann diese Befürchtungen in manchen Fällen durchaus nachvollziehen. Besonders was den vollkommen unnötigen Gebrauch von Anglizismen oder gar Scheinanglizismen (body-bag/bodybag) und das Auslassen notwendiger Präpositionen angeht, stimme ich manchem selbsternannten Sprachschützer zu. Aber, dass ein bestimmter, besonders reiner und vollkommener Status Quo der Sprache unbedingt erhalten bleiben muss oder kann, ist aufgrund des der Sprache immanenten Wandels unmöglich. Dieser Sprachwandel hat tatsächlich eine kaum zählbare Reihe eigentlich falsch verwendeter Ausdrücke und Wörter hervorgebracht. So gibt es streng genommen stets nur genau [U]eine „Alternative“[/U]; der Ausdruck „Sinn machen“ macht keinen Sinn, da „machen“ von dem indoeuropäischen Wortstamm „mag“ herzuleiten ist, was soviel wie „kneten“ oder im entferntesten Sinn „handwerklich herstellen“ bedeutet.; die Olympiade ist eigentlich der Zeitraum zwischen zwei Olympischen Spielen und Weißbrot dürfte korrekt nur Weizenbrot genannt werden.
Also was solls? Ich evakuiere mich jetzt.

Belles Lettres hatte doch damals bereits zu der “Zu dem Zeitpunkt, wo…” Thematik etwas gemacht.

//youtu.be/cjVOwiKDENo

Ich wäre dafür, dass man ihn wieder für die “Evakuieren” Debatte konsultiert :).

Verdammt, das hatte ich ja glatt vergessen! Danke für die Erinnerung.

100 Posts darüber, ob man entleeren oder evakuieren sagt, mensch ihr habt Sorgen:mrgreen:

[QUOTE=NekoLuna;310817]100 Posts darüber, ob man entleeren oder evakuieren sagt, mensch ihr habt Sorgen:mrgreen:[/QUOTE]

Ne, ob man Menschen evakuieren kann, war die Frage.

So langsam geht mir diese Uneinsichtigkeit und Überheblichkeit aber auf die Nerven…

Wenn hier ständig vom Sprachverfall gesprochen wird, kann ich genauso gut behaupten das dieses Beharren auf die “Reinheit der deutschen Sprache” ein sehr nationalistisch und stark konseratives Sichtfeld auf die dt. Sprache darstellt. So um 1940 rum, da kann man sich damit einordnen.

Wenn ich so einen Bullshit (uh, steinigt mich für die Benutzung von Untermenschensprache) schon lesen muss. Dann sag bitte auch nicht mehr Internet, auch nicht Netzwerk (weil das ja nicht synonym zu einem Verbund von Rechnernetzen… Achso, Rechner geht natürlich auch nicht. Natürlich ist eigentlich auch ein falscher Begriff dafür. Verbund? Ach Mist. Gar nicht so einfach, [-]arisches [/-]richtiges deutsch zu sprechen…

Die einzige Gefahr für die deutsche Sprache wäre, wenn auch der Duden nur ansatzweise etwas auf diese “Erhalt der guten alten dt. Sprache”-Spinner geben würde. Dann kann man unsere Sprache auch gleich entgültig töten.
Dann sprecht doch Latein, da wird sich die Bedeutung sicher nicht mehr ändern. :ugly

Und wenn sich dann irgendwann von ganz allein(!) StudentInnen einbürgern sollte, dann ist das auch so. SCNR

Wer Satire findet darf sie behalten.

Ich fand es toll, auch mal einen Blick hinter die Kulisse zu bekommen. Bin gespannt, wo die nächste Postecke vorgelesen wird, Vielleicht vom Klo, wo Holger sich dann “evaktuieren” kann… :mrgreen:

[QUOTE=ExtraKlaus;310820]Wenn hier ständig vom Sprachverfall gesprochen wird, kann ich genauso gut behaupten das dieses Beharren auf die “Reinheit der deutschen Sprache” ein sehr nationalistisch und stark konseratives Sichtfeld auf die dt. Sprache darstellt. So um 1940 rum, da kann man sich damit einordnen.[/QUOTE]36 Posts bis zum ersten Nazivergleich … :ugly

[QUOTE=ExtraKlaus;310820]Wer Satire findet darf sie behalten.[/QUOTE]Ich denke, damit könnte man es dann auch mal belassen … Ich finde die Diskussion auch langsam unverhältnismäßig -.-

Das war Absicht. Godwins Law sagt letzendlich auch das damit eine Diskussion beendet ist.

Außerdem ist das MEINE Aufgabe verkopft gegen jegliche Logik zu argumentieren! 8)

… Spaß beiseite, das hat mich gerade einfach nur ziemlich genervt, wie überheblich hier einige meinen welche Sprache adäquat und welche Unter-Deutsch ist. Und da ich im Gegensatz zu diesen Altdeutsch-Fanatikern die Sprache nutze wie sie jetzt ist habe ich mich durchaus als Prolet beleidigt gefühlt.

klugscheiss Also 1.) Ist mit Godwins Law eine Diskussion nicht beendet, es geht vielmehr um die Relevanz eines solchen Nazi-Argumentes (kann ja auch passen) 2.) Haben grade die Nazis die Sprache bzw. Worte benutzt, verändert, umgedeutet und letztlich missbraucht für ihre Ideologie, und waren da wenig zimperlich geschweige denn konservativ 3.) Sollte man tatsächlich Belles Lettres dazu hören.

Auf letzteres bin ich sehr gespannt, da wird es sicherlich was geben wie schon zu dem Zeitpunkt, wo… :cool: