Folge 116 - Postecke

Falls dazu noch ergänzend was zu sagen ist!

Daher weht also der Wind. Das persönliche Stilgefühl deines alten CvD ist die Referenz für deine gschaftlhuberische Möchtegern-Sprachpflegerei. Saugute Quelle :).

Holger hat doch völlig recht.
Ich habe auch nichts gegen Wortneuschöpfungen das zeichnet lebendige Sprache schließlich aus.
Doch wenn bestehende Wörter in ihrer Bedeutung, falsch angewandt werden, handelt es sich um eine Art Sprachverblödung.
Aber wenn das okay sein soll dann liege ich gerade auf der Tastatur, tippe auf dem Stuhl diese Worte ein und schaue dabei in den Schreibtisch der vor mir auf dem Monitor steht. :roll:
(Aktuell ärgere ich mich z.B. über die Verwendung des Wortes EILMELDUNG auf der Facebookpräsenz des ZDF.)

Vielen Dank für die ganzen Einblicke in die Studioarbeit, sehr schön!

Zur Mail zur Flut: Man kann Mails nicht nur größer schreiben, sondern auch größer ausdrucken :smiley:

[QUOTE=doc.hackenbush;310707]Holger hat doch völlig recht.
Doch wenn bestehende Wörter in ihrer Bedeutung, falsch angewandt werden, handelt es sich um eine Art Sprachverblödung.
[/QUOTE]

Das sehe ich aber gar nicht so. Was sind den “bestehende” Wörter? Eine Sprache “besteht” nicht - sie verändert sich. Das ist Sprachwandel und so war es auch schon vor Jahrhunderten.

Es gibt etliche Wörter in unterschiedlichen Sprachen, die ursprünglich andere Bedeutungen hatten und es gab auch Zeiten, in denen bestimmte Bedeutungen parallel existierten, wobei die eine (die usrprüngliche) Bedeutung irgendwann verloren ging.

Nichts anderes sehe ich im Begriff “evakuieren”. Kein Mensch benutzt das für “entleeren”, daher wird dieses Verständnis auch irgendwann verschwinden. Warum sollte das nicht auch in der heutigen Zeit genauso wie früher geschehen? Ich sehe irgendwie keinen Grund, warum nur Sprachwandelungen akzeptiert werden sollten, die mehrere Jahrhunderte alt sind.

Nichtsdestotrotz: Eine sehr gelungene Postecke und dankeschön für die Einblicke ins Studio!

Naja, Worte haben nunmal eine „bestehende“ Bedeutung. Eine lebendige Sprache bringt eher neue Worte hervor als dass bestehende Worte umgedeutet werden.

Beim Wort evakuieren (=entleeren) kann man also sagen: „Ortsteil XY wurde evakuiert.“ oder auch (wenn auch etwas holprig) „Die Bewohner wurden aus Ortsteil XY evakuiert.“ aber nicht „Die Bewohner aus Ortsteil XY wurden evakuiert.“ Und sehr wohl wird das Wort so benutzt wie es seine Bedeutung vorgibt. Warum sollte man das auch nicht tun?

Ich finde übrigens auch, dass gerade im ÖR mit Sprache eher konservativ umgegangen werden sollte. Das ist zwar eine Gratwanderung (gerade im Bereich der Technik), aber besser als die Aufnahme sämtlicher Fehler des gesprochenen Worts :wink:

//edit: Vllt. seh ich das zu eng, aber mich regt das auch immer auf, wenn in den Nachrichten schlecht mit Sprache umgegangen wird. Ich hab mich auch (im Umfeld der Fukushima-Katastrophe) über den Ausspruch „es trat Radioaktivität aus“ aufgeregt. Radioaktivität ist eine Eigenschaft. Die kann nicht austreten. Entweder treten hochenergetische Strahlen (radiogen) oder radioaktive flüchtige Elemente aus. Dieser Fehler ist vergleichbar als würde man sagen, bei einem lecken Farbeimer träte rot oder blau aus, anstatt roter oder blauer Farbe.

[QUOTE=Markus.U;310737]Eine lebendige Sprache bringt eher neue Worte hervor als dass bestehende Worte umgedeutet werden.
[/QUOTE]

Und genau das ist eben nicht der Fall. Umdeutungen von Begriffen gehören wie bereits beschrieben ebenfalls dazu. Man muss sich nur einmal die englische Sprachgeschichte anschauen.

Wenn man jeden Begriff nur in seiner ursprünglichen Bedeutung benutzen dürfte, hätten wir ein ernsthaftes Problem.

[QUOTE=LT1550;310718]…wobei die eine (die usrprüngliche) Bedeutung irgendwann verloren ging. [/QUOTE]

Eben! Es ging verloren! Das bedeutet Verlust. Das wiederum bedeutet eine verarmung der Sprache.

Wenn man ein Haus evakuiert, bedeutet das nun mal dass man die Menschen verbringt.
Und nicht dass man die Menschen evakuiert.
Die deutsche Sprache gilt bislang als sehr präzise.
Und genau diese Präzision tauschen wir gerade sukzessiv gegen dämliches Gestammel. :mad:

Du kannst selbst bevorzugen was du möchtest, aber diese Untergangsszenarien der deutschen Sprache sind weder wissenschaftlich ansatzweise haltbar noch sind diese irgendwie neu. Kann man solange finden wie die Menschheit schreiben kann.

Hallo Holger!

Jetzt hast du meine Mail vorgelesen, aber auf dem Punkt der manchmal hektisch wirkenden Bildwechsel nicht eingegangen :wink:

Kannst du evtl. hier noch ein Statement dazu abgeben?

Vielen Dank!

Grüße, Ronny

[QUOTE=doc.hackenbush;310742]Eben! Es ging verloren! Das bedeutet Verlust. Das wiederum bedeutet eine verarmung der Sprache.[/QUOTE]

Aber nein. Die Bedeutung “evakuieren” im Sinne von “entleeren” kann man ja dann anders ausdrücken. Zum Beispiel mit dem Wort “entleeren”. Außerdem entsteht Sprachwandel immer durch Fehler im Gebrauch der gegenwärtigen Sprache. Beispielsweise war es einmal ein Fehler zu sagen, dass ein Hund “bellte”. Der bellte nämlich nicht, sondern er boll. Die Form “bellte” war damals falsch, und bestimmt hat sich ein Gelehrter - nenne wir ihn Bastianus Sickus - fürchterlich darüber aufgeregt, dass nun alle dieses falsche “bellte” verwenden. Aber so funktioniert eben Sprachwandel.

Das gilt auch für die Veränderung von Worten.

Holger würde ich gerne fragen: wer legt denn fest, was ein Wort bedeutet? Ist das ein Naturgesetz? Ist das das Ergebnis von einem offiziellen Verwaltungsakt? M. M. n. legen die Sprecher fest, was richtig und falsch ist, indem sie sich auf die Bedeutung(en) einigen. Sprache beruht letztlich auf Konvention, und der Duden bemüht sich, diese Konventionen zu beschreiben. Zur Konvention siehe auch hier:

[QUOTE=doc.hackenbush;310742]
Wenn man ein Haus evakuiert, bedeutet das nun mal dass man die Menschen verbringt.
Und nicht dass man die Menschen evakuiert.
[/QUOTE]

Wenn ich mal nicht genau Bescheid weiß, erinnere ich mich daran was meine Deutschlehrer dann machten bzw. rieten: ich schau im Pons, Wörterbuch der deutschen Sprache nach.

Und siehe da: man kann sehr wohl jemanden aus einem Haus evakuieren, im Sinne von “an einen sicheren Ort verbringen”.
Bei allem Respekt: das bleibt meine Referenz, sonst nichts.

Richtig, “bellte” ist noch immer Falsch.
Auch wenn der Duden und Konsorten vor dem Volksmund eingebrochen sind.
Ebenso wie “es quillte” anstatt “es quoll”

Wenn ich mir die Foren so anschaue wird auch bald der falsche Gebrauch von “Hacken” im Duden aufgenommen.
Beispiel: “Da ist ein Hacken an der Sache” :roll:

Aber so funktioniert eben Sprachverfall.

[QUOTE=doc.hackenbush;310742]Eben! Es ging verloren! Das bedeutet Verlust. Das wiederum bedeutet eine verarmung der Sprache.[/QUOTE]
Sagst du auch noch Neger und Zigeuner? Der ‘alten Zeiten’ wegen?

[QUOTE=doc.hackenbush;310758]Richtig, “bellte” ist noch immer Falsch.
Auch wenn der Duden und Konsorten vor dem Volksmund eingebrochen sind.
Ebenso wie “es quillte” anstatt “es quoll”

Wenn ich mir die Foren so anschaue wird auch bald der falsche Gebrauch von “Hacken” im Duden aufgenommen.
Beispiel: “Da ist ein Hacken an der Sache” :roll:

Aber so funktioniert eben Sprachverfall.[/QUOTE]

Ich schätze, dass du in deinem normalen Sprachgebrauch eine Vielzahl von Worten benutzt, dir irgendwann einmal “falsch” waren. Dir ist es nur nicht bewusst.

Wer definiert denn, welche Sprachversion die einzig Wahre ist? Sind Schreibweisen und Ausdrücke von 1913 richtiger als Schreibweisen von 2013 oder sind es eventuell doch die Schreibweisen von 1813, an denen man sich orientieren muss? Nach deinen Argumentationen dürfte es eigentlich gar keine richtige Sprache geben.

Lies einfach mal ein deutsches Buch aus dem 18. Jahrhundert und danach diskutieren wir nochmal darüber, was “Deutsch” ist.

  • Sprachverfall
  • Sprache

[QUOTE=Caeshijque;310759]Sagst du auch noch Neger und Zigeuner? Der ‘alten Zeiten’ wegen?[/QUOTE]

Das Wort “Neger” nutze ich, anders als das Wort “Nigger”, noch ebenso wie die deutsche Entsprechung “Schwarzer”.
Das Wort Zigeuner nutzte und nutze ich nur wenn ich mir ein Zigeunerschnitzel ordere.
Das “fahrende Volk” hingegen, nannte ich schon immer Nomaden.

[QUOTE=doc.hackenbush;310758]
Aber so funktioniert eben Sprachverfall.[/QUOTE]

Erste Grundbedingung zum Meckern über Sprachverfall sollte eine perfekte oder zumindest fast perfekte Rechtschreibung sein. :ugly

[QUOTE=doc.hackenbush;310758]Richtig, “bellte” ist noch immer Falsch.
Auch wenn der Duden und Konsorten vor dem Volksmund eingebrochen sind.[/QUOTE]

Willst du mir wirklich weismachen, dass du sagst “der Hund boll”?

Ich wollte ja eigentlich nichts mehr dazu sagen, aber:
[ul]
[li]Ob man jetzt Pons oder den Duden oder wikionary oder Wahrig als Wörterbuch hernimmt, ich würde immer mehrere Wörterbücher konsultieren, keines von denen hat die Wahrheit gepachtet.
[/li][li]Ebensowenig wie die Wahrheit, hat irgendein Wörterbuch Verbindlichkeit gepachtet.
[/li][li]Wenn es um Recht[B]schreibung[/B] geht, kann man sich die geltenden Regeln in der neuen Rechtschreibung anschauen und sehen, ob man daraus schlau wird, Wortdefinitionen findet man dort allerdings nicht.
[/li][li]Sprache ist nicht reglementiert. Es gibt nicht [B]die[/B] Bedeutung von Wörtern. Ich könnte unzählige Beispiele von Wörtern nennen die hier jeder Prediger eines Sprachverfalls in diesem Thread benutzt hat, welche früher nicht die Bedeutung hatten wie heute. Diese Entwicklungen sind ganz normal, ich halte es auch für normal das nicht schön zu finden. Ein einziges Beispiel sei an dieser Stelle genannt: Wer hier von der “Verarmung” der Sprache schrieb, dem sei gesagt, dass eine Sprache nicht verarmen kann, da diese gar kein Geld besitzt. Und dies sei die Bedeutung von verarmen, sein Vermögen zu verlieren.
[/li][li]Ich spreche jedem das Recht zu, von den Änderungen in der Sprache zu halten was er will, auch Holger spreche ich zu “evakuieren von Menschen” als falsch zu empfinden und das auch jedem zu sagen und es zu missionieren
[/li][li]Ich bin der Meinung dass es falsch war die Verwendung von “evakuieren” für Menschen so prominent als Blödsinn darzustellen. Unschön, von mir aus, aber nicht falsch. Dies aber nur im Bezug auf “richtige” Sprache, nicht auf “schöne” Sprache.
[/li][/ul]