Das, was die ganze Thematik so unendlich verkompliziert, ist die fehlende Trennung von Staat und Religion in einigen Ländern. Was ich meine ist ganz einfach, ich kann das Christentum so viel beleidigen wie ich will, niemand würde auf die Idee kommen, dass ich damit auch Deutsche, Österreicher oder die Einwohner anderer Länder beleidige, in denen das Christentum die vorherrschende Religion ist. Nun ist in dem Beitrag die Rede von einer Muslima, was erstmal gar nichts über ihre Nationalität aussagt. Den Islam gibt es nicht nur in der Türkei, dem nahen Osten und Nordafrika, auch im restlichen Europa, Australien und den beiden amerikanischen Kontinenten, aber direkt stellt der Fernsehzuschauer, und auch die RTL-Redaktion offenbar wieder die folgende Gleichung auf; Islam = Türkei. Wenn ich richtig gucke, sieht man im Übrigen die Haare der Kioskbesitzerin, was schon einmal vermuten lässt, dass sie KEIN Kopftuch trägt, ähnlich wie eine türkische Arbeitskollegin von mir.
Ich habe es in einem anderen Zusammenhang schon einmal geschrieben, das Problem, was der Islam (In diesem Fall tatsächlich stellvertretend durch die hier lebenden Türken) hat, ist seine Isolation. Wenn man einmal in die großen Städte der Arabischen Welt (Dubai, etc.) oder der Türkei (Ankara, Istanbul, etc.) fährt, trifft man dort genauso viele vermummte Muslima wie z.B. in Berlin. Der Islam ist gerade in den großen Städten aktuell einem enorm schnellen Wandel unterworfen. Wirklich klassische Rollenbilder, wie man sich den Islam eben klischeehaft so vorstellt, findet man vermutlich nur noch in den ländlichen Provinzen oder Regionen, die von radikal islamischen Terrorgruppen kontrolliert werden. Die religiösen Zentren des Islams, wie Mekka oder Medina, nehme ich da mal aus, aber kann auch sein, dass ich da komplett falsch liege. Im Gegensatz zu z.B. polnischen oder russischen Freunden, die ich habe, sind türkische Bekanntschaften (vieles bekomme ich auch nur vom Hörensagen mit) eher selten bei ihren Familien in der Heimat und so kommt es eben, dass viele die Fortschritte, die die Religion macht, durch ihre Isolation nicht mitbekommen und so “den Islam” ausüben, der eben schon 30-40 Jahre alt ist. Wenn ich mir anschaue, wie sich das Christentum in der Zeit entwickelt hat, ist das durchaus eine nennenswerte Zeitspanne.
Alle Probleme, die im Zusammenhang mit dem islamischen Glauben stehen, sollten, meiner Meinung nach, angesprochen werden dürfen. Wenn man etwas kritisiert bedeutet das ja nicht, dass ich es im Ganzen ablehne. Von mir aus kann der Muezzin von 8 Uhr Morgens bis 20 Uhr Abends von seinem Minarett brüllen was das Zeug hält, nerviger als die Kirchenglocken ist das auch nicht. Aber wenn die Rechte von Menschen, wie in diesem Fall eben Frauen, tatsächlich eingeschränkt werden, dann hat der Staat das Recht, und sogar die Pflicht, dagegen vorzugehen.
Denn, und das scheinen immer wieder viele zu vergessen, wenn ich den Islam kritisiere, kritisiere ich damit ja nicht Türken oder Araber, sondern eine Religion. Wenn es um das Christentum geht, wie oben schon gepostet, macht ja auch niemand einen Aufschrei, wenn mal wieder irgendwer behauptet, dass alle Pfarrer Kinderschänder wären. Und so lange das (Staat =|= Religion) nicht in die Köpfe der Menschen geht, beziehungsweise es in einigen Ländern noch immer gängige Praxis ist, wird sich gar nichts ändern. Die Leute werden sich nicht trauen Dinge zu kritisieren, weil sie Angst haben sofort in irgendeine Ecke gesteckt zu werden, und so staut sich Frust dann an. Und RTL ist dafür mitverantwortlich, indem sie in solchen Beiträgen wirklich Nichtigkeiten hochpusht. “OMG, ich werde nie wieder eine Muslima, die minutenlang sinnlos in der Gegend steht, anschauen können, ohne dass RTL mich dafür kritisiert.” Was viel gefährlicher ist als mal eben “seine Meinung” zu sagen.