Finde diese Diskussion gut, jedoch ist klar, dass man sie nur führen kann, wenn man vorher selbst für sich definiert, was Digital Natives nun genau auszeichnet und wie sie sich von Digital Immigrants (habe ich heute erstmals gehört) unterscheiden. Sonst setzt jeder seine eigene Definition voraus und die Diskussion läuft aneinander vorbei.
Ich gehöre mit Jahrgang 85 auch zu der Generation, die die Kindheit zunächst ohne die Errungenschaften des Internets verbracht haben. Einen eigenen PC bekam ich sogar erst relativ spät, allerdings habe ich schon früh am PC der Eltern mal Spiele gespielt (Danke, Monkey Island, dass du dazu beigetragen hast, mir Lesen beizubringen!) oder dann mal Briefe in Word verfasst (bewusst als Übung, damit ich mal die Tastatur ausgiebiger nutze und nicht nur die Maus). Als dann der DSL-Boom einsetzte, war meine Familie von Anfang an dabei. Irgendwann habe ich dann sogar meinen ersten eigenen Rechner gekauft und im Netz war ich seit wenigstens 2002 bewusst aktiv (Jugendsünden a la Edonkey usw. will ich hier gar nicht ausnehmen).
Ich bezeichne mich also als digital native, weil ich im Kindes- und Jugendalter mit dem PC groß geworden bin. Das würde ich, wie vermutlich Scumdog, also weniger von der Entwicklung des Internets, als vielmehr vom Umgang mit digitaler Technik abhängig machen. Das ist der zweite Punkt, den man hier berücksichtigen muss. Was ist alles digitale Technik?
Beispielsweise hinkte ich auf dem Gebiet des Mobilfunks Jahre hinterher. Meine Klassenkameraden hatten alle ein Tamagochi - ich nicht. Ich empfand das als pure Zeitvergeudung und idiotische Spielerei. Meine Klassenkameraden hatten alle ein Mobiltelefon, teilweise „schon“ in Klasse 8 (das schon habe ich bewusst in Gänsefüßchen gesetzt, weil diese Position heutzutage ausgelacht werden würde). Damals kamen die Dinger eben auf und jeder wollte eins haben. Ich nicht, ich genoss bis ins Jahr 2003 den Luxus der Unerreichbarkeit. Bin ich also auf dem Gebiet des Mobilfunks ein digital immigrant? Vielleicht, denn mein erstes Smartphone gönnte ich mir auch erst 2 Jahre, nachdem der große Smartphone-Boom ausbrach. Ich habe also erst im Erwachsenenalter die Möglichkeiten des Mobilfunks entdeckt.
Gleiches könnte ich über mein Verhältnis zu Youtube schreiben. Ich konsumiere, aber ich bin zu faul und vielleicht auch nicht kreativ genug, um mir minimale Techniken der Ton- und Videoschnittkunst anzueignen. Diesen Trend habe ich nicht mitgemacht. Da bin ich also definitiv digital immigrant.
Dafür staunte und staune ich noch immer über Mitmenschen meiner Generation. Ich verstehe sicher nicht jeden Prozess, der sich in meinem PC abspielt, aber die Ahnungslosigkeit im Umgang mit Textverarbeitungssoftware, Formatierungen, Kalkulationsprogrammen zeigt mir, dass meine Mitmenschen einen anderen Schwerpunkt gewählt haben oder (im schlimmeren Falle) dass sie die Technik nutzen, ohne überhaupt eine Ahnung zu haben, was sie da eigentlich tun. Wer toll mit Indesign zeichnen kann oder ein Video klasse aufbereiten kann, hat mir einiges voraus. Trotzdem verstehe ich nicht, wieso diese Leute dann an Word „scheitern“. Hier mangelt es nicht an der grundsätzlichen Fähigkeit, hier mangelt es oftmals an der Unfähigkeit, schlagkräftige Werkzeuge wie Google sinnvoll einzusetzen. Worauf ich hinauswill: Wichtig ist nicht, ob man eine digitale Technik bis ins Effeff auswendig kennt, sondern, dass man bereit ist, sich darauf einzulassen und auch Rückschläge beim Erlernen in Kauf nimmt. Ich für meinen Teil brauchte Videoediting nicht bis gar nicht und wenn dann habe ich meine Stimme mal mit Audacity (nach einer Anleitung im Web!) getunt. Daher hatte ich bislang keinen Ehrgeiz, dort große Zeit zu investieren, um mir mehr Techniken anzueignen. Auch bei der Bildbearbeitung kenne ich grundlegende Methoden. Mehr brauchte ich bislang noch nicht, doch auch dafür gäbe es sicherlich die entsprechenden Anleitungen. Ich schüttele daher den Kopf über so genannte digital natives, die zwar die Filter von instagram auswendig herunterbeten können, aber denen E-Mailschreiben zu kompliziert ist.
Edit: Sorry, klingt letztlich wie ein hingerotzter Rant. Ist mir etwas aus dem Ruder gelaufen. 