Diskussion über den Blog-Artikel: Die Nazi-Falle schlägt wieder zu!
Ich habe mir am Sonntagabend mit Freude das Fußballspiel Deutschland gegen Australien angeschaut - auch die Halbzeit-Analyse. Und ich habe auch vernommen, wie Moderatorin Kathrin Müller-Hohenstein in der Halbzeitpause über das Tor von Miroslav Klose sagte, dies sei für ihn ja wohl “ein innerer Reichsparteitag” (siehe HIER). Und wissen Sie was? Ich habe mir NICHTS dabei gedacht, denn dies ist eine Redewendung, wie sie oft benutzt wird - gelegentlich auch von mir. Umso erstaunter war ich, als ich nach dem Spiel ins E-Mail-Postfach schaute und gleich eine ganze Reihe von Mails vorfand, in denen Zuschauer mir von diesem “Skandal” berichteten. Und eine Eingabe bei Google ergab, dass die Bemerkung Müller-Hohensteins inzwischen bei Twitter und in diversen Blogs zum Thema geworden war - bis hin zu absurden Blogs wie etwa diesem hier oder Meldungen wie dieser, in denen schon gleich über eine sofortige Ablösung Müller-Hohensteins spekuliert wurde. Zu den wenigen vernünftigen Texten gehört der von Stefan Niggemeier. Ganz ehrlich: Mich würde nicht wundern, wenn das ZDF Müller-Hohenstein tatsächlich vom Bildschirm verbannt wegen dieser Lächerlichkeit.
Also, bitte jetzt erstmal durchatmen und einen Moment lang darüber nachdenken, wovon wir hier eigentlich reden. Auch wenn “Reichsparteitage” an sich eine Erfindung der Nazis sind, ist es dennoch absurd, daraus einen Nazi-Skandal zu stricken, wenn jemand eine solche Formulierung wählt - und gar noch verrückter ist es, der betreffenden Person zusätzlich eine vorsätzliche Verharmlosung des Drittes Reiches anzudichten. “Innerer Reichsparteitag” bedeutet nichts weiter als eine innere Genugtuung über etwas - so hat es sich im Volksmund in den letzten Jahrzehnten durchgesetzt. Und so war es ja auch mit anderen Begriffen und Redewendungen. Das “Kindergeld” wurde etwa von den Nazis erfunden, ebenso ist der Begriff “Staatsakt” eine Kreation der Nazis. Wenn heutzutage etwas von der Polizei “sichergestellt” wird, geht dies auf die Nazis zurück, da damals die Gestapo jüdischen Besitz ja nicht raubte, sondern dafür dieses harmlosere Wort erfand. Im Zuge der Zentralisierungen durch die Nazis wurde des weiteren im Dritten Reich das Wort “Dachorganisation” erfunden - ein Begriff, der heute auch regelmäßig verwendet wird.
Wir alle sollten gerade solche Begriffe und Redewendungen viel öfter und bewusst benutzen - denn wir wollen uns doch wohl von den Nazis nicht posthum vorschreiben lassen, wie wir zu sprechen haben, oder?