Ironischerweise ist das der Zwiespalt, in dem sich Arbeitnehmer und -geber im sozialen Bereich befinden. Wenn du Hilfepläne von Klienten durchgehst, findest du häufig vereinbarte Ziele, die in ihrer Summe auf die (Re-)Sozialisierung, also das Ermöglichen eines (größtenteils) eigenständigen Lebens innerhalb der gesellschaftlichen Strukturen, hinarbeiten. Bzw. vor allem in der Arbeit mit Menschen mit Behinderung und älteren Menschen eben die Beibehaltung des Status Quo. Fakt ist, dass die Aufnahme bekannter Tätigkeiten (also z.B. dem alten Beruf) eine wichtige Komponente bei der Resozialisierung eines Menschen sein kann, ich sage ganz bewusst kann, da sie im negativen Fall in der Rolle als Trigger zu Handlungen und Gedanken führen kann, die die Tat erst herbeigeführt haben.
Wenn ich also einem Arbeitnehmer aufgrund seiner Vorgeschichte eine Absage erteile, handele ich damit zunächst gegen Berufsethien, aber gleichzeitig auch wieder nicht, da ich auch gegenüber meinen Klienten (in dem Fall also die Kinder, bzw. Schüler) und den anderen Arbeitnehmern eine Verantwortung habe. Die Frage ist also, ob du tatsächlich so tief graben kannst, wie es notwendig ist um 100%tig (und etwas kommt bei der Arbeit mit Menschen (und Kindern im Speziellen) nicht in Frage …) ausschließen zu können, dass eine Person rückfällig wird. Ich glaube, das ist illusionistisch und mir ist bisher auch kein Arbeitgeber (bzw. sozialer Träger) bekannt, der es gewagt hat sich auf so einen heißen (im Grunde schon brennenden) Stuhl zu setzen.
Gehen wir doch einmal vom Ernstfall aus. Da stellt ein Arbeitgeber einen Straftäter ein, der seine Haft abgesessen und sogar eine Therapie begonnen und abgeschlossen hat, also eigentlich rehabilitiert ist, doch dieser vergreift sich plötzlich wieder an einem Kind. Im Grunde ist dann alles im Arsch; Das Leben des Kindes, das Leben des Straftäters, dein Ruf in der sozialen Arbeitswelt und auch das Ansehen deiner anderen Arbeitnehmer, die ja hätten erkennen müssen, was “das für einer ist”. Faktisch wird es zu einer solchen Situation aber auch schon deswegen nur sehr selten kommen, weil das vernichtende mediale Echo, sollten die Eltern oder kommunale Medien bzw. Einrichtungen (z.B. die Jugendämter) von deinen Plänen einen ehemaligen Kinderschänder einzustellen erfahren, dich vor die Wahl stellt die Einstellung abzulehnen oder Leiter einer Kita zu sein, die schneller ohne Kinder und wahrscheinlich anderer Arbeitnehmer ist, als du “resozialisierende Maßnahme” auch nur aussprechen kannst.
Ich rede jetzt, wohlbemerkt, nur von den wirklich extremen Fällen. Ein Lehrer, der eine Beziehung mit einer Schülerin eingeht, verhält sich natürlich auch falsch, aber auf eine andere Art und Weise. Wobei ich deutlich zwischen einer Beziehung, die bloß geistig ist und einer, die eine sexuelle Komponente beinhaltet, unterscheide. Ansonsten erwarte ich von Berufstätigen im sozialen Bereich einfach, dass sie begreifen können, dass das, was sie von den Jugendlichen erfahren natürlich keine echte Liebe ist. Unsere Teenies würden auch Justin Bieber und Miley Cirus daten, wenn sie könnten.
Dann noch zum Thema Edathy. Sicherlich, er ist kein Kinderschänder. Aber jemand, der Nacktbilder fremder Kinder besitzt, sollte auch kein öffentliches Amt (und damit eine Vorbildsfunktion) bekleiden. Vielleicht irgendwann irgendwo mal wieder, aber in der aktuellen Situation nicht. Ansonsten, es mag sicherlich in dubio pro reo gelten, aber ich lasse auch niemanden, der im Verdacht steht einem Schutzbefohlenen etwas angetan zu haben weiter mit diesem arbeiten, bis sich der Verdacht bestätigt oder widerlegt hat.