Ich selbst bin weder für noch gegen das Freihandelsabkommen. Unentschieden. Nur werde ich immer skeptisch, wenn Menschen um mich herum plötzlich anfangen panisch mit den Armen wedelnd „Chlorhühnchen bringen das Jüngste Gericht!“ zu schreien. Solche, auf German Angst basierenden, Panikattacken erlebe ich in etwa einmal pro Jahr.
Ginge es nach der Gefühlslage dieser Mitmenschen, wäre die EU bereits zweimal zusammengebrochen, die Bundesrepublik dreimal Bankrott und wir stünden mittlerweile vorm 4. Weltkrieg – mindestens.
Nüchtern denke ich mir, bezogen auf TTIP: Kein Grund zur Panik. Manches spricht dafür, manches dagegen. Meine polnischen und schwedischen Nachbarn sehen‘s gelassen, befürworten sogar das Abkommen. Meine Landsleute weisen dann aber natürlich zurecht daraufhin, dass die Polacken und Leifs dieser Welt einfach zu blöd sind TTIP einschätzen zu können und, wie so oft in unserer langen Geschichte, mal wieder nur wir Teutonen* als Einzige den Durchblick haben.
Chlorhühnchen machen mir persönlich keine Angst. Muss ja niemand essen (obwohl ohnehin keine Schädlichkeit nachgewiesen wurde). Man muss auch bedenken, dass in den USA nicht immer niedrigere Verbraucherstandards herrschen als in Europa.
Der Investorenschutz stellt nichts Besonderes dar. Alleine Deutschland hat bis heute auf bilateraler Ebene schon 131 Abkommen geschlossen, in denen ein Investorenschutz Bestandteil ist. In den meisten davon ist das Recht Schiedsgerichte anrufen zu können festgeschrieben. Sollten die unbestritten ebenfalls vorhandenen Nachteile zu stark wiegen, werden solche Schiedsgerichte ohnehin keinen Einzug in das Freihandelsabkommen erhalten.
Der Wegfall von Zöllen, die Vereinheitlichung von Standards, neue Absatzmöglichkeiten, das Entstehen neuer Arbeitsplätze und ein engeres Zusammenrücken Europas und der USA sprechen für das Freihandelsabkommen. Sollte wenigstens einmal erwähnt werden.
Wer natürlich in den USA per se einen Hort des Bösen sieht, der wird folgerichtig jede Form von Zusammenarbeit mit Amerikanern ablehnen. Da spielt es dann auch keine Rolle mehr, ob es sich um ein Freihandelsabkommen, ein Militärbündnis oder eine Fahrgemeinschaft handelt.
Ein umfassenderer Artikel zum Thema:
*Und selbstverständlich Österreicher und Luxemburger. Wien-Luxemburg-Berlin: Man spricht hier auch von der „Achse der Durchblicker“.