Naja, es ist schon leichter, vom Gesicht auf ein einladendes Dekolleté abzurutschen als nochmal einen Meter tiefer auf den Schritt des Gegenübers. Zumal letzterer je nach Situation ja auch unter einem Tisch und somit aus dem Sichtfeld sein kann.
Komischerweise merken es die Frauen trotzdem, oder? Und es ist schlich und einfach unangenehm, angestarrt zu werden. Ist das so schwer nachzuvollziehen?
Niemand hat etwas gegen einen kurzen Blick. Kucken ist erlaubt. Aber bei einem Gespräch ist es ein Gebot der Höflichkeit, dass man zuhört und sich dafür interessiert, was der andere zu sagen hat. Das hat auch nichts mit Sexismus zu tun, sondern mit einfachsten Verhaltensregeln, die man eigentlich schon als Kind beigebracht bekommen sollte.
Interessant ist übrigens, dass ein Großteil der Männer überhaupt nicht sexistisch ist. Den allermeisten ist rein gar nichts vorzuwerfen - das geht vielleicht ein bisschen unter in der Debatte. Ich persönlich habe auch rein gar nichts gegen Komplimente und Flirts einzuwenden. Der Trick ist es, zu wissen: Wann ist eine Bemerkung wirklich ein Kompliment und wann ist sie unangebracht - und für die allermeisten Menschen, stellt es keine Schwierigkeit dar, das zu unterscheiden.
Was aber tatsächlich nervt, ist, dass es immer die gleichen Typen sind, die sich daneben benehmen, bei denen es auffällt, dass sie im Grunde - irgendwo in ihrem Hinterkof - immer noch die Ansicht vertreten, dass Frauen, wenn sie sich hübsch zurecht machen, es exklusiv darauf angelegt haben, ihn - und alle anderen Männer dieser Welt grundsätzlich - damit anzumachen und auf die entsprechenden Anzüglichkeiten geradezu warten. Man merkt es, wenn hinter einer „saloppen“ Bemerkung in Wirklichkeit der Gedanke steht, sich selbst zu profillieren, wenn versucht wird eine Art „Rangordnung“ festzulegen. „Ich bin der jenige, der über dich urteilt und ich reibe dir meine Ansichten deswegen unter die Nase, weil du dich gefälligst über meine Aufmerksamkeit zu freuen hast!“
Um es mal deutlich zu formulieren: Eine Frau, die sich aufbrezelt, um in einer Bar Männer aufzureißen (dass es noch tausend andere Gründe gibt, sich aufzubrezeln, lassen wir mal außen vor…), will damit nur die Männer ansprechen, für die sie sich interessiert, nicht alle und auch nicht zwingenderweise dich (es darf sich jeder angesprochen fühlen!) - ob du sie interessiert, musst du irgendwie herausfinden. Es ist keine gottgegebene Tatsache, dass alle Weiber scharf auf alle Typen sind. Ergibt sich eine Schnittmenge zwischen den Männern, die sich für sie interessieren und denen für die sie sich interessiert, kann es zum Flirt kommen.
Was die Personen angeht, die nicht in der Schnittmenge liegen: Natürlich darf gekuckt werden. (Gekuckt, nicht gestarrt, nicht gesabbert!) Es darf sogar angesprochen werden. (Höflich, nicht anzüglich - damit verringert man seine Chancen ungemein…) Wenn dann aber ein „Nein“ kommt, ist Schluss. (Kein Bedrängen, keine Beleidigungen)
Eine Retourkutsche im Sinne von „Hasenpfote in der Hose“ sorgt unter Freunden für einen Lacher und löst die Situation auf. Ist ein witziger Gag, wenn man es als Gag meint. Es funktioniert übrigens, ich habe es ausprobiert…
Unangenehm wird es, wenn eine Herabsetzung dahinter stecken. Wenn die Chefin es zu ihrem Azubi, wenn die Lehrerin es zu ihrem Schüler sagt. Und ja - auch wenn Alice Schwarzer es im Fernsehn in einer seriös gemeinten Diskussion zu Günter Jauch sagt.