Altruismus vs. Egoismus

In dem Thread „Tsching-tsching-tsching… Weihnachten im TV“ wurde es ja schon zumindest als Möglichkeit angekündigt. Ich mache diese Diskussion hiermit wahr. Und hoffe auf rege Beteiligung.
Die Idee zu dieser Diskussion entstand während einiger Pms, die RonnieB666 und ich, ausgelöst durch eben erwähnten Thread, gewechselt haben. Es stellte sich heraus, dass wir offensichtlich zwei vollkommen verschiedene Menschenbilder haben. Das was uns in der Folge also interessiert hat ist: Wie würden andere Leute mit diesem Problem umgehen.

Also zu Beginn kurz und bündig die Fragestellung:

Ist der Mensch zu altruistischem Handeln fähig oder entspringt jede menschliche Handlung am Ende doch nur egoistischen Überlegungen?

Nach dieser Frage kommt jetzt eine nicht mehr ganz so kurze Zusammenfassung von meiner Antwort und den Thesen von RonnieB666.

Erst einmal ein paar Grundsätze (die hoffentlich allgemeine Zustimmung kriegen)
Jeder Mensch strebt danach möglichst glücklich zu werden.
Jeder Mensch weiß, dass er von anderen Menschen abhängig ist.
Jeder Mensch will überleben, solange er sein persönliches Glücksempfinden nicht als zu gering einschätzt.

Aus diesen drei Prämissen, lassen sich dann folgende Schlüsse ziehen:
Jeder Mensch versucht ein Maximum an „Freude“ und „Glück“ zu bekommen, da er aber auch andere Menschen braucht wird er gleichzeitig darauf achten, dass diese Menschen ihm zugeneigt sind. Gesellschaft funktioniert also auf folgender Grundlage: verschiedene egoistisch geleitete Menschen, haben ein Interesse daran, dass es auch anderen Menschen gut geht um den eigenen Lebensstandard halten zu können, weshalb diese sich gegenseitig unterstützen.
Ich bin also davon überzeugt, dass jede menschliche Handlung im Endeffekt auf egoistischen Motiven beruht und dieser Egoismus sich lediglich durch gesellschaftliche Sanktionen (oder auch Belohnungen), in bestimmte Richtungen lenken lässt.
Hier einige Beispiele:
1.Wenn Raubüberfälle nicht gesellschaftlich geahndet werden würden, dann wäre dieses Verhalten ein integraler Bestandteil unserer Gesellschaft. Da jeder der dazu in der Lage ist, auf diese Art seinen Lebensunterhalt sichern würde.
2.Da Menschen die bei sozialen Projekten helfen (z.B. Tafel), gesellschaftliche Anerkennung kriegen (und sei es nur im Bekanntenkreis), helfen sie. Würde es diese Anerkennung nicht geben, würde es auch keine ehrenamtlichen Helfer geben. (Außer einigen sehr wenigen Ausnahmen die tatsächlich eine persönliche Befriedigung empfinden, wenn sie jemandem helfen)

Es bedeutet also im Fazit: Auch ein Mensch, der sich für andere Menschen einsetzt, handelt egoistisch, da er sich entweder durch diesen Einsatz persönliche Vorteile verspricht, oder ganz einfach „nur“ deshalb hilft, weil er sich dadurch besser fühlt. (Oder auch aus religiösen/gesellschaftlichen oder ähnlichen Gründen sich in der Pflicht sieht so zu handeln und daher eher einem Zwang nachgeht.)

Nun noch die Argumente der Gegenseite vorgebracht von RonnieB666. Ich nehme mir die Freiheit heraus und zitiere hier (mit Einwilligung versteht sich) aus den Nachrichten die wir beide uns geschickt haben.

Altruismus ist in der Natur schon bei einigen Spezies nachgewiesen worden, z.B. bei Fledermäusen, insofern ist der Mensch (wieder mal) nichts Besonderes.
Und Du wirst doch kaum behaupten wollen, dass z.B. eine Fledermaus, die einem Artgenossen, der weniger Beute gemacht hat etwas abgibt, dafür etwas erwartet? (…)

Altruismus als Evolutionsstrategie ist aber auch so etwas. (…)

Übrigens wollte ich keineswegs einen „Kurzschluss“ ziehen: Fledermäuse handeln altruistisch - also tun Menschen das auch. Es geht einfach darum, dass es das Phänomen im Allgemeinen gibt, und zwar als eine Evolutionsstrategie, die im Gegensatz zum Egoismus steht. (…)

Aber bei einer sozial hochentwickelten Spezies wie homo sapiens soll das ausgerechnet fehlen? Komm schon - das ist sehr unwahrscheinlich! Aber Vorsicht: nicht jedes Individuum muss dazu in der Lage sein; schon bei Schimpansen gibt es „Gute“ und „Böse“ (…)

Aber natürlich kann ich auch nicht mit Sicherheit sagen, ob ein Albert Schweitzer z.B. nach Lambarene ging, und ein Urwaldkrankenhaus aufmachte, um sich „besser zu fühlen“! Das scheint mir nur ein wenig zu viel Aufwand zu sein dafür

Diese Argumentation wurde, im Gegensatz zu meiner, noch durch folgende Links untermauert. Wobei ich zweiteren für ziemlich abgedreht halte ^^

Dies ist eine kleine Auswahl an Argumenten die RonnieB666 vorgebracht hatte. Ich denke eine gut ausformulierte Antwort wird er selbst bald vorbringen oder mir zumindest die Hölle heiß machen wenn er denkt, dass ich das hier zu verkürzt dargestellt habe. ^^

Aber auch hier nochmal ein versuchtes Fazit:
Altruismus lässt sich eindeutig bei verschiedenen Tieren und unter Umständen sogar bei Pflanzen nachweisen. Daher ist es nur folgerichtig, anzunehmen, dass auch Menschen zu altruistischem Handeln in der Lage sind. Der Versuch einen Menschen nur als Egoisten zu betrachten, ist in auf jeden Fall eine zu verkürzte Darstellung und ignoriert die Möglichkeit individueller Charakterbildung. (Ich hoffe das ich die Argumentation damit, halbwegs aufgegriffen habe)

Tja, jetzt war der thread schneller da als er meine letzte PN lesen konnte - daher können das jetzt alle tun, die mögen und denen das nicht TLDR ist… :smt015

@Skafdir
Zunächst mal vorweg: offenbar muss man die Definitionen der Begriffe klären. Es ist nämlich keineswegs Egoismus wenn man etwas Gutes tut, weil man erwartet dass einem selbst dann auch irgendwann geholfen wird, und da liegt vermutlich der Hund begraben. Man spricht vielmehr von „wechselseitigen (reziproken)altruistischen Handlungen“.

Im Folgenden der Stand der Forschung zum Thema, der mir bekannt ist (Edit: ich versuche das jetzt auch mal zu strukturieren :wink:

Altruismus beim Menschen
Es gibt eine Interessante Studie[attachment=0]Altruistic punishment in humans.pdf[/attachment], die zeigt, dass Altruismus auch bei Menschen funktioniert, und zwar zum Zwecke der Gemeinschaft im SInne von Verbesserung von Kooperation. Das funktioniert dadurch, dass selbstsüchtig Handelnde „abgestraft“ werden, bzw. man diese - sobald aufgefallen - nicht mehr „umsonst mitfahren“ lässt - sonst würde das System zusammenbrechen. Davon hat das handelnde Individuum (der „altruistic punisher“) erst mal gar nichts - musste bei der Studie sogar selbst dafür Nachteile in Kauf nehmen (so viel zum Thema „sich besser fühlen“), wird der Gemeinschaft aber mit seinem handeln nützen - allerdings manchmal erst nach Generationen, so dass es noch nicht mal eine ideelle „Belohnung“ für das Individuum gibt - falls es sich überhaupt dessen bewusst ist. Evolution funktioniert gänzlich auch ohne Bewusstsein. Das Individuum tritt also zugunsten der Gemeinschaft zurück - das ist das klare Gegenteil von Egoismus, bzw. die Wandlung egoistischer Verhaltensweisen in altruistische Handlungen - und ist gleichzeitig ein evolutionärer Vorteil.

Altruismus im Tierreich
Erinnert mich übrigens doch sehr an die Beobachtungen bei den Fledermäusen
Dazu findest Du viel, besonders unter dem Stichwort „reziproker Altruismus“, ich habe hier einmal einen Pressetext (das Entscheidende kommt ganz zum Schluss):
Und dann findet man es noch hier bei der „Lebensweise von Fledertieren“.
Ich habe das übrigens in einer Doku über insektenfressende Fledermäus genauso gesehen, also noch eine andere Spezies als die beschriebenen „Vampire“. Da war es so, dass die Fledermäuse die mehr Insekten erbeutet hatten bzw. schon gefressen hatten, glücklosen oder kranken Artgenossen was abgaben bzw. sogar für diese mitjagten - und zwar auch bei Nichtverwandten und ganz fremden Individuen. Dann passierte Folgendes: wenn eine Fledermaus die selbst profitiert hat, beim nächsten mal nicht so handelte, dann wurde sie fortan von der Gemeinschaft ausgeschlossen. Also nicht unbedingt von derjenigen Fledermaus, die „betroffen“ war von diesem Egoismus, sondern wiederum ganz fremden Individuen, denen das doch eigentlich egal sein konnte - die das aber mitbekommen hatten (Fledermäuse sind in der Lage Individuen zu identifizieren). Es handelt sich also nicht einfach nur um „quid-pro-quo-“ bzw. „Tausch-Geschäfte“ zwischen Individuen, sondern ein uneigennütziges Handeln zum Wohle der Gemeinschaft - u.U. auch auf Kosten des eigenen Nutzens. Denn kein Individuum kann vorher wissen, ob es je profitieren wird, wenn es heute was abgibt oder ein anderes Individuum abstraft - es ist ja vielleicht auch nie auf Hilfe angewiesen. Es tut es einfach. Das ist also eine Art „Sozialvertrag“, der nicht mit einem Tauschgeschäft zu verwechseln ist.
Der reziproke Altruismus impliziert ausserdem, dass grosse Kolonien von interagierenden Individuen für die Verbreitung altruistischer Handlungsweisen sorgen. Das gilt dann offensichtlich für Menschen entsprechend, siehe Anhang.

Altruismus bei Pflanzen
Ja, auch das soll es geben - hat der TE netterweise schon erwähnt hier noch einmal der link zur Quelle zu diesem Thema mit dem Titel: „Auch Pflanzen sind altruistisch“

Evolutionäre Bedeutung
Ich zitiere dann noch einen Abschnitt zur „Evolutionären Bedeutung“ (aus wikipedia der Einfachheit halber, Stichwort „reziproker Altruismus“):
„Evolutionäre Stabilität erfordert gegenseitige Kontrolle und den Ausschluss (oder die Bestrafung) von nur egoistischen Nutznießern, denn letztere besäßen sonst einen reinen Vorteil aus einer Versorgung ohne Gegenleistung. Als solche besäßen sie einen Selektionsvorteil, der zum Verschwinden der Altruisten führte, auch wenn danach möglicherweise die ganze Population unterginge, da sie nur altruistisch organisiert überleben könnte.“
Man muss nur bei der Definition der Begriffe bleiben: Altruismus bedeutet, dass das Individuum zum gegebenen Zeitpunkt selbst gar nichts davon hat, vielleicht sogar einen Nachteil. Es gibt Versuche (allerdings nur von obskuren webseiten, was Vernünftiges hab ich nicht gefunden), Altruismus in Egoismus umzumünzen, Stichwort „Liebe ist Egoismus“. Dabei wird dann das Argument genannt, dass es ja der Art nützte, damit auch das Individuum indirekt etwas davon habe, z.B. durch Weitergabe von Genen. Aber das kann ja nicht gelten für völlig fremde Individuuen, also fremde Gene - sonst wäre es Nepotismus. Gerade das bestätigt ja, dass es sich um Altruismus handelt, weil man die eigenen Gene sozusagen „vernachlässigt“. Hinzu kommt, das sicherlich keine Fledermaus sich denkt „ich tue das jetzt, damit meine Art überlebt“.

Zusammenfassung / Fazit
Weil es so schön ist, noch einmal zum Schluss die Definition: Reziproker Altruismus beschreibt die Wandlung egoistischer Verhaltensweisen in altruistische Handlungen.
Noch einmal: es geht beim reziproken Altruismus um die Gemeinschaft die im Vordergrund steht, während beim Egoismus allein das Individuum im Vordergrund steht und seine Handlungen allein Ichbezogen sind.
Natürlich findet man bei Menschen beides, und auch gleichzeitig in einem Individuum. Das eine schliesst das andere nicht aus. Aber zu sagen, es gäbe „nur Egoismus“ und Altruismus sei nur eine Form davon, ist mit Sicherheit falsch.
Wenn man etwas tut, weil es der Gemeinschaft nützt, dann ist das laut Definition eben kein Egoismus - auch wenn man damit rechnet, dass einem später geholfen wird, wenn man selber bedürftig ist. Also „ich helfe anderen, damit mir geholfen wird“ gehört zum reziproken Altruismus, nicht zum Egoismus.
Und um auch die Evolutionstheorie noch einmal zu Worte kommen zu lassen: eine Gesellschaft von sozial hochentwickelten Individuen muss die Egoisten kontrollieren, damit die Altruisten eine Chance haben - oder untergehen.

EDIT: Man kann natürlich den Begriff „Egoismus“ so weit auslegen, dass alles darunter fällt, was es an „guten Taten“ so gibt - so wie es der TE oder auch der post nach dem hier tut. Aber den „altruistic punisher“ aus der Studie von Nature (s.o.) erfasst selbst das nicht - denn die Beteiligten kennen sich nicht, entscheiden frei, müssen selbst Nachteile einstecken usw. - das steht aber alles in der Studie drin. Die einzige Begründung für Egoismus, die dann noch bliebe: der „altruistic punisher“ ist in Wirklichkeit ein Sado/Masochist :ugly

Lustig, denn just dieses Thema hatten eine Freundin und ich erst beim Frühstück mit anschließendem Kuchen/Tee letzten Samstag. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass es keinen unegoistischen Altruismus beim Menschen geben kann, denn geben tut man, um sich besser zu fühlen. Ob soziale Erwünschtheit (“wer viel hat, soll auch was geben”, “an Weihnachten spendet man, das ist schon fast Tradition”), schlechtes Gewissen beruhigen (“tu ich mal was für die anderen, weil ich letztens in der Bahn der Mutter mit Kleinkind meinen Sitzplatz nicht angeboten habe”) oder sich einfach als guter Mensch fühlen (“ich gebe, also bin ich”) - es steckt immer ein Gedanke dahinter.

Als Gegenbeispiel hatten wir überlegt, ob es den Fall geben kann, dass einer wahllos irgendwohin gibt, einfach weil er mehr hat, und es ihm egal ist, ob der Nehmende vielleicht gar nicht bedürftig ist, vielleicht gar mehr hat als er selbst - und sind zu dem Schluss gekommen, dass das kein Altruismus mehr ist, weil es dann auch altruistisch wäre, Zeug wegzuschmeißen.

Auf die Diskussion bin ich jedenfalls gespannt

Hier einige Beispiele:
1.Wenn Raubüberfälle nicht gesellschaftlich geahndet werden würden, dann wäre dieses Verhalten ein integraler Bestandteil unserer Gesellschaft. Da jeder der dazu in der Lage ist, auf diese Art seinen Lebensunterhalt sichern würde.
2.Da Menschen die bei sozialen Projekten helfen (z.B. Tafel), gesellschaftliche Anerkennung kriegen (und sei es nur im Bekanntenkreis), helfen sie. Würde es diese Anerkennung nicht geben, würde es auch keine ehrenamtlichen Helfer geben. (Außer einigen sehr wenigen Ausnahmen die tatsächlich eine persönliche Befriedigung empfinden, wenn sie jemandem helfen)

Ja und? Ist doch schön. Guter Egoismus hat auch Respekt und Anerkennung verdient.
Wenn mir jemand hilft ist mir das mal total egal ob er es aus egoistischen Gründen oder selbstlos tut. Er wird von mir gleichermaßen belohnt.

Wenn mir jemand hilft ist mir das mal total egal ob er es aus egoistischen Gründen oder selbstlos tut. Er wird von mir gleichermaßen belohnt.

:smiley: Das find ich super! Pragmatiker fand ich schon immer gut.

Dabei ist mir noch was eingefallen: vielleicht hättest Du auch was dagegen, wenn jemand sich asozial verhält, z.B. ständig Deine Bank ausraubt und kein Geld mehr da ist? Eine These „wenn die Gesellschaft nicht wäre, gäbe es nur Bankräuber“ find ich besonders absurd: warum ist es denn gesellschaftlich geächtet? Weil Gott es mit einem Blitz in eine Steintafel geritzt und dann Moses um die Ohren gehauen hat? Oder weil eine soziale Gemeinschaft derartige, egoistische und asoziale Verhaltensweise gemeinschaftlich bekämpft, weil es schädlich ist für die Gemeinschaft?

„Positiven Egoismus“ lass ich mir noch gefallen, aber das ist [-]Blödsinn[/-] abwegig, Sorry Skafdir.
Ausserdem würden auch hier wieder die Egoisten abgestraft von der Gemeinschaft, so wie in der Vergangenheit X-mal geschehen, vielleicht sogar von einem Altruisten - noch nie „12 Uhr Mittags“ gesehen? :mrgreen: OK…das war nur ein Witz!

Karma Konsequenz: Altruismus aus Egoismus.

Karma Konsequenz: Altruismus aus Egoismus.

Ich hoffe, man verzeiht mir diesen ausufernden Fullquote, aber ich finde das gerade so schön kompakt und praktisch, dass ich es noch mal hervorheben muss.
So ähnlich wird wohl das mit dem Karma ursprünglich gedacht sein.

Jedoch an eine verklärte und vereinfachte Version des Karma Prinzips „tue gutes und dir wiederfährt gutes“ glaube ich jedoch nicht, weil die Gegenbeispiele einfach dermaßen dramatisch überwiegen (es gibt genug „reiche Arschlöcher“*, die bis in ihr hohes und gesundes Alter ein prima Leben geführt haben und „nette Arme“, die früh und krank sterben). Das ist nur ein Mechanismus, um den „kleinen Mann“ bei Laune zu halten, damit er nicht gegen „die da oben“ rebelliert, weil er ja weiß, dass die irgendwann irgendwie schon zur Rechenschaft gezogen werden und sein Schicksal einfach hinnimmt, weil er, der sich brav unterdrücken lässt, kommt ja im nächsten Leben dann zum Zuge.

*Extra in Anführungszeichen, weil Klischee. Es gibt auch arme Arschlöcher! Und nette Reiche, man stelle sich mal vor, hier wird im hohen Ausmaße differenziert!

Egoismus ist also der Grundstein zu humanistischen und zuvorkommenden Handlungen? :smt005

Je egoistischer man ist, desto “(mit)menschenfreundlicher” ist man dann also? Ey, das glaubt ihr doch wohl selbst nicht!

Man begeht hier ein Trugschluss, indem man den Grund für eine gute Tat automatisch als egoistische Motivation definiert, nur weil es diesen Grund “gibt”.
Oder anders ausgedrückt ist der Begriff “Egoismus” in dieser Diskussion nicht ausreichend definiert bzw. viel zu weit gestreut.

Beispiel:
Ich habe ein Sandwich. Mein Freund will was davon abhaben. Zwei Möglichkeiten:

  1. Ich gebe ihm die hälfte ab. (vermutlich dadurch Motiviert die Freunschaft zu erhalten und zu pflegen)
  2. ich gebe ihm nichts ab. (Sandwich schmeckt mir zu gut (glücksgefühl), es ist mein Sandwich, ich will alles für mich selbst)

Laut mehrheitlicher Meinung in diesem Thread handelt man in beiden fällen “egoistisch”, was offensichtlich absurd ist. Denn warum gibt es dann diese zwei Möglichkeiten?
“Egoismus” ist eben nicht gleich “Egoismus”.

Je egoistischer man ist, desto „(mit)menschenfreundlicher“ ist man dann also? Ey, das glaubt ihr doch wohl selbst nicht!

Äh, wer ist jetzt eigentlich „Ihr“?

Also ich finde ja die Erklärungen von RonnieB666 ganz einleuchtend. Gerade weil ich in dem Themengebiet nicht so zu hause bin, und es nicht so einfach ist mit den Begrifflichkeiten, hat das für mich etwas Licht in die Sache gebracht.

hat das für mich etwas Licht in die Sache gebracht.

Das freut mich sehr, und allein dafür hat es sich für mich bereits gelohnt. Ich möchte nur Wissen weitergeben, dass sich mir selbst erst vor Kurzem erschlossen hat, nichts weiter. Und es kommen immer neu Erkenntnisse hinzu, wir wissen ja nach wie vor nur einen kleinen Teil über solche Dinge.
Viele gehen rein emotional an die Sache heran, evtl. auch mit einem mehr oder weniger negativen Menschenbild, was ich gut nachvollziehen kann - mich interessiert aber eine Betrachtung im Lichte der Evolution, die hier mal wieder eine grosse Rolle spielt.

Der Mensch ist allerdings in der Lage, eine Gesellschaft und Regeln dazu zu erschaffen, die das zumindest z.T. aufheben oder abschwächen, was die Evolution uns mit gegeben hat. Aber nur weil es Systeme gibt, in denen Egoismus belohnt wird (ich erinnere an die Finanzkrise und die Rolle der Investentbanker), heisst das noch lange nicht, dass das unabänderlich ist. Wenn eine Gesellschaft nicht mehr funktioniert (USA?) sollte man sich mal Gedanken machen, ob da vielleicht was falsch läuft - wenn man natürlich der Meinung ist „der Mensch ist halt ein Egoist“, dann kann man, muss man nichts ändern. Das wäre dann aber Fatalismus, davon halte ich gar nichts.

Edit/ Ezzendy (nächster post) hat einen ganz wichtigen Punkt gebracht, der bisher nicht genannt wurde: das „Ultimative Opfer“. Wie erklärt man, dass Menschen sich - auch für Fremde! - opfern, das eigene Leben riskieren oder sogar verlieren um andere zu retten? Meine Antwort lautet: das gehört zur evolutionären Strategie dazu - es nützt der Gemeinschaft, damit dem Überleben der Art. Das Individuum handelt aber rein altruistisch, das ist nicht mal reziprok wenn man dabei stirbt.

Jedoch an eine verklärte und vereinfachte Version des Karma Prinzips „tue gutes und dir wiederfährt gutes“ glaube ich jedoch nicht, weil die Gegenbeispiele einfach dermaßen dramatisch überwiegen (es gibt genug „reiche Arschlöcher“*, die bis in ihr hohes und gesundes Alter ein prima Leben geführt haben und „nette Arme“, die früh und krank sterben). ]

Glück hat aber mit Geld (bewiesenermaßen) nichts zu tun. Die glücklichsten Menschen auf diesem Planeten sind verhältnismäßig arm und haben noch nicht mal eine hohe Lebenserwartung.

Zum anderen denke ich, dass Egoismus hier von Skafdir vollkommen falsch interpretiert wird. Wenn man sagt, dass man anderen nur etwas gutes tut weil man sich dann selber besser fühlt, dann ist das zum größten Teil erstmal richtig. Unser Gehirn belohnt uns schließlich für gute Handlungen (wobei „gut“ wieder kulturell verschieden sein kann).
Das hat aber mit dem Begriff Egoismus nichts zu tun. Egoismus bedeutet Handlungen auszuüben die ausschließlich mir selber nützen und niemandem sonst bzw. das es mir vollkommen egal ist ob es noch jemand anderem nützt weil es für mich nicht relevant ist.
Wenn ich nun also etwas für jemanden anderen tue um mich dann besser zu fühlen ist das keine egoistische Handlung, denn mein „besser fühlen“ ist in erster Linie abhängig von der Reaktion des Anderen. Einem Egoisten wäre die Reaktion egal.

Zum anderen muss man auch sehen, dass es bereits genügend Menschen gab die ihr Leben für eine Sache geopfert haben. Wie kann das egoistisch sein? Ich rede jetzt bewusst nicht von religiösen Fanatikern die von einem besseren Leben nach dem Tod überzeugt sind sondern von Soldaten z.B. die sich selber opfern um den Rest ihrer Truppe zu retten. Denen kann man wohl nicht unterstellen, dass sie auf die Ehrungen aus sind die man ihren Leichen ansteckt.

Guter Egoismus hat auch Respekt und Anerkennung verdient.

Da sage ich ja auch nicht gegen. Wenn ich tatsächlich jede Form von Egoismus für schlecht halten würde und gleichzeitig davon überzeugt wäre, dass jeder Mensch nur aus egoistischen Motiven handelt. Dann müsste ich mich folgerichtig für einen schlechten Menschen halten…

Ich bin aber zu egoistisch um mich selbst als „schlechten Menschen“ zu beichnen. :stuck_out_tongue:

Nein im Ernst natürlich erwachsen aus diesen egoistischen Motiven auch positive Kräfte für die Gesellschaft. Gerade weil auch dem egoistischem Menschen klar ist, dass er Gesellschaft braucht ist er ja am Erhalt eben dieser interessiert.

Zu dem Vorwurf ich würde Egoismus falsch oder undifferenziert betrachten.
Ich denke, dass man Egoismus nicht als eine festen Wert betrachten darf. Die Personen die man gemeinhin als „Egoisten“ bezeichnet, sind auf eine für die Gesellschaft schädliche Art egoistisch. Menschen können also mehr oder weniger egoistisch sein, sie können aber nicht „nicht egoistisch“ sein. Denn jede Entscheidung wird „Ich-bezogen“ getroffen, dabei geht es nicht darum, dass diese Entscheidungen logisch nachvollziehbar sind. (Ich bin kein Vertreter der „Rational Choice Theorie“)

Zu dem „ultimativen Opfer“: Doch auch das wird aus egoistischen Motiven getan. Gerade bei Soldaten glaube ich sogar, dass es keinen anderen Beweggrund gibt, als

die Ehrungen (…) die man ihren Leichen ansteckt.
(Wobei viele Soldaten sich vielleicht nicht einmal bewusst sind, dass sie dieses Opfer bringen könnten und eigentlich nur glauben, dass man als Soldat ein „tolles Leben unter Kameraden hätte“;; Will sagen: Ein Soldat zieht nicht mit der Motivation in den Krieg dort zu sterben. Sondern um zu töten und das kann wohl kaum als „altruistisch“ bezeichnen oder?)
Dieses „ultimative Opfer“ wird von der Gesellschaft aufs höchste anerkannt, der Heldentod ist ein Motiv, dass sogar heutzutage noch dazu dient höchste Bewunderung hervorzurufen. (Dabei muss dieser absolut nicht religiös motiviert sein; sondern zum Beispiel durch gesellschaftliche Konvention:

„Wanderer, kommst du nach Sparta, verkündige dorten, du habest
uns hier liegen gesehn, wie das Gesetz es befahl.“
(Inschrift an der Stele zur Schlacht bei den Thermophylen) Diese Aufopferungsbereitschaft, kann durchaus darauf zurückgeführt werden, dass der Heldentod in Sparta, die höchste Ehre war die ein Mensch erringen kann. Daher ist die Motivation durchaus als egoistisch zu bezeichnen, selbst wenn die Konsequenzen der Gesellschaft mehr bringen als dem Individuum.

Ich sage also, wer von Altruismus redet betrachtet die Konsequenzen einer Handlung und nicht die Motivation. Um zu bewerten ob ein Mensch egoistisch oder altruistisch gehandelt hat, ist aber die Motivationslage entscheidend. Diese ist in jedem Fall „ich-bezogen“ also „egoistisch“.

Je egoistischer man ist, desto „(mit)menschenfreundlicher“ ist man dann also? Ey, das glaubt ihr doch wohl selbst nicht!

Nein, das glaube ich tatsächlich nicht. Aber ich glaube, dass auch mitmenschenfreundliches Verhalten aus egoistischen Motiven entspringt. Es gilt also eher die andere Richtung: "Je weniger egoistisch man ist, desto „(mit)menschenfreundlicher“ ist man. Es ändert aber nichts an der Tatsache des Egoismus.

@Sakfdir: Von Dir kommt nur “ich denke…”, “ich glaube…”, “für mich ist…”, “ich glaube nicht…” usw. usw.

keine Quellen, Belege, Studien, gar nichts. Aber woher sollten die auch kommen?
Nicht mal eine saubere Definition von “Egoismus” kommt da, nur blabla (“Ich denke, dass man Egoismus nicht als eine festen Wert betrachten darf”…)

Wie sagt man so schön: “glauben” ist “nicht wissen”.
Ich hab es jetzt kapiert: ich könnte hier genauso gut einem Kreationisten was von der Evolution erzählen, das käme etwa aufs selbe raus.

A propos raus: ich bin raus. Ich “glaube” nämlich, ich hab genug dazu geschrieben. :twisted:

Und tschüss
:smt006

Zu dem Vorwurf ich würde Egoismus falsch oder undifferenziert betrachten.
Ich denke, dass man Egoismus nicht als eine festen Wert betrachten darf.

Genau das ist das Problem. Wenn du meinst das Egoismus keine fester Wert ist dann können wir hier nicht sachlich diskutieren da du es für dich so auslegst das es zu deiner Argumenation passt. Vielleicht solltest du dir stattdessen die richtigen Begriffe für deine Argumente raussuchen, anstatt deine Begriffe den Argumenten anzupassen.

Egoismus ist ein fest definierter Begriff, genau wie Altruismus einer ist. Dazwischen gibt es noch sehr viel.

OK ich hab verstanden, soll mir ja niemand unterstellen ich wäre nicht lernfähig…

Vielleicht solltest du dir stattdessen die richtigen Begriffe für deine Argumente raussuchen, anstatt deine Begriffe den Argumenten anzupassen.

Ich beginne mit Operation Nachweis:
Egoismus kommt vom lateinischen „ego“ (Ich) und beschreibt demnach eine Geisteshaltung, die Stark auf das „Ich“ bezogen ist, nach dem Duden wird Egoismus als „Ich-Bezogenheit“, „Eigenliebe“ oder auch als „Selbstsucht“ beschrieben. Diese drei Beschreibungen weißen deutlich in verschiedene Richtungen, während "Ich-Bezogenheit deutlich, als einfaches „ich bezogenes Handeln“ gedeutet werden kann, verweist die „Selbstsucht“ auf eine Art krankhaftes Verhalten. (Man sieht also, dass meine These von einem Egoismus in verschiedenen „Schattierungen“ schon durch die einfache Übersetzung des Wortes gestützt wird)

Dann gehe ich weiter zur Recherequelle Nummer 1 wenn man sich einen Überblick verschaffen will: Wikipedia

„Egoismus“ wird meistens abwertend als Synonym für rücksichtsloses Verhalten verwendet und als „unanständig“ beurteilt. Der Begriff beschreibt dann die Haltung, ausschließlich persönliche Interessen zu verfolgen ohne Rücksichtnahme auf die Belange oder sogar zu Lasten anderer. Egoismus wird in diesem Zusammenhang als Gegenteil von Altruismus und Solidarität kritisiert.

Umgekehrt existiert die Auffassung, dass Altruismus erst durch das Erlangen des eigenen Wohls möglich ist, etwa analog zu der Regel, die bei Rettungseinsätzen gilt, dass der Eigenschutz die erste Maßnahme der Ersten Hilfe ist, oder wie bei dem bekannten Bibelzitat: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ (Mk 12,31 EU)

Die negative Sicht auf den Egoismus als Egomanie steht im Kontrast zu einer positiven Wertung eines „gesunden“ Egoismus, die im Ethischen Egoismus philosophisch ausgearbeitet ist. Eine wertungsfreie Auffassung ist die faktische Behauptung des Psychologischen Egoismus, dass alle Menschen de facto egoistisch handelten. Ebenfalls wertfrei ist das wirtschaftswissenschaftliche Modell des Homo oeconomicus.

Auch hier zeigt sich deutlich, dass Egoismus durchaus als eine Geisteshaltung gesehen weden muss, die eben nicht absolut zu bewerten ist. Gleichzeitig wird hier auch eines meiner Argumente aufgegriffen: altruistisches Verhalten benötigt Egoismus um zustande zukommen.

Und eine weitere Definition diesmal aus der „internet encyclopedia of philosophy“:

In philosophy, egoism is the theory that one’s self is, or should be, the motivation and the goal of one’s own action. Egoism has two variants, descriptive or normative. The descriptive (or positive) variant conceives egoism as a factual description of human affairs. That is, people are motivated by their own interests and desires, and they cannot be described otherwise. The normative variant proposes that people should be so motivated, regardless of what presently motivates their behavior.

Die hier als „descriptive variant“ bezeichnete Definition, trifft zu 100% die von mir dargelegte Argumentation.

und weiter im Text: diesmal von „Lebenshilfe ABC, Nachschlagewerk & Lexion - Psychologie“

Im Grunde genommen ist jedes Verhalten egoistisch. Auch wer seine eigenen Interessen zurückstellt und sich für andere einsetzt, handelt in seinem Interesse, denn er sieht in seinem Verhalten mehr Vorteile.

Das Gegenteil von Egoismus ist Altruismus, d.h. Selbstlosigkeit. Es gibt jedoch kaum einen Menschen, der seine eigenen Interessen völlig in der Hintergrund stellt und völlig selbstlos ist. Selbst bei Mönchen und Priestern ist Egoismus im Spiel - sie erhoffen sich zumindest durch ihre Tätigkeit einen Platz im Himmel oder befriedigen ihr soziales Gewissen.

Damit sollte der Begriffsklärung des Egoismus, in dem von mir dargelegten Sinne, genüge getan sein.

Gehen wir also weiter zu dem Vorwurf von RonnieB666:

keine Quellen, Belege, Studien, gar nichts. Aber woher sollten die auch kommen?

Richtig, woher sollen die auch kommen? Ich suche in meiner Argumentation nach Beweggründen nicht nach Auswirkungen. Wenn ich Auswirkungen untersuche, dann gibt es ganz klar Altruismus, das kommt jeden Tag vor, das ein Mensch etwas macht wodurch ein anderer Mench mehr Vorteile erzielt als er selbst.

Das ist aber gar nicht die Frage, die Frage ist die nach der Motivation und die kann eine Studie schlecht beantworten. Wie denn auch?

Jede von dir vorgelegte Studie versucht zu Beginn folgendes: Es wird eine Situation beschrieben in der es angeblich keinen persönlichen Vorteil für die beobachteten Personen gibt. Dies kann aber nur an „messbaren“ Werten festgemacht werden. Das „soziale Gewissen“ (siehe oben) lässt sich aber nicht messen. Man könnte natürlich die Personen fragen warum sie so gehandelt haben.

Das Problem ist nur, wenn mir jemand diese Frage stellen würde, dann würde ich antworten: „Ich habe so und so gehandelt, weil ich es für richtig halte.“ <<Damit wäre jeder Vertreter des Altruismus glücklich und zufrieden und würde sagen: Seht her hier ist der Beweis für altruistisches handeln.

Jetzt kommt die Folgefrage: „Haben sie sich gut gefühlt, weil sie so gehandelt haben?“, Antwort: „Ja.“ << und schon springen die Verteidiger des Egoismus in die Bresche und sagen, na bitte ich sags ja rein egoistische Motive.

Altruismus ist erst dann „bewiesen“ wenn ein Mensch eine Handlung FREIWILLIG begeht, die einem anderen mehr nützt als ihm selbst, er sich von vornherein darüber im klaren war und er sich im Anschluss nicht gut fühlt diese Handlung begangen zu haben. (Also beschreibe mir eine Situation die darauf zutrifft; folgende Zweitbedinung: Die Handlung muss entsprechend des Plans funktionieren. Wenn ich einem kleinen Jungen helfe seine Drachen aus einem Baum zu holen, dabei vom Baum falle und mir dann den Arm breche fühle ich mich unter Umständen schlecht deshalb. Hätte mich aber gut gefühlt, wäre die Handlung so verlaufen wie sie von mir geplant gewesen wäre.)

Edit: Wobei ich mich frage was die Lexikadefinitonen von Egoismus und Altruismus hier jetzt bringen sollen, den die kann jeder innerhalb von 30 Sekunden nachsehen. Als Reaktion auf meinen Post kommt jetzt also eine Lexiadefinition von Altruismus und wir treten auf der Stelle, weil in beiden Fällen nicht die Existenz des jeweiligen Zustands angezweifelt wird.

Ein schlauer Mensch hatte mir zu Beginn meines Studiums mal folgendes gesagt: Dinge die allgemein verständlich sind, oder zum Allgemeinwissen gehören müssen nicht nachgewiesen werden. (Tja wie weit sich doch die Vorstellungen von Allgemeinwissen und allgemein verständlich entfernen o.O)

Altruismus ist erst dann „bewiesen“ wenn ein Mensch eine Handlung FREIWILLIG begeht, die einem anderen mehr nützt als ihm selbst, er sich von vornherein darüber im klaren war und er sich im Anschluss nicht gut fühlt diese Handlung begangen zu haben.

Du hast Dir so viel Mühe gemacht, da will ich kein Spielverderber sein. Aber Du hast immer noch nichts belegt, und das finde ich schon sehr dreist. Und eine wissenschaftliche Studie einfach so abzutun ist arrogant. Aber lassen wir das mal beiseite, denn flamen will ich gar nicht.
Zunächst mal: ich muss überhaupt nichts beweisen, denn Du bist es, der dauernd Behauptungen aufstellt. „Leute handeln altruistisch, weil sie sich dann besser fühlen“ ist eine Behauptung von Dir, nichts weiter.
Ich könnte jetzt einfach sagen: das ist für mich totaler Blödsinn (und das ist es), und gut ist.

Aber ich drehe den Spiess lieber um: wo steht geschrieben, dass ein Mensch nur aus freiem Willen handeln kann bzw. das immer tut und sich immer seiner Handlungen bewusst ist?
Du hast, da Du wikipedia als Quelle akzeptierst (was ich sonst nicht tue), mir die Möglichkeit eröffnet, dass auch zu tun, sozusagen als „letztes Angebot“:
„Altruismus ist nicht zwingend willentlich, moralisch, idealistisch oder normativ begründet, sondern kann auch Bestandteil des angeborenen Verhaltens eines Individuums sein.“
(einfach zu finden unter „Altruismus“.

Darum geht es mir die ganze Zeit: wer sagt denn, dass man eine Motivation braucht, um altruistisch zu handeln?
Das habe ich zumindest nie behauptet, im Gegenteil: ich spreche von Evolution. Menschen haben das ebenso wie Fledermäuse (oder Primaten, wenn einem das mehr liegt - es gibt auch zu Menschenaffen solche Studien) - ob einem das passt oder nicht - Menschen handeln manchmal so, ohne zu wissen,warum sie das tun. Das würde man nämlich bei Deiner Fragestellung auch unter den Antworten finden: „warum haben Sie das getan?“ Antwort „keine Ahnung, ich hab nicht nachgedacht, dazu war keine Zeit“. Z.B. wenn man in einen Fluss springt, um ein Leben zu retten, gegen jede Vernunft, kein Beobachter weit und breit, kein Entscheidungsspielraum, nur ein Reflex. Das nennt man Instinkt, den haben Menschen auch. Ob man sich danach, wenn man wieder „zu Bewusstsein gekommen ist“ letztlich besser fühlt oder nicht, ist dann völlig irrelevant - korrekt?

Vielleicht hilft das ja, einen Kompromiss zu finden, sonst kann man immer so weitermachen - das ist für mich wie bei einem Religions-thread: müssig, da bleibe ich bei.
Du hast es schon mal gesagt: Dich interessiert die Motivation, die interessiert mich an dieser Stelle aber gerade überhaupt nicht - mich interessiert ob die Handlung selbst objektiv altruistisch war.
Also: von mir aus ist bewusstes, kalkuliertes altruistisches Verhalten unter Deinen sehr weit gefassten Begriffsdefinitionen auch egoistisch. Gut. Sehe ich anders, aber so kommen wir nicht weiter.

Aber es gibt eben auch unbewusste, angeborene altruistische Verhaltensweisen. Und die sind dann eben nur das: altruistisch - keine Motivation weit und breit. Deswegen komme ich doch dauern mit Fledermäusen und Pflanzen - man muss dann „nur“ noch akzeptieren, dass auch Menschen Instinkthandlungen begehen, sozusagen von der Evolution gesteuert.
Können wir uns darauf evtl. verständigen oder wenigstens die Möglichkeit einräumen, dass es so was geben könnte?

P.S. Ich spielte schon mal mit dem Gedanken, das unbewusste Handeln aufzubringen, aber das überschneidet sich dann mit der Diskussion zum „Freien Willen“, die auch noch nicht abgeschlossen bzw. endgültig beantwortet ist. Wenn Du nun der Meinung bist, ein Mensch handelt immer bewusst und dann immer egoistisch, werden wir nie zum Ende kommen.
Mich beschleicht auch langsam der Verdacht, dass wir aneinander vorbei reden könnten :smt017
Aber Du hast ja kategorisch jeglichen Altruismus ausgeschlossen, vielleicht hast Du den instinktiven nicht bedacht.

Zunächst mal: ich muss überhaupt nichts beweisen, denn Du bist es, der dauernd Behauptungen aufstellt. „Leute handeln altruistisch, weil sie sich dann besser fühlen“ ist eine Behauptung von Dir, nichts weiter.
Ich könnte jetzt einfach sagen: das ist für mich totaler Blödsinn (und das ist es), und gut ist.

Nicht an mich gerichtet, aber zum einen ist die Behauptung nicht nur von ihm, sondern wurde hier von einem halben Dutzend Personen genannt. Zum zweiten gibt es durchaus Studien, die eben dieses belegen: mehr eigenes erfahrenes Glück durch Altruismus als durch Egoismus ([3]).

Z.B. wenn man in einen Fluss springt, um ein Leben zu retten, gegen jede Vernunft, kein Beobachter weit und breit, kein Entscheidungsspielraum, nur ein Reflex. Das nennt man Instinkt, den haben Menschen auch. Ob man sich danach, wenn man wieder „zu Bewusstsein gekommen ist“ letztlich besser fühlt oder nicht, ist dann völlig irrelevant - korrekt?

Du liegst dem Irrglauben auf, dass man sich nur bewusst Ich-bezogen verhalten kann oder das frei entscheidet. Wie unten noch dargestellt ist: eine solche Rettung geschieht nicht, weil man den anderen retten möchte, sondern weil man selbst „der Andere wird“ [7]. Ähnliches findet sich übrigens bei Mitleid und besonderen Sachen wie dem Helfersyndrom; bei beiden ist die Identifizierung mit dem Leidenden und (bei letzterem) das Bild von sich selbst maßgeblich.

Glück hat aber mit Geld (bewiesenermaßen) nichts zu tun. Die glücklichsten Menschen auf diesem Planeten sind verhältnismäßig arm und haben noch nicht mal eine hohe Lebenserwartung.

Hast du einen Link zu dem Beweis? Ich erinnere mich an Studien, die lediglich herausgefunden haben, dass es einen Betrag gibt (um die 20’000 USD pro Jahr [1]), ab dem weitere Steigerungen kaum in höherem Glücksgefühl resultieren, da letzteres vor allem durch (finanzielle und damit allgemeine) Sicherheit erreicht wird - im Krankheitsfall, für die Nachkommen, für einen gewissen Lebensstandard. Ab dem Erreichen der Sicherheit relativiert sich Geld sehr stark (bezogen auf Amerika, die Studie war wohl da her). Aktuelle Studien sprechen zwar von 75’000 USD pro Jahr [2], aber das hängt davon ab, ob man die absolute Spitze nimmt oder den Punkt, bis zu dem das Glücksempfinden am stärksten steigt. Das erklärt auch, warum der subjektive Eindruck von Glück trotz steigendem Einkommen momentan gleich bleibt - wir sind größtenteils über der Marke von 20’000 USD (und oft auch über der von 75k).
Auch gibt es Studien, die belegen, dass Geld, das für andere Menschen ausgegeben wird, in viel höherem Maße eigenes Glück provoziert als wenn das Geld für einen selbst ausgegeben worden wäre [3]. Was ein Argument für den Gedanken „Altruismus für eigenes Glück“ ist.
Zu „Die Glücklichsten Menschen auf diesem Planten sind verhältnismäßig arm […]“ eine Darstellung, die zwar etwas älter ist, aber kaum an Aussagekraft eingebüßt haben sollte:

Es gibt auch andere Quellen die deinen Satz widerlegen [4]. Geld ist nicht der alleinige Grund für Glück, sondern lediglich mitbestimmend (z.B. neben Freiheit, die aber wieder z:T im Bezug auf das Einkommen steht) -aber die ärmsten sind bis auf wenige Ausnahmen nie im Bereich der Glücklichsten [5].

Ansonsten gebe ich dir mit dem zweiten Absatz recht. Egoismus wurde hier z.T. als „Ich komm vor allen anderen und tue nur, was mir auch was nützt bzw. ich gebe nur, wenn ich selber etwas bekomme!“ gesehen. Ich würde das anders (auch nicht im Sinne des reziproken Altruismus) formulieren: so gut wie jede altruistische Handlung hat positive Folgen für uns selbst, die weder bewusst noch gewollt noch provoziert sein müssen (aber können), doch in jedem (mir bekannten Beispiel) vorhanden sind. Ausnahmen sind vielleicht Extremsituationen, wie sie im letzten Teil angesprochen werden. Im Bezug auf das zweite Beispiel von skafdir:

2.Da Menschen die bei sozialen Projekten helfen (z.B. Tafel), gesellschaftliche Anerkennung kriegen (und sei es nur im Bekanntenkreis), helfen sie. Würde es diese Anerkennung nicht geben, würde es auch keine ehrenamtlichen Helfer geben. (Außer einigen sehr wenigen Ausnahmen die tatsächlich eine persönliche Befriedigung empfinden, wenn sie jemandem helfen)

Das klingt bei dir so hart - aber vielleicht meinst du dasselbe. Die Hauptmotivation liegt nicht in der direkten Anerkennung seitens speziell der Verwandtschaft oder allgemein der Mitmenschen (was in eigenen Vorteilen resultieren könnte).
Alleine, dass wir wissen, wie derartige Handlungen von der Gesellschaft allgemein bewertet werden, ist Grund genug, die Handlung auszuführen. Wir haben Bedarf daran, uns glücklich zu fühlen und/oder uns zu erhalten - das Ergebnis der Handlung muss aber kein direktes persönliches Glück oder ein Vorteil sein (im Sinne des Egoismus oder des reziproken Altruismus - wobei ich ehrlich gesagt mit der Definition von letzterem nicht so ganz glücklich bin), sondern kann auch aus der (impliziten oder expliziten) Bewertung der Handlung durch andere resultieren. An sich ist das logisch: keiner tut etwas freiwillig, bei dem er sich schlecht fühlt, wenn nicht das Gefühl, „das Richtige zu tun“, überwiegen würde.
Die Abgrenzung zum reziproken Altruismus geschieht übrigens u.a. im Gedanke an Spenden. Niemand rechnet damit, dass selbst für einen gespendet wird noch erhält man einen greifbaren Vorteil. Es ist in dem Fall nur die Wertung der Gesellschaft und/oder die persönliche Wertung über den Wert von Spenden, die in dem Gefühl resultieren (ohne das niemand spenden würde).

Eigentlich ist das alles auch nicht neues und ich denke, dass die meisten hier dasselbe meinen. Allerdings tue ich mich gerade schwer damit, das auf Tiere zu übertragen. Was aber zum Großteil einfach daran liegt, dass die Bewusstseinsforschung bei Nicht-Menschen noch „etwas lückenhaft“ ist und ich gerade am Überlegen bin, auf welcher Basis evolutionäre Strategien eigentlich ablaufen. Weiteres siehe unten.

Einem Egoisten wäre die Reaktion egal.

Wäre sie das wirklich? Was wäre denn, wenn durch die Reaktion ein größerer Nachteil für ihn entstehen würde als der Vorteil, der die negativen Reaktionen hervorruft, darstellt und er sich daraufhin entschließt, durch altruistisches Verhalten den größten Nutzen aus egoistischer Sicht zu erzielen? Das ganze läuft unter „Klugheitsaltruismus“ und ist auch bei Wiki genannt [7]. Auf keinen Fall jedoch sind einem Egoisten die Reaktionen der Umwelt egal.
Auch ist es gar nicht so leicht, eine gänzlich egoistische Handlung zu finden, da es durchaus Überlegungen gibt, die Egoismus als Notwendigkeit für altruistische Handlungen ansehen (u.a. [6], unten auszugsweise zitiert). Das läuft dann meistens nach dem Schema „Nur, wenn ich eine vernünftige Basis habe, sind Energien frei, die man für andere einsetzen kann“. Das würde sogar auf RonnieB666’s (jaja, englischer Genitiv) Beispiel von den Fledermäusen zutreffen, die ja auch nur dann anfangen, zu teilen, wenn sie selbst genug gefangen bzw. gefressen haben. Wie sieht es allgemein bei Nahrungsknappheit aus - wenn also keine Fledermaus genügend zu futtern hätte? Bei Menschen schwankt das ja… zum Teil sind es die, die selbst am wenigsten haben, die dann aus der Kenntnis der Not heraus das Wenige auch noch teilen. Zusammenhalt zum Zwecke des Überlebens eben. Zum Teil geben aber auch nur die, die der Meinung sind, selbst genug zu haben, um das eigene Leben als gesichert ansehen zu können - z.B. würde kaum jemand, der gerade genug Geld für das eigene Überleben hat, eine Spende tätigen.
Allerdings würde ich so manchen Gedanken in die Richtung „Egoismus fördert Gesellschaft“ als Ideologie abtun. So hat man’s ja schon in der Schule bei Adam Smith ("Der Einzelne fördert unbewußt und ohne Absicht das Allgemeinwohl am besten dadurch, daß er seine eigenen Interessen verfolgt") gelernt.

Es handelt sich also nicht einfach nur um „quid-pro-quo-“ bzw. „Tausch-Geschäfte“ zwischen Individuen, sondern ein uneigennütziges Handeln zum Wohle der Gemeinschaft - u.U. auch auf Kosten des eigenen Nutzens. Denn kein Individuum kann vorher wissen, ob es je profitieren wird, wenn es heute was abgibt oder ein anderes Individuum abstraft - es ist ja vielleicht auch nie auf Hilfe angewiesen. Es tut es einfach. Das ist also eine Art „Sozialvertrag“, der nicht mit einem Tauschgeschäft zu verwechseln ist.

Uneigennützig würde ich das nicht nennen - siehe die Beispiele für den reziproken Altruismus bei Menschen, das demselben Schema folgt (Wiki):
Ein eingängiges Beispiel ist der Radsport: In so genannten Ausreißergruppen, die sich vom Hauptfeld abgesetzt haben, möchte jeder einzelne Rennfahrer gewinnen. Aber um siegen zu können, muss er seine Kraft für den Endspurt sparen. Dies gelingt ihm nur, indem er im Windschatten seiner Konkurrenten fährt. Folglich besteht die Gefahr, dass in der Ausreißergruppe keine Führungsarbeit geleistet wird. Damit die Gruppe überhaupt eine Chance hat, vor dem Feld ins Ziel zu kommen, müssen sich die Fahrer abwechseln. Die kräftezehrende Arbeit an der Spitze nimmt jeder Fahrer auf sich, weil er davon ausgeht, dass auch die anderen Fahrer kurze Zeit später das für ihn machen werden.
Sicher hast du Recht, wenn du sagst, dass niemand weiß, ob ihm auch geholfen wird. Aber man geht im Sinne der Gemeinschaft davon aus, dass das passiert. Und ich denke nicht, dass ein Verhalten, dass darauf beruht, dass einem dasselbige ebenfalls zuteil wird, gänzlich uneigennützig genannt werden kann. Man könnte auch vielleicht sagen, dass jegliches Handeln in obigem Geiste gleichsam der Gesellschaft und somit auch einem selbst (als Teil der Gesellschaft) hilft, selbst wenn zuerst nur Nachteile zu erkennen sind. Es ist, wie du schon sagst, kein Tauschgeschäft, sondern ein Sozialvertrag, aber uneigennützig ist das in meinen Augen nicht. Und darauf kommts ja an.
Im obigen Beispiel fällt auch noch was auf: der Egoist wäre bevorteilt - allerdings nur, solange es im Vergleich zu den Altruisten wenige sind. Das hast du selbst geschrieben - ich wollte ein einleuchtendes Beispiel dafür aufzeigen, wo es sich gerade so angeboten hat :wink:

Zum letzten Absatz von Ezzendy: Das ist ein gutes Thema und wurde ja schon im Freundin-Finden-Thread besprochen (ja, es war offtopic). Ich bin eigentlich der Meinung, dass solche Grenzerfahrungen und „sich selbst für andere opfern“ zum Großteil Ich-bezogen motiviert sind (positive Definition) - vor allem wenn Liebe im Spiel ist. Vor dem Aufschrei bitte weiterlesen ( :wink: ):es ist der Gedanke an den unfassbaren Schmerz, einen geliebten Menschen zu verlieren, der uns zu jeglichen Abwehrhandlungen treibt, auch wenn diese unseren eigenen Tod bedeuten würden. Eigentlich ist derselbe Sachverhalt damit nur anders ausgedrückt: man opfert sich aus Liebe, weil die einzige Option in unsagbarem Leid besteht - und das will man verhindern. Damit ist jedoch weder die Liebe noch das Motiv diskreditiert.
Allerdings muss ich zugeben, dass das für dein Beispiel der Soldaten kaum zutreffend ist. Dazu zitiere ich einfach mal was:

(Quelle)
Zum zweiten gibt es ja durchaus Beispiele z.B. bei Tieren, in denen sich für die Gemeinschaft geopfert wird - was man kaum durch „gute Gefühle“ noch durch irgendeinen individuellen Nutzen erklären kann - schon alleine deswegen, weil sie einem nach dem Tod ja egal sein können - und wo auch obiges kaum greift. Ich zitiere mal was (kein Link, Quelle liegt vor mir) als Beispiel für den letzten Absatz von RonnieB666 (Vor-vorposter):
Beim kleinen Leberegel, der in Rindern parasitiert, werden die Eier mit dem Kot des Rindes ausgeschieden. Diese werden von einer Schnecke gefressen, in der sich wurmartige Stadien (Cenarien) entwickeln. Sie werden von der Schnecke in Schleimballen abgegeben und in großer Zahl von einer Ameise gefressen. In dieser Ameise entwickeln sie sich weiter. Eine der Cenarien wandert als „Hirnwurm“ in das Gehirn der Ameise und stört dieses so, dass die Ameise nicht in ihren Staat zurückkehrt, sondern zur Spitze eines Grashalmes wandert. Dort wird sie mit dem Gras wieder von einem Rind gefressen. Die Cenarie im Gehirn hat selber keine Nachkommen, aber sie ermöglicht, dass ihre im Körper der Ameise befindlichen Geschwister mit hoher Wahrscheinlichkeit in ein Rind gelangen und dort zu Leberegeln heranwachsen. Sie verzichtet auf die eigene Fortpflanzung, verringert also ihre Fitness, erhöht aber die der Verwandten; sie sind die Vorteilsnehmer (->Altruismus).

Vielleicht liegt das Problem (für mich) aber auch darin, dass man nicht jede Handlung mit ein und demselben Muster erklären kann. Wenn man etwas gibt, das keinen Verlust darstellt, ist das anders zu bewerten, als wenn man Nachteile in Kauf nehmen müsste oder Vorteile hätte. Von der Gesellschaft anerkanntes Geben-und-Nehmen (Weihnachtsgeschenke) kann z.T. ebendieser (das schreibt man wirklich zusammen g) Intention folgen, was bei anderen Geschenken nicht der Fall sein muss. Leistungen an die Gesellschaft können aus der (impliziten) Erwartung resultieren, dass einem im Fall der Fälle ebenfalls geholfen wird - müssen es aber nicht. Extremsituationen, die den Nutzen als logischen Gründen verhindern (z.B, durch den eignen Tod), müssen nach dem Grad der Verwandtschaft, der Situation und dem Lebewesen unterschieden werden.

Fazit: (im Bezug auf das eigentliche Thema)
RonnieB666 hatte folgendes (z.T. von Wiki zitiert) gesagt:

Reziproker Altruismus beschreibt die Wandlung egoistischer Verhaltensweisen in altruistische Handlungen.
Noch einmal: es geht beim reziproken Altruismus um die Gemeinschaft die im Vordergrund steht, während beim Egoismus allein das Individuum im Vordergrund steht und seine Handlungen allein Ichbezogen sind.

Ich zitiere ebenfalls von Wikipedia:
Unter dem Begriff „Reziproker Altruismus“ wird versucht, das Zusammenspiel zwischen egoistischem Verhalten und Altruismus zu erörtern, wobei davon ausgegangen wird, dass egoistisches Verhalten altruistisch sein kann.
Ich halte somit dagegen, dass beim reziproken Altruismus nicht die Gemeinschaft sondern, wie für egoistische Handlungen charakteristisch (so altruistisch sie auch sein mögen), das Individuum im Vordergrund steht. Die Benennung als reziproker Altruismus nimmt dem nichts. Das steht wiederum auch auf Wiki:

Reziproker Altruismus liegt vor, wenn altruistisches Verhalten auf der Basis von Gegenseitigkeit „zurückgezahlt“ wird. Vor allem von höheren Primaten einschließlich des Menschen ist dieses Phänomen des reziproken Altruismus bekannt. Ein solcher Altruismus ist jedoch kein echter, da er sich letztlich „auszahlt“.

Weiterhin behaupte ich unter obigen Aspekten, dass alle Aktionen, die nicht durch den reziproken Altruismus gedeckt oder nicht direkt als egoistisch bezeichnet werden können, doch minder bis stark Ich-bezogen sind. Auch Selbstopferung fällt (nach obigem Zitat) für mich unter die Ich-bezogenen Handlungen. Das gilt für den Altruismus aus Mitleid per Definition wie für den moralischen Altruismis in allen Formen (der ja z.B. dem Kategorischen Imperativ folgen kann) und auch für den Höchstfall der Philantropie (Selbsthöhung/Selbstwertgefühl/Selbstkonzept [8]). Ähnliches könnte man bei allen anderen Formen sagen.
Zusammenfassend: Für mich gibt es keinen reinen Altruismus, der ausschließlich auf das Gemeinwohl ausgerichtet ist und das Individuum gänzlich außen vor lässt. Die Gründe für Entscheidungen mögen nicht bewusst sein, sie mögen nur aus dem guten Gefühl beim Spenden (das immerhin motiviert), einem direkten Vorteil (oder dessen Annahme) oder nur dem Vorteil, keinen oder den kleinsten Nachteil zu haben, bestehen. Aber aus… öhm… Nächstenliebe, die ebenfalls per Definition Ich-bezogen ist? („Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“)?
Last but not least: Das heißt übrigens nicht, dass ich Altruismus ausschließen würde. Er ist essentiell und vorhanden. Ich denke nur, dass die Gründe nicht derart rosafarben sind - und stehe damit zum Glück nicht alleine.

Quellen:
[1]Glücksforschung: ab Einkommen von 20k USD/Kopf ist Schluss mit Kausalität
[2]Glücksforschung: Einkommen vs Glück bis 75k USD
[3]Glück durch Wohltätigkeit
[4]Global Projection of Subjective Well-being
[5][…] In den westlichen Industrienationen leben immer noch die zufriedensten Menschen der Welt
[6]Wie kommt das Gute in die Welt
[7]Wiki: Klugheitsaltruismus
[8]Selbstkonzept - Psychologisches Lexikon

/e:

Aber es gibt eben auch unbewusste, angeborene altruistische Verhaltensweisen. Und die sind dann eben nur das: altruistisch - keine Motivation weit und breit. Deswegen komme ich doch dauern mit Fledermäusen und Pflanzen - man muss dann „nur“ noch akzeptieren, dass auch Menschen Instinkthandlungen begehen, sozusagen von der Evolution gesteuert.

Das kann man doch durchaus einsehen (bzw. wird niemand Instinkthandlungena ablehnen). Man kann aber genauso gut einsehen, dass die individuelle Motivation für ein Handeln die Chancen für eben jenes Handeln erhöht und demzufolge als Vorteil ganz im Sinne der Evolution wäre.

@ Alaster: ein wunderbarer post!
Und nützlich für mich auch: Du hast mir sehr geholfen, den Knoten zu lösen (ich hoffe nicht nur für mich). Ob Du das intendiert hast, weiss ich allerdings nicht :wink:

Aber zur Sache:

Du liegst dem Irrglauben auf, dass man sich nur bewusst Ich-bezogen verhalten kann oder das frei entscheidet. Wie unten noch dargestellt ist: eine solche Rettung geschieht nicht, weil man den anderen retten möchte, sondern weil man selbst „der Andere wird“ [7]. Ähnliches findet sich übrigens bei Mitleid und besonderen Sachen wie dem Helfersyndrom; bei beiden ist die Identifizierung mit dem Leidenden und (bei letzterem) das Bild von sich selbst maßgeblich.

Du hast Recht: das ist das Phänomen, dass man „der Andere wird“. Das ist aber eben nicht Ich-bezogen (im Sinne von egoistisch), sondern eine „Perspektivübernahme“. Das wird z.B. in Anti-Agressions-Trainings benutzt, um Empathie zu erzeugen, und letzlich altruistische Handlungen auszulösen.
Und es schliesst „eine nutzenmaximierende Wahlhandlung“ aus, jedenfalls wenn man der Theorie folgt.
Ich möchte dabei besonders auf dieses Werk hinweisen (dies ist eine englische review des Buchs):
Samuel P. Oliner: Do Unto Others. Extraordinary Acts of Ordinary People ,Boulder (Colorado), 2003
In wikipediafindet man eine deutsche Kurzform:
„Oliner spricht von heroischem oder Courage-Altruismus. Die Menschen, die solchen Altruismus zeigen, werden im englischen Sprachraum auch als „moral exemplars“ bezeichnet. Neben den Arbeiten Oliners und anderen sind auch die Forschungen der Politikwissenschaftlerin Kristen Renwick Monroe bekannt geworden.[25] Monroe weist Erklärungsversuche, auch bei solchen Rettungsaktionen habe eine nutzenmaximierende Wahlhandlung stattgefunden[26] zurück und präferiert eine Theorie, die solche Rettungstätigkeiten als Resultat von sozialer Identität (Verbundenheit, Bezogenheit), moralischer Integrität und Identifikation mit den Opfern (Perspektivenübernahme) ansieht. Der heroische oder Courage-Altruismus, wie ihn Retter z. B. während des Holocaust gezeigt haben, hat eine besondere Ausprägung: Um anderen Menschen zu helfen, wird in manchen Fällen nicht nur das eigene Leben aufs Spiel gesetzt, sondern auch das Leben der eigenen Familien und von Freunden, ohne zuvor um deren Einverständnis nachzusuchen.“

Dem entgegen steht nur noch eine These: der „Rational actor“ wie ihn Karl-Dieter Opp präferiert.
Skafdir hat aber schon die „rational actor theorie“ weiter oben abgelehnt (immerhin sind wir uns da einig).
Meiner Ansicht nach müsste er das dann jetzt akzeptieren, weil es m.E. keine Alternative mehr gibt - ausser einen „rational actor“ eben.

P.S. Es tut mir leid, dass ich auf andere nicht genug eingegangen bin, aber das begann als eine Art „Zweikampf“ via PN. Man sieht bei dem Thema, dass es sehr auf die Definitionen der Begriff ankommt - ich weiss auch, dass der „reziproke Altruismus“ als „nicht echter“ bei wikipedia steht, aber anderswo wird er ausdrücklich als Gegenentwurf zum Egoismus gesehen - wieder eine Glaubensfrage :?
Mich interessiert besonders die Evolutionsbiologie, und da gibt es eine enge Wechselwirkung zwischen Altruismus und Egoismus - aber wenn man ein Individuum betrachtet und seine Handlung in diesem Moment, dann kann es sehr wohl altruistisch handeln.
Das ist aber nun irrelevant, denn wir haben ja den „heroischen Altruismus“ gefunden, und ich bin exakt der Meinung von Samual Oliner & Co. - man kann nun immer noch anderer Meinung sein - nur eben Skafdir halt nicht (s.o.) :twisted:
Aber im Ernst: ab hier wird es langsam eine Glaubensfrage, wie bei allen „weichen“ Wissenschaften.

Ich sag es noch mal ganz deutlich, und verbinde dabei die bisher genannten und von mir präferierten Theorien:
es gibt den „heroischen Altruisten“, der durch die Fähigkeit, sich völlig in einen anderen hineinzuversetzen zu absolut uneigennützigen, rein altruistischen Handlungen in der Lage ist. Und diese Fähigkeit ist angeboren und wird unbewusst eingesetzt (kann u.U. aber auch erlernt werden).

/e @ Alaster: habe Dein edit eben erst gesehen, Sorry - es gibt leider durchaus Menschen, die nicht akzeptieren können, dass wir ebenso Instinkte haben wie Tiere und diese uns sogar leiten können. Das passt nicht zur These von der „Krone der Schöpfung“ - mehr sag ich dazu aber nicht, denn ich will keinen Religionskrieg anzetteln. :ugly

Du hast mir sehr geholfen, den Knoten zu lösen (ich hoffe nicht nur für mich). Ob Du das intendiert hast, weiss ich allerdings nicht

Verdammt, da hat meine Verwirrtaktik nicht funktioniert… muss wohl noch mehr Fremdwörter benutzen und auf Altdeutsch umsteigen :mrgreen:

Ich sag es noch mal ganz deutlich, und verbinde dabei die bisher genannten und von mir präferierten Theorien:
es gibt den „heroischen Altruisten“, der durch die Fähigkeit, sich völlig in einen anderen hineinzuversetzen zu absolut uneigennützigen, rein altruistischen Handlungen in der Lage ist. Und diese Fähigkeit ist angeboren und wird unbewusst eingesetzt.

Akzeptiert. Aber für mich ist das mehr Selbstkonzept und Motivation im Bezug auf unser menschliches Zusammenleben - was allerdings (so denke ich) der Natur eigen und daher ebenso angeboren ist. Uns wohnt das Gute inne - und wird durch den Einbezug unserer eigenen Interessen häufiger in die Tat umgesetzt.
Allerdings ist das alles auch derart… wie sagtest du… weich…, dass man es als Ideal (oder Lebensmotto) fast schon mit deinem Gedanken gleichsetzen könnte.Womöglich gibt es doch den heroischen Altruisten und er scheitert nur an der Definition :wink:
Aber ich hoffe, dass es nicht so rübergekommen ist, dass ich Altruisten ihre Verdienste absprechen oder niederen Beweggründen unterordnen will! Kein Gedanke ward daran verschwendet - so kann denn keiner mit Worten schmähen, die zugleich für ihn aufgrund Natürlichkeit das schönste stellen, was sich find’ auf diesem Erdenrund! :mrgreen:

/e @ Alaster: habe Dein edit eben erst gesehen, Sorry - es gibt leider durchaus Menschen, die nicht akzeptieren können, dass wir ebenso Instinkte haben wie Tiere und diese uns sogar leiten können. Das passt nicht zur These von der „Krone der Schöpfung“ - mehr sag ich dazu aber nicht, denn ich will keinen Religionskrieg anzetteln.

Wer will das schon :mrgreen:

Da verweise ich am Ende doch einfach mal auf meine Signatur und geh einen Spaziergang im Nebel machen :smt006

Aber ich hoffe, dass es nicht so rübergekommen ist, dass ich Altruisten ihre Verdienste absprechen oder niederen Beweggründen unterordnen will!

Mais non, pas du tout mon cher! Im Gegenteil hatte ich den Eindruck, dass Du Dir den reinen Altruismus sehr wünschst, aber skeptisch bist, ob es den wirklich in dieser Form gibt. Das verstehe ich sehr gut.

Leider hatte ich aber genau diesen Eindruck bei Skafdir. Genau deswegen habe ich mich von Anfang an gegen die extreme These gesträubt, dass es nur Egoismus gäbe, das die einzige Motivation für altruistische Handlungen sein könne, Altruismus damit nur eine Form von Egoismus wäre. Das hätte Goethe genau so Mephisto in den Mund legen können. Das Egoismus und Altruismus interagieren, der Altruist den Egoismus mitunter sogar „braucht“ wollte ich gar nicht bestreiten. Das hast Du aber wiederum besser erkannt und beschrieben als ich.

Mal wieder bezeichnend, dass man am Ende immer beim Holocaust landet (Goodwin’s law, mal wieder)- aber vermutlich war ich mir deswegen von Anfang an sicher, dass es so einfach (und brutal) nicht sein kann: Menschen wie z.B. Oskar Schindler hätten mir viel früher einfallen sollen, ein gutes Beispiel für einen Ex-Egoisten, der zum Altruisten wurde durch Perspektivenübernahme - das Puzzlestück hat mir gefehlt. Für mich ist er so ein „heroic altruist“ - nenn mich naiv, aber ich glaube daran, an das „Gute im Menschen“. Und nicht nur ich: seinen Namen findet man nicht umsonst bei den „Gerechten unter den Völkern“ in Yad VaShem.
Aber es sind Wenige im Vergleich zu den Tätern…

Spaziergang im Nebel machen

schlotter wo wohnst DU denn :shock:

Wünsche noch eine schöne (und warme) Nacht :smt006