Ganz sooo einfacher ist es nun auch wieder nicht.
Es wäre fatal anzunehmen, dass ein Film nicht auch eine visuelle Handlungsebene hat. Herr der Ringe (der Film) wäre bei gleichem Drehbuch, aber mit der Technik der 60er Jahre vermutlich kein Erfolg geworden. Bild und Geschichte hätten nicht gut zueinander gepasst, der Zuschauer wäre nicht beeindruckt worden durch die Heere, Wesen und Kamerafahrten in Schluchten und Berge hinein. Was wären zB. allgemein Landschaftsaufnahmen im Film ohne Farbkino?
Okay, also den Wechsel von Schwarz-Weiß zu Farbe mit dem Wechsel von 2D zu 3D zu vergleichen finde ich ein wenig falsch. Landschaftsaufnahmen kann man tatsächlich intelligent integrieren und zu einem wichtigen Bestandteil der Handlung machen, wie z.B. in „Frühling, Sommer, Herbst, Winter…und Frühling“ von Kim Ki-Duk.
Ich behaupte aber, dass man durch ein Übermaß an Statisten auch Herr der Ringe Kriege früher hätte drehen können. Sachen wie die Nazgul mit den Fellbestien könnte man dann auch anders darstellen. Die Armee der Toten kann man auch anders als Geister kennzeichnen, das ist nun wirklich kein großes Ding. Nicht alles kann man ersetzen, z.B. die Ents nur durch Kostüme, aber man wüsste, was gemeint ist. Ich bleibe dabei: Herr der Ringe ist ein netter und fantasievoller Film, den auch ich sehr gerne schaue. Aber er ist kein wichtiges Stück Filmkunst wie z.B. Mullholland Drive von Lynch, der in allen Facetten weitaus besser ist als Die Herr der Ringe Trilogie.
Und sogar ein Film mit mittelmäßiger Handlung kann durch Technik viel gewinnen, weil die Technik auch auf einer inhaltlichen Ebene die Handlung ergänzen kann. Das gilt besonders für Actionfilme. Aber auch bei Filmen wie die Fabelhafte Welt der Amelie, die ja scheinbar durch ihre Handlung existieren, war die Technik nicht unwichtig. In so gut wie jeder Szene wurden die Farbwerte verändert und man hat auch wiederholt kurze Animationen verwendet. Auch dieser Film hätte bei Verzicht auf Technik verloren.
Actionfilme, der Inbegriff der Filmkunst? Ich dachte mit „Scheiße kann man Gold anstreichen, aber sie bleibt Scheiße“ hätte ich mich genug ausgedrückt? Die Fabelhafte Welt der Amelie, in Ordnung, das muss ich gelten lassen, weil ich ihn noch nicht gesehen habe und zumindest gehört habe, dass auch er gut sein soll. Aber ich gebe zu bedenken, dass Farbwerte Effekte hervorrufen und beim zuschauer verschiedene, handlungswichtige Dinge suggerieren können. 3D macht das ganze nur räumlicher und hat keinen weiteren Effekt, als das ganze aufzupolieren. Ich sage nicht, dass alle Technik schlecht ist. Ich sage nur, dass 3D dafür genutzt wird, Scheiße zu promoten. (Hier denke sich jeder einen Kuhfladen in 3D im Paparazzi-Licht)
Ein guter Filmregisseur muss künstlerisch sowohl auf der Bild- bzw Technikebene, als auch auf der Handlungsebene gestalten können. Ist ähnlich wie bei der Filmmusik, die auch einen ganz entscheidenen Einfluss auf den Flair hat.
Ein Filmregisseur muss wissen, was er macht, da gebe ich dir recht. Ich verweise erneut auf Mullholland Drive, wo David Lynch das wohl intensivste Zusammenspiel von Bild, Handlung, Kamera und Musik verdichtet hat. Und sage und schreibe - OHNE 3D. 3D bindet ohnehin Zuschauer in eine Geschichte ein, liefert aber nicht die Möglichkeit, eine kritische, skeptische Distanz zum Geschehen zu liefern, um Raum für die Selbstreflektion zu geben „Ich sehe gerade einen Film, aus dieser Einstellung, die Standard ist, oder eventuell auch ungewöhnlich und brilliant.“
Avatar ist zB. ein Film, der eigentlich keine besondere Handlung hat, aber der durch die 3D-Technik und die Animationstechnik das notwendige Maß an Flair und Intrinsik rüberbringen konnte, damit daraus ein sehr guter Film wird.
- Was ist Intrinsik? Meinst du Intensität? 2. Ach komm, jetzt versteh doch bitte mein Beispiel mit der Scheiße. Soll ich dir ein Häufchen machen und mit Goldfarbe per Post zuschicken? Avatar ist für mich der Inbegriff der 3D-Dekadenz, weil man hier die 3D Technik einfach nur als Kassenschlager benutzt, um über die abgedroschene Handlung hinwegzutäuschen. Du sagst selbst: Keine besondere Handlung. Worin besteht jetzt hier der künstlerische Wert? Und für das Nutzen von 3D gestehe ich James Cameron sicher keine avantgardistische Haltung zu, da sterbe ich eher.
Gleichzeitig: Mit 3D kann man nun garantiert nicht jeden Film retten, sondern kann sinnvoll nur eingesetzt werden, wenn das Drehbuch auch darauf angepasst ist. Technik/künstlerische Gestaltung und Handlung müssen eine Einheit eingehen und sich gegenseitig ergänzen. Wenn das nicht geschieht, dann bleibt auch weiterhin Scheiße Scheiße.
Genau, Scheiße bleibt Scheiße. Und zwar UNABHÄNGIG von 3D. Denn 3D ist nur etwas, womit man etwas von 2D in 3D übermittelt, um mehr Realität zu suggerieren. Farbfilter etc. im Experimentalfilm sind weitaus bedeutsamer und kräftiger als ein 3D Effekt, weil sie extra ausgewählt werden und zwar mit Bedacht, während man sich bei 3D nur sagt „Okay, schaut geil aus, mach mer so.“ Das ist der feine Unterschied zwischen SINNVOLLER TECHNIK (Farbfilm, Animationstechniken (Animationsfilm <3), Schnittechniken usw.) und BESCHISSENER TECHNIK (3D). Im Übrigen: Auch Animationstechniken und Farbfilm können nicht über Scheiße hinweg täuschen. Zu näherer Begutachtung empfehle ich exemplarisch die Filmographie von Hollywood-Huren wie Vin Diesel.