Diskussion über den Blog-Artikel: Zurück aus Köln
So, das war sie dann also, die Verhandlung gegen RTL vor dem Landgericht Köln. Um eines gleich vorweg zu sagen: Die Wahrscheinlichkeit, dass wir dieses Verfahren gewinnen, ist geringer als die Wahrscheinlichkeit, dass wir es verlieren. Und trotzdem sollten alle Pessimisten bis zur Urteilsverkündung die Füße still halten und alle Gegner den vorzeitigen Applaus einstellen, denn so klar und eindeutig, wie manche bereits behaupten, ist die Sache nicht.
Aber kommen wir erstmal zur Verhandlung selbst: Rund 60 Leute hatten heute den Weg ins Gericht gefunden - dafür erstmal herzlichen Dank an jeden einzelnen Unterstützer. Darüber war übrigens nicht nur ich erfreut, sondern auch der Vorsitzende Richter, dem es sichtlich Freude bereitete, mal nicht einen Zivilprozess vor gähnend leeren Reihen leiten zu müssen. Und dem RTL-Anwalt wiederum passte dies vermutlich gar nicht - weswegen er auch die erste halbe Stunde der insgesamt etwa dreiviertelstündigen Verhandlung ziemlich stumm blieb. Der Richter hingegen bemühte sich, die Sitzung so transparent zu gestalten, dass auch jeder Zuschauer und jede Zuschauerin verstand, was die Konfliktpunkte des Verfahrens sind. Es folgte seinerseits ein etwa zehnminütiger Vortrag zu den Knackpunkten, der mir vorkam wie ein Schlag in die Magengrube - denn unsere Argumentation, dass beispielsweise das niveaulose RTL-Programm eine entscheidende Rolle spielt, legte er gleich zu den Akten. Nicht nur das: Er verwies darauf, dass er selbst mal Pressesprecher des Gerichts war und in der Zeit auch mit RTL-Journalisten zu tun hatte. Dies seien “anständige Leute” gewesen. Leider versäumte ich, ihn darauf hinzuweisen, dass das RTL von damals (er war vor über zehn Jahren Pressesprecher) mit dem RTL von heute nicht mehr allzu viel zu tun hat. Außerdem würde ich nie bestreiten, dass es bei RTL auch anständige Leute gibt. Des weiteren stellte er klar, dass er den Spruch “Scheiß RTL” für viel zu pauschal halte und für ihn es einer Beleidigung gleichkommt, jemanden als scheiße zu bezeichnen. Ich ergriff dann das Wort und erklärte ihm noch einmal, dass ich “Mein RTL” für ebenso pauschal halte und diese Bezeichnung mit dem weitgehend alles andere als humanistischen Programm des Senders nicht viel zu tun habe. Dies wurde von ihm dann mit der Bemerkung “Das wissen wir ja alles schon” leider rasch abgehakt.
Der Richter unternahm zudem noch einen Versuch, beide Streitparteien zu einem Kompromiss zu bringen. Dieser sollte dann aber so aussehen, dass ich das T-Shirt nicht verkaufen darf - weswegen ich dem verständlicherweise nicht zustimmen konnte. Mein Anwalt ergriff schließlich das Wort und arbeitete noch einmal eine Reihe von Punkten ab, die auch vom Richter vereinzelt mit Kopfnicken begleitet wurden. Wie die beiden Damen links und rechts neben ihm über all das dachten, erschloss sich mir leider nicht, da sie dem Geschehen still folgten. Ich denke aber, dass hier ein paar wichtige Punkte vorgetragen wurden, die gut verdeutlichten, worum es uns geht.
Es kam dann die Frage auf, ob ich zumindest eines der beiden streitgegenständlichen Verfahren anerkennen würde - einfach um Kosten zu sparen. Mein Anwalt und ich gingen dann kurz auf den Gang und er rechnete mir die Ersparnis vor: etwa 1600 Euro. Angesichts der Tatsache, dass die Kosten bei einem komplett verlorenen Prozess im fünfstelligen Bereich liegen, halte ich den Betrag für nicht maßgeblich. Außerdem wäre es tedenziell natürlich das “Logo-Shirt” gewesen, dessen Verbot ich hätte anerkennen müssen, da beim “Mülltonnen-Shirt” die Chancen ein wenig besser stehen (aufgrund der weiteren Entfernung vom originalen RTL-Logo). Und da mein Herz natürlich vor allem am “Logo-Shirt” hängt, habe ich mich dagegen entschieden. Es geht also in der Urteilsverkündung weiterhin um beide T-Shirts.
Schließlich ergriff dann doch noch der RTL-Anwalt das Wort. Er benutzte im Zusammenhang mit dem Vortrag meines Anwalts das Wort “lebensfremd” und beantragte schließlich eine Änderung der Prioritäten bei der Klage. Und das ist jetzt interessant: Offensichtlich war er zur Erkenntnis gelangt, seine Strategie ändern zu müssen. Ich bin leider jetzt nicht seriös in der Lage, dies juristisch sauber zu erklären und muss deshalb auf unseren Extra-Livetalk am kommenden Mittwoch b[/b] verweisen. Jedenfalls lässt sich daran zumindest ablesen, dass der RTL-Anwalt ein wenig ins Schwimmen kam. Dazu sollte noch erklärt werden: Der Bundesgerichtshof hat im vergangenen Jahr entschieden, dass Kläger bei den vorgebrachten Punkten eine Art Reihenfolge nach Priorität erstellen müssen. Und jeder Punkt (im Falle der RTL-Klage sind es fünf Punkte) muss vom Gericht einzeln bewertet werden. Danach entscheidet sich übrigens dann auch die Kostenfrage: So kann es etwa sein, dass das Gericht uns in drei von fünf Punkten Recht gibt - dies würde dann, obwohl die T-Shirts damit verboten würden, bedeuten, dass RTL 3/5 der Kosten tragen müsste. Früher wäre es simpler gewesen: Wer den Prozess verliert, zahlt alles. Dies wird inzwischen differenzierter gehandhabt.
Um es nochmals klar zu sagen: Es wäre eine Überraschung, wenn wir gewinnen. Und dennoch wird der Richter gar nicht drumherum kommen, sich mit einigen von uns vorgebrachten Punkten beschäftigen zu müssen. Dafür spricht auch, dass er die Urteilsverkündung auf den 25. September, 14 Uhr, festgelegt hat. Nach Angaben meines Anwalts ist es eher ungewöhnlich, sich drei Wochen Zeit nehmen zu wollen bis zum Urteil. Dies könnte zumindest ein Zeichen sein, dass der Richter noch einmal in sich gehen will bevor er das Urteil spricht. Leider ist der 25. September, 14 Uhr, genau der Zeitpunkt, an dem ich etwa gerade mit dem Flugzeug in Santiago de Chile lande. Aber ich werde mich natürlich bemühen, schnellstmöglich das Ergebnis zu kommunizieren. Die genaue Begründung für das Urteil erfolgt dann eh erst im Oktober.
Klar ist ohnehin: Selbst wenn wir überraschend gewinnen würden, wäre der Gang von RTL zum Oberlandesgericht eine klare Sache. Sollte RTL wiederum die heutige erste Instanz gewinnen, werden wir über die Chancen eines Gangs zum Oberlandesgericht entscheiden, wenn die Begründung für das Urteil vorliegt. Und natürlich hängt eine solche Entscheidung dann auch von der Frage ab, ob die Spendenbereitschaft der Community groß genug ist, diesen Schritt dann zu wagen. Aber darüber müssen wir uns frühestens im Oktober Gedanken machen.
Im Laufe des Tages war übrigens bereits einiges an Berichterstattung über die Verhandlung erfolgt. Immer wieder wurde ich dabei mit den Worten zitiert, ich gehe davon aus, den Prozess zu verlieren. Das habe ich so nie geäußert, sondern lediglich festgestellt, dass der Richter wohl argumentativ nicht unbedingt auf unserer Seite war. Und was der Hinweis soll, dass ich vor Gericht in Hemd und Jackett erschien, ist mir auch schleierhaft. Diese Sätze gehen zurück auf eine Mitteilung der Nachrichtenagentur dapd, deren Vertreter mich unmittelbar nach Ende der Verhandlung kurz interviewt hatte.
Wie schon öfter erwähnt: Eine detaillierte Analyse der Verhandlung erfolgt am Mittwoch kommender Woche (12.9.) ab 18 Uhr auf Livestream in Anwesenheit meines Anwalts.