Wissen ist Olli 24: Das Bundestagswahlrecht

Wissen ist Olli Folge 24. Hier kann darüber diskutiert werden!

Bei der jüngsten Bundestagswahl galt ein neues Wahlrecht, wodurch 23 direkt gewählte Kandidaten nicht ins Parlament gekommen waren. Das war aber nicht die erste Reform des Wahlrechts. Seit Gründung der Bundesrepublik sind immer wieder Änderungen vorgenommen worden - zum Beispiel auch im Rahmen der Wiedervereibnigung.

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Ich weiss nicht ob man das nicht mal von Grund auf neu denken sollte gibt es denn kein anderes, besseres System als das Mehrheits- und das Verhältniswahlrecht oder eine Mischung daraus?

Schöne Folge. Danke.

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Ob es etwas besseres gibt, ist mir nicht bekannt. Ich kenne nur schlimmere. Bspw. Das der USA mit den Wahlmännern.

Persönlich hätte ich gerne ein reines “Erststimmen” System. Du weißt, das bei dir die Barbara rockt und ich, dass es der Hans-Dieter in meiner Region ist. Dann sollten wir auch genau von den beiden vertreten werden und nicht von einem Robert, Christian oder Friedrich den man nie wirklich kennen- und verstehen gelernt hat…

Aber es gibt bestimmt auch gute Argumente für dieses System, ich sehe sie nur nicht. Daher ist es auch gemischt, in meinen Augen unvollkommen.

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Der Brandenburger AfD-Kandidat, der zwar direkt gewählt wurde, jedoch es nicht in den Bundestag geschafft hat, hat als Idee in den Raum geworfen, einfach die Wahlkreise zu vergrößern. Dann ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass es alle schaffen, in den Bundestag einzuziehen.

Ich persönlich wäre für die Abschaffung der Erststimmen auf Bundesebene. Auf Grund der Größe der Wahlkreise kennt man die meisten Leute sowieso nicht, die da zur Wahl stehen. Die können dann von mir aus auch über die Landeslisten einziehen.

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Nur Erststimmen halte Ich für nicht gut, denn dadurch haben es kleinere Parteien schwerer überhaupt Stimmen zu bekommen. Das trägt nicht zur Meinungspluralität bei. Ich bin ehrlich, Ich wüsste im Moment nichtmal wer mein Wahlkreisabgeordneter überhaupt ist oder welche Partei bei mir gewonnen hat (stimmt nicht, mein Wahlkreis in Kaiserslautern ist neben Gelsenkirchen der einzige mit einer Mehrheit an AfD Zweitstimmen - wäre dem aber nicht so, warum wäre das wichtig ob bei mir die schwarzen oder roten gewonnen haben, auf die Masse kommt es ja an und nicht auf den einen Abgeordneten.).

Ich weiss nicht, es müsste dich auch nur mit den „Zweitstimmen“ gehen, dass man einfach nur eine Partei wählt und die dann Sitze entsprechend der abgegebenen Stimmen bekommt.

Man hat dann eine Fixe Anzahl von sagen wir 600 Abgeordneten und darauf werden die Stimmen (mit minimalen Ausgleichsmandaten) verteilt. Da kann man dann ja trotzdem auch weiter mit einer 3 oder 5 % Hürde arbeiten.

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Eben!

Ich denke, die beste Idee wäre, die Zahl der Wahlkreise zu verringern. Aber das wollte die Union nicht, soweit ich weiß. Vielleicht müssen sie sich doch darauf einlassen, damit direkt gewählte Abgeordnete weiter in den Bundestag einziehen können. Ich denke eine Kröte müssen sie schlucken, zumal die SPD das Verhältniswahlrecht sicher nicht hinter sich lassen möchte.

Das wiederum würde die Union sicher nicht mitmachen.

Und ich finde prinzipiell auch, diese Kombi aus Verhältnis- und Mehrheitswahlrecht hat ja auch ihren Charme … Ich denke, wenn es gut austariert werden die Vorteile beider System kombiniert …

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Ich finde schon, dass ein gewisser regionaler Bezug von Abgeordneten hilfreich ist, um die dortige Bevölkerung besser repräsentieren zu können und auch regionale Interessen abzubilden.
Dahingehend sollten die Erststimmen erhalten bleiben.

Die einzig wirklich politisch umsetzbare Änderung des Wahlrechts bzgl des Problems der „verwaisten“ Wahlkreise scheint mir eine Reduzierung ebendieser zu sein.

Bei der Gelegenheit kann man dann auch gleich noch ein paar Bundesländer zusammenlegen. :wink:

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Die auf den Listen kennt man noch weniger. Und das Verhältniswahlrecht hat immer den Nachteil, dass Parteien die Listen aufstellen und bspw. unliebsame Kandidaten nicht berücksichtigen.
Ein Mehrheitswahlrecht hat den Vorteil, dass Abgeordnete nur ihren Wahlkreis verantwortlich sind und mehr nach ihrer Überzeugung handeln können. Bei einem reinen Mehrheitswahlrecht könnten die Wahlkreise ja auch halb so groß sein wie bisher. Der Bundestag hat regulär eigentlich 598 Abgeordnete, aktuell die Hälfte davon Direktabgeordnete, 299 Wahlkreise. Dann könnte man ja insgesamt 598 Wahlkreise haben. Und wer seinen Direktabgeordneten nicht kennt, hat ja vielleicht auch selbst Schuld daran. Ist ja nun kein Hexenwerk, das zu wissen.
Kleinere Parteien würden wahrscheinlich in den größeren aufgehen, und so dann breitere Volksparteien schaffen.

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Die Parteien werden aber diese unliebsamen Kandidaten dann auch nicht als Wahlkreisbewerber zur Verfügung stellen.

Die meisten wählen aber nur nach Partei. Da ist es egal, welcher Name vor dem Direktabgeordneten steht. Der AfD-Bürgermeister, der in meinem Wahlkreis gewonnen hat, hat null Erfahrung auf Bundesebene und denkt immer noch, er könne als Bundestagsabgeordneter Bürgermeister bleiben. Der hat sich vorher überhaupt nicht mit der Materie beschäftigt und wurde nur gewählt, weil ein AfD dahinter stand. Bei der Liste würde ich als Wähler zumindest davon ausgehen, dass da nur Personen drauf stehen, die auch geeignet sind und vielleicht schon Erfahrung - z.B. auf Landesebene gesammelt haben.

Das entscheidet ja die Basis im jeweiligen Wahlkreis, d.h. jedes einzelne Parteimitglied, wodurch der Einfluss der Funktionäre deutlich kleiner ist. Listen werden hingegen von Landesparteitagen beschlossen, d.h. durch Delegierte. Und in der Praxis wird meist die fertige Liste dort vorgelegt, und dann kommt es drauf an, wer gut gestellt ist mit dem Landesvorsitzenden. Im anderen Fall stellt man sich direkt den Parteimitgliedern und ist auch nur abhängig von den Wählern im eigenen Wahlkreis.

Die AfD mag auch nicht das beste Beispiel sein. Ob man nach Partei wählt oder nicht, hängt vom eigenen Interesse ab. Es gibt genug Wahlkreise, in denen auch das Gegenteil der Fall ist, d.h. trotz eines Hochs der Partei auf Bundesebene wird dort der Kandidat der anderen Partei gewählt. Und bei einem reinen Mehrheitswahlrecht würde die Aufmerksamkeit für Einzelkandidaten nochmal ansteigen.

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Ich bin für eine 3% Hürde für den Bundestag. Würde doch nicht so sehr weh tun.

Den Nachteil beim Mehrheitswahlrecht sehe ich aber darin, dass man in gewissen Regionen mit bestimmten politischen Präferenzen mit der eigenen Stimme kaum etwas ausrichten kann.

Ich zum Beispiel bin Mitglied bei Bündnis 90/Die Grünen im Kreis Paderborn. Dieser Kreis und im Speziellen der Bundestagswahlkreis Paderborn ist so CDU-dominiert, dass die CDU wahrscheinlich Fabian Klos (Vereinsikone des Paderborner Lokalrivalen Arminia Bielefeld) als Direktkandidaten aufstellen könnte und dennoch locker das Direktmandat gewinnen würde. Meine Stimme wäre daher im Prinzip so wertlos, dass ich den selben Einfluss auf die Mandatsverteilung hätte wenn ich meinen Stimmzettel nehmen und verbrennen würde statt ihn in die Wahlurne zu schmeißen.

Ein anderes Beispiel: Nehmen wir an, man würde die CDU ganz dufte finden und im Bundestagswahlkreis Berlin-Treptow — Köpenick leben, in dem Gregor Gysi (Die Linke) im Prinzip ein Abonnement für ein Direktmandat im Deutschen Bundestag hat. Auch hier wäre der Einfluss einer CDU-Stimme auf die Mandatsverteilung im Deutschen Bundestag eher von begrenzter Natur.

Was natürlich hinzukommt ist, dass ich annehmen würde, dass die meisten Leute wahrscheinlich eher die Spitzenkandidat:innen der großen Parteien kennen als diejenigen, die sich in ihren Wahlkreisen stellen.

Ich würde zumindest behaupten, dass mehr Leute Christian Lindner kennen als die Person, die die FDP in ihrem Wahlkreis aufgestellt hat. Dass mehr Leute Robert Habeck kennen als die Person, die die Grünen in ihrem Wahlkreis aufgestellt haben. Dass mehr Leute Friedrich Merz kennen als die Person, die die CDU in ihrem Wahlkreis aufgestellt hat. Oder auch, dass mehr Leute Olaf Scholz kennen als die Person, die die SPD in ihrem Wahlkreis aufgestellt hat.

Grundsätzlich finde ich den Gedanken an einen Abgeordneten, der nur dem Wahlkreis verpflichtet ist, durchaus charmant. Letztendlich schaffen wir aber eine Situation, in der im Prinzip die eigene Stimme nur in umkämpften Wahlkreisen einen wirklichen Unterschied für den Ausgang der Wahl im Bund entfalten kann.

Deshalb finde ich das deutsche Wahlsystem im Prinzip sehr gut. Weil es die regionale Komponente der Wahlkreisabgeordneten mit dem Prinzip der Verhältniswahl verbindet. Und würde daher sogar so weit gehen und sagen, dass mir weltweit kein besseres vergleichbares Wahlsystem für die Legislative einfällt.

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Wie immer kompetent und informativ.
Handwerklich wird es auch immer besser!

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Eben. Dann könnte man sich als SPD-ler in einem bayrischen Dorf den Wahlgang gleich ganz sparen, wie es auch schon Demokraten-Wähler in Texas lassen können, hinzugehen, da ihre Stimmen immer unter den Tisch fallen.

Das wäre in der Tat eine gute Lösung, um die Mischung zwischen Mehrheits- und Verhältniswahl aufrechtzuerhalten und trotzdem die Zahl der Mandate zu begrenzen.

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Oder eben umgekehrt: Man lässt ZUERST alle Wahlkreisgewinner in den Bundestag und DANN füllt man den Rest mit den Listenplätzen auf.

Aber mir ist schon klar, warum das nicht gewollt ist - denn das würde womöglich bedeuten, dass so mancher prominenter Politiker aus dem Parlament fliegt.

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… und die Balance zwischen Verhältnis- und Mehrheitswahlrecht würde zugunsten des Mehrheitswahlrechts verschoben - das ist ja der wesentliche Konflikt, den es schon seit Ewigkeiten zwischen CDU/CSU und SPD gibt …

Ich denke das wird eher das Problem sein. „Prominente Politiker“ holen ja oft auch relativ sicher sowieso ein Direktmandat.

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Das würde allerdings das Probem mit dem übergroßen Bundestag nicht wirklich lösen, da ja ein großer Faktor für die Aufblähung in den letzten 15 Jahren die Überhangmandate der CSU und die daran geknüpften Ausgleichsmandate für die anderen war - und die tritt nur in einem Land an.

Da wäre dann eine Lösung, wie es ja auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zum Wahlrecht vorgeschlagen hat, einfach bundesweite Listenverbindungen zu erlauben, wobei pro Bundesland jeweils nur eine Partei dieser Liste antreten darf. Dann wäre rein wahlrechtlich die CSU quasi der CDU-Landesverband in Bayern und könnte so in die CDU-Mandatsverteilung mit einbezogen werden.
Aber die CSU würde niemals freiwillig auf ihre Extrawurst verzichten.

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Und prominentere Politikerinnen und Politiker verfügen in der Regel über gute Listenplätze als Federung. Ein solcher Vorschlag würde wenn, dann eher Hinterbänklerinnen und Hinterbänkler treffen.

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Für Folge, vorstellen so flüssig und kurzweilig vorgetragen. :+1:t3: