[QUOTE=Scumdog;489671]Wenn man Wissenschaftlichkeit als solches negiert, heisst das, daß das eigene Weltbild Fakten ignoriert.[/QUOTE]
Ja, aber das ist völlig egal. Die Definition von Moral ist:
“aus kultureller und religiöser Erfahrung gebildetes Regel-, Normen- und Wertesystem, das in einer Gesellschaft als Verhaltensmaßstab betrachtet wird.”
Wenn ich jetzt mal davon ausgehe, dass Erkenntnisse wie die Menschenrechtskonventionen, auf denen unser GG aufbaut ausgeblendet sind, weil es dir ja gerade um ein rein über Werteverständnisse zu begründendes Problem geht, dann habe ich mit der Moral als Konstrukt ein großes Problemfeld. Denn: Dieses Regel-, Normen- und Wertesystem ist für jeden Menschen unterschiedlich und lässt sich leicht beeinflussen. Daraus kann man dann individuelle Handlungen und Ansichten als gut werten.
Mein Moralverständnis MUSS aber nicht auf der Wissenschaft bestehen, also das ich mein Handeln und mein Weltbild nach wissenschaftlich fundierten Fakten aufbaue. Bestes Beispiel: Religiöse Fundamentalisten. Meine Auffassung von Wissenschaft muss auch nicht auf Falsifikation, sondern Verifikation beruhen, wodurch ich mir den Kreationismus bzw. den Einklang von Wissenschaft und Glauben rechtfertigen kann. Und so kann ich auch ein moralisches Verständnis aufbauen, dass den Darwinismus soweit verklärt, dass daraus unter zur Hilfenahme uralter Ressentiments (Antisemitismus) eine Aufteilung der Menschen in die Herrenrasse und den Untermenschen möglich wird. Wenn dann noch Mord anders definiert wird, ist eine Rechtfertigung geschaffen. Es ist ja nicht so, dass die geschaffene Ideologie nur Mittel zum Zweck für die Nazis war, daran glauben diese Menschen und teilweise auch bis heute. Es ist keine kalte, rationale Schlussfolgerung, sondern eine zutiefst - in unseren Augen (zurecht) widerliche und unmoralische Auffassung der Realität.
Daher sage ich ja auch Nullsummenspiel: Du forderst “sachliche” Argumente im Gegenzug zu moralischen Argumenten, was vollkommener Unsinn ist, weil die Moral darüber entscheidet, was als sachlich (oder hier ja eher als “gut” klassifiziert) gemeint ist.
[QUOTE=Scumdog;489674]Ich kann dir aber versichern, daß es sich argumentativ belegen läßt, weshalb jüdische Menschen nicht weniger wert sind als andere.[/QUOTE]
Ich glaube dir bricht da gerade ziemlich die antifaschistische Seite raus und du merkst gar nicht, in was für eine logische Falle du dich gerade begeben hast. Keiner will hier ja dafür argumentieren (also in dem theoretischen Szenario, in dem Gesetze und Moral dich daran nicht hindern), dass jüdische Menschen weniger wert sind als andere (Vor allem weil das Judentum eine Religion und keine Abstimmungslehre ist, aber das sollte auch wirklich jedem denkenden Menschen klar sein). Aber es ist eben möglich so zu argumentieren und daher macht deine Aufforderung auch keinen Sinn, weil wir IMMER unter Zuhilfenahme einer Moral argumentieren MÜSSEN. Sie definiert schließlich unser Normen- und Werteverständnis, gebildet aus Erfahrung, gesellschaftlich bereits existierenden Konventionen und Bildung. Es gibt da keinen Königsweg der rationalen Argumentation, die nicht irgendwo auf Moral fußen muss.