Tatort Ausland (RTL2)

Seit einigen Wochen erlebt der Dauerschleifenlückenbüßer Ungeklärte Morde bei RTL2 nach neun Jahren Endloswiederholung eine leidlich akzeptable Neuauflage unter der Schirmherrschaft des Schillschergen Dr. Udo Nagel.

Soweit, so belanglos.

Als Vorlauf präsentiert Deutschlands führender Tittensender jedoch eine crimegeschwängerte Luftblase, die an Inhaltsleere nicht zu überbieten ist: Tatort Ausland

Die erste Folge letzten Montag schilderte in epischer Breite die Indizienermittlung der hartnäckigen Tatortschnüffler von CSI Basel, Duisburg & Marbella gegen einen mediterranen Blaubart mit alttestamentarischer Apotheose; eine Story, die statt in langatmigen 60 Minuten ebenso gut in einer Viertelstunde hätte erzählt werden können, hätte man auf die ausufernde Schilderung ödipaler Rachegelüste und mäandernde Plotdoppler verzichtet.

Aber in Folge Zwei setzt man gehörig einen drauf:

Ein Münchner Ehepaar verlebt 2001 einen entspannten Urlaub in Namibia. Wegelagerer ballern mit einer antiquarischen Flinte auf ihren Mietjeep. Die Frau stirbt nach wenigen Minuten an einem Zufallsherzschuss, der Mann überlebt dank auffassungsstarker Landsleute. Aufgrund dünner Spurenlage und Drittweltpolizei besteht keine Chance die Täter je zu fassen.

Das hätte man unsentimental und faktengetreu in fünf Minuten abhandeln können. Stattdessen schickt man den Witwer und seine Tochter (die damals, als 13jährige, in Deutschland Reiterurlaub machte - manchmal ist das Überleben doch ein Ponyhof!) auf tränengeschwängerte Tatortbesichtigung. Ein gerüttelt Maß an dramatischer Musik, schwarzweißen Superzeitlupen und suboptimal gecasteten Laiendarstellerrekonstruktionen vergällt dem Zuseher binnen kürzester Zeit die Anteilnahme.

ganzes Video hier: (wg. Jugendschutz nur zwischen 20:00 Uhr und 06:00 Uhr abrufbar)
http://www.rtl2.de/tatort-ausland/video … l-1-von-3/

Quasi ein Relaunch von “Ein Medium sucht Spuren” ohne leisesten Erkenntnisgewinn, dafür aber zum Glück auch ohne esoterischen Zinnober. Absetzen, bitte! :smt010

Man ist nicht mal mehr im Ausland vor Ausländerkriminalität sicher :smt021 :smt013

Der eigentliche Grund für meinen Themenvorschlag wurde aus der Mediathek gelöscht.

Ersatzlink bei Youtube

Die dritte Folge bietet zwar ein Iota mehr an Substanz, jedoch hat man auch diesmal erkennbar Mühe, die Sex-And-Crime-Story sendungsfüllend aufzupusten.

Vor allem irritiert der permanente Tritt in die Tränendrüse, dass man unbedingt die nach 12 Jahren immer noch schwerst traumatisierte Familie des Opfers vor die Kamera zerren musste, um mit ihrem Schmerz die dramaturgischen Längen der Sendung zu überbrücken.

Kriminalistisch verliert man sich in unerheblichen Details behufs voyeuristischer Gelüste: Hund kaut mumifizierte Hand ab; Analfixierung des Täters.

Was soll der Kram? Wenn die Story nur 20 Minuten trägt, dann packt Ihr entweder zwei oder drei Fälle in eine Sendung; oder Ihr lasst den Mist ganz sein. Witwenschütteln und Spannerkraulen, das muss nicht sein.