Diskussion über den Blog-Artikel: Schaufenster am Donnerstag
Zack! Bumm! Da sind wir wieder. Lange dauert es nicht mehr, dann verlasse ich die werberelevante Zielgruppe. Wenn man mehr Zeit in Wartezimmern als mit Kneipenschlägereien verbringt, dann ist man alt und muss im Fernsehen Sendungen für alte Leute gucken. Heute fange ich an.
ARD Buffet (ARD; 04.10.; 12:15 - 13:00 Uhr)
Eine herrliche Sendung! So wunderbar entschleunigt und übersichtlich. Weil der SWR die Altersstruktur seiner Zuschauer kennt, entzieht man sich bewusst dem Hang zur Reizüberflutung und nimmt sich ausgiebig Zeit für Themen, die uns Senioren auf den Nägeln brennen.
Da ist zunächst Vincent Klink, ein barocker Koch, dem man auf den ersten Blick ansieht, dass er selbst sein bester Gast ist, ein gemütlicher Kerl, der fette Saucen und schwere Weine liebt. Vincent ist ein sympathischer Kontrast zu den ganzen Henssler-Gockeln und Mälzer-Schnöseln, die ihr Mountainbike direkt neben dem Herd parken und auf Balsamico-Fenchel-Parfait schwören.
Irritiert bin ich nur, dass Moderator Holger Wienpahl ankündigt, man werde in diesen Tagen die regionalen Lieblingsgerichte der deutschen Bundesländer zubereiten. Soweit nicht ungewöhnlich. Jedoch werden heute Königsberger Klopse aus dem Bundesland Ostpreußen kredenzt. Soll das ein Zugeständnis an die Vertriebenenverbände sein? Und nächste Woche gibt’s dann Antilopenkotelett aus Südwestafrika, oder was?
Während der Maitre zaubert, sehen wir einen kontemplativen Einspielfilm über den Altweibersommer mit langsamen Kamerafahrten aus der John Ford-Schule, langsamen Schnitten und ganz viel Nebel. Vielleicht kommt der aber auch vom Grauen Star. Ich müsste mal wieder zur Vorsorgeuntersuchung.
Aber erst, wenn der IT-Experte des SWR dieses neumodische Internet erklärt hat, von dem man in letzter Zeit ab und zu was hört, Der Moderator baut eine geniale Überleitung mit “Erkältungszeit” und “Grippeviren”, damit sich auch die Best Ager vorstellen können, worum es jetzt geht. Und damit sie nicht Klosterfrau Melissengeist ins DVD-Laufwerk kippen und dem Rechner kalte Wickel machen, spricht der Experte in sehr einfachen Worten, die sich so zusammenfassen lassen, dass man Antivirenprogramme benutzen und beim Bundestrojaner von Direktüberweisungen absehen sollte. Jetzt habe sogar ich es verstanden.
Was dieses Internetdingens mit Menschen anrichten kann, zeigt dann aufs Schockierendste ein weiteres Filmchen. Wir nehmen Anteil am traurigen Schicksal zweier junger Mädchen, die pausenlos auf Facebook herumhängen (das Wort “Feehßbuck” wird von der Sprecherin besonders langsam und deutlich ausgesprochen), und deshalb keine Zeit finden, ihre Oma zu besuchen.
Dabei könnte die ihnen nach dieser Sendung tolle Basteltipps geben. Bastelexpertin Martina hat nämlich in Kooperation mit der Peter Altmaier-Stiftung eine nachhaltige Lösung für die verflixte Energiewende entwickelt: Windräder aus Herbstlaub!
Martina, der die Fröhlichkeit aus den Löckchen springt, hat ein paar olle Steine als Mast zusammengeklebt und darauf ein Windrad aus Zweigen, Wäscheklammern und bunten Blättern montiert. Wenn man es lieber flippig mag, gehen auch Taubenfedern, falls man immun ist gegen Vogelstaupe. Nehmt das, ihr raffgierigen Energiekonzerne! Ab morgen bin ich Selbstversorger. (Bauanleitung in der Mediathek)
Wem das zu schnell ging, kann im abschließenden Gewinnspiel 250 Euro für Designertaubenfedern und ein Bastelbuch gewinnen, um die Montageanleitung in aller Ruhe nachlesen zu können - bestimmt in Extragroßdruck.
Dass der Anruf nur sechs Cent kostet zeigt, dass das Erste das Thema Altersarmut ernst nimmt. Der Jugendsender ZDF hätte mindestens 14 Cent verlangt, von den Privaten ganz zu schweigen. Die kregle Ruth darf sich über den tollen Gewinn freuen, weil sie weiß, wer Michael Schumacher ist.
Vincent ertränkt noch schnell seine Klopse mit einem Liter Sahne und dann ist leider auch schon Feierabend. Dass mir die Sendung sehr gut gefallen hat, sollte allen Jüngeren als Beruhigung dienen: Die Angst vorm Alter ist unbegründet. Man findet wieder Freude an den einfachen Dingen. Jetzt entschuldigen Sie mich bitte. Ich muss mit meinem Trakehner ausreiten, zum Laub und Steine sammeln.
Bis die Tage!